DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

14-06-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 14.06.2016 um 10.30 UTC



Wechselhaft, häufig schauerartiger und gewittriger Regen. Meist mäßig warm. Ab
Donnerstagabend und am Freitag vom Süden auf den Osten übergreifend ergiebiger,
d.h. teils unwetterartiger Regen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 21.06.2016


Zunächst liegt Deutschland unter der Vorderseite eines breiten Troges, dessen
Hauptachse über Westeuropa verbleibt. Aus diesem Trog läuft ein kurzwelliger,
aber markanter Anteil heraus und schwenkt zu den Westalpen. Dies induziert
stromab eine Zyklogenese, die über dem Ostalpenraum ansetzt. Das resultierende
Tief wird von dort aus direkt nordwärts gesteuert und erreicht Freitagmittag mit
einem Kerndruck unterhalb von 990 hPa bereits den Nordosten Deutschlands.
Samstagfrüh wird dieses Tief dann, ohne sich abzuschwächen, bereits über der
Ostsee vor Stockholm gezeigt.
Beginnend von den Alpen her setzen an der Süd- und Westflanke dieses Bodentiefs
länger andauernde und zunehmend ergiebige, d.h. unwetterartige Niederschläge
ein, wobei entlang der Zugbahn dieses Tiefs 24-std. Summen von mehr als 50 bis
etwa 100 mm auftreten können. Dies sind durchweg unwetterartige
Niederschlagssummen. Als weiteres warnrelevantes Wetterelement ist der Wind zu
berücksichtigen. Da es sich dabei um eine heftige Entwicklung handelt, sind an
der Südflanke dieses Tiefs Böen bis Sturmstärke, im (östlichen) Bergland und
später an der Ostseeküste durchaus auch schwere Sturmböen zu erwarten.
Auch wenn sich dieses Tief mehr und mehr in der mittleren und oberen Troposphäre
abbildet, so bleibt doch die südwestliche Strömung bestehen. Die Lage der
Trogachse ändert sich am Samstag zunächst nur unwesentlich. Erst in der Nacht
zum Sonntag kommt der Trog in Bewegung, so dass der Nordwesten in dessen Bereich
gelangt. Da sich, bedingt durch Kaltluftadvektion, dann ein Bodenhochkeil nach
Mitteleuropa schiebt, nimmt von Norden und Westen her die Niederschlagsneigung
ab (was nicht heißen soll, dass es dann dort trocken bleibt).
Im Laufe des Sonntags tropft der Trog nach Süden, d.h. zum westlichen
Mittelmeer, ab, wobei dann das Höhentief über dem Golf von Genua zu finden ist.
Geopotentialanstieg über Mitteleuropa stützt die dort liegende Hochbrücke, was
in weiten Teilen Deutschlands für eine Wetterberuhigung mit Auflockerungen und
Aufheiterungen sorgt. Im Süden und Südosten hält sich zyklonaler Einfluss, so
dass dort die Gewitterneigung hoch bleibt.
Zu Wochenbeginn wird die Hochbrücke nach Norden und Osten abgedrängt. Kräftige
Warmluftzufuhr in Verbindung mit einer divergierenden Höhenströmung an der
Vorderseite des Höhentiefs sorgt für Druckfall, der auch auf Süddeutschland
übergreift. Hierdurch sollte die feuchtlabile Luft im Osten wieder weiter nach
Norden vorankommen und die Gewittertätigkeit zumindest den östlichen
Mittelgebirgsraum erfassen.
Am Dienstag verlagert sich das Höhentief in den Alpenraum, was für den gesamten
Süden und Osten Deutschlands zyklonalen Einfluss bedeutet. Hierdurch würde sich,
abgesehen vom Norden und Nordwesten Deutschlands, die Gewittertätigkeit erneut
intensivieren.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum läuft in das über dem
Alpenraum liegende Höhentief vom nahen Ostatlantik kommend ein Trog herein,
woraus sich eine Troglage Westeuropa ergibt. Der antizyklonale Einfluss wird
hierdurch nach Südwesten abgedrängt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf zeigt gegenüber weiter zurückliegenden Modellläufen bzgl. der
Vb-artigen Tiefentwicklung eine weitgehend ähnliche Entwicklung, was die
Wahrscheinlichkeit für ein derartiges Szenario bekräftigt. Dabei zeigt der
aktuellste Lauf das für das Vorhersagegebiet gefährlichste Szenario.
Auch bis in den Dienstag hinein ergeben sich hinsichtlich der synoptischen
Grobstrukturen keine prognoserelevanten Unterschiede. Allerdings zeichnet sich
danach ab, dass ausgehend von dem Höhentief über dem Alpenraum eher der
zyklonale Einfluss wieder eine Rolle spielen sollte.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ergeben sich gegenüber weiter
zurückliegenden Modellläufen deutliche Unterschiede. Hatten die beiden
Rechnungen des Vortages noch über Fennoskandien eine Blockierung im Programm,
ist hiervon beim aktuellen Lauf nicht mehr viel zu sehen. Dafür soll der vom
Ostatlantik kommende Trog rascher ostwärts übergreifen und schließlich das über
dem Alpenraum liegende Höhentief in seine Zirkulation einbeziehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die oben beschriebene Vb-artige Entwicklung haben alle verfügbaren Modelle im
Programm. Auch bis in den Dienstag hinein ergeben sich nur geringe Unterschiede.
Erst im Laufe des Dienstags lässt ICON das Höhentief etwas nach Westen driften,
wogegen GFS das Szenario des EZMW stützt.
GFS und auch das Modell des kanadischen Wetterdienstes deuten eine weitere
Vb-artige Entwicklung an. Durch das Höhentief über dem Alpenraum und einen
hiervon ausgehenden Trog induziert soll sich nördlich der Ostalpen erneut ein
Tief entwickeln, das über den Nordosten Deutschlands hinweg nordwärts gesteuert
wird, wobei diese Entwicklung nicht so heftig gesehen wird wie das Tief vom
kommenden Freitag. Unwetterartige Niederschlagssummen sind dennoch sehr
wahrscheinlich.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum zeigt GFS eine mit der
Simulation des EZMW vergleichbare Version, wobei sich der Trog aber nach
Mitteleuropa verlagern soll.
Die Version des kanadischen Modells kommt der Rechnung des EZMW vom Vortag (12
UTC) nahe. Demnach soll sich über Fennoskandien ein blockierendes Hoch
entwickeln und an dessen Südflanke feuchtwarme und labil geschichtete Luft nach
Mitteleuropa vordringen, was einen Temperaturanstieg, aber für Teile
Deutschlands erneut eine Schwergewitterlage zur Folge hätte.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt weitgehend die Version des EZMW, was auf eine Troglage
Westeuropa hinausläuft. Ab Sonntag divergieren die Einzellösungen, aber echte
Ausreiße sind weder zur kalten noch zur warmen Seite hin zu finden. Es zeichnet
sich ein ab Wochenbeginn ein leichter Temperaturanstieg ab, was mit
unbeständigem Wetter und zunehmender Gewitterneigung (CAPE!) einhergeht. Vor
allem nach Osten und Süden hin würde dann auch wieder die Gefahr von
Schwergewittern zunehmen.
Das ENS des EZMW stützt die oben beschriebene Entwicklung. Hier divergieren die
Einzellösungen bereits ab Sonntag.
Das Clustering liefert in annähernd der Hälfte der Einzellösungen Indizien für
eine weitere Vb-artige Lage zu Wochenbeginn, was die Version der amerikanischen
Modelle stützen würde. Erneut wären dann Niederschläge bis in den
Unwetterbereich hinein möglich, was bislang nur von Einzellösungen des EPS
gezeigt wird, aber im Auge behalten werden sollte. Die anderen beiden Cluster
stützen die Version des deterministischen Modells. Im erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzt reichlich die Hälfte der Szenarien auf
die bei den ungestörten Rechnungen gezeigten Versionen. Allerdings kann dieser
Trog auch über Westeuropa auch austropfen (16 Einzellösungen) oder sich der
gesamte Höhentiefkomplex vom Alpenraum nach Südosteuropa verlagern, was auf eine
antizyklonale Nordwest- bis Nordlage hinauslaufen würde. Allerdings wird dies
nur von wenigen (acht) Lösungen so gesehen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ist die Entwicklung folglich
noch unsicher. Die Version, dass an der Südflanke eines blockierenden Hochs
erneut feuchtlabile Warmluft von Südosteuropa in das Vorhersagegebiet gelangt
(gestriger 12 UTC-Lauf), ist nur bei 6 Membern zu sehen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Mittwoch sind in großen Teilen des Landes - vor allem in der Mitte und im
Norden - Gewitter oder teils gewittriger Starkregen mit Regenmengen über 20 l/qm
in kurzer Zeit wahrscheinlich. Lokal sind Unwetter durch Starkregen von mehr als
25 l/qm in einer bzw. 35 l/qm in sechs Stunden möglich, vor allem im Nordosten.

Am Donnerstag sind im Norden und Westen sowie in Teilen der Mitte Gewitter und
Schauer mit Starkregen, kleinkörnigem Hagel und Sturmböen möglich, Unwetter
jedoch eher unwahrscheinlich. Auch im Süden sind einzelne, teils kräftige
Gewitter möglich. Darüber hinaus ist in den Alpen Föhnsturm mit schweren
Sturmböen wahrscheinlich.
Im Laufe des Nachmittags und Abend kommt von der Schweiz her teil gewittriger
Starkregen wahrscheinlich auf, der in der Nacht zum Freitag nordostwärts
ausgreift. Dabei besteht die Gefahr unwetterartiger Regenmengen von 35 bis 60 mm
innerhalb weniger Stunden, zum Teil auch noch mehr (extremes Unwetter).
Am Freitag gibt es von Süden auf die Mitte und den Osten und nachfolgend im
Osten weiter nordwärts ausgreifend länger andauernden und ergiebigen Regen,
dabei sind bis etwa 100 l/qm innerhalb von 24 Stunden möglich, in Staulagen
durchaus auch mehr (extremes Unwetter). Im Süden und Osten gibt es außerdem
Sturmböen, im Bergland und an der Ostsee sind später schwere Sturmböen möglich.
In den anderen Gebieten gibt es wiederholt Schauer und kurze Gewitter, dabei
besteht die Gefahr von Starkregen.

Am Samstag fällt im Nordosten anfangs länger andauernder Regen, teils auch noch
unwetterartig. Dabei sind vor allem an der Ostsee auch noch Sturmböen möglich.
Ansonsten gibt es verbreitet Schauer und Gewitter, vor allem im Süden und
Südosten ist teils Starkregen um 20 l/qm innerhalb weniger als einer Stunde und
um 30 l/qm innerhalb von 6 Stunden möglich. Nach Nordwesten hin nur vereinzelt
Starkregen möglich.
Am Sonntag im Süden gibt es weiterhin Schauer und Gewitter, teils ist Starkregen
möglich. Sonst erfolgt wahrscheinlich eine Wetterberuhigung. Am Montag fällt im
Osten erneut nordwärts ausgreifend teils gewittriger Starkregen, dabei sind
erneut 30 bis 60 l/qm Niederschlag innerhalb von 6 Stunden möglich, was
unwetterartige Mengen bedeutet.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX + ENS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann