DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-11-2018 17:30
SXEU31 DWAV 161800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 16.11.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Bergland zunehmend böiger Ostwind, in den Kammlagen Sturmböen. Sukzessive
kälter, in den Nächten teils mäßiger Frost.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich ein blockierendes Hoch mit Zentrum über Dänemark, das
am Boden einen breiten Keil des kräftigen Hochs über Russland (rund 1045 hPa in
Moskau) stützt. Da die Keilachse leicht nördlich über Nord- und Ostsee zu finden
ist, resultiert unter ageostrophischen Gesichtspunkten (Isobarenverlauf von
Südost nach Nordwest) eine östliche bodennahe Strömung. Im Zusammenspiel mit
einem komplexen Zentraltief über dem nahen Ostatlantik (mehrere Kerne mit 965
hPa) ergibt sich ein inzwischen doch mäßiger Ostwind, der Nebel- und Hochnebel
weitestgehend aufgelöst bzw. in unsere westlich gelegenen Nachbarländer
verfrachtet hat (bitte nicht persönlich nehmen!). Der Oberwind nimmt dabei in
den kommenden Stunden sowohl aus dem Gradienten als auch an der nächtlichen
Inversion etwas zu, so dass zum Feldberg im Schwarzwald noch weitere Hochlagen
(vorrangig oberhalb 1000 Metern) mit Sturmböen hinzukommen werden. Letzte
Hochnebelbastionen halten sich aktuell noch am Oberrhein sowie im Alpenvorland
und können in den nächsten Stunden etwas an neuerlicher Substanz aufbauen (ohne
allerdings noch großräumig in Sichtweiten unter 150 Meter zu rutschen). Bei
klarem Himmel, tagesgangbedingt nachlassendem Wind sowie Taupunkten, die von
Osten allmählich auf Werte um den Gefrierpunkt zurückgehen, könnte man
verbreitet von einer frostigen Nacht ausgehen. Wären da nicht die kompakten
Sc-Felder über Polen mit Untergrenzen zwischen 500 und 800m (1500-2500 ft), aber
wenn überhaupt nur wenigen hundert Metern Mächtigkeit. Bei der Frage nach der
Ursache stößt man lediglich auf einen flachen Kurzwellentrog, der vor allem in
850 hPa ausgeprägt ist und das Hoch an dessen Südflanke umläuft. Dieser
propagiert bis morgen Früh in den Nordwesten Deutschlands (Wind im Wolkenniveau
25-30kt aus Ostsüdost), flacht sich dabei weiter ab und wird ebenfalls von
schwacher KLA überlaufen. Unter dem Strich ist deshalb davon auszugehen, dass
die Nacht im Norden keinesfalls so wolkenarm verläuft, wie uns ICON weißmachen
will. Die Euro4 Variante mit flächendeckender geschlossener Bewölkung nördlich
der Mittelgebirgsschwelle scheint aber auch etwas übertrieben, so dass zumindest
ein wolkiger Charakter überwiegt, der eine Auskühlung bis in den Frostbereich
verhindert.

Samstag ... sorgt die anhaltende WLA auf der Vorderseite des bis zu den Kanaren
amplifizierten, atlantischen Troges dafür, dass sich das Höhenhoch noch etwas
kräftigen kann und seinen Schwerpunkt nordwärts nach Südnorwegen verlagert.
Einhergehend steigt auch bodennah der Druck über Südnorwegen weiter an. Da
gleichzeitig der Druck über Südfrankreich mit seichter Trogannäherung noch etwas
fällt, verschärft sich der Gradient noch etwas über Deutschland. Somit sinkt die
Grenze für warnwürdige Windböen auf freie Lagen oberhalb von rund 400 Metern,
von Sturmböen oberhalb rund 800 Metern ab. Darüber hinaus bleibt auch die
kontinuierliche Zufuhr frischer Kontinentalluft gewährleistet, die Wolkenresten
im Norden und Nebelfeldern im Süden im Tagesverlauf wohl rasch den Gar ausmacht.
Folglich steht ein überaus sonniger Samstag ins Haus, wobei zweistellige
Höchstwerte wohl nur noch entlang von Rhein und Main zu finden sein werden. In
freien Lagen sollte windchilltechnisch alles im negativen Temperaturbereich
liegen.

In der Nacht zum Sonntag wird der anfangs über Polen noch vorhandene Keil des
inzwischen über Skandinavien vollends heimisch gewordenen Hochs mehr und mehr
abgebaut. Im Theta-Feld nähert sich an der Ostsee eine schmale Warmluftschliere
an, der zur Bezeichnung einer Front aber dynamische Unterstützung und damit
Wetteraktivität fehlt. Dahinter dreht der Wind rück auf Nordost bis Nord,
wodurch niedertroposphärische Feuchteadvektion - sprich tiefe Wolken
herangeführt werden. Ansonsten präsentiert sich die Nacht verbreitet klar und
nur wenig nebelanfällig (trockene Luft plus Wind). Folglich sacken die
Temperaturen mit den angesprochenen Ausnahmen Küstengebiete und Nordosten
verbreitet in den leichten, in windgeschützten Lagen sogar in den mäßigen
Frostbereich unter -5°C. In den Hochlagen bleibt der Ostwind lebhaft mit
Sturmböen, sonst lässt er etwas nach.

Sonntag ... verlagert sich die bis dato wetterbestimmende Antizyklone etwas
retrograd westwärts zur Norwegischen See und macht so allmählich den Weg frei
für zyklonaleren Einfluss von Osten. Die Hebungsprozesse verbleiben aber zumeist
noch östlich von uns, so dass aus der tiefen Bewölkung in der Nordosthälfte
allenfalls etwas Nieselregen fällt. Südlich der Mittelgebirge sorgt die
Keilachse nochmals für verbreitet sonniges Wetter, sieht man einmal von
dauernebelanfälligen Bereichen Richtung Hochrhein ab.
Einhergehend sinken die 850 hPa Temperaturen von Osten allmählich unter 0 Grad
ab, was bei 2m Temperaturen zwischen 2 und 7 Grad ein fast schon
weihnachtsmarkttaugliches Feeling erzeugt. In der Kölner Bucht sind mit
Sonnenschein nochmals bis nahe 10 Grad möglich. Infolge der zunehmend
auflandigen Windkomponente sind insbesondere an der Ostsee einzelne Windböen Bft
7 recht wahrscheinlich. Unterdessen ändert sich fächert der Gradient im Süden
allmählich etwas auf, so dass die über 2 Tage währenden Sturmböen auch in den
Hochlagen des Schwarzwaldes ein Ende finden.

In der Nacht zum Montag setzt sich der Potentialabbau und Kaltluftzufuhr in
einer glatten Nordostströmung über Deutschland fort. Die 850 hPa Temperaturen
gehen auf unter -5 Grad zurück. Staubedingt sind am Nordrand von Erzgebirge und
Thüringer Wald sogar nennenswerte Niederschläge möglich, die oberhalb von etwa
400 Metern auf alle Fälle durchweg (eventuell sogar bis ganz runter) als Schnee
fallen und für zart angezuckerte Landschaften sorgen könnten. In der Südhälfte,
wo es noch länger klar bleibt, ist erneut verbreitet leichter, am Alpenrand auch
mäßiger Frost zu erwarten.

Montag ... gewinnt der mehrkernige Höhentiefkomplex über Polen und der
nördlichen Adria weiter an Bedeutung und wird mit der Grundströmung nach
Ostfrankreich - und damit über Deutschland hinweg west-südwestwärts gesteuert.
Da man am Boden weiterhin vergeblich nach einem abgeschlossenen Tief sucht, kann
man durchaus von einem Kaltlufttropfen sprechen - wenngleich dessen Form eher an
eine Kidneybohne erinnert. Sei's drum, so gestaltet sich zudem auch der Verlauf
der Isohypsen/Isobaren in der nordöstlichen Strömung immer zyklonaler und im
Tagesverlauf greift auf den Osten und Süden Deutschlands ein Kurzwellentrog
über. Die vorderseitige PVA überkompensiert dabei die weiter andauernde
(schwache) KLA, so dass sich leichte Regen- und Schneefälle auf das gesamte
Bundesgebiet ausweiten. Dabei kann es bis ganz runter die feste Phase geben,
allerdings ohne Glätteerscheinungen hervorzurufen. Etwas anders sieht es
insbesondere in Lagen oberhalb 400 Meter im Erzgebirge und Thüringer Wald aus,
wo staubedingt mit der Bildung einer dünnen Schneedecke zu rechnen ist, gehen
doch die 850 hPa Temperaturen zeitgleich auf Werte zwischen -5 bis -10 Grad
zurück. Damit herrscht oberhalb von 400 Metern weitgehend leichter Dauerfrost
und auch darunter ist bei maximal 2 bis 7 Grad Schluss. Der Nordostwind bleibt
dabei lebhaft, so dass im höheren Bergland sowie an der See starke bis
stürmische Böen 7 bis 8 Bft wahrscheinlich sind.



Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
ICON erfasst die aktuellen Sc-Felder im Osten nur unzureichend, Euro4 hingegen
übertreibt es dagegen etwas, weshalb eine Mischung aus IFS und Euro4 zu
empfehlen ist. Bezüglich der Windentwicklung ist ICON einmal mehr für die
Hochlagen zu offensiv aufgestellt. MosMix und COSMO-Leps sind diesbezüglich
deutlich realistischer.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen