DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

19-10-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.10.2018 um 10.30 UTC



Zunehmender Tiefdruckeinfluss bei zurückgehenden Temperaturen. Am Dienstag und
Mittwoch vor allem in der Nordosthälfte stürmisch. Am Mittwoch am Alpenrand
Dauerregen wahrscheinlich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 26.10.2018


Wochenlanges Hochdruckwetter und kaum größere Bewegungen der Drucksysteme über
weiten Teilen Mitteleuropa und damit auch Deutschland bescherten uns in den
vergangenen Tagen noch einmal spätsommerliche Wärme mit viel Sonnenschein. Geht
es nach dem neuesten 00 UTC-Lauf des EZWM vom heutigen Freitag, ist es mit
dieser "Herrlichkeit" spätestens ab dem kommenden Dienstag in der neuen Woche
aber vorbei.

So kommt eine Umstellung der Großwetterlage in Gang, bei der das blockierende
und meist hochreichende Hoch, das die Tiefausläufer bisher von Deutschland
ferngehalten hat, seine Position von Mittel- und Osteuropa auf den nahe
Nordostatlantik verlegt. An der Nord- und Ostflanke dieser neuen Blockierung
machen sich Tiefdruckgebiete in einer nord- bis nordwestlichen Strömung auf den
Weg gen Mitteleuropa, und so gelangen sie schlussendlich auch bis nach
Deutschland.

Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Montag zeigt sich dem EZMW
zufolge in der Höhe ein Trog über dem Nordmeer und der Nordsee, der bis zum
Tagesende in die Ostsee zieht und dabei den Norden Deutschlands touchiert. Damit
erreicht uns auch die Frontalzone. Zudem korrespondiert der Trog mit einem Tief
mit Zentrum über Finnland, dessen Ausläufer im Tagesverlauf in der sich
einstellenden nordwestlichen und hochreichenden Strömung bis in den Süden
Deutschlands vorankommen. Zwar ist die Wetteraktivität aufgrund des Absinkens
des noch vorhandenen Hochdruckeinfluss eher gering, von Nordwesten kann sich
aber ein Schwall frischer Meeresluft etablieren, sodass die T850 hPa auf -1 bis
5 Grad sinken.

Am Dienstag wird der nun über Skandinavien, der Ostsee und Polen liegende Trog
durch einen Randtrog regeneriert. In der mittlerweile strammen nordwestlichen
Strömung zwischen dem Hoch über dem Atlantik und einen neuen Tief über
Südskandinavien werden weitere Ausläufer nach Deutschland gebracht, wobei der
Wind vor allem in der Nordosthälfte deutlich auffrischt mit stürmischen Böen
oder sogar Sturmböen bis ins Binnenland.

Am Mittwoch verlagert sich der Trog unter Amplifizierung nach Osten weiter.
Durch einen sich von der Biskaya bis nach Norwegen aufwölbenden Rücken steigt
der Druck bei uns allmählich wieder, allerdings wohl auch nur vorübergehend. Das
macht sich vor allem im Süden bemerkbar, weil sich ein Keil des
nordostatlantischen Hochs bis dahin erstreckt.

Am Donnerstag schwenkt der Rücken über uns hinweg, sodass der Hochdruckeinfluss
noch wetterbestimmend sein wird und eine Wetterberuhigung erfolgt.

Am Freitag macht sich vom Nordostatlantik ein neuer kräftiger Trog auf den Weg
in Richtung Britische Inseln und Mitteleuropa. Es führt ein weiteres Tief vor
die Küste Skandinavien, das im weiteren Verlauf zum Zentraltief über
Skandinavien wird und dessen Ausläufer im Tagesverlauf den Nordwesten
Deutschlands erreichen. Vor dem Tief dreht der Wind rück und aus Südwesten
strömt vorübergehend etwas mildere Luft mit 850 hPa zwischen 2 und 8 Grad ein.
Hinter der Kaltfront dreht der Wind dann allerdings auf Nord, womit ein Vorstoß
kalter Meeresluft polaren Ursprungs eingeleitet wird.

In der erweiterten Mittelfrist ab Samstag nimmt uns der Trog unter
Amplifizierung "auf's Korn", oder mit anderen Worten: Es nistet sich über
Mitteleuropa ein. Das Zentraltief verbleibt derweil über Skandinavien und
versorgt Deutschland weiter mit Feuchtigkeit angereicherter Kaltluft. Die T850
hPa sinken somit auf -1 bis -4 Grad. Bei solchen Temperaturen dürften die höher
gelegenen Mittelgebirge bei zu erwartenden Niederschlägen in den "Genuss" von
Schnee kommen. Und auch der Wind frischt wieder deutlich auf.

Der Wochenverlauf des Wetters verspricht also tatsächlich eine größere
Umstellung: Weg vom ruhigen und spätsommerlich-warmen Wetter hin zu nass-kaltem
und teils windigem Wetter mit eindeutig herbstlicher bis fast schon
frühwinterlicher Note.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen EZMW-Laufs von 00 UTC zu seinen beiden Vorläufen
vom gestrigen Donnerstag kann als auffällig hoch bezeichnet werden. Einzig der
zum übernächsten Wochenende sich ankündigende zweite Trog zeigt sich im neuesten
Lauf leicht phasenverschoben etwa 12 Stunden zurück und trogt weiter nach Süden
aus. So oder so aber wird das Zentraltief über Skandinavien gestützt. Dem
neuesten Lauf zufolge würde es am Samstag bei uns aber nicht so windig werden
wie nach den Vorläufen. Die Abkühlung hingegen auf T850 hPa unter 0 Grad wird
von allen drei Läufen vollzogen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON und GFS ziehen mit in Sachen Wetterumstellung. Einzig die Behandlung des
zweiten Troges am übernächsten Wochenende wird leicht unterschiedlich
gehandhabt. So wandelt GFS beispielsweise noch auf den Spuren des gestrigen 00
UTC-Laufs vom EZMW, der den Trog schneller und nachhaltiger zeigte. GFS lässt
den Trog allerdings etwas weiter östlich nach Süden hin ablaufen. ICON stellt
eine Mittellösung beider Modelle nach. GMA ähnelt grundsätzlich dem GFS. Beim
NAVGEM ist der zweite Trog deutlich schwächer ausgeprägt als beim EZMW und
verbleibt auch etwas nördlicher.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für diverse deutsche Städte bestätigen im
Wesentlichen das vom Hauptlauf vorgebrachte Szenario. Die Spreads jedoch sind
zum Teil erheblich (bis zu 15 Grad Temperaturunterschied und bis zu 40m gpdam
Potenzialunterschied), was aber hauptsächlich einzelnen Ausreißern geschuldet
ist. Haupt- und Kontrolllauf fügen sich meist gut im Median ein. Damit werden
Temperatur- und Geopotenzialrückgang bekräftigt, zudem zeigen sich ab Montag
immer wieder Niederschlagssignale mit den höchsten Peaks am Dienstag und
Mittwoch.

Die Clusteranalyse gibt für Mittwoch bis Freitag zwei Cluster aus, die über
Mitteleuropa kaum größere Unterschiede hergeben. Zwischen Samstag und Montag
werden 4 Cluster differenziert. Der Trog an diesem Wochenende wird vor allem im
zeitlichen, aber auch im umfänglichen Rahmen unterschiedlich simuliert. C1, C2
und C4 mit insgesamt 39 Mitgliedern prognostizieren ihn jedoch nachhaltig bis
sehr nachhaltig, C3 mit 12 Mitgliedern lässt ihn dagegen rasch nach Osteuropa
durchschwenken.

FAZIT: Der Wetterablauf bis weit in die kommende Woche hinein scheint gut
abgesteckt zu sein. Die Abkühlung (T850 hPa bei -1 bis 4 Grad )steht dabei auf
festen Füßen und auch der Tiefdruckeinfluss, der vor allem am Dienstag und
Mittwoch mit Regenfällen und starkem Wind in den Vordergrund tritt, scheint
ziemlich sicher. Nach kurzer Beruhigung ab Mittwochnachmittag und am Donnerstag
rückt dann ein neuer Trog in den Fokus, der allerdings noch einige
Vorhersageunsicherheiten aufweist. Die Mehrzahl der Modelle bzw. Ensembles
tendiert derzeit zu einem nachhaltigen Auftreten bei uns. Eine weitere Abkühlung
(T850 hPa -1 bis -4 Grad) wäre die Folge, zudem würde es auch neue Niederschläge
und erneut auffrischenden Wind geben. In den höher gelegenen Mittelgebirgen
könnte der erste Schnee fallen. Es bleibt abzuwarten, ob EZMW diesmal den
richtigen "Riecher" hat, haben sich in jüngster Vergangenheit doch einige
Schwierigkeiten in der Mittelfristvorhersage bei der Auflösung von
Blockierungslagen offenbart.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Dienstag und Mittwoch liefert EFI Signale bis 0.9 für überdurchschnittlich
starken Wind, insbesondere im Nordosten Deutschlands. COSMO-LEPS und EZMW-EPS
bestätigt das mit Wahrscheinlichkeiten bis 60% für stürmische Böen (Bft 8) und
immerhin noch bis 25% für Sturmböen (Bft 9) an beiden Tagen. An der See sind
Sturmböen wahrscheinlich und schwere Sturmböen (Bft 10) gering wahrscheinlich.

Am Mittwoch werden von EFI in den südostendeutschen Mittelgebirgen und an den
Alpen Signale für überdurchschnittlich viel Regen angeboten. Vor allem an den
Alpen wird das von EZMW-EPS mit Wahrscheinlichkeiten bis 30% für mehr als 30
l/qm Regen in 24 Stunden mitgetragen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZWM-MOS, EZMW-EPS. Zum kommenden Wochenende hin eher EZMW-EPS, da der
Trog noch Unsicherheiten aufweist und das Ensemble mögliche Ausreißer auffängt.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler