DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-11-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 05.11.2018 um 10.30 UTC



Umstellung auf Südwest zyklonal; leicht unbeständig, vorübergehend windig, auf
den Bergen eventuell stürmisch und mild bis sehr mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 12.11.2018


Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Donnerstag, kommt (endlich) mal
zumindest etwas Bewegung in die Wetterküche, wenngleich es
niederschlagstechnisch sicherlich nicht die Offenbarung sein wird.
Der breit angelegte und markante Höhenrücken über Osteuropa schwächt sich
allmählich ab bzw. wird ein wenig nach Osten abgedrängt. Somit kann im Laufe des
Donnerstags von Südwesten her ein vom Langwellentrog über dem Nordostatlantik
mit Drehzentrum südlich von Island ausgehender und mit der südwestlichen
Höhenströmung nordostwärts geführter Randtrog inklusive korrespondierender
Kaltfront im Tagesverlauf den Westen und Norden Deutschlands überqueren, gefolgt
von einem Schwall subpolarer Meeresluft (+1 bis -3 Grad in 850 hPa) und einem
flachen Rücken bzw. Bodenhochkeil, die sich abends in etwa über der Mitte des
Landes befinden. Mangels Hebungsantriebs hält sich die Wetteraktivität der
Kaltfront in Grenzen, es werden nur gebietsweise geringe Niederschläge simuliert
und auch für warnrelevante Böen dürfte es kaum reichen.
In der Nacht zum Freitag greift dann die Achse des Haupttroges auf Westeuropa
über, tropft aber (mal wieder) über dem westlichen Mittelmeerraum aus.
Am Freitag wird der Höhentrog von Nordwesten her durch einen markanten Randtrog
knapp westlich der Britischen Inseln regeneriert, wodurch die Strömung über dem
Vorhersagegebiet aufsteilt. Mit der niedertroposphärisch auf Südsüdost
rückdrehenden Strömung gelangt wieder sehr milde Luft nach Deutschland (+4 bis
+11 Grad in 850 hPa), an den Alpen wird es leicht föhnig, Niederschläge sind
kaum, und wenn, dann nur ganz im Westen und Norden zu erwarten.
In der Nacht zum und am Samstag kann nun ein markanterer Randtrog über die
Britischen Inseln endlich mal bis nach Mitteleuropa vordringen, das
Frontensystem eines korrespondierenden Sturmtiefs westlich von Schottland greift
auf das Vorhersagegebiet über, die Kaltfront erreicht Samstagabend oder in der
Nacht zum Sonntag die Alpen. Strömungsparallel in die vorübergehend auf
Westsüdwest drehende Höhenströmung eingelagert, gerät sie dort ins Schleifen und
wird in Form eines Wellentiefs im Laufe des Sonntags mit der dann vorderseitig
eines erneuten Trogvorstoßes südwestlich der Britischen Inseln auf Südwest
rückdrehenden Strömung wieder nach Norden zurückgeführt.
Dieser Prozess ist zum ersten Mal seit einer (wohl nicht nur) gefühlten Ewigkeit
wieder mit verbreiteten, frontal gebundenen Niederschlägen im Vorhersagegebiet
verbunden, über deren Intensität und räumlichen Verteilung sich derzeit
natürlich noch keine detaillierten Aussagen treffen lassen, die aber tendenziell
- ohne warnrelevante Mengen zu erreichen - im Westen ergiebiger ausfallen
dürften als in der Osthälfte.
Von Warnrelevanz dürfte allerdings der Wind sein, zumindest auf den Bergen und
an den Küsten ist wohl mit stürmischen Böen, eventuell sogar mit Sturmböen aus
Südwest zu rechnen. Insgesamt gelangen sehr milde Luftmassen ins
Vorhersagegebiet, an den Alpen wird es am Sonntag wieder föhnig (über 10 Grad in
850 hPa) und auch der Kaltfront folgt milde Atlantikluft.
In der Nacht zum und am Montag weitet sich der westeuropäische Langwellentrog
wieder nach Süden aus, wobei wohl über dem Westen der Iberischen Halbinsel
erneut ein Abtropfprozess eingeleitet wird. Die südwestliche Höhenströmung über
Mitteleuropa steilt somit wieder etwas auf und bekommt im Laufe des Montags
einen antizyklonalen "Touch". Im Bodenfeld kommt die Kaltfront des nach
Mittelschweden abziehenden ehemaligen Wellentiefs über dem Nordwesten
Deutschlands nicht weiter nach Südosten voran und verwellt erneut,
voraussichtlich sogar mehrmals. Während es im Südosten trocken und an den Alpen
sowie am Erzgebirge föhnig bleibt, ist im Norden und Westen im Bereich der
schleifenden Front bzw. durchziehender Wellentiefs immer wieder mit
Niederschlägen zu rechnen, die nach aktuellem Modellstand zwar verbreitet
auftreten, aber wohl nicht allzu üppig ausfallen (Warnschwellen werden wohl kaum
oder allerhöchstens in einigen Staulagen gerissen). Nach wie vor werden vor
allem in den Süden und Osten des Landes sehr milde Luftmassen geführt mit mehr
als 10 Grad in 850 hPa und auch im Nordwesten, entlang der Front bzw. knapp
postfrontal, sinkt die Temperatur in 850 hPa kaum unter 5 Grad. Der Wind dürfte
insgesamt wieder abnehmen, lediglich auf den Alpengipfeln sorgt der Föhn wohl
für Sturmböen.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Großen und Ganzen kann dem aktuellen Lauf des IFS eine gute Konsistenz zu
seinen beiden Vorgängern bescheinigt werden. Alle Läufe zeigen zunächst eine
mehr oder weniger zyklonal konturierte Südwestlage mit leichten, gegenüber dem
gestrigen 00 UTC-Lauf schon etwas gröberen Phasenverschiebungen, die
durchziehenden Randtröge und Wellentiefs betreffend.
Zu Beginn kommender Woche tendieren sowohl der aktuelle als auch der gestrige 12
UTC-Lauf wieder Richtung Trog Westeuropa (vor allem im aktuellen Lauf auch
inklusive Cut-Off-Prozess über der Iberischen Halbinsel), während nach Lesart
des gestrigen 00 UTC-Laufes der Höhenrücken über Osteuropa abgebaut wurde und
sich eine zyklonale Westlage einstellen sollte. Bereits gestern wurde diese
Version gegenüber den externen Modellen aber eher als Außenseiterlösung
eingestuft.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Für den Donnerstag und Freitag bieten die externen Modelle keine signifikant vom
IFS abweichenden Lösungen an. Auch der Samstag wird von allen Modellen ähnlich
simuliert, allerdings ist die Blockadewirkung des Osteuropahochs nach ICON etwas
stärker ausgeprägt als nach den anderen Globalmodellen, allen voran GEM, die das
Frontensystem am progressivsten simulieren.
Am Sonntag und zu Wochenbeginn haben zwar fast alle Globalmodelle die
südwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa mit der beginnenden Austrogung über
West- bzw. Südwesteuropa und dem verwellenden Frontensystem bzw. der Passage
einiger Wellentiefs auf der Karte, allerdings jeweils leicht phasenverschoben.
Die meisten Niederschläge werden aber in der Regel im Westen und Norden
Deutschlands simuliert, während es im Südosten oft trocken und an den Alpen
föhnig bleibt. Lediglich GEM fährt eine Außenseiterlösung und lässt den Trog am
Dienstag zumindest abgeschwächt auf das Vorhersagegebiet übergreifen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Zu Beginn der Mittelfrist (Zeitraum: T+72...96 h) verteilen sich alle 49
Ensemblemember, Haupt- und Kontrolllauf auf einen Cluster, der das altbekannte
Blocking-Muster zeigt, wobei uns der Westeuropa-Trog ja schon etwas näher auf
die Pelle rückt und eine Umstellung auf SWz einleitet.
Im nächstfolgenden Zeitraum (T+120...168) tauchen dann 2 Cluster auf (35 und 16
Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1). Dabei zeigt Cluster 1 vor allem
ab Sonntag eine etwas zyklonalere Variante der Südwestlage als Cluster 2, der
bereits So/Mo eine markante Austrogung westlich der Iberischen Halbinsel auf der
Karte hat, auf dessen Vorderseite sich nach Durchschwenken eines schwachen
Randtroges zu Wochenbeginn ein kräftiger Höhenrücken über Mitteleuropa aufbauen
soll.
Auch in der erweiterten Mittelfrist setzt sich das Blockademuster über dem
europäischen Kontinent weiter fort. Dabei werden 3 Cluster generiert (jeweils
25, 14 und 12 Member, Hauptlauf in Cluster 3, Kontrolllauf in Cluster 1), die
allesamt vor allem über Ost- und Südosteuropa blockierende Hochdruckgebiete auf
der Karte haben. Cluster 1 tendiert dabei Richtung "Frontenfriedhof", d.h.
Randtröge und Tiefausläufer schaffen es noch grade so bis nach Mitteleuropa,
während Cluster 3 jegliches Frontengeschehen außen vor lässt und ewige
Hochdruckdominanz andeutet. Cluster 2 zeigt dagegen eine nach Norden verschobene
Westlage mit dem Blockadehoch in weiterer Folge eher über Süd- und Mitteleuropa.

Die Kurvenschar der 850 hPa Temperatur der Rauchfahne Offenbach zeigt bis
Sonntag einen relativ geringen Spread mit einem leichten Rückgang bis Samstag
und einem Anstieg am Sonntag und zu Wochenbeginn. Einige wenige
Ensemblemitglieder (etwa 3 bis 4) haben wohl die GEM-Version mit Trogdurchgang
und relativ niedrigen 850 hPa-Temperaturen (um 0 Grad) am Montag auf der Karte,
während sich Haupt- und Kontrolllauf eher im oberen Bereich (6 bis 10 Grad)
bewegen.
Vor allem am Wochenende sind die meisten Member auch mit Niederschlägen
ausgestattet, die aber wohl nicht allzu üppig ausfallen. Nur wenige erreichen
mehr als 5 mm/6 h. Danach werden die Signale wieder weniger, eine nachhaltige
Beendigung der Trockenheit ist somit wohl nicht in Sicht.

FAZIT:
Wie weiter oben bereits erwähnt - es kommt etwas Bewegung in die Wetterküche,
zumindest vorübergehend. Die vorübergehend sogar leicht zyklonal geprägte
Südwestlage am Wochenende und wohl auch noch am Montag ist unstrittig,
wenngleich auch noch mit Unsicherheiten, insbesondere die räumliche Verteilung
der Niederschläge betreffend, behaftet. In der erweiterten Mittelfrist werden
die Modelldifferenzen und auch das Spektrum der Emsemble sowohl vom ECMWF als
auch vom GFS größer, allerdings deutet sich im Großen und Ganzen eine
Fortsetzung der blockierenden Wetterlagen an.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI und SOT geben im gesamten Mittelfristzeitraum keine Hinweise auf
außergewöhnliche Wettererscheinungen.
Warnrelevante Windgeschwindigkeiten sind bis Freitag - mal abgesehen von
föhnbedingten Sturmböen auf einigen Alpengipfeln nicht zu erwarten.
Mit dem Übergreifen des Frontensystems am Samstag ist dann allerdings eine
deutliche Windzunahme verbunden und bis Sonntag bzw. der Nacht zum Montag muss
insbesondere in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen mit
stürmischen Böen oder Sturmböen gerechnet werden. Auch an den Küsten reicht es
wohl zeitweise für stürmische Böen aus Südwest. Je nach Zugbahn und Intensität
der Wellentiefs sind an deren Südflanke auch in den Niederungen bzw. im
Binnenland - am ehesten im Nordwesten/Westen - stürmische Böen nicht
ausgeschlossen. Ab Montag sollte der Wind warntechnisch aber keine Rolle mehr
spielen (Ausnahme: Alpen bei Föhn).
Die Niederschläge weisen nach Durchsicht aller Modelle und probabilistischen
Verfahren - außer vielleicht in exponierten Staulagen der westlichen
Mittelgebirge - wohl keinerlei Warnrelevanz auf.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff