DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-11-2018 09:01
SXEU31 DWAV 160800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 16.11.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu HNFa, später zu HNFz (Hoch Nordmeer-Fennoskandien antizyklonal
und zyklonal)

Allmählich zunehmender östlicher Wind, dabei sukzessive kälter. Am Sonntag von
Nordosten her geringer Niederschlag.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... bleibt das großräumige Strömungsmuster weiterhin gestört. Unter dem
Strich bedeutet das eine omegaähnliche Formation, bei dem ein elliptisches,
nahezu stationäres Höhenhoch mit Zentrum über den dänischen Inseln im
Mittelpunkt steht. Seine positiv geneigte Achse reicht bogenförmig vom
westlichen Mittelmeer über Nordwestdeutschland und dem Baltikum bis nach
Westrussland. Als flankierende Gebilde niedrigen Potenzials agiert ein sich
immer weiter amplifizierender Höhentrog über dem Ostatlantik, dessen Achse zum
Tagesende von Westgrönland bis fast zu den Kanaren reicht, was eine wahrlich
satte Distanz darstellt. Das zweite Potenzialminimum befindet sich über
Südosteuropa, überdeckt weite Teile des Schwarzen Meeres sowie des Balkans und
weist mehrere Drehzentren auf. Zwischen dem Höhenhoch und dem umfangreichen
Höhentief über dem Südosten wird eine nordöstliche Höhenströmung generiert, aus
der wiederum nahezu über die gesamte Troposphäre leichte KLA resultiert.
Wie auch immer, Fakt ist, dass das Höhenhoch und deren Keil ein nicht minder
potentes Bodenhoch (BURCKHARD) stützen, das mit seinem Zentrum von etwas über
1045 hPa über Westrussland liegt, von dort aber einen mächtigen Keil bis nach
Westeuropa ausstrahlt und erst über dem nahen Ostatlantik an seine zyklonalen
Grenzen in Form des "Schallplattentiefs" CORNELIA stößt. Wenn man so will
bedeutet das für Deutschland eine solide Hochdruckrandlage, bei der sich der
Gradient im Tagesverlauf etwas verstärkt. Folgerichtig lebt der östliche Wind
mit Hilfe des Tagesgangs etwas auf, ohne aber die ganz großen Turbulenzen zu
verursachen. Bei stabiler Schichtung reagieren vor allem die Spitzen der
Mittelgebirge auf die Windzunahme, wo ab dem Nachmittag auf dem schwarzwälder
Feldberg die ersten stürmischen Böen 8 Bft auftreten dürften.
Ansonsten hat der östliche Wind - wenn man so will - zwei Seiten, eine gute und
eine schlechte. Die gute ist, dass mit der verbesserten Durchmischung der
aufgrund ihres niedrigen Standes etwas schwächelnden Sonne ein veritables
Werkzeug zur Seite gestellt wird, das mithilft, vorhandenen Nebel oder Hochnebel
wegzuerodieren. Überall wird es wahrscheinlich nicht gelingen, insbesondere in
den windresistenten Flussniederungen Süddeutschlands (Donau- und Rheintal) kann
es sehr lange dauern respektive vielleicht auch gar nicht klappen.
Die schlechte Seite betrifft die östlichen Landesteile, wo der Ostwind am
Nachmittag und Abend Hochnebel bzw. hochnebelartige Bewölkung von Polen her über
Oder und Neiße advehiert. Am pessimistischen präsentieren sich diesbezüglich
EURO4 und das artverwandte polnische UM, die die Bewölkung sehr kompakt und
großflächig simulieren, während andere Modelle sie eher fraktil oder sogar
deutlich aufgelockert sehen. Tatsache ist, dass über Polen ein großer Teppich
mit hochnebelartiger Bewölkung liegt, der sich dem Vorhersageraum nähert. Die
Frage ist nur, ob er so kompakt bleibt oder auf seiner Vorderseite durch
Absinken etwas abtrocknet und dadurch diffuser wird. Warnrelevant ist diese
Fragestellung zunächst zwar nicht, wird sie aber, wenn es um die Ausgabe von
Frostwarnungen für die kommende Nacht geht. Hier empfiehlt es sich, für den
Osten und Norden eine defensive Strategie zu fahren und erstmal abzuwarten, wie
sich der Bewölkungsverlauf tatsächlich gibt.
Bevor wir über Frost reden, gilt es erst noch die Höchsttemperaturen des Tages
abzustecken, die im sonnenscheinreichen, leebegünstigten NRW mit 10 bis 14°C ihr
Maximum haben. Ansonsten stehen 6 bis 11°C, bei zähem Nebel gerade mal 2 bis 6°C
auf der Karte.

In der Nacht zum Samstag ändert sich nicht allzu viel an der Großwetterlage. Der
Hochschwerpunkt wird leicht retrograd (in Richtung Baltikum), wodurch der
Gradient bei uns noch etwas zunimmt. Mit Hilfe von Low-Level-Effekten kommt es
auf den Gipfeln und Kuppen der Mittelgebirge zu Böen 7-8 Bft, exponiert ist auch
mal ´ne Sturmbö 9 Bft am Start. Gegen Morgen könnte auch Helgoland eine "untere
7 Bft" abbekommen.
Darüber hinaus breitet sich die hochnebelartige Bewölkung aus dem Osten über
Norddeutschland weiter nach Westen aus, was nach wie vor besonders von EURO4 und
UM, bedingt von COSMO-D2 und SuperHD und so gut wie gar nicht von ICON, IFS und
GFS propagiert wird. Es scheint aber plausibel, dass sich der zweifelslos
vorhandene Hochnebel nicht so einfach in Luft auflöst und die Globalmodelle hier
an ihre Grenzschichtgrenzen stoßen. Von daher sollte man wie gesagt im nördlich
Drittel vorsichtig sein mit einer zu frühen Frostwarnung, und auch im Westen
wird die Temperatur nicht überall unter den Gefrierpunkt sinken. Nebel wird es
am ehesten an den Flussläufen Süddeutschlands geben, sei es durch Neubildung,
sei es durch Ausbreitung bzw. Verdichtung von Tagesresten.


Samstag... verschiebt sich das Höhenhoch mit seinem Zentrum nach Südnorwegen, in
den Abendstunden findet man es über dem berühmten Kap Svinöy unterhalb der
Haltenbank. Gleichzeitig dehnt sich das umfangreiche Höhentief über Südosteuropa
deutlich nach Westen (bis zum westlichen Mittelmeer) aus. Als Folge dreht die
Höhenströmung über dem Vorhersageraum etwas nach rechts auf glatt Ost. Mit der
Verlagerung des Höhenhochs verändert sich auch die Konfiguration des Bodenhochs,
das passend zum Mittag - man verzeihe dem Verfasser den etwas bizarren Vergleich
- sich um 12 UTC in Form einer Wurst von Weißrussland bis nach Südnorwegen
erstreckt. Am Tagesende findet sich der Schwerpunkt des Hochs mit erneut über
1045 hPa dann bereits schon über Nordnorwegen.
Viel Brimborium für relativ wenig Wetter, das bei uns weiterhin antizyklonal
geprägt ist durch einen mäßigen Ostwind, der sukzessive kältere Festlandsluft
heranführt (T850 am Abend zwischen 0°C im äußersten Osten und 5°C im Westen).
Auf den Bergen treten weiterhin Sturmböen 8-9 Bft auf, in freien Lagen sowie
über der Deutschen Bucht (betroffen vor allem Helgoland) reicht es in der Spitze
für steife Böen 7 Bft.
Ansonsten sorgen die windbedingte gute Durchmischung sowie die andauernde Zufuhr
trockener Kontinentalluft für nachhaltige Aufräumarbeiten in Sachen Nebel (im
Süden) und Hochnebel (im Norden und Osten), so dass am Nachmittag in ganz
Deutschland die Sonne scheinen dürfte (vielleicht ein paar Restwolken im
Norden). Zu mehr als 4 bis 10°C wird es aber nicht mehr reichen.

In der Nacht zum Sonntag wird der anfangs über Polen noch vorhandene Keil des
inzwischen über Nordnorwegen heimisch gewordenen Hochs mehr und mehr abgebaut.
Die Bodenströmung reagiert darauf so gut wie gar nicht, einzig an der Ostsee
dreht der Wind rück auf Nordost bis Nord, wodurch dort tiefe Wolken herangeführt
werden. Ansonsten präsentiert sich die Nacht verbreitet klar und nur wenig
nebelanfällig (trockene Luft plus Wind). Dafür sacken die Temperaturen mit
Ausnahme des unmittelbaren Küstenstreifens verbreitet in den leichten, in
windgeschützten Lagen (Osten, Mitte, Alpenrand) sogar in den mäßigen
Frostbereich unter -5°C. Auf Bergen, Kuppen und Gipfeln bleibt der Ostwind
lebhaft unterwegs mit steifen bis stürmischen Böen 7-8 Bft, exponiert auch 9
Bft.

Sonntag... bleibt das Höhenhoch vor der norwegischen Westküste liegen. Auf
seiner Ostabdachung schwenkt ein scharfer Randtrog südwärts über das Baltikum,
Weißrussland und Polen in Richtung Ostalpen. Zwar tangiert dieser Randtrog das
Vorhersagegebiet nur peripher, allerdings beginnt die Höhenströmung rückzudrehen
auf Nordost. Auch am Boden nimmt der Wind landesweit eine nordöstliche bis
nördliche Richtung an. Damit breitet sich kalte und nun auch wieder feuchtere
Luft süd-südwestwärts aus, die 850-hPa-Temperatur sinkt im Osten und Süden auf 0
bis -5°C, während sie sonst bis zum TATORT noch im leichten Plus liegen.
Tatsache ist, dass sich die Bewölkung von der Ostsee im Laufe des Tages bis in
die mittleren Landesteile ausbreitet. Zwar fehlt es an jeglicher dynamischer
Unterstützung (der o.e. Trog ist etwas zu weit weg), trotzdem simulieren die
Modelle schwache Hebungsprozesse, die hier und da leichten Niederschlag (meist
unter 1 mm innert 12 h) zur Folge haben. Wenn, dann fällt etwas Nieselregen aus
der nicht allzu hoch reichenden Bewölkung (maximal zwischen 850 und 800 hPa), im
Harz und gegen Abend auch im Thüringer Wald und im Erzgebirge kann auch etwas
Schneegriesel dabei sein.
Im Westen und Süden scheint überwiegend die Sonne, einzig für den Alpenrand
deuten einige Modelle einige Wolkenfelder von Osten her an. Die Temperatur
steigt auf 2 bis 9°C, wobei der sonnige Westen nach wie vor die
Spitzenreiterposition einnimmt - wie in der Bundesliga.
Thema Wind, der sich bei etwas aufweichendem Gradienten zwar etwas abschwächt,
vor allem in höheren Lagen aber noch relevant unterwegs ist mit Böen 7-8 Bft, im
Hochschwarzwald bis 9 Bft. Auch an der Ostsee deutet sich für den Nachmittag
eine Windzunahme an mit Böen 7 Bft, exponiert 8 Bft.

In der Nacht zum Montag breitet sich die feucht-kalte Ostseeluft auf weite Teile
des Vorhersageraums aus. In 850 hPa sinkt die Temperatur auf -2°C im äußersten
Nordwesten und bis zu -8°C rund um Berlin. In der Nordosthälfte kommt es zu
leichten, aber etwas intensiveren Niederschlägen als tagsüber, wobei die
Schneefallgrenze auf etwa 600 bis 400 m sinkt. Zwar ist es für Details noch
etwas zu früh, in den betroffenen Mittelgebirgen, ab der Mitte südwärts aber
auch in tieferen Lagen könnte zum ersten Mal das Thema "Glätte" relevant werden,
sei es durch etwas Neuschnee oder aber gefrierende Nässe respektive Reif.


Modellvergleich und -einschätzung
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Was die großräumigen Verschiebungen innerhalb des o.e. Omega-Musters betrifft,
sind sich die Modelle ziemlich einig. Bei der Betrachtung der
Grenzschichtprozesse kann man das nicht unbedingt behaupten, wie es im Text ja
schon angeklungen ist. Der Verfasser favorisiert bei der Prognose des von Polen
herüberdriftenden Hochnebels sich an EURO4/UM zu orientieren. Dort, wo Frost in
der kommenden Nacht sicher ist, sollte eine entsprechende Warnung am frühen
Nachmittag (ca. 14 MEZ) erfolgen. Für die unsicheren Gebiete (siehe Text) muss
man das Ganze nach hinten verschieben und sich den Verlauf des Hochnebels am
Nachmittag anschauen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann