DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-06-2016 09:00
SXEU31 DWAV 130800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 13.06.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNz, übergehend in TB, Unwettergefahr durch Starkregen (meist in Verbindung mit
Gewittern).

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... lag um 00 UTC in 300 hPa ein Höhentief über der südwestlichen Nordsee,
von dem aus sich ein Trog südostwärts in den Südwesten Deutschlands erstreckte.
Im weiteren Tagesverlauf verlagert sich der Trog über unserem Gebiet nach
Nordosten und nimmt um 24 UTC eine Achsenposition Ostfriesland-Lausitz ein. Die
vorderseitige PVA, die anfangs noch den Westen unseres Landes beeinflusst, wird
dabei schwächer.

Die Luftmassengrenze im Norden Deutschlands kommt im Tagesverlauf soweit nach
Norden bzw. Nordosten voran, dass um 24 UTC allenfalls der äußerste Nordosten
noch im Bereich der trockeneren Luftmasse liegt. Dabei verschmilzt diese Front
mit der von Westen/Südwesten hereindrängenden Okklusion des nordatlantischen
Zentraltiefs zu einer einzigen Okklusion. Bei weiter leicht fallendem Luftdruck
bleibt die Bodendruckverteilung in großen Landesteilen schwachgradientig. Zum
Tagesende liegt der Druck im nordddeutschen Tiefland meist unter 1000 hPa.
Jenseits der Front frischt an der Ostseeküste in exponierten Lagen der Ostwind
in Böen auf Bft 7 auf. Die gleichen Windgeschwindigkeiten sind auch tagsüber im
äußersten Süden (aus WSW) zu erwarten ("Leitplankeneffekt" an den Alpen).

Die WLA um die Front im Norden und damit auch der Regen lassen allmählich nach,
während sich im Großteil Deutschlands der Wettercharakter gegenüber dem Sonntag
nur wenig ändert. Dabei ist ein Verschieben der labilsten Gebiete in das
mittlere und auch in das nördliche Deutschland (große Teile Niedersachsens) zu
konstatieren. Gewitter sind damit in der Mitte und im Norden (bis zu einer Linie
Leer-Frankfurt/Oder) wahrscheinlich. Im äußersten Süden ist die
Wahrscheinlichkeit für Gewitter auch verringert. Die CAPE ML-Werte liegen um 15
und 18 UTC am höchsten und erreichen punktuell in Hessen und Ostsachsen 500
J/kg. Gegenüber gestern hat COSMO-EU die Labilitätswerte zurückgenommen. Die
ppw`s nehmen insgesamt etwas ab; Sachsen-Anhalt und das südliche Brandenburg
weisen mit etwa 30 mm die höchsten Werte auf. Das WRF 4 km simuliert allerdings
auch zeitweise starke Reflektivität nördlich der o.a. Linie. EURO4 zeigt in den
Niederschlagsmengen 12 bis 18 UTC ebenfalls eine recht deutliche Linie, bis wie
weit die konvektiven Prozesse nach Norden vordringen: Diese kann man von
Ostfriesland bis in den äußersten Südosten Brandenburgs ziehen. Sie ähnelt damit
der Aussage des C-EUs.

Es ist somit weiterhin örtlich mit bis in den Unwetterbereich reichenden ein-
bzw. sechsstündigen Summen zu rechnen. C-EU simuliert 6stündige Maximalmengen
nur engbegrenzt im markanten Bereich (20-35 mm). Sie liegen nun nahezu
ausschließlich in der Nordhälfte. Das genestete ICON bleibt 6stündig unter 20
mm, ebenso auch GFS und ECMF16.
Die probabilistischen Modelle sehen ebenfalls die stärkste
Niederschlagsaktivität eindeutig in der Nordhälfte: C-DE EPS 28 km (von 00 UTC)
sieht die höchsten Wahrscheinlichkeiten für 6stündigen Niederschlag >35 mm in
der ersten Tageshälfte in Niedersachsen (bis an 50%), nachmittags liegen diese
im westlichen Niedersachsen bei teilweise über 85%, in Sachsen-Anhalt erreichen
sie bis über 40%. Das 75%-Perzentil geht im westlichen Niedersachsen von 12 bis
18 UTC mit bis zu 36 mm südwestlich von Oldenburg knapp bis in den
Unwetterbereich; in der gleichen Region bringt das 90%-Perzentil bis zu 63 mm.
PEPS 00 UTC sieht von 06 bis 12 UTC über dem Osten von NRW geringe
Wahrscheinlichkeiten für Niederschlag über 35 mm, von 12 bis 18 UTC dann über
dem Emsland.
Es ist gut ersichtlich, dass die intensivsten Niederschläge in den Bereich der
Hauptkonvergenz in der zonalen Tiefdruckrinne gelegt werden, die abends vom
nördlichen Emsland bis ins Gebiet südlich von Berlin reicht.


Dienstag... beginnt mit dem Vorrücken eines Höhentiefs vom nördlichen Atlantik
zum Seegebiet südwestlich der Britischen Inseln über dem östlichen Nordatlantik
ein Austrogungsvorgang, der später in die Bildung eines neuen westeuropäischen
Langwellentroges mündet. Der Trog über Norddeutschland zieht morgens aus unserem
Land nach Norden heraus, dahinter stellt sich eine südwestliche Höhenströmung
ein, in der weitere schwache Tröge eingelagert sind. Bis 24 UTC dreht die
Strömung auf südliche Richtungen zurück. Schwache PVA-Hebung ist in der ersten
Tageshälfte zunächst in den RZ-Bereichen Stuttgart, dann München und mittags im
Osten wirksam. Ein weiteres Hebungsgebiet zieht nachmittags und abends über die
südlichen Bundesländer hinweg, ehe in der ersten Nachthälfte dann vor einem
west-ost-orientierten Trog (der vom Höhentief bei den Britischen Inseln ausgeht)
über dem Norden Frankreichs, der bis in den äußersten Süden Deutschlands reicht,
nahezu in der gesamten Südhälfte unseres Landes PVA einsetzt.

Im Bodendruckfeld verändert sich über Deutschland nur Unwesentliches; die
Frontreste im äußersten Nordosten wandern allmählich in Richtung Ostsee ab, die
Tiefdruckrinne über dem Norden bleibt zunächst noch bestehen, verlagert sich
aber nordwärts und liegt um 12 UTC über dem Norden Schleswig-Holsteins und
Mecklenburg-Vorpommerns. Nachmittags stellt sich dann im ganzen Land eine
südwestliche Strömung ein; Windwarnungen werden nicht erforderlich sein.

Während gestern das C-EU CAPE ML im Vergleich zum Montag deutlich zurücknahm,
ist im heutigen 00 UTC-Lauf genau das Gegenteil der Fall: Um 18 UTC ist im
Vergleich zum Montag die maximale Labilität mit bis >750 J/kg erhöht und die
labilen Zonen sind nach Norden und nach Süden soweit ausgeweitet, dass quasi im
gesamten Land mit Gewittern gerechnet werden muss. Die höhere spezifische
Feuchte, gepaart mit ppw-Werten von 25 bis knapp 30 mm ist in der Nordhälfte zu
finden. Auch EURO4 lässt nachmittags nahezu in ganz Deutschland kräftige
Konvektion zu.

C-EU prognostiziert 6stündig punktuell bis Mittag im Norden über 20 mm, ab
Mittag dann in Baden-Württemberg, wobei die höchste Menge mit 34 mm im
baden-württembergischen Allgäu berechnet wird.
ICON6_NEST hat wieder nur sehr vereinzelt Werte über 10 mm (in der Westhälfte),
GFS und ECMF16 bleiben ebenfalls unter 20 mm.


Mittwoch... verlagert sich das Höhentief nach England und sein anfangs nach
Westen gerichteter Trog schwenkt bis 24 UTC zur Iberischen Halbinsel. Sein nach
Osten weisender Trog verlagert sich über Deutschland nordwärts und erreicht
mittags Niedersachsen. Die vorderseitige Hebung schwächt sich dabei ab. Abends
liegt der Trog über dem nördlichen Schleswig-Holstein, während ein weiterer
Kurzwellentrog am Nachmittag in den Südwesten eindringt, abends die Mitte
erreicht und um 24 UTC das norddeutsche Tiefland. Hebungs- und Absinkgebiete
ziehen dabei rasch über unser Gebiet nordwärts.

Das Tief über den Britischen Inseln, das sich bereits am Dienstag ausbildet,
bleibt mit unter 995 hPa quasi stationär über England. Deutschland liegt
vorderseitig in einer schwachen südwestlichen Bodenströmung, mit der weiterhin
allenfalls mäßig warme, feuchte und labil geschichtete Luft zu uns geführt wird.
C-EU steigert die abendlichen CAPE ML-Werte gegenüber Dienstag noch (im
Nordosten vereinzelt bis 1000 J/kg). Die größte Gewitterbereitschaft liegt
abermals eindeutig über der Nordhälfte, wo sich weiterhin auch die feuchtere
Luft befindet. Aber auch im Süden muss man wachsam sein, wenngleich das Modell
diesmal im Gegensatz zu den Vortagen CIN berechnet, aber nun auch recht hohe
Scherungswerte zwischen 0 und 6 km. Die Bildung von Superzellen sollte dennoch
nicht zu erwarten sein, da die Labilität nicht ausreicht und abends zudem auch
eher NVA wirken sollte.

6stündig simuliert C-EU bis 31 mm in Südbayern (00 bis 06 UTC), ICON6_NEST bis
17 mm dortselbst. GFS und ECMF16 bleiben wieder zumeist unter 20 mm. Da sich die
Luftmasse aber gegenüber den Vortagen nicht wesentlich geändert hat, ist
weiterhin von punktuell unwetterhaften Regenmengen auszugehen, worauf auch der
primäre Focus bei den Gewitterwarnungen gelegt werden sollte., wenngleich auch
kleinkörniger Hagel und stürmische Böen nicht ganz ausgeschlossen sind.

Modellvergleich und -einschätzung
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GFS und ECMF berechnen bis t+72h die gleiche Weiterentwicklung. Das Tief über
England ist im ICON am kräftigsten entwickelt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Burkhard Kirsch.