DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-10-2018 07:01
SXEU31 DWAV 120800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 12.10.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Sa
Ruhige Hochdruckrandlage und ungewöhnlich warm; am Sonntag auf exponierten
Berggipfeln stürmische Böen oder Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich Deutschland weiterhin am Rande einer umfangreichen
Höhenantizyklone mit Schwerpunkt über der Ukraine. Dabei schwenkt im
Tagesverlauf mit der südsüdwestlichen Höhenströmung ein flacher Randtrog über
das Vorhersagegebiet nordostwärts. Dessen Wetterwirksamkeit macht sich mangels
Hebungsantrieb (so gut wie keine Krümmungsvorticity vorhanden) allerdings
lediglich in Form etwas dichterer Wolkenfelder auf dessen Vorderseite bemerkbar,
die aktuell über den Osten Bayerns sowie Thüringen und Sachsen hinweg
nordostwärts schwenken und aus denen in erster Linie im ostbayerischen
Mittelgebirgsraum gebietsweise ein paar Tropfen Regen fallen. Im Tagesverlauf
ziehen diese ab und es setzt sich auch dort wieder häufiger die Sonne durch. Der
mit Trogdurchgang etwas auflebende Wind hat die Nebelbildung in Süddeutschland
weitgehend verhindert und im Harz für leichten Föhn gesorgt (Bad Harzburg um 6
und 7 Uhr 21 Grad!).
Gestützt durch markante WLA auf der Vorderseite eines kräftigen Sturmtiefs
westlich von Schottland kann sich nach Abzug des Randtroges von der Iberischen
Halbinsel ein Höhenrücken bis nach Mitteleuropa ausweiten. Auch im Bodenfeld
steigt der Luftdruck über dem Vorhersagegebiet, das osteuropäische
Hochdruckgebiet streckt seine Fühler vorübergehend wieder weiter nach Westen
aus. Die Kaltfront eines Tiefs südwestlich von Island, die aktuell die westliche
Nordsee erreicht, kommt nur zögernd weiter nordostwärts voran und löst sich auf.

Somit steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Mit der zunehmenden
Warmluftadvektion ziehen zeitweise etwas dichtere hohe und mittelhohe
Wolkenfelder über den Westen/Nordwesten des Landes hinweg, sonst scheint (nach
Abzug der Wolkenfelder im Südosten) meist die Sonne. Auch niedertroposphärisch
dauert die Advektion warmer Luftmassen subtropischen Ursprungs mit Temperaturen
in 850 hPa zwischen 11 und 14 Grad weiter an. Entsprechend wird es wieder
ungewöhnlich warm mit Höchstwerten zwischen 21 und 27 Grad (im südlichen
Oberrheingraben eventuell sogar um 28 Grad) weiter an. An den Küsten wird es
nicht ganz so warm.

In der Nacht zum Samstag zieht das Sturmtief nordwestlich von Schottland weiter
nach Norden, entlang der Kaltfront bildet sich auf der Vorderseite des
umfangreichen ostatlantischen Langwellentroges eine Welle mit breit geöffnetem
Warmsektor, das Wellentief befindet sich morgens in etwa über dem Südwesten
Irlands. Dadurch verschärft sich der Gradient im Norden und Westen des Landes
ein wenig, was dort die Nebelbildung unterbindet, aber nicht für Windwarnungen
reicht. Außerdem bleibt es dort weiterhin locker bewölkt, so dass eine sehr
milde Nacht ins Haus steht mit Tiefstwerten zwischen 13 und 17 Grad. Im übrigen
Land bleibt es dagegen gering bewölkt oder klar, vor allem im Süden, teilweise
aber auch in der Mitte kann sich somit wieder häufiger Nebel bilden. Mit 9 bis 3
Grad wird es dort auch deutlich kühler.

Samstag... weitet sich der Langwellentrog über dem nahen Ostatlantik nach Süden,
ins Seegebiet westlich der Biskaya und der Iberischen Halbinsel aus. Die
trogvorderseitige WLA stützt nach wie vor den Höhenrücken über Mitteleuropa,
somit bleibt die Strömung antizyklonal geprägt und durch das verstärkte Absinken
lockern auch die mittelhohen Wolkenfelder über Nordwestdeutschland zunehmend
auf.
Im Bodenfeld zieht die Welle über Irland hinweg bis zum Abend weiter zur
schottischen Nordseeküste. Das Hochdruckgebiet über Osteuropa ändert sich kaum
in Lage und Intensität, so dass sich der Gradient noch etwas verschärft. Der
Südostwind frischt weiter auf, zum Abend hin könnte es in einigen
Erzgebirgshochlagen für Böen Bft 7 bis 8 reichen. Niedertroposphärisch verstärkt
sich die Advektion sehr warmer Luftmassen noch etwas (verbreitet um 14 Grad in
850 hPa) und mit der guten Durchmischung aufgrund des auflebenden Windes stehen
vor allem im Westen und Nordwesten (wo die Nacht schon sehr mild ausfiel)
(dekaden)rekordverdächtige Höchstwerte zwischen 24 und 28 Grad (nach MOSMIX im
Bereich Soester Börde/Haarstrang gar 29 Grad, womit der Deutschlandrekord für
die zweite Dekade erreicht wäre) ins Haus. Nicht ganz so warm wird es an den
Küsten, im Nordosten und vor allem in der Südhälfte, wo der Gradient schwächer
bleibt und sich der Nebel gebietsweise (Donau, Oberschwaben, eventuell südlicher
Oberrheingraben) länger halten kann, zudem kommt der Wind dort eher aus Ost, so
dass der Föhn noch nicht richtig greift. Für Höchstwerte zwischen 20 und 25 Grad
reicht es aber auch dort, lediglich in Regionen mit zähem Nebel und in
Küstenabschnitten mit auflandigem Wind bleibt es mit 15 bis 20 Grad etwas
kühler.

In der Nacht zum Sonntag greift der Langwellentrog auf die Britischen Inseln und
die Biskaya über. Das Höhenhoch zieht sich etwas zurück, was mit leichtem
Geopotenzialverlust über Mitteleuropa einhergeht, die Höhenströmung dreht auf
südliche Richtungen und verstärkt sich etwas. Die Kaltfront des zur Norwegischen
See ziehenden Wellentiefs überquert die Britischen Inseln und greift auf
Frankreich über. Vorderseitig werden auch im Westen bzw. Nordwesten Deutschlands
die Wolken etwas dichter, es bleibt aber trocken. Die Annäherung der Kaltfront
führt zu einer weiteren leichten Gradientzunahme, in den Kammlagen des
Erzgebirges treten häufiger stürmische Böen (Fichtelberg eventuell auch
Sturmböen) auf und in einigen Tälern reicht es für einzelne steife Böen (Bft 7).
Mit orographischer Unterstützung (Kuppeneffekt, Low Level Jet) sind auch auf
einzelnen Kammlagen/Gipfeln im zentralen Mittelgebirgsraum Böen Bft 8 nicht
ausgeschlossen, warntechnisch aber wohl schwerlich in den Griff zu bekommen.
Im Norden und Westen unterbinden der auflebende Wind und auch die durchziehenden
Wolkenfelder die Nebelbildung erneut, vor allem in der Südhälfte dürfte sich in
den Flusstälern aber wieder Nebel ausbreiten.

Sonntag... greift der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge (er wird durch
die Annäherung an das markante und nicht weichen wollende osteuropäische
Höhenhoch und durch zunehmende WLA auf der Vorderseite eines nachfolgenden
Kurzwellentroges südwestlich von Irland regelrecht in die Zange genommen) auf
Westfrankreich über. Auf dessen zunehmend diffluent konturierten Vorderseite
verstärkt sich die PVA über Frankreich im Tagesverlauf und generiert recht
markante Hebung, die das Vorhersagegebiet aber zunächst nur am Rande tangiert.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront über Frankreich und Benelux mangels
Schubkomponente nur zögernd ostwärts voran, verwellt im Tagesverlauf über der
Nordsee und erreicht erst gegen Abend den äußersten Westen des
Vorhersagegebietes. Im Vorfeld werden die Wolken im Tagesverlauf im
Westen/Nordwesten allerdings dichter und im Laufe des (späteren) Abends kann es
dort vereinzelt schauerartige Regenfälle geben. Gewitter sind nicht
ausgeschlossen, erscheinen nach aktuellem Modellstand aber mangels
"Luftmassenpotenzials" eher unwahrscheinlich.
Zunehmend von Warnrelevanz dürfte allerdings der Wind sein. Mit der weiteren
leichten Gradientzunahme zwischen Kaltfront im Westen und dem sich kaum
abschwächenden Hochdruckgebiet über Osteuropa frischt er noch etwas auf. An den
Alpen wird es föhnig, auf den dortigen sowie auf den Gipfeln des Erzgebirges und
des Harzes (Brocken) gibt es einzelne Sturmböen (Bft 9) aus Süd bis Südost,
ansonsten reicht es auch im zentralen und westlichen Mittelgebirgsraum für
einzelne Böen Bft 7 bis 8 in freien Kammlagen bzw. auf exponierten Gipfeln. Im
Lee der westlichen und östlichen Mittelgebirge sind eventuell auch bis in die
Niederungen steife Böen (Bft 7) aus Südost möglich.
Im Vorfeld der Kaltfront werden die wärmsten Luftmassen allmählich nach Osten
abgedrängt, zudem verhindern die dichteren Wolken im Westen bereits die volle
Einstrahlung. Somit werden vor allem im Westen und Norden nicht mehr die
Höchstwerte des Vortages erreicht, für weiterhin viel zu warme 20 bis 26 Grad
reicht es aber dennoch, lediglich bei zähem Nebel in der Südhälfte (Donau,
Oberschwaben) bleibt es gebietsweise kühler.

In der Nacht zum Montag kommt der nur noch als Randtrog fungierende ehemalige
Langwellentrog über Frankreich kaum mehr nach Osten voran. Im Bodenfeld zieht
das Wellentief entlang der Kaltfront nach Südnorwegen und verzögert deren
Vorankommen nach Osten, so dass sie bis Montagfrüh grade einmal die Westhälfte
überquert hat. Zwar klingen die trogvorderseitigen Hebungsprozesse im Laufe der
Nacht deutlich ab, dennoch reicht es ganz im Westen/Nordwesten noch gebietsweise
für schauerartige Regenfälle, wobei zwölfstündig aber meist weniger als 5 mm
simuliert werden.
Mit der nach Südnorwegen abziehenden Welle fächert der Gradient wieder etwas
auf, der Wind nimmt ab, in einigen Hochlagen reicht es aber wohl noch für Böen
Bft 8 aus Süd bis Südost.
Im Süden und Osten verläuft die Nacht noch meist gering bewölkt, so dass sich
(in erster Linie in der Südhälfte) erneut Nebel bilden kann.


Modellvergleich und -einschätzung
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Ale vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristzeitraum eine ähnliche
Wetterentwicklung. Kleinere Differenzen gibt es bzgl. des Vorankommens der
Kaltfront am Sonntag bzw. der Nacht zum Montag. ICON-EU und GEM fahren dabei die
progressivsten Varianten, IFS schlägt in eine ähnliche Richtung mit etwas
verbreiteter auftretenden Regenfällen, während GFS erst in der zweiten Hälfte
der Nacht zum Montag und lediglich im äußersten Nordwesten (Niederrhein/Emsland)
Niederschläge simuliert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff