DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-06-2016 09:00
SXEU31 DWAV 120800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.06.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNz(?), Übergang zu TB.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... lag um 00 UTC in 300 hPa ein Langwellentrog mit abgetropftem
Höhentief über Skandinavien und dem Baltikum. Deutschland an dessen
Südwestflanke wies eine nur schwache Strömung auf, während die verlängerte
nordatlantische Frontalzone über Südeuropa verlief. In dieser war über dem
westlichen Mittelmeer ein Trog zu finden, der von einem kleinen Höhentief über
Bayern ausging. Im weiteren Tagesverlauf bleibt die Strömung in der Höhe über
Deutschland schwach aus überwiegend westlichen Richtungen. Zum Tagesende
erreicht ein schwacher Kurzwellentrog mit seiner Achse Belgien, Luxemburg und
den äußersten Südwesten Baden-Württembergs. Vorderseitig erfasst dann leichte
PVA den Westen und Südwesten Deutschlands.

Aktuell treten vor allem in der südwestlichen Hälfte Deutschlands teils recht
kräftige schauerartige Regenfälle auf, während im Nordwesten/Norden stratiformer
Niederschlag bei leichter WLA fällt (nördlich des dort liegenden quasi
stationären Frontenzuges). Die Front kommt heute nur sehr zögernd etwas weiter
nach Norden voran.
Im Süden und in der Mitte haben wir es heute wiederholt mit schauerartigen und
gewittrigen Regenfällen zu tun, während es im Norden, vor allem in
Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, zeitweise regnet. Spätabends bzw.
in der ersten Nachthälfte erreicht das jetzt über Irland und Westfrankreich
befindliche okkludierende Frontensystem des nordatlantischen Zentraltiefs
vorderseitig des oben angesprochenen Troges den Westen/Südwesten Deutschlands
und lässt dort die vielfach konvektiv geprägten Niederschläge wieder aufleben.

Bezüglich der heutigen 6stündigen Niederschlagssummen prognostiziert COSMO-EU in
Südhessen, Nordbayern und Thüringen die intensivsten Prozesse, die bis in den
Unwetterbereich reichen. ICON6_NEST ist mit maximalen 6stündigen Mengen bis 19
mm wesentlich zurückhaltender aufgestellt (gleiches gilt für das GFS und das
ECMF16). C-DE von 00 UTC hat lokal - wie C-EU - ebenfalls teilweise über 35 mm
(Unwetter) simuliert (Schwerpunkte Hessen, Thüringen, Sachsen, westliches
Baden-Württemberg).
C-DE EPS 28 km von 00 UTC gab für 00 bis 06 UTC für Teile des Westens (Eifel
ostwärts bis nach Mittelhessen) teils hohe Wahrscheinlichkeiten für Niederschlag
>35 mm. Vormittags (06 bis 12 UTC) wäre dann Hessen betroffen, nachmittags
primär Nordhessen, Südniedersachsen und Thüringen. Die Prognose für den
Vormittag erscheint nicht unrealistisch. Insgesamt sind also Westen und Mitte
heute am ehesten von den Starkregenfällen betroffen.
Die Läufe C-DE EPS 00 und 03 UTC unterscheiden sich insbesondere im Bereich
Hessen und Baden-Württemberg teils deutlich voneinander, wobei im Vergleich mit
dem aktuellen Radar der 00 UTC-Lauf vertrauenswürdiger erscheint.
PEPS von 00 UTC gibt vormittags und nachmittags maximale Wahrscheinlichkeiten
unter 10% für 6stündigen Regen über 35 mm (Unwetter), und zwar in der Mitte.
Spätabends (18 bis 24 UTC) erhöhen sich diese über dem südlichen Sachsen-Anhalt
bis auf 20%. Damit stimmt PEPS mit den Aussagen von C-DE EPS gut überein, was
die Gebiete des intensivsten Niederschlages betrifft.

Die höchsten Labilitätswerte (CAPE ML) werden nachmittags und abends mit lokal
über 500 J/kg erreicht. Gewitter sind damit am wahrscheinlichsten in den
RZ/RWB-Bereichen Essen, Offenbach, Leipzig sowie den Nordteilen von Stuttgart
und München. Hierbei ist das primäre Kriterium, das die Unwetterschwelle reißen
kann, der Starkregen, da einerseits mit 25 bis 30 mm ppw genügend Feuchte in den
genannten Gebieten vorhanden ist und mit meist nur 5 bis 15 kt in 700 hPa die
Verlagerung der Zellen eher als langsam einzustufen ist. Vereinzelt können die
Gewitter auch von kleinkörnigem Hagel und stürmischen Böen begleitet sein.

In der Nacht zum Montag sollen nach C-EU die gewittrigen Regenfälle im Süden und
in der Mitte weiter anhalten, während im Norden meist mit stratiformem WLA-Regen
im Frontbereich zu rechnen ist.


Montag... verlagert sich der Trog über unserem Gebiet nach Nordosten und nimmt
um 24 UTC eine Achsenposition Emsland-Hannover-Spreewald ein. Die PVA wird dabei
schwächer und rückseitig entsteht durch leichte NVA über der Südhälfte
Deutschlands eine gewisse Absinkkomponente.

Die Luftmassengrenze im Norden Deutschlands kommt im Tagesverlauf soweit nach
Norden bzw. Nordosten voran, dass um 24 UTC allenfalls der äußerste Nordosten
noch im Bereich der trockeneren Luftmasse liegt. Bei weiter leicht fallendem
Luftdruck bleibt die Bodendruckverteilung schwachgradientig. Zum Tagesende
beträgt der Druck in der gesamten Nordhälfte unter 1000 hPa.

Die WLA um die Front im Norden und damit auch der Regen lassen allmählich nach,
während sich im Großteil Deutschlands der Wettercharakter gegenüber dem Sonntag
nur wenig ändert. Dabei ist ein Verschieben der labilsten Gebiete in das
mittlere und auch in das nördliche Deutschland (große Teile Niedersachsens) zu
konstatieren. Die CAPE ML-Werte steigen gegenüber der gleichen Tageszeit am
Vortag noch etwas an, überschreiten aber nur ganz punktuell 750 J/kg. Die ppw`s
nehmen insgesamt etwas ab; Niedersachsen und Sachsen-Anhalt weisen aber mit etwa
30 mm die höchsten Werte auf.

Es ist somit weiterhin örtlich mit bis in den Unwetterbereich reichenden ein-
bzw. sechsstündigen Summen zu rechnen. C-EU hat aber die Maximalmengen gegenüber
Sonntag etwas zurückgenommen. Sie liegen nun in der Nordhälfte. Das genestete
ICON bleibt abermals 6stündig unter 20 mm, ebenso auch GFS. ECMF16 simuliert bis
28 mm im Südschwarzwald (von 06 bis 12 UTC).


Dienstag... beginnt im Tagesverlauf über dem östlichen Nordatlantik ein
Austrogungsvorgang, der später in die Bildung eines neuen westeuropäischen
Langwellentroges mündet. Der Trog über Deutschland zieht vormittags aus unserem
Land nach Norden heraus, dahinter stellt sich eine südwestliche Höhenströmung
ein, in der weitere schwache Tröge eingelagert sind. Bis 24 UTC dreht die
Strömung auf südliche Richtungen zurück. PVA-Hebung ist in der ersten
Tageshälfte zunächst in den RZ-Bereichen Stuttgart, dann München und mittags
Leipzig wirksam. In der ersten Nachthälfte setzt dann vor einem
west-ost-orientierten Trog über dem Norden Frankreichs, der bis zur Schweiz
reicht, im Südwesten Deutschlands PVA ein.

Im Bodendruckfeld verändert sich über Deutschland nur Unwesentliches; die
Frontreste im äußersten Nordosten wandern allmählich in Richtung Ostsee ab, die
Tiefdruckrinne über dem Norden bleibt bestehen.
CAPE ML geht im Vergleich zum Montag deutlich zurück, die maximale Labilität
wird um 18 UTC erreicht (mit Werten unter 500 J/kg), wobei die durch Elbe, Main
und Rhein begrenzten Gebiete diesmal für Gewitter prädestiniert sind.

Die konvektiven Prozesse offenbaren sich bei C-EU besonders über Niedersachsen
in den 6stündigen Summen, die allerdings im Tagesverlauf (entgegen der normalen
täglichen konvektiven Aktivität) abnehmen: von 00 bis 06 UTC bis 48 mm, von 06
bis 12 UTC 34 mm und danach zeigt sich eine markante Abschwächung der
Niederschläge, was nicht zur Prognose des CAPE MLs passt. ICON6_NEST hat wieder
nur sehr punktuell Werte über 10 mm, desgleichen auch GFS und ECMF16. Generell
ist damit in den größten Teilen des Landes von einer Abschwächung der
Niederschlagsprozesse auszugehen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Im kurzfristigen Vorhersagezeitraum zeigen GFS und ECMF die gleiche
Weiterentwicklung, kleine Unterschiede gibt es in der Stärke des Tiefs bei
England nach 72 Stunden, das von ICON und ECMF einen tieferen Kerndruck hat als
beim GFS.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Burkhard Kirsch.