DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-10-2018 07:30
SXEU31 DWAV 150800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.10.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Sa (Süd antizyklonal), ab Wochenmitte allmählicher Übergang in BM (Brücke
Mitteleuropa)

Fortdauer der Blockierungslage ohne großes Warnaufkommen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Montag... Auch zu Beginn der neuen Woche bleibt die großräumige Blockierungslage
bestehen. Protagonist des ganzen Geschehens sind ein das hochreichende Hoch
VICTOR mit Schwerpunkt über Weißrussland (heute früh 06 UTC) und ein komplexer
weil mehrkerniger Trog über Westeuropa respektive dem nahen Ostatlantik. Beide
Systeme halten nicht nur die Frontalzone auf stattlicher Distanz - sie verläuft
vom mittleren Nordatlantik kommend weit über den Norden Europas -, sie glänzen
auch nicht gerade durch großartige Mobilität, so dass der Status Quo des
gesamten Konstrukts weitgehend erhalten bleibt. Immerhin verschmelzen die
verschiedenen Höhentiefs über dem Südwesten Europas (die übrigens mit zwei
ehemaligen Tropenstürmen korrelieren, nämlich LESLIE und MICHAEL) zu einem
einzigen Drehzentrum, das Dienstagfrüh von der Biscaya kommend den Nordosten
Spaniens erreicht. Außerdem löst sich über der Schweiz ein kleiner Randtrog ab,
der zu einem kleinen, nur schwach ausgeprägten Kaltlufttropfen (KLT) mutiert.
Dieser KLT steuert die Mitte Deutschlands an und soll am frühen Dienstag das
schöne Vogtland etwa zwischen Klingenthal und Johanngeorgenstadt erreichen, ohne
dabei allzu viel Wetterwirksamkeit zu entfachen, was mehrere Gründe hat. Zum
einen dringt der KLT in die Phalanx des nach Westen gerichteten und von Absinken
geprägten Höhenkeils von Hoch VICTOR ein, zum anderen taugt die über weiten
Teilen Deutschlands liegende Luftmasse (die zwar ausreichend labil ist, aber zu
trocken) nicht gerade für das große zyklonale Feuerwerk, um es mal vorsichtig
auszudrücken.
So ist die die Geschichte des heutigen Tages trotz vergleichsweise langer
Einleitung relativ zügig erzählt. In der weiterhin mit südlicher Komponente
ausgestatteten außergewöhnlich warmen Grundströmung (T850 heute Mittag um 12°C)
scheint einmal mehr verbreitet die Sonne, was Tagesmaxima von 20 bis 25°C, vor
allem im Westen und Norden teils durch Leeeffekte bis zu 27°C zur Folge hat. Zum
Teil ziehen von Süden her hohe Wolken nordwärts (im Osten und
Westen/Nordwesten), hier und da sind auch ein paar mittelhohe Wolkenfelder am
Start. Ob es im äußersten Nordwesten vorderseitig einer sich von Frankreich bis
nach Norwegen erstreckenden und sich langsam auffüllenden Tiefdruckrinne für ein
paar Tropfen reicht, ist angesichts der trockenen Luftmasse fraglich.
Apropos auffüllende Rinne, da gleichzeitig auch das Bodenhoch etwas an Substanz
einbüßt, fächert der Gradient von Westen her kontinuierlich auf, was den Wind
trotz Tagesgang allmählich schwächer werden lässt. Am längsten dürfte der
SO-Wind noch im und am Erzgebirge spürbar sein (einzelne Böen 7 Bft), im Laufe
des Nachmittags sollte dann aber auch dort Schluss sein mit Böen dieser
Größenordnung (zumal auch der 925-hPa-Wind von rund 30 Kt auf maximal 25 Kt
zurückgeht).

In der Nacht zum Dienstag füllt sich besagte Tiefdruckrinne weiter auf, trotzdem
gelangt in den äußersten Nordwesten mehr Feuchtigkeit, die nicht nur für
mehrschichtige Bewölkung sondern zumindest stellenweise auch für etwas Regen
sorgt. Ob es gleich bis zu 10 mm werden, wie von GFS apostrophiert, wäre zwar
wünschenswert, muss angesichts des chronisch positiven Feuchtebias dieses
Modells aber angezweifelt werden.
Ansonsten wird die Nacht abgesehen von einigen hohen Wolkenfeldern klar und
besonders in den Flussniederungen Süddeutschlands (u.a. Donau, Bodensee,
Oberrhein) bildet sich in der alternden Luftmasse Nebel. Auch sonst sind lokale
Nebelfelder nicht ausgeschlossen, wobei die Sichtweite aber nicht zwingend auf
unter 150 m sinken muss. Zudem kann an der Donau sowie in einigen Tal- und
Muldenlagen des süddeutschen Berglands leichter Frost in Bodennähe auftreten,
vereinzelt sogar leichter Luftfrost, was man angesichts der tagsüber sommerlich
anmutenden Witterung gar nicht glauben mag.

Dienstag... tut sich nicht überbordend viel an der großräumigen
Potenzialverteilung, dafür könnte es für die deutsche Fußballballnati samt Stab
und Funktionäre ein denkwürdiger Tag werden (mehr dazu in den einschlägigen
Magazinen und Gazetten). Nach wie vor thront die hochreichende Antizyklone über
dem nahen Osteuropa, wobei sich der Schwerpunkt mittlerweile von Weißrussland in
den russisch-ukrainischen Grenzbereich verschoben hat. Darüber hinaus gilt es zu
konstatieren, dass das "iberische" Höhentief Kurs auf das westliche Mittelmeer
nimmt, wodurch sich ein neuer Höhentrog über dem Ostatlantik etwas nach Süden
ausweiten kann. Für unseren Raum ist das nur von peripherer Bedeutung, haben wir
es mitteltroposphärisch doch weiterhin mit dem kleinen KLT zu tun, der sein
Drehzentrum nur wenig vom Vogtland zum Nordrand des Erzgebirges verschiebt.
Die meiste Hebung wird trotz insgesamt nur flauer Dynamik auf der Nord- bzw.
Nordwestflanke des KLTs generiert, wo mittlerweile auch die höchste
Feuchteakkumulation stattgefunden hat (Taupunkte bis zu 15/16°C, spez. Feuchte
bis zu 10 g/kg, PPW bis zu 30 mm). Die Modelle reagieren durch die Bank weg mit
Schauern und im Falle von ICON und GFS sogar mit einzelnen Gewittern. Labil
genug ist die vorhandene Luftmasse (DeltaT 500 zu 850 hPa bei 27/28 Grad), die
Frage ist nur, reichen Feuchtigkeit und Energieinput aus (man bedenke den
mittlerweile rechtniedrigen Sonnenstand), um das notwenige CAPE (ML oder MU) zu
generieren. Die Modelle sagen zumindest teilweise ja, trotzdem bleiben Zweifel,
ob die prognostizierte Feuchteakkumulation nicht doch etwas übertrieben ist. Wie
auch immer, für die o.e. Schauer sollte es besonders von Niedersachsen über
Ostwestfalen bis Hessen reichen und auch weiter östlich - namentlich im
MDR-Gebiet - sind einzelne kurze "Huschen" möglich. ICON peilt über 12 h
integriert in der Spitze um 10 mm, GFS sogar bis knapp 15 mm an, was sehr
ambitioniert ist.
Abseits der Regionen nord-nordwestlich des KLTs scheint nach z.T. schleppender,
letztlich aber funktionierender Nebelauflösung häufig die Sonne, flankiert von
einigen hohen Wolkenfeldern, über dem Bergland auch mal ein paar flachen
Cumulanten. Bei leicht sinkenden 850-hPa-Temperaturen (auf 12 bis 9°C) wird es
mit 19 bis 24°C, im Westen lokal noch mal um 25°C unter dem Strich zwar nicht
mehr ganz so warm wie bisher aber weiterhin warm.

In der Nacht zum Mittwoch verbleibt Deutschland im Bereich geringer
Luftdruckgegensätze und auch unser inzwischen liebgewonnener KLT hält uns die
Treue. Er induziert im Norden und in der Mitte noch den einen oder anderen
Schauer, ansonsten bildet sich bei gering bewölktem bis klarem Himmel
gebietsweise Nebel, und das nicht nur im Süden.

Mittwoch... tut sich weiterhin herzlich wenig an der großräumigen Druck- und
Potenzialverteilung. Über dem nahen Ostatlantik erfolgt erneut eine Abtropfung,
während sich das Hoch über dem nahen Osteuropa kaum bewegt und sich nur extrem
langsam abschwächt. Unser KLT hält beharrlich die Stellung unweit des
Erzgebirges, wohingegen sich übe Benelux ein schmaler Rücken aufwölbt - das
Ganze bei weiterhin schwachem Potenzial-und auch Druckgradienten.
Wettertechnisch bedeutet das im Osten und in der Mitte noch ein paar wenige
Schauer, sonst aber weiterhin Trockenheit (ob die von IFS für den Alpenrand
simulierten, auf einen niedertroposphärischen Randtrog zurückgehenden Schauer
tatsächlich fallen, muss abgewartet werden). Dazu scheint nach teils zögernder
Nebelauflösung vielfach die Sonne von einem wolkenlosen oder nur locker
bewölkten Himmel. Im Norden und Nordwesten können hohe und mittelhohe Wolken
auch mal etwas intransparenter ausfallen und die Einstrahlung dämpfen, ganz ohne
Sonne wird man wohl aber nicht auskommen müssen (obwohl wie gesagt Regenwetter
weitaus wünschenswerter wäre, aber Wetter ist ja bekanntermaßen kein
Wunschkonzert). Bei geringfügig zurückgehenden T850-Werten (11-8°C) reicht es
auch in 2 m Höhe "nur noch" zu 18 bis 23, vereinzelt 24°C, bei zähem Nebel
darunter.

In der Nacht zum Donnerstag baut sich eine Brücke zwischen dem Hoch über
Osteuropa und dem Azorenhoch auf, die genau über den Vorhersageraum verläuft.
Entsprechend bleibt es gradientschwach, was die Nebelneigung hochhält. Laut IFS
soll es am östlichen Alpenrand etwas regnen, laut GFS im Nordosten schauern,
während es ICON weitgehend niederschlagsfrei rechnet. Hier gibt es also noch
einige Unschärfen in der Vorhersage, die aber nicht warnrelevant sind.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Basisfelder werden von den externen Modellen sehr ähnlich simuliert. Wie
stark sich letztlich das kleine Höhentief bzw. der KLT bei uns in Szene setzen
kann, ist noch mit einigen Fragezeichen versehen (vor allem hinsichtlich der
Schauer und möglicher, aber nicht besonders wahrscheinlicher Gewitter).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann