DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-10-2018 17:01
SXEU31 DWAV 231800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 23.10.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts nachlassender Wind. An der See, im Südosten und im SE weiter Sturmböen.
Am Erzgebirge und an den Alpen Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... zieht ein Sturmtief vom Baltikum langsam weiter nach Osten. An
seiner Südwestflanke fächert der kräftige Druckgradient zum Hoch westlich
Irlands zögernd wieder auf. Damit lässt auch der Wind in weiten Landesteilen
nachts langsam nach. Für den Westen sind dann wohl keine Warnungen mehr nötig,
sonst reichen Warnungen vor Windböen. Lediglich im Südosten nimmt der Gradient
eher noch etwas zu, was auf die Annäherung der Fronten des Sturmtiefs und dem
Aufbau eines leichten Staukeils mit Leitplankeneffekt zurückzuführen ist. Dort
legt der Wind entsprechend noch zu und ab der zweiten Nachthälfte kommt es dort
zu starken bis stürmischen Böen, vereinzelt bis in tiefen Lagen auch zu
Sturmböen. Auf einigen Gipfeln sind dort, wie aber auch weiter nördlich schwere
Sturmböen bis orkanartige Böen nicht ausgeschlossen. Auch an der See sind über
die Nacht hinweg Sturmböen auf dem Programm.
Ansonsten überwiegt starke Bewölkung aus der vor allem im Norden und Osten sowie
über der östlichen Mitte verbreitet Regen fällt. Dieser wird durch Stau in der
nordnordwestlichen Anströmung verstärkt. Die höher auflösenden Modelle zeigen am
Erzgebirge über 40 mm in 12 Stunden, an den Alpen teils 20 bis 30 mm. Auch im
Harzstau sind in den deutschen Modellen und im EURO4 mehr als 30 mm zu finden.
Was in diesem Fall aber nicht von den anderen Modellen und von den
probabilistischen Verfahren gestützt wird. Deshalb wird dort auf Warnungen
verzichtet, sonst sind die entsprechenden Dauerregenwarnungen schon aktiv und
nach aktueller Modelllage auch gerechtfertigt.
Bleibt noch etwas Nebel in Hochlagen einiger Mittelgebirge durch aufliegende
Wolken.

Mittwoch ... verhält sich die Strömungskonstellation über Europa leicht
progressiv. Die hochreichende Antizyklone über Westeuropa nähert sich an, der
Trog über Osteuropa entfernt sich dagegen und Sturmtief Siglinde füllt sich über
Westrussland etwas auf.
Die Kaltfront kommt über dem Osten weiter nach Süden voran und zieht zu den
Alpen und nach Österreich ab, während sie über der Westhälfte schleifend
zurückhängt und in die Warmfront des nächsten in die Norwegische See ziehenden
Tiefs übergeht.
Die weiter kräftige Höhenströmung dreht etwas nach Nord, wird aber leicht
antizyklonaler, da sich über die Nordsee ein flacher Rücken nähert.

Unterdessen fächert der Bodendruckgradient weiter auf. Anfangs treten - grob
gesprochen - in der Osthälfte verbreitet Windböen aus Nordwest auf, im Südosten
Bayerns auch stürmische Böen, die aber mehr und mehr nachlassen.
Zum Abend sind dann im Wesentlichen nur noch die höheren Berge über der Mitte
und im Osten mit Sturmböen dabei, im Südosten noch mit schweren Sturmböen bzw.
orkanartigen Böen. Auch an der See lässt der Wind soweit nach, dass
vorübergehend am Nachmittag und Abend nur noch Windböen erreicht werden.
Vom Nordwesten bis in den Süden/Südosten regnet es dabei verbreitet weiter,
wobei sich der Regenschwerpunkt im Tagesverlauf mehr auf die Mitte und den
Südosten konzentriert und die Niederschlagsneigung von Nordwesten her etwas
nachlässt. Meist fallen 2 bis 10 mm Regen in 12 Stunden, in Staulagen mehr und
vor allem an den Alpen stehen staubedingt hohe Summen an. ICON und EURO 4 sehen
teilweise deutlich mehr als 50 mm in einigen Lagen auch GFS ist in Berchtesgaden
mit 100mm/12 h dabei. Im Zweifelsfall müssen die bestehenden markanten Warnungen
aufgestockt werden, da auch Cosmo Leps und ICON EPS unwetterartige Mengen
tagsüber signalisieren.

Im Nordosten kann sich Skandinavienföhn auswirken mit längerem Sonnenschein
östlich der Elbe, auch im äußersten Südwesten sind einige Wolkenlücken möglich,
ansonsten bleibt es trüb.

In der Nacht zum Donnerstag gelangen wir in den Warmsektor des nächsten Tiefs,
da die Warmfront rasch über die Oder abzieht und die nachfolgende Kaltfront am
Morgen erst den Norden erfasst. Die Warmluftadvektion lässt hinter der Front
zwar nach, weitere Hebung wird aber durch kurze Wellen in der nordwestlichen
Strömung generiert und entsprechend wolkenreich geht die Nacht über die Bühne
und gebietsweise regnet es leicht. Im Alpenstau auch etwas mehr.
Die Nacht bleibt somit auch mild, ohne Frost.

Der Gradient nimmt vor allem über der Nordosthälfte mit Annäherung des Tiefs
wieder etwas zu, ob wirklich häufiger im Binnenland warnrelevante Böen
auftreten, ist aber fraglich. Im Bergland und an der See weht weiter recht
kräftiger West- bis Nordwestwind mit starken bis stürmischen Böen, exponiert im
Bergland auch mit Sturmböen. In Teilen Schleswig-Holsteins und in
Mecklenburg-Vorpommern sind aber ebenfalls Böen Bft 7 aus West bis Nordwest
denkbar.

Donnerstag ... verlagert das Höhenhoch seinen Schwerpunkt ins westliche
Mittelmeer. Mit Annäherung eines Kurzwellentroges, der abends das Seegebiet
nordwestlich von Schottland erreicht, dreht die recht glatt konturierte
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet weiter zurück auf Westnordwest, wobei
sich vorderseitig des Kurzwellentroges ein flacher Rücken über der Nordsee
aufwölbt und bis Tagesende nach Deutschland zieht.
Das Bodentief bewegt sich bis zum Abend zur baltischen Küste und schwächt sich
langsam ab. Seine Kaltfront greift auf Norddeutschland über, kommt aber mangels
Schubkomponente kaum weiter als bis zum Nordrand der Mittelgebirge voran. Die
anfangs im Südosten wirksame WLA lässt nach und somit ist vorderseitig des
Rückens kaum dynamischer Hebungsantrieb mehr vorhanden, so dass sich die
Wetterwirksamkeit der Kaltfront in Grenzen hält und es im Norden bzw. Osten nur
leicht regnet oder nieselt.
Weiter südwestlich bleibt es weitgehend trocken.

Mit der Passage des Tiefs geht eine leicht Gradientverschärfung in erster Linie
über dem Norden und Osten des Landes einher, so dass dort der Wind etwas
auffrischt. Dort sind verbreitet Windböen zu erwarten, an der Ostsee auch
stürmische Böen und exponiert Sturmböen. Im Westen und Südwesten ist der Wind im
Einflussbereich eines dorthin vorstoßenden Bodenhochkeils dagegen nicht
warnrelevant.

Vor allem im Südwesten, nachmittags auch im Nordosten, kann sich mitunter die
Sonne durchsetzen. Ansonsten bleibt es wohl meist stark bewölkt mit schlechten
Sichtbedingungen vor allem in den Kammlagen der Mittelgebirge. Im Warmsektor
steigt die Temperatur in 850 hPa im Südwesten wieder auf überdurchschnittliche 5
bis 7 Grad, im Nordosten geht sie im Tagesverlauf auf 0 Grad zurück. Die
Höchsttemperaturen erreichen entsprechend Werte zwischen 11 und 15 Grad im
Norden und Osten sowie 15 bis 18 Grad im Südwesten und Süden.

In der Nacht zum Freitag entwickelt sich vor dem recht scharfen Trog über der
Nordsee ein Tief, dass dann weiter nach Osten Richtung Dänemark zieht. Damit
kriegt die schleifende Front über dem Nordosten wieder einen Schub nach Osten
und zieht langsam ab. Über dem äußersten Norden regnet es dabei im Laufe der
Nacht etwas kräftiger, ohne Warnrelevanz. Ansonsten lockern in der recht
feuchten und milden Luftmasse die Wolken über der Mitte und dem Süden zwar ab
und zu auf, meist bleibt es aber wolkig oder stark bewölkt, allerdings auch
meist trocken, da nennenswerte Hebung Fehlanzeige ist. Höchstens im höheren
Bergland, oder im äußersten Südwesten, wo die Wolkendecke dann doch teilweise
verschwindet kann Nebel ein Thema werden.
Der Wind lässt auch an der See vorübergehend nach, bevor er ausgangs der Nacht
an der Nordsee wieder zulegt. Mehr als Bft 7, vereinzelt 8 springt aber nicht
heraus.

Freitag ... zieht das Tief unter leichter Intensivierung über Südschweden nach
Osten. Die zugehörige Kaltfront greift mit schauerartigem Regen auf den Westen
und Norden über. Dahinter weitet sich der Trog stark Richtung SW Europa aus, so
dass die Höhenströmung über uns über West nach Südwest beginnt zurückzudrehen.
Ein Teiltrog erfasst nachmittags den Nordwesten mit höhenkalter Luft und
postfrontal kurzen Gewittern.
Der Süden und Osten bleiben präfrontal bei aufgelockerter Bewölkung trocken.
Im Norden und Westen nimmt der Gradient wieder zu. An der See kommt es zu
starken bis stürmischen Böen, an der Kaltfront sind Windböen, im Bergland
stürmische Böen zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Großräumig simulieren die Modelle ähnlich, so dass die Entwicklung insgesamt
unstrittig ist. Im Detail gibt es dann schon Unterschiede. Beim Wind sind sie
kaum relevant, beim Niederschlag werden sie größer. ICON, C D2 und EURO4 sehen
teilweise am Alpenrand auch unwetterartigen Dauerregen. Diesbezüglich sollte die
Lage im Auge behalten werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner