DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-10-2018 18:30
SXEU31 DWAV 281800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 28.10.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Trog Westeuropa; Tief auf ungewöhnlicher Zugbahn: Föhnsturm an den Alpen, am
Dienstag besonders im Westen Sturm. In den westlichen Mittelgebirgen etwas
Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegt ein stark ausgeprägter Trog über Westeuropa, der
bis weit nach Nordwestafrika reicht. Über den Pyrenäen ist ein Höhentief
abgetropft. Auf der Vorderseite des Höhentiefs verstärkt sich ein im linken
Ausgang des Jets liegendes Tief bei den Balearen, das in den Golf von Genua
zieht. Auf seiner Vorderseite wird warme Saharaluft nach Norden geführt. Über
Skandinavien liegt ein Hochdruckgebiet. Zwischen dem Genuatief und dem
Hochdruckgebiet hat sich bodennah eine östliche Strömung eingestellt, in der am
Boden kalte Subpolarluft (850-hPa-Temperatur ~ -2 °C) eingeflossen ist. Während
der Norden von Schauern erfasst wird, gleitet im Süden die Warmluft auf die
kalte Grundschicht auf, wodurch die 850-hPa-Tempertur von Südosten her ansteigt.
In der Südosthälfte gibt es dem zu Folge Aufgleitniederschläge, die sich im
Laufe der Nacht weiter abschwächen. Oberhalb von 600 m fallen diese in der
Oberpfalz, im Fichtel- und Erzgebirge, sowie im Thüringer Wald als Schnee. Es
ist aber nur noch mit wenig Neuschnee zu rechnen. Sonst gibt es im Westen nur
leichte Niederschläge, die dort allenfalls in den Gipfellagen etwas Schnee
bringen. Zumindest zeigen COSMO-D2 und WRF(SuperHD) dort leichten Schneefall mit
Mengen bis 1 cm.

Montag ... Durch die Lage im linken Jetausgang verstärkt sich das Tief über dem
Golf von Genua weiter. An den Alpen setzt allmählich eine Föhnsituation ein. Auf
der Vorderseite des Tiefs wird weiterhin kräftig Warmluft advehiert, sodass die
Schneefallgrenze massiv ansteigt. Am Abend simuliert ICON über Bayern mit
Föhnunterstützung bis 17 Grad in 850 hPa. Der Stau an den Südalpen verstärkt
sich weiter, so dass dort extreme Niederschläge erwartet werden. Im Gegenzug
trocknet die Luft im Warmsektor über Deutschland aus, sodass im Süden kein Regen
mehr erwartet wird. In den tieferen Schichten lösen sich die Wolken sogar auf.
Leichter Regen beschränkt sich auf die Nordhälfte. Bodennah ist immer noch der
Nordostwind wirksam, sodass sich die bodennahe Kaltluftschicht länger halten
kann und es zu einer markanten Inversion kommt. So kann der Wind trotz sich
stetig verstärkenden Gradient noch nicht bis in die Grenzschicht durchgreifen.
Sturmböen gibt es somit nur auf den Bergen und an der See, am Abend auch am
Alpenrand.

In der Nacht zum Dienstag springt das Tief gefördert durch eine Lee-Zyklogenes
im Lee der Westalpen und einem scharfen Trog am Höhentief unter weiterer
Intensivierung über die Alpen und nimmt eine sehr ungewöhnlich Zugbahn
(5b-ähnlich aber weit nach Westen verschoben) über Westdeutschland nach Benelux
ein. Vorderseitig verstärkt sich der Gradient und die Strömung dreht auf Südost.
Die bodennahe Kaltluft wird dadurch zu einem Großteil ausgeräumt. Zudem breitet
sich ein markanter Low-Level-Jet von Süden nach Norden aus (850-hPa-Wind z.T. >
70 kn). So werden von ECMWF, GFS und SuperHD besonders in den Leelagen der
Mittelgebirge Böen bis 75 km/h simuliert. ICON ist diesbezüglich etwas
verhaltener. Besonders betroffen ist der Lee des Erzgebirges (Böhmischer Wind,
mit 925 hPa-Wind ~ 60 kn). Dort werden von GFS und SuperHD Und ICON Böen bis
knapp über 100 km/h simuliert. Wahrscheinlich sind die Böen in der Fläche etwas
hoch gegriffen, da die Modelle in stabiler Schichtung im Warmsektor gerne etwas
übertreiben. Dennoch sind Böen bis 100 km/h in anfälligen Tälern durchaus
realistisch. An den Alpen verstärkt sich der Föhn. Auf den Bergen gibt es
Orkanböen, sonst schwere Sturmböen bis an den Alpenrand. In anfälligen
Föhntälern, wie dem Isartal sind sogar orkanartige Böen über 100 km/h möglich.
Für die Prognose der Windgeschwindigkeiten sei dort als First Guess MOS-MIX
empfohlen.

Durch die starke Südströmung schwappen leichte Niederschläge sogar trotz Föhn
über die Alpen nach Süddeutschland (Dimmerföhn). Ansonsten ist in der Osthälfte
mit einem ungewöhnlich starken Temperaturanstieg in der Nacht zu rechnen; von
teilweise (2 auf 17 °C); 850-hPa-Temperatur bis 17 Grad!



Dienstag ... wird das Tief deutlich eingebremst. Es zieht mit zugehörigem
Höhentief weiter Nord-Nordwestwärts von Benelux auf die Nordsee. Von Westen her
dringt erwärmte subpolare Luft über Westdeutschland ostwärts vor. Der Gradient
an der Kaltfront ist weitestgehend aufgefächert, das zugehörige schwache
Regengebiet liegt über Polen. In den Vorläufen kam es zu einem Abriss der
Kaltfront und das Tief bildete eine Warmluftseclusion und nahm somit
Shapyro-Keyser-Zyklonen ähnliche Struktur an. In den neuen Läufen ist die
SK-Struktur besonders bezüglich des Tiefkerns kaum mehr ausgeprägt. Es wird kein
Absinken von stratosphärischer Luft hinter der Kaltfront oder nahe des Tiefkerns
simuliert. Dennoch baut sich im Südquadranten des Tiefs südlich der Okklusion
ein markanter Low-Level-Jet (925 hPa-Wind ~ 60 kn) auf. Die Modelle simulieren
in diesem Bereich von NRW bis Schleswig-Holstein verbreitet Sturmböen. ICON und
SuperHD sogar einzelne schwere Sturmböen in tiefen Lagen. Ansonsten werden
verbreitet stürmische Böen erwartet. Mit der Okklusion kommt es im Westen zu
Niederschlägen, die bei 850hPa-Temperaturen in den Mittelgebirgen als Schnee
fallen. ICON und SuperHD rechnen ab Dienstagfrüh oberhalb von 500 - 600 m mit
bis zu 5 cm, SuperHD lokal bis 10 cm Neuschnee in der Eifel, Hunsrück,
Westerwald, Hochtaunus und im Rothaargebirge.
Währenddessen sind im Osten immer noch die Reste subtropische Luftmasse wirksam,
die durch die schwächelnde Kaltfront nicht richtig ausgeräumt werden konnte.
Ungewöhnlich warm wird es besonders am Vormittag bei Sonnenschein mit bis zu 22
°C.
In der Nacht zum Mittwoch zieht das Tief mit seinem Windfeld weiter
Nord-Nordwestwärts auf die Nordsee. Die stärksten Böen konzentrieren sich auf
den Nordseeküstenbereich. Dort sind anfangs durchaus 11er-böen möglich
(ECMWF;GFS;ICON). Ansonsten lässt der Wind deutlich nach, der Regen zieht ab und
die Wolkendecke lockert auf.

Mittwoch ... zieht das Sturmtief unter Abschwächung ins Nordmeer ab. Der Trog
über Westeuropa verlagert sich Retrograd. Wir verbleiben in einer südlichen
Höhenströmung, während sich am Boden der schwacher Einfluss des Hochs
durchsetzt, das von Skandinavien inzwischen nach Osteuropa gezogen ist. Nur der
Westen verbleibt unter schwachen Tiefdruckeinfluss. Regen wird dort jedoch kaum
simuliert. Bei einer südlichen bis südöstlichen Strömung setzt wieder
Warmluftadvektion ein. Die 850-hPa Temperatur steigt auf über 5 °C. Bei 12 bis
17 Grad ist es im Westen wolkig, im Osten nur locker bewölkt. Nachts bleibt es
weitestgehend frostfrei.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modellsimulationen sind alle weitestgehend ähnlich. Bezüglich der Intensität
des Tiefs und der Niederschlagsmengen gibt es noch leichte Variationen. Etwas
unsicher sind noch die Schneefälle in den westlichen Mittelgebirgen am Dienstag
(Schneefallgrenze, genaue Mengen)


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold