DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-11-2018 17:01
SXEU31 DWAV 151800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.11.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges Hochdruckwetter, ab Freitagabend auf Berggipfeln zunehmend Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland unter einem massiven Höhenhoch, dessen
Achse sich bei leicht positiver Neigung Richtung Fennoskandien erstreckt. Auf
dessen Vorderseite wird am Boden der Keil des ebenfalls kräftigen Hochs über
Südrussland gestützt, womit bei uns weiterhin Absinken und damit
Grenzschichtmeteorologie vordergründig bleibt. In der Südwesthälfte erkennt man
anhand aktueller Radiosonden-/AMDAR Aufstiegen eine markante Absinkinversion in
rund 800 Metern Höhe (930 hPa), weshalb wie im Satellitenbild sehr schön zu
erkennen ist, die Hochlagen des Schwarzwaldes beispielsweise aus der
Hochnebeldecke herausragen. Die Hochnebeldecke beginnt allerdings langsam wieder
abzusinken, weshalb gebietsweise bereits erneut Nebelwarnungen bis in tiefe
Lagen aktiv sind. Auf nicht einmal 200 Metern steigt die Temperatur im
Inversionsbereich von wenig über 0 Grad auf bis zu 10 Grad an. Im Norden und
Osten ist die Inversion zum Einen flacher und zum Anderen sorgt auch die
Überströmung von Erzgebirge und Bayerischen Wald für eine gewisse Abtrocknung
der Luftmasse. Somit ist davon auszugehen, dass sich analog zu den vergangenen
Nächten die Hochnebeldecke in den nächsten Stunden vorrangig im Westen und Süden
weiter absenken wird, so dass sich die Gebiete mit Nebel, teilweise mit
Sichtweiten unter 150 Meter, weiter ausdehnen. Im Norden und Osten kann sich
gebietsweise auch Strahlungsnebel bilden (Taupunkte aktuell mit über 5 Grad auch
dort recht hoch und nur schwacher Südostwind), von der räumlichen Ausdehnung
werden die Ausmaße der Bundesländer im Südwesten aber nicht erreicht. Bleiben zu
guter Letzt noch die Gebiete, in denen es am längsten klar bleibt (insbesondere
im Lee der Mittelgebirge). Dort ist abermals leichter Frost ein Thema - sprich
vorrangig von Franken bis zur Lausitz sowie im Osnabrücker Münsterland.

Freitag ... verlagert sich der Schwerpunkt des Höhenhochs nach Dänemark und
dessen Achse schwenkt südostwärts nach Westrussland. Im Verbund mit einem
abgeschlossenen Höhentiefkomplex über Südosteuropa und einem steuernden
Zentraltief über dem Nordatlantik ergibt sich eine stabile Omega-artige
Konstellation, die bei uns den Fortbestand der ruhigen Hochdrucklage sichert.
Der keilvorderseitig induzierte Druckanstieg wird durch zusätzliche
niedertroposphärische Kaltluftadvektion unterfüttert. Als Konsequenz verstärkt
sich damit der Druckgradient über Deutschland, was bei weiterhin stabiler
Schichtung vor allem die Hochlagen der Mittelgebirge zu spüren bekommen. Bei 850
hPa Winden, die allmählich die 25 Knoten Schwelle, im Süden auch 30 Knoten
überschreiten, sind entsprechend erste Böen bis in den Sturmbereich am ehesten
oberhalb 1000 Metern (vorzugsweise Schwarzwald) zu erwarten. Der Rest des Landes
verfehlt zwar windtechnisch den warnwürdigen Bereich deutlich, immerhin sorgt
aber die leichte Auf- doch für ausreichend Durchmischung. So besitzt die Sonne
beste Chancen sich auch im Südwesten wieder verbreiteter durchzusetzen. Im
Oberrheingraben und entlang der Donau wird sich der Nebel aber wahrscheinlich
erneut nicht überall auflösen. Zudem deuten Cosmo-D2 und Euro4 die Advektion
hochnebelartiger Bewölkung von der Oder an, was aufgrund der aktuellen
Bewölkungsverteilung über Polen nicht unwahrscheinlich ist. Die o.e.
Kaltluftadvektion äußert sich derart, dass zum Abend an der Grenze zu Österreich
und Tschechien sich die 0 Grad Isotherme in 850 hPa reinschiebt, weshalb
zweistellige Höchstwerte trotz Sonnenscheins bevorzugt nur noch in NRW zu
verzeichnen sein werden.

In der Nacht zum Samstag ändert sich an der synoptischen Grundkonstellation
nichts Wesentliches. Damit halten die Sturmböen auf den Gipfellagen der
Mittelgebirge an, verstärken sich mit Verschärfung der Inversion infolge
nächtlicher Ausstrahlung eher noch etwas. A propos Ausstrahlung: So vielfach
klar IFS und ICON die Bewölkungsverhältnisse sehen, so deuten die
hochaufgelösten Modelle im Gegensatz doch immer wieder den Durchzug dichterer
Wolkenfelder von Osten an, was deutlich plausibler erscheint. Insofern sollte
man mit einer bundesweiten Erwartung vor leichtem Frost speziell in
Norddeutschland vorsichtig sind und dies dem Nowcasting überlassen. Nebel sollte
sich aufgrund des leichten, aber stetigen Ostwindes auf exponierte Lagen an
Flussläufen beschränken.

Samstag ... wandert die umfangreiche Antizyklone gestützt durch massive,
nordwärts gerichtete Warmluftadvektion Richtung Kap Svinöy. Die WLA hat ihren
Ursprung in dem sich stark amplifizierenden Trog über dem Atlantik, der sich von
der Südspitze Grönlands bis dicht nördlich der Kanaren erstreckt. Unterdessen
weitet sich der Höhentiefkomplex über Südosteuropa westwärts nach Norditalien
aus, hat aber weiterhin keinen Einfluss auf das hiesige Wettergeschehen. Am
Boden formiert sich allmählich eine Hochdruckbrücke mit Zentren von 1040 hPa
über Nordpolen und Südnorwegen, wobei beide Zentren durch die schlappe Kaltfront
eines Tiefs über der Barentssee getrennt werden. Mäßiger Ostwind mit
fortschreitender, schwacher Kaltluftzufuhr aus Osten halten damit an. Auf den
Bergen bleibt es teils stürmisch. Der Wettercharakter ist mehrheitlich ein
freundlicher bei meist einstelligen Höchstwerten zwischen 4 und 9 Grad.

In der Nacht zum Sonntag gewinnt der nördliche Kern des Hochs über Südnorwegen
korrespondierend zur Verlagerung des Höhenhochs immer mehr an Bedeutung,
wohingegen sich das Zentrum über Polen mit Annäherung der schwachen Kaltfront
von Norden etwas abschwächt. In diesem Zusammenhang erreichen tiefe Wolken (ohne
Niederschläge) in den Frühstunden die deutsche Ostseeküste. Sonst überwiegt
unter der Keilachse weiterhin Absinken, so dass flächendeckend mit leichtem, in
windgeschützten Lagen sogar mit mäßigem Frost zu rechnen ist.

Sonntag ... schwenkt die o.e. Kaltfront am Rande des blockierenden Hochs über
Skandinavien unter Auflösung südwestwärts. Dabei fehlt jegliche Art dynamischen
Antriebs, weshalb es allenfalls bei einem schmalen Wolkenband mit tiefer
Bewölkung bleiben wird. Nach Passage dreht der Wind von Ost auf Nordost, womit
die Zufuhr trocken-kalter Festlandsluft vom Baltikum und damit auf direkterem
Wege und somit letztlich auch effektiver erfolgt. Einhergehend sinken die 850
hPa Temperaturen mindestens in der Nordosthälfte auf unter 0 Grad. Infolge der
zunehmend auflandigen Windkomponente sind insbesondere mit Frontpassage an der
Ostsee und in Ostfriesland einzelne Windböen Bft 7 recht wahrscheinlich.
Unterdessen ändert sich am Gradienten/Oberwind in der Mitte und im Süden wenig,
so dass die Hochlagen der Mittelgebirge weiterhin mit Sturmböen leben müssen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Hinsichtlich der Nebel-/Hochnebelproblematik erweisen sich ICON-Nest und IFS
einmal mehr als zu defensiv und Unterschätzen die Ausdehnung aktuell deutlich.
Im Gegensatz dazu sind Euro4 und Cosmo-D2 deutlich näher an der Realität und
sollten daher als Leitlinie dienen. AROME erfasst die Ausgangslage gut, lässt
die Nebel- und Hochnebelfelder aber zu schnell auflösen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen