DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

06-11-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 06.11.2018 um 10.30 UTC



Vorübergehend windiges und unbeständiges Wetter auf einem etwas niedrigeren
Temperaturniveau, ab Sonntag wieder mild oder sehr mild und von Süden her
zunehmend trockener.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 13.11.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Freitag dominieren nach dem neusten
00 UTC Lauf des EZMW in West- und Mitteleuropa überwiegend zyklonale
Strömungsverhältnisse, die von einem kräftigen Höhentief über dem Ostatlantik
ausgehen, dessen Langwellentrog sich über Frankreich bis ins westliche
Mittelmeer zieht und dort ein eigens Drehzentrum aufweist. Gleichzeitig kann
sich von Tunesien über Italien hinweg bis ins südöstliche Europa ein Rücken
ausdehnen. Deutschland liegt dabei auf der Trogvorderseite in einer
südwestlichen Grundströmung, mit der Hebungsgebiete nordostwärts gesteuert
werden. Am Boden korreliert das Höhentief über der Westküste der Iberischen
Halbinsel mit einem schwachen Bodentief über den Balearen, dessen Frontensystem
sich über den Süden und Osten Deutschland bis nach Südnorwegen zieht. Nördlich
der Alpen verleirt es aufgrund teils absinkenden Luftmassen zunehmend an
Wetteraktivität.

Bis Sontag tropft das Höhentief über dem westlichen Mittelmeerraum ab und
verlagert sich nachfolgend südostwärts in Richtung Tunesien. Gleichzeitig kommt
der Langwellentrog des hochreichenden Tiefs auf dem Atlantik ostwärts voran und
überquert Deutschland in der Nacht zum Sonntag und Sonntagvormittag. Auf der
Trogvorderseite greift WLA auf das Land über, sodass am Samstag
Aufgleitniederschläge einsetzen. Mit Durchschwenken des Troges nimmt die
Strömung vom Atlantik bis nach Mitteleuropa vorübergehend eine zonale Komponente
an.

Zum Montag trogt das Höhentief, dass etwas westliche zwischen Island und Irland
liegt, erneut weit nach Süden bis zu den Kanaren aus. Dieser Vorgang stützt
gleichzeitig einen Rücken, der sich vom westlichen Mittelmeerraum zu den Alpen
ausdehnt. Die Strömung über West- und Mitteleuropa steilt sich dabei erneut auf.
Auf der Vorderseite des Langwellentroges werden mit einer südwestlichen Strömung
kurzwellige Anteile nordostwärts geführt, die am Boden mit einer Welle
einhergehen, dessen Ausläufer in der Nacht zum Montag auf Deutschland
übergreifen. Gleichzeitig wird erneut mildere Subtropikluft angesaugt und ins
Land geführt, sodass die Temperaturen im 850 hPa Niveau am Montag nach den
neusten Berechnungen des EZ von Nordwest nach Südost schon wieder zwischen 4 und
13 Grad liegen.

Zum Dienstag soll sich der Trog vor der Westküste Afrikas erneut von der
Höhenströmung abkoppeln und als eigenständiges Höhentief nach Nordwestafrika
weiterziehen. Dieser Prozess stützt die Verstärkung des Rückens über dem
nördlichen Mittelmeerraum. Die Frontalzone wird dabei in den Norden Deutschland
bzw. über Dänemark geschoben. Deutschland wird dabei ausgehend von einem
hochreichenden Tiefdruckkomplex wiederholt von Kurzwellentrögen erfasst, die das
Land ostwärts passieren. Einhergehend muss aufgrund dynamischer Hebungsprozessen
mit durchschwenkenden Niederschlagsfeldern gerechnet werden.

In der erweiterten Mittelfrist zeigt der aktuelle Modelllauf des EZ die
Ausbildung einer stabilen Omegawetterlage. Dabei sollen sich über dem
Ostatlantik sowie über Osteuropa ausgeprägte Langwellentröge weit südlich
amplifizieren, während sich vom mittleren Mittelmeer ausgehend ein kräftiger
Rücken über Italien und Deutschland hinweg bis ins südliche Skandinavien
ausdehnt. Nach diesem Szenario würden in Deutschland erneut ein trockener und
sehr milder Witterungsabschnitt anstehen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des heutigen 00 UTC-Laufes des EZMW ist bis einschließlich Montag
als gut zu bezeichnen. Abgesehen von geringen Unterschieden in der Phase und
Amplitude werden sehr ähnliche Geopotential- und Luftdruckverteilungen
simuliert. Der neuste Lauf des EZMW rechnet die Verlagerung des Troges zum
Sonntag nur etwas langsamer. Gleichzeitig kann der Rücken auf der Rückseite des
Troges weiter westlich ansetzen und sich weiter nordwärts amplifizieren. Dies
hat zur Folge, dass nach den neusten Berechnungen die Niederschlagsneigung am
Sonntag zurückgenommen wurde.

Ab Montag nehmen die Abweichungen zwischen den vergangenen Modellläufen des EZMW
zu. Während der gestrige 00 UTC Lauf noch mehr oder weniger stark ausgeprägt
eine zonale Komponente zeigte, die auf einem Rücken beruhte, dessen Achse vom
nördlichen Mittelmeerraum in die Ukraine reichte und somit eine westliche bis
südwestliche Grundströmung nach sich zog, lassen die beiden letzten Läufe mit
einem Rücken, dessen Achse sich vom Mittelmeerraum nordwärts nach Deutschland
zieht, zunehmend wieder meridionale Verhältnisse zu. Entsprechend würden ab
Montag erneut trockene und milde Witterungsbedingungen Einzug halten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Globalmodelle GFS und ICON zeigen bis einschließlich Sonntag, abgesehen von
geringen Unterschieden bei den Amplituden der Geopotentialmuster, zum neusten
Lauf des EZMW vergleichbare Geopotential- und Luftdruckmuster. Im weiteren
Verlauf zeigen das EZMW und das GFS im Vergleich zum ICON die Umstellung der
Wetterlage auf erneut meridionale Verhältnisse etwas langsamer. Bei ICON steilt
sich die Strömung durch einen schneller fortschreitenden Abtropfungsprozess über
der Iberischen Halbinsel und Verstärkung eines Rückens über Italien und dem
südöstlichen Europa schon zum Montag auf. Entsprechend würden die
Niederschlagsfelder nach deutscher Leseart nur den Nordwesten des Landes
tangieren. Ab Dienstag zeigt das ICON wieder ein ähnliches Geopotential- und
Luftdruckfeld wie EZMW und GFS. Allerdings ist die Trog-Rücken-Trog Formation
beim ICON signifikant nach Osten verschoben.

Das GEM zeigt von den bisher beschrieben Modellinterpretationen total
abgekoppelte Verhältnisse. Abtropfprozesse sind bei dem GEM nicht vorgesehen.
Stattdessen blockiert ein kräftiges hochreichendes Hoch über Osteuropa weiter
die Westströmung. Zudem soll sich das Azorenhoch nach Osten bis zur Iberischen
Halbinsel verlagern und schließlich eine Brücke zum osteuropäischen Hoch
herstellen. Deutschland würde demnach nahezu durchgehend in einer südwestlichen
Strömung liegen. Durchschwenkende Tröge würden jedoch wiederholt Hebungsfelder
und somit Niederschläge nach Deutschland führen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen ausgewählter Stationen in Deutschland zeigen bis Sonntag
einheitlich eine recht hohe Vorhersagegüte. Abgesehen von einzelnen ENS-Member,
die den Spread spreizen, tummelt sich der große Rest des Ensembles auf engstem
Raum. Bei den Temperaturen in 850 hPa ist somit für den Norden des Landes von
einem Niveau zwischen 1 und 4 Grad und im Süden zwischen 6 und 11 Grad
auszugehen. Ab Sonntag nehmen die Unterschiede deutlich zu. Zwar ballt sich
weiter eine große Anzahl an Läufen auf engerem Raum, der signifikant größer
werdende Spread erhöht jedoch die Variabilität. Die Mehrheit der Member zeigt
dabei von Süden her einen Geopotentialanstieg und steigende Temperaturen auf 850
hPa. Der Hauptlauf liegt insgesamt im oberen Bereich des Ensembles. Einheitlich
deutliche Niederschlagssignale werden vom ENS für Samstag und Sonntag gezeigt,
wo Einzelläufe regional bis 20 mm in 6 bis 12 Stunden zeigen.

Die Clusteranalyse ordnet die unterschiedlichen Modellinterpretationen der
Geopotential- und Luftdruckmuster im Zeitraum zwischen +72 und +96h in zwei
Kategorien ein. Beide Cluster werden dabei überwiegend dem Schema des "Blocking"
zugeordnet. Signifikante Unterschiede sind auf den ersten Blick nicht zu
erkennen.
Im Zeitraum +120 bis +168h wird die Variabilität der Geopotential- und
Luftdruckmuster in insgesamt vier Cluster abgebildet. Dabei weist Cluster 2
durchweg das Schema einer positiven NAO Phase und Cluster 3 durchgehend das
einer negativen NAO Phase auf. Beide Schemata zeigen auf dem Atlantik sowie
teilweise auch in Westeuropa zonale Strömungsverhältnisse, wobei diese bei einer
negativen NAO Phase weiter nach Süden ausgreifen. Cluster 1 und 4 sind dagegen
über den betrachteten Zeitraum nicht eindeutig einem Grundmuster zugeordnet.
Alle Cluster zeigen weiterhin ein stark ausgeprägtes hohes Geopotential über
Osteuropa und ein kräftiges Höhentief über dem Atlantik. Unterschiede gibt es
bei der Lage und dem Timing des Abschnürungsprozesses, den Cluster 1, 2 und 4
wiedergeben. Das Cluster 1 mit 24 Member enthält den Kontrolllauf und beschreibt
dabei zum ICON vergleichbare Verhältnisse. Das Cluster 2 mit 15 Repräsentanten
zeigt die Strömungsbedingungen des Hauptlaufes des EZMW und das Cluster 3 mit 6
eingehenden Modellläufen kommt den Interpretationen des GEM am nächsten. Das
vierte Cluster beschreibt eine ähnliche Luftdruckverteilung wie Cluster 1, wobei
der Schwerpunkt des hohen Geopotentials etwas weiter nach Norden verschoben ist.

Im Zeitraum der erweiterten Mittelfrist von +192 bis +240h sind die
Strömungsmuster des ENS in drei recht gleichverteilte Cluster eingeteilt. Dabei
zeigt das Cluster 3 ein durchgehend stark blockierendes Muster mit hohem
Geopotential über Mitteleuropa. Die Gesamtverteilung erinnert dabei an eine
Omegawetterlage und wird sowohl vom Kontrolllauf als auch Hauptlauf gestützt.
Auch bei Cluster 2 wird das hohe Geopotential von zwei ausgeprägten
Langwellentrögen in die Zange genommen. Allerdings soll sich hier zunehmend eine
südöstliche Strömungskomponente einstellen. Deutschland läge an der Westflanke
des hohen Geopotentials. Das erste Cluster zeigt zunächst zonale Verhältnisse
mit einer weit nach Norden verschobenen, etwa über Dänemark liegenden
Frontalzone. Erst zum Ende des betrachteten Zeitraums soll sich die Strömung
ebenfalls wieder meridionalisieren.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Vom EFI gibt es über den gesamten mittelfristigen Zeitraum nur für Sonntag
geringe Hinweise für überdurchschnittliche Regenmengen in Rheinland-Pfalz und
dem Saarland. Zum Ende werden zudem noch leicht überdurchschnittlich hohe
Temperaturen für Deutschland prognostiziert.

Von der Probabilistik gibt es bezüglich der Regenfälle am Samstag und in der
Nacht zum Sonntag ebenfalls geringe Signale für warnwürdige Mengen über 30
mm/24h. C-LEPS stützt dies mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 20%, ICON und
EZ-EPS von etwa 3 bis 5%.

Mit dem auffrischenden Wind zum Samstag nehmen auch die Wahrscheinlichkeiten für
markante Windmaxima zu. Am Samstag rechnen ICON-EPS und EZ-EPS im westlichen
Bergland sowie auf der Nordsee Wahrscheinlichkeiten zwischen 20 und 75% und im
Tiefland um 5% für stürmische Böen. Das C-LEPS zeigt im Bergland 20 bis 50% und
in tiefen Lagen bis 5%. Am Sonntag werden nur noch im Eifelumfeld sowie
allgemein auf den exponierten Mittelgebirgsgipfeln und auf der Nordsee geringe
Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen vom ENS-Systemen wiedergegeben.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, EZ-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel