DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-10-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 10.10.2018 um 10.30 UTC



Allmähliches Ende der Blockadesituation, aber trotzdem kaum nennenswerter
Niederschlag.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 17.10.2018


Am Samstag, zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraumes, befindet sich
der Schwerpunkt hohen Geopotenzials über dem ukrainisch-weißrussischen
Grenzgebiet. Die Achse des Rückens weist über den Bottnischen Meerbusen bis nach
Svalbard. Außerdem erstreckt sich eine schwache Geopotenzialbrücke über Mittel-
und Südwesteuropa hinweg bis zu den Kanarischen Inseln. Sie wird im Nordwesten
flankiert von einem Langwellentrog über dem nahen Nord- und Ostatlantik, dessen
Drehzentren sich bei Jan Mayen und südwestlich Islands lokalisieren lassen. Am
Boden befindet sich Deutschland zwischen einem Hoch mit Schwerpunkt im
Dreiländereck BY-UA-RUS und einer Tiefdruckrinne über den Britischen Inseln und
dem nahen Ostatlantik, wobei der tiefste Druck über Irland zu finden ist. In
diese Rinne ist eine wellende Kaltfront eingelagert, die einerseits von Irland
aus in Richtung der Lofoten sowie Vesterålen und von dort aus zu einem Sturmtief
bei Jan Mayen reicht. Andererseits verläuft die Front über die Keltische See am
Kap Finisterre vorbei in Richtung des tropischen Sturms "Leslie". Entsprechend
der großräumigen Druckkonfiguration manifestiert sich hierzulande eine südliche
bis südöstliche Strömung, mit der niedertroposphärisch warme Luftmassen
herangeführt werden, die im 850-hPa-Niveau mittags Temperaturen zwischen 12 °C
an der dänischen Grenze und knapp 15 °C im Südwesten Deutschlands aufweisen. Im
Tagesverlauf erwärmt sich die Luftmasse sogar noch etwas weiter. Damit erscheint
doch vielerorts, vor allem auf den Nordwestseiten der Mittelgebirge, ein
Sommertag wahrscheinlich. Dort, wo sich doch längere Zeit Nebel halten kann
(vorzugsweise in den Luvlagen Süddeutschlands), bleibt es natürlich entsprechend
kühler.

Am Sonntag schwenkt die Achse des osteuropäischen Rückens über die Halbinsel
Kola hinweg in Richtung Nowaja Semlja. Damit kann sich der atlantische Trog
weiter ostwärts verlagern. Auf dessen Vorderseite wird auch die Tiefdruckrinne
(Tiefzentren bei den Lofoten und am Übergang von der Doggerbank zur Deutschen
Bucht) mitsamt der darin befindlichen wellenden Kaltfront peu-à-peu in Richtung
Deutschland geschoben. Zum Tagesende (sprich Mo 00 UTC) können dann auf den
äußersten Westen erste Niederschläge übergreifen. Bei einer T850, die zwischen
11 Grad an der Westgrenze und knapp 15 Grad an der Ostgrenze Deutschlands liegt,
wird es sicherlich hier und da noch einmal für einen Sommertag reichen.

Am Montag schwenkt die Achse des Troges über Westeuropa weiter ostwärts und
erreicht in der Nacht zum Dienstag die Deutsche Bucht. Auf der Vorderseite wird
die Rinne samt wellender Front über Deutschland hinwegverfrachtet, wobei die
Front schon tagsüber zunehmend Anafrontcharakter annimmt und sich in der Nacht
zum Dienstag allmählich auflöst. Die Niederschläge (wenn es hochkommt, knapp 5
Liter pro Quadratmeter) werden angesichts der Dürre eher ein Tropfen auf den
heißen Stein sein, sollen nach dem neuesten Lauf aber immerhin auch den Osten
des Landes erreichen. Am markantesten wird wohl der niedertroposphärische
Temperaturrückgang sein: So liegt die T850 zum Mittagstermin an der Grenze zu
BeNeLux nur noch bei 3 oder 4 °C und um 12 °C an Oder und Neiße. Entsprechend
wird man sich ganz im Westen schon mit dem Erreichen von 15 °C schwer tun,
während im Osten doch noch einmal verbreitet (teils deutlich) über 20 °C zu
erwarten sind.

Am Dienstag befindet sich Deutschland zwischen den Stühlen, namentlich hohem
Luftdruck über Osteuropa (Schwerpunkt über der Mittelrussischen Platte) samt
Ableger über dem östlichen Mitteleuropa (Schwerpunkt über Oberschlesien)
einerseits und einem Sturmtief westlich der Hebriden andererseits. Mit gutem
Willen könnte man auch von einer Brücke vom osteuropäischen Hoch bis zum Hoch
auf dem Atlantik sprechen. Aufgrund dieser Druckkonfiguration herrscht eine
überwiegend südwestliche Strömung vor. Entsprechend steigt die Temperatur im
850-hPa-Niveau wieder etwas an und liegt abends zwischen knapp 6 °C in
Südschleswig und um 11 °C im äußersten Süden des Landes.
Der o.e. Trog, dessen Achse mittags in etwa auf einer Linie Trondheim-Stockholm
liegt, verliert immer mehr an Kontur, während sich auf dem Atlantik und
Nordwesteuropa ein neuerlicher Trog formiert und etabliert. Auf dessen
Vorderseite kommt die Kaltfront des eben angesprochenen Sturmtiefs Deutschland
zwar allmählich nahe, erreicht aber noch nicht das Bundesgebiet. Jedoch machen
sich erste Wolkenfelder bemerkbar, sodass trotz wieder etwas ansteigender T850
(im Osten ist das natürlich nicht der Fall) die Maxima ähnlich hoch ausfallen
dürften wie am Vortag (im Osten wird es gegenüber Montag kühler). Erst in der
Nacht zum Mittwoch greift die Front dann mit schwachen Regenfällen auf den
Nordwesten und Westen über.

Am Mittwoch amplifiziert sich der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge.
Seine Spitze weist abends zur Iberischen Halbinsel. An der Trogvorderseite kommt
die Kaltfront wegen der zunehmenden Parallelität zur Höhenströmung nur noch
relativ langsam voran, schafft es aber, im Nordteil abends Deutschland ostwärts
zu verlassen, während der Südteil in der Nacht zum Donnerstag (fast) die Alpen
erreicht. Nennenswert viel Niederschlag an der Front bzw. bei den evtl.
postfrontal auftretenden Schauern ist erneut nicht zu erwarten und erst recht
nicht flächendeckend. Wieder einmal bleiben die Auswirkungen vor allem auf
Wolken und einen niedertroposphärischen Temperaturrückgang beschränkt. So liegt
die T850 mittags zwischen 4 Grad in Nordfriesland und um oder knapp über 10 Grad
südlich der Donau.


Fazit: Die bis dato andauernde Blockadesituation wird zwar ganz allmählich
beendet, für einen richtig durchgreifenden Wetterumschwung mit nennenswerten
Niederschlägen reicht es aber aus jetziger Sicht trotzdem nicht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der jüngste Lauf des EZMW-IFS zeigt gegenüber seinen Vorgängern zunächst eine
einigermaßen gute Konsistenz. Unterschiede finden sich jedoch in den Details:
So wurde die sich am Sonntag nähernde wellende Kaltfront im gestrigen
00-UTC-Lauf etwas langsamer und mit weniger Ostwärtsprogression am Montag
gerechnet. Der neueste Lauf hingegen lässt die (zwar nicht überbordenden)
Niederschläge am Montag und in der Nacht zum Dienstag sukzessive auf ganz
Deutschland übergreifen.
Ab Dienstag ist die Konsistenz nur noch mäßig, da das nach dem neuesten Lauf ab
der Nacht zum Mittwoch übergreifende bis zum Tagesende des Mittwochs die Alpen
erreichende okkludierende Frontensystem in den gestrigen Läufen allenfalls den
äußersten Nordwesten streifen sollte. Zwar brächte dieses inkl. der evtl.
auftretenden postfrontalen Schauer kaum nennenswerten Niederschlag, jedoch
bliebe das Temperaturniveau deutlich gedämpfter als noch gestern angenommen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die vorliegenden Modelle simulieren, zumindest, was Mitteleuropa angeht, die
Wetterentwicklung bis Montag sehr ähnlich. Danach divergieren die Lösungen
leicht. So werden von ICON am Dienstag an der sich auflösenden Front zwischen
Ostsee und Alpen weiterhin leichte Niederschläge simuliert, während es IFS, GEM
und GFS trocken belassen. Das Übergreifen von Niederschlägen am Mittwoch zeigen
alle Modelle, wenngleich aufgrund unterschiedlicher Trogkonfiguration über dem
Atlantik/über Westeuropa doch Differenzen in der Phase und Regionalität zu
finden sind. GFS zeigt sich dabei am wenigsten Progressiv, weshalb es auch nicht
verwunderlich ist, dass nach dessen Meinung am Mittwoch noch in der gesamten
Südosthälfte 850-hPa-Temperaturen über 10 °C herrschen sollen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bis Sonntag zeigen die Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte nur einen
geringen Spread. Den am Samstag und Sonntag herrschenden hohen
850-hPa-Temperaturen aus dem deterministischen Lauf wird auch in der
Probabilistik Rechnung getragen. Überall lässt sich am Montag ein Rückgang der
niedertroposphärischen Temperatur erkennen, wobei Haupt- und Kontrolllauf
zumindest an diesem Tag (fast) das untere Ende der "Fahnenstange" markieren.
Deutlich zu beobachten ist auch die markante Zunahme des Spreads am Montag und
in den Folgetagen, wobei sich Haupt- und Kontrolllauf allmählich und überwiegend
(aber nicht generell) im Mittelfeld der Kurvenschar einpendeln. Einige Member
zeigen jedoch weiterhin hohe T850 und plädieren somit für eine Fortdauer der
sehr milden bis (außergewöhnlich) warmen Witterung.

Nachdem die Geopotenzial-Kurvenschar am Samstag ihr Maximum mit über 580 gpdam
erreicht hat, sinkt das Geopotenzial allmählich. Dabei nimmt der Spread der
verschiedenen Lösungen allmählich zu, jedoch nicht so stark wie bei der T850.
Haupt- und Kontrolllauf bewegen sich mehr oder weniger im Mittelfeld der Kurven,
knicken zum Ende aber deutlich in den "Trogbereich" ab. Einige Member zeigen
über den gesamten Zeitraum hinweg ein relativ hohes Geopotenzial, womit das
Thema "Fortdauer der Blockinglage" noch nicht ganz vom Tisch wäre, jedoch auch
nicht überbordend wahrscheinlich ist.

Bezüglich Niederschlags zeigt eine Vielzahl von Membern Peaks zum Wochenbeginn
und stützt damit die deterministische Lösung. Zu beobachten ist außerdem, dass
dies vor allem für (beispielhaft) Hamburg, Essen und Offenbach gilt, während die
Anzahl der Member, die Niederschlag im Programm haben in Leipzig und erst recht
in München deutlich geringer ist. Das zeigt, dass noch nicht ganz klar ist, wie
weit die frontalen Niederschläge am Montag überhaupt in den Osten und Südosten
vorankommen.
Auch die Niederschläge am Mittwoch, die ja ohnehin nicht als flächendeckend
beschrieben wurden, werden nicht durchweg durch die Ensembles gestützt.


Für den Zeitraum T+72...96h (Samstag auf Sonntag) zeigt das Clustering zwei
Cluster, wobei Haupt- und Kontrolllauf im ersten Cluster zu finden sind.
Unterscheiden sich die beiden Cluster am Samstag bezogen auf Mitteleuropa noch
nicht signifikant, so zeigt der zweite Cluster (17 Member) am Sonntag bezogen
auf unsere "Interessenssphäre" sowohl in der Höhe als auch am Boden stärkeren
antizyklonalen Einfluss als der erste Cluster (34 Member).

Für den Zeitraum T+120...168h (Montag bis Mittwoch) verdoppelt sich die Anzahl
der Cluster auf vier, wobei sich Haupt- und Kontrolllauf im zweiten, mit 17
Membern besetzten, Cluster wiederfinden. Am Montag unterscheiden sich die
Cluster nicht allzu stark voneinander und zeigen allesamt eine Rinne über
Mitteleuropa, die sich auf der Vorderseite des westeuropäischen resp.
atlantischen Troges befindet. Am Dienstag ähneln sich zumindest die Cluster eins
(19 Member), zwei und drei (acht Mitglieder) mit ihrem apostrophierten leicht
antizyklonalen Einfluss im Bodendruckfeld. Nur der vierte, mit sieben Membern
"bevölkerte" Cluster zeigt deutlich zyklonale Strukturen über Deutschland. An
Mittwoch zeigen der erste und vierte, mit Einschränkung auch der zweite Cluster
ein neuerliches Austrogen über Westeuropa. Der dritte Cluster sieht hingegen
eine relativ glatte westliche Strömung vor.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die Lage gibt abgesehen von für Mitte Oktober doch recht außergewöhnlich hohen
Temperaturen, auf die auch der EFI des EZWM am Samstag und Sonntag anspringt,
nicht allzu viel her. Lediglich auf den Alpengipfeln kann es am Sonntag und am
Montag im Zusammenhang mit einer Föhnlage stürmische Böen oder Sturmböen aus Süd
geben. In der Nacht zum Dienstag bricht der Föhn dann aber zusammen. Auch auf
dem Brocken sind - wie so oft - am Sonntag und in der Nacht zum Montag
vereinzelt stürmische Böen aus Südwest zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMix, IFS-EPS, IFS-DMO
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VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach