DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-10-2018 08:30
SXEU31 DWAV 310800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 31.10.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL TrW (Trog Westeuropa)

Nach Abzug von Sturmtief VAIA nun wieder ruhigeres Fahrwasser mit wenig
Warnerregung. In den Alpen sich aber wieder regenerierender Südföhn mit
Höhepunkt am Donnerstagmorgen/-vormittag.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... endet der Oktober 2018, ein durchweg bemerkenswerter Monat, der
lange Zeit golden und warm war, zum Schluss aber daran erinnert hat, dass die
nächste Jahreszeit eigentlich der Winter ist oder sein sollte - wir werden
sehen. Fakt ist, dass nach mehreren Tagen unter der Ägide von Tief VAIA (erst
Schnee im Süden, dann Föhnsturm in den Alpen und Wärmeeinbruch im Osten, dann
noch Schnee im Westen und Sturm verbreitet) wir am heutigen Teilfeiertag (morgen
ist noch einer, aber wir in Hessen schauen natürlich an beiden Tagen in die
Röhre) in deutlich ruhigeres Fahrwasser gelangen. Tief VAIA hat inzwischen
Südnorwegen respektive die Gewässer drum herum erreicht, bevor es später weiter
nördlich über der Norwegischen See aufschlägt und damit vollständig den Zugriff
auf unseren Raum verliert. Damit werden auch die anfänglich an der Küste noch
auftretenden Sturmböen 8-9 Bft im Laufe des Vormittags immer weniger und
schwächer, spätestens am Nachmittag braucht man dann keine Windwarnung mehr
zwischen Borkum und Usedom.
Der Blick auf die großräumige Potenzialverteilung zeigt uns auf der Vorderseite
eines extrem langgestreckten Höhentrogs, der von Grönland bis hinunter nach
Nordwestafrika reicht und über zwei Drehzentren verfügt - eines bei Island, das
zweite über der Iberischen Halbinsel. Mit der südlichen Höhenströmung wird aus
dem westlichen Mittelmeerraum heraus WLA induziert, die bei uns zu
Potenzialgewinn führt. Dieser äußert sich in Form eines flachen Höhenrückens mit
zonaler Achse, der im Laufe des Tages langsam nordwärts wandert. Dahinter dreht
der Höhenwind wieder ziemlich glatt auf Süd, was auf der Alpensüdseite erneut
ergiebige Stauniederschläge und in den Alpen eine Refreshing des Föhns zur Folge
hat. Doch nicht nur Potenzialgewinn ist das Ergebnis besagter WLA, es werden
auch eine Menge hoher und mittelhoher Wolken generiert, die aktuell schon dabei
sind, von Südwesteuropa nach Norden zu ziehen und dabei auch den Vorhersageraum
zu traktieren (es sind sogar ein paar hohe SC-Felder am Start, wie man aktuell
im Rhein-Main-Gebiet beobachten kann). Dabei gilt die Faustregel, je weiter im
Westen und Südwesten, des dichter können dieses Wolken sein. Im Vorfeld einer
Warmfront über Frankreich - das zugehörige flache Bodentief begibt sich im
Tagesverlauf von Katalonien in die Bretagne - können später im äußersten Westen
sogar ein paar Tropfen Regen fallen, wenn sie denn unten ankommen.
Das ist gar nicht so selbstverständlich, fließt doch zwischen einem dicken
fetten Hoch über Russland (über 1045 hPa) und tiefem Luftdruck über Westeuropa
mit östlicher bis südlicher Strömung relativ trockene und zunehmend milde
(Anstieg T850 von -1 bis +4°C heute früh auf 3 bis 11°C zum Tagesende) Luft ein,
in der etwaige, mit nicht allzu viel Power aus der Wolke entlassene Regentropfen
evtl. verdunsten können. In der Osthälfte jedenfalls muss man sich darüber keine
Gedanken machen, scheint dort doch häufig die Sonne bei Tagesmaxima von 12 bis
16°C, während sonst etwa 8 (Mittelgebirgsraum) bis 14°C auf der Karte stehen.
Während der Wind, wie schon erwähnt, an der Küste klar auf dem absteigenden Ast
ist (gilt auch für den Blocksberg, wo es von anfangs Bft 10 auf Bft 7-8
zurückgeht), befindet er sich in den Alpen mit Föhnverstärkung wieder auf dem
Vormarsch. Dort kann etwa ab Mittag auf den Bergen wieder mit Sturmböen 8-9 Bft,
vereinzelt sogar 10 Bft und in föhnanfälligen Tälern vielleicht mit ersten
steifen Böen 7 Bft gerechnet werden.

In der Nacht zum Donnerstag tut sich wettermäßig relativ wenig. Zwar wandert der
Höhenrücken unter Abflachung aus dem Vorhersageraum heraus, gleichwohl bleibt
Deutschland weitgehend antizyklonal aufgestellt. Dabei ziehen weiterhin hohe und
auch mittelhohe Wolken von Süd nach Nord, im Westen können hier und da ein paar
Tröpfli fallen. Nebel ist aufgrund der Bewölkung und der relativ trockenen
Grundschicht kein großes Thema, nur vereinzelt dürften sich nach Osten hin in
paar Felder bilden. Trotz Zufuhr milderer Luftmassen kann im Süden und in der
Mitte lokaler Luftfrost knapp unter dem Gefrierpunkt nicht ganz ausgeschlossen
werden, was aber eher in der Prosa und weniger in Form einer aktiven Warnung (zu
wenig Fläche, zu schwer zu lokalisieren) kommuniziert werden sollte.
Prominent unterwegs bleibt der Föhn in den Alpen, der sogar noch etwas an Stärke
zulegt. Für exponierte Gipfel bedeutet das auf alle Fälle schwere Sturmböen 10
Bft, gegen Morgen vielleicht sogar erste Orkanböen bis Stärke 12 Bft. Die
föhnaffinen Täler dagegen sollten mit steifen bis stürmischen Böen 7-8 Bft
auskommen.

Donnerstag... verschiebt sich der gesamte Trogkomplex über Westeuropa
geringfügig nach Osten, was bei uns aber wenig an der Höhenströmung ändert. Die
kommt weiterhin aus Süden und ist dabei indifferent bis leicht zyklonal
konturiert. Korrespondierend zum Höhentrog befindet sich westlich von uns eine
Tiefdruckrinne mit eingelagerter Kaltfront, die ebenfalls dichter an den
Vorhersageraum heranrückt. Dabei fächert der Gradient noch etwas weiter auf, was
auch Konsequenzen auf den Föhn hat, der sich - nach seinem Höhepunkt am
Vormittag mit Orkanböen auf einigen Gipfeln - ab Mittag beginnt abzuschwächen
(wichtiger als die Auffächerung am Boden ist dafür allerdings die
Gradientabnahme in der unteren und mittleren Troposphäre).
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass mit Annäherung der zyklonalen Gebilde die
Wolkenzufuhr gegenüber heute eher zunimmt und die Zone längerer sonniger
Abschnitte in den äußersten Osten abdrängt. Im äußersten Westen und Südwesten
gesellen sich zu der hohen und mittelhohen Bewölkung nun auch ein paar tiefe
Wolken, aus denen es hin und wieder schauerartig etwas regnen kann. Über
Frankreich und Benelux reichen Feuchte und Labilität sogar, um etwas CAPE zu
generieren, was in einzelne Gewitter mündet.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 9 bis 15°C, im äußersten Osten und Süden
(Lausitz, Ostbayern, Alpen mit Vorland) bis 17°C, mit Föhnunterstützung am
Alpenrand sogar bis zu 20°C.

In der Nacht zum Freitag zieht vorderseitig des Haupttrogs ein kurwelliger
Anteil von Nordostfrankreich über Westdeutschland nach Südskandinavien. Er führt
die Rinne nebst Kaltfront noch etwas dichter an den Westen heran, was aber nach
dem neusten Lauf von ICON kaum ins Gewicht fällt (in den Vorläufen wurden bis zu
5 mm Regen simuliert, jetzt kaum noch was). Über der Nordsee könnte es für
einzelne Gewitter reichen.
Schauen müssen wir auch nach Osten, wo sich eine meridionale, vom zentralen
Mittelmeerraum bis zur Ostsee reichende Luftmassengrenze etabliert, an der etwas
Hebung generiert wird. Ob die daraus resultierenden leichten Regenfälle auch auf
deutschen Boden fallen, wie das vor allem von IFS propagiert wird, oder sich das
Ganze allein auf polnischer, tschechischer und österreichischer Seite abspielt,
bleibt abzuwarten. Warnrelevanz liegt jedenfalls nicht vor. Das dürfte übrigens
auch für das Thema "Nebel" gelten, der es angesichts zahlreicher Wolken doch
eher schwer hat, sich zu bilden.
Während der Südwestwind auf dem Brocken wieder zunimmt (in Böen Sturmstärke),
ist vom Alpenföhn nicht mehr viel zu spüren.

Freitag... schwenkt der Nordteil des Haupttroges mehr und mehr in den Norden und
Westen des Landes, wo er aber durch einen fetten Rücken über Osteuropa
ausgebremst wird. Die Blockadewirkung dieses Rückens führt auch dazu, dass der
Trog im Süden über dem westlichen Mittelmeer abtropft. Die Kaltfront der
ehemaligen Rinne - mittlerweile hat sich ein kleines Tief etabliert, das von der
Nordsee nach Südskandinavien zieht - schwenkt ebenfalls in den Westen und
Norden, wodurch dort etwas Regen generiert wird. Außerdem wird ein Schwall
subpolarer Meeresluft in den Nordwesten gesteuert, in der die 850-hPa-Temperatur
auf rund -1°C zurückgeht.
Mit Durchschwenken der Kaltfront bzw. des zugehörigen Bodentrogs frischt der aus
Südwest kommende und später auf West bis Nordwest drehende Wind im Norden
vorübergehend auf. Dabei ist es aus heutiger Sicht grenzwertig, ob und vor allem
wie flächig dabei die untere Warnschwelle 7 Bft erreicht wird. ICON agiert
diesbezüglich eher defensiv (zeigt sehr wohl aber einzelne 7er-Böen), IFS
dagegen ziemlich offensiv (an der Küste sogar 8er-Böen). Stürmisch dürfte es so
oder so auf dem Brocken werden.
Der Osten und Süden bekommt von der Kaltfront wenig bis gar nichts mit, weil
sich dort eine Hochdruckbrücke aufzubauen beginnt, die das russische
Monumentalhoch mit dem Azorenhoch verbindet. Die Folge ist eine weitgehend
trockene Mischung aus mehr oder weniger dichten Wolkenfeldern und auch mal etwas
Sonnenschein. Die Temperatur erreicht 9 bis 15°C, im Osten sogar bis 17°C.

In der Nacht zum Samstag verstärkt sich die Hochdruckbrücke und weitet sich nach
Abzug der Kaltfront auch in den Norden aus. Die Nebelwahrscheinlichkeit nimmt
gegenüber den Vornächten zu, lokal gibt es leichten Luftfrost.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle ähneln sich weitgehend, kleine Unschärfen wurden im Text angerissen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann