DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-11-2018 18:01
SXEU31 DWAV 041800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 04.11.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In den Alpen sowie den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen mitunter windig
oder auch stürmisch, sonst viel Grenzschichtmeteorologie.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen einem vor der Abtropfung
stehenden LW-Trog über Westeuropa respektive dem nahen Ostatlantik und hohem
Potenzial über dem nahen Osteuropa. Diese Konstellation bewirkt bei uns eine
antizyklonale konturierte südliche Höhenströmung, die nur wenig Einfluss auf das
Wetter in der untersten Troposphäre ausübt. Vielmehr haben wir es mit einer
grenzschichtgeprägten Situation zu tun, bei der die kräftig ausgeprägte
Inversion immer weiter nach unten gedrückt wird. Lag sie im Norden heute Mittag
noch bei gemessenen 800 hPa (Schleswig), dürfte sie morgen früh dort bei 900 hPa
positioniert sein. 900 hPa ist genau das Level, das heute Mittag 12 UTC in
Oberschleißheim gemessen wurde, wo es auch noch etwas weiter nach unten geht.
Die Folge ist, dass die verbreitet über Deutschland auftretende Hochnebeldecke
von Süden her mehr und mehr angeknabbert wird, wobei aber auch noch ein anderer
Prozess mithilft. Bedingt durch leichten Druckfall über Westeuropa bei nahezu
konstantem Druckniveau im Bereich des östlichen Hochs nimmt der Gradient bei uns
etwas zu, was den Wind oberhalb der Grenzschicht, vornehmlich im Erzgebirge, im
Bayerischen Wald und in den Alpen peu a peu auffrischen lässt. In den Kamm- und
Gipfellagen sowie in exponierten Tälern der Mittelgebirge muss mit ersten Böen 7
Bft, gegen Morgen vereinzelt vielleicht auch 8 Bft gerechnet werden. Auf der
Zugspitze ist gegen Morgen eine erste "9" nicht ausgeschlossen.
Die Frostwahrscheinlichkeit geht gegenüber der Vornacht deutlich zurück, dafür
bildet sich dort, wo es längere Zeit aufklart (z.B. im Westen, aber auch unter
anderen "Löchern") Nebel.

Montag ... tropft der Höhentrog über der Iberischen Halbinsel ab, was keine gute
Nachricht für den westlichen Mittelmeerraum ist, weil dort damit die Fortdauer
des unbeständigen Wetters garantiert wird. Ganz anders die Situation bei uns, wo
synoptisch betrachtet mit stark angezogener Handbremse agiert wird. Dabei
wandert morgen ein in die südliche Höhenströmung eingebetteter flacher
Höhenrücken nordwärts über den Vorhersageraum hinweg, der am Abend bereits die
Nord- und Ostsee erreicht und zuvor das Absinken noch etwas forciert. Die Folge
ist eine weitere Stauchung der Grundschicht in weiten Teilen des Landes, sofern
das überhaupt noch möglich ist. Insbesondere nach Südosten und Osten hin rückt
die Inversion so weit in die Nähe der Erdoberfläche, dass kaum noch Grenzschicht
übrigbleibt und die Hochnebeldecke dort immer weiter aufreißt. Dabei hilft z.T.
auch der noch etwas zulegende Ost-Südostwind in den östlichen und ostbayerischen
Mittelgebirgen mit, der in exponierten Kamm- und Gipfellagen Böen 8 Bft
(vereinzelt vielleicht 9 Bft), in "günstig" in Windrichtung ausgerichteten
Tälern 7 Bft erreicht. Auch der Südföhn in den Alpen verstärkt sich etwas, was
auf den Gipfeln Sturmböen 8-9 Bft, in föhnaffinen Tälern steife Böen 7 Bft
bedeutet.
Hinter dem flachen Rücken folgt ebenfalls von Süden ein ebenso flacher
Sekundärtrog nach, der die Inversion im Westen und Südwesten eher etwas
ansteigen lässt und zudem ein paar mittelhohe Wolkenfelder im Gepäck hat, aus
der sich ganz vereinzelt ein paar wenige Tropfen verirren können. Trotzdem
spricht einiges dafür, dass sich der Hochnebel in NRW mehr oder weniger auflöst
und trotz der mittelhohen Wolken zeitweise die Sonne zum Zuge kommt (am
hartnäckigsten in puncto Hochnebel gibt sich EURO4, das nur sporadische Lücken
vorsieht). Eher düster sieht es zu Wochenbeginn für Nordwestdeutschland aus,
aber auch im Süden wird es in einigen Regionen lange, wenn nicht sogar den
ganzen Tag grau bleiben (z.B. Oberrhein, Bodenseeraum, Teil Schwabens, die
Pfalz).
Temperaturmäßig kann es große Unterschiede geben. Während im Dauergrau punktuell
keine 10°C erreicht werden, sind am Alpenrand sowie am Bayerischen Wald örtlich
um 20°C drin. Ansonsten stehen in der Südosthälfte bei Sonnenschein 14 bis 18°C,
sonst 11 bis 15°C auf der Karte.

In der Nacht zum Dienstag passiert nicht allzu viel bei uns. Der Gradient
fächert in der unteren Troposphäre etwas auf, wodurch der Wind in den genannten
Gebirgen schwächer wird. Am längsten bleibt er noch im und am Erzgebirge flott
unterwegs.
Ansonsten wird von Südosten her weiter am Abbau der Hochnebeldecke gearbeitet.
Auf der anderen Seite kann sich in den klaren Gebieten neuer Nebel oder
Hochnebel bilden - die klassische Nebellotterie halt. Im Süden und in der Mitte
ist bei längerem Aufklaren ganz vereinzelt leichter Luft- und streckenweise
Bodenfrost möglich.

Dienstag ... zieht das Cut-Off-Tief von der Iberischen Halbinsel in Richtung
Löwengolf, wo es zu einem Randtrog des nach wie vor über dem Ostatlantik
thronenden und sich immer wieder regenerierenden LW-Troges mutiert. Bei uns
bleibt alles beim Alten, wobei die südliche Höhenströmung mit Passage eines
neuen flachen Rückens wieder antizyklonaler aufgestellt ist.
Wenig bis nichts tut sich auch im Bodendruckfeld, wo wir uns nach wie vor
zwischen hohem Luftdruck über Ost- und einer Tiefdruckrinne über Westeuropa
befinden. Dazwischen herrscht eine überwiegend schwache, nach Norden hin teils
mäßige östliche Ausgleichsströmung, die in Nord- und Nordwestdeutschland weiter
am Abbau der Hochnebeldecke arbeitet. Bei weiterhin sehr niedriger Inversion
sind die Modelle auch sonst sehr optimistisch hinsichtlich des Sonnenscheins,
der sich vielerorts in Szene setzen soll. Trotzdem dürfte es in einigen Regionen
(z.B. Oberrhein, Bodensee bis untere Donau, Oberschwaben) eine zähe
Angelegenheit werden, den dichten Grauschleier zu vertreiben. In diesen Regionen
tut sich freilich auch die Temperatur schwer, Impulse nach oben zu setzen, bei
rund 10°C, teils auch darunter, dürfte Schluss sein. Sonst stehen milde bis
warme 13 bis 18°C, im Lee einiger Mittelgebirge sowie an den Alpen stehen
örtlich sogar um die 20°C auf der Karte.
Der Wind in den genannten Gebirgen nimmt zunächst noch etwas ab, bevor der der
Föhn in den Alpen nach Abzug des flachen Rückens tendenziell wieder zunimmt. Das
genaue Timing bzw. Erfassen der Minima und Maxima des oszillierenden Windes wird
von den Modellen im Vorfeld nur unscharf erfasst, so dass man im Warnmanagement
teilweise etwas kurzfristiger handeln muss.

In der Nacht zum Mittwoch tut sich weiterhin wenig, auch wenn der atlantische
Trog geringfügig dichter an den Vorhersageraum heranrückt. Damit deutet sich
eine erneute Zunahme des Föhns bzw. des Windes im Erzgebirge und in den
ostbayerischen Mittelgebirgen an. Ansonsten ist einmal mehr Nebel oder Hochnebel
ein Thema, während von Frost kaum oder sogar überhaupt nicht die Rede sein wird.


Mittwoch ... wird die Höhenströmung allmählich etwas zyklonaler, außerdem sinkt
besonders im Westen die 850-hPa-Temperatur (auf 8 bis 5°C am Abend), was den
Abbau der Inversion fördert. Zudem setzten im äußersten Westen und Südwesten
leichte Hebungsprozesse ein, was die Bewölkung im Tagesverlauf dichter werden
lässt und später sogar ein paar Tropfen Regen bringen kann. Ansonsten bleibt uns
die Nebel-Hochnebel-Lotterie - abgesehen von einigen hohen Wolkenfeldern - noch
erhalten, während der Wind mit Ausnahme des äußersten Westens (dort etwas
auflebender Süd-Südostwind) wieder auf dem absteigenden Ast ist. Abseits von
zähem Nebel/Hochnebel bleibt es mild mit 12 bis 19°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Das größte Fragezeichen steht hinter der Verteilung, Bildung und Auflösung von
Nebel und Hochnebel, wo sich zum Dienstag hin selbst die Dauerpessimisten unter
den Modellen (EURO4 und das verwandte polnischen UM) ziemlich optimistisch
zeigen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann