DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-09-2018 17:01
SXEU31 DWAV 291800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 29.09.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In Nordfriesland bis in den Sonntag hinein starke Böen. Am Montag am Alpenrand
Dauerregen wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einem von Südwest nach Nordost exponierten
Rücken. Dessen Achse ist etwa auf einer Linie von Südwestdeutschland bis nach
Polen und bis ins Baltikum zu finden und schwenkt allmählich nach Südosten und
Osten durch. Innerhalb des hohen Geopotenzials in diesem Rücken "schwimmt" ein
kleines Höhentief, das am heutigen Samstagabend knapp nördlich der Pyrenäen
positioniert ist. Am Boden bildet sich dieses Höhentief kaum noch ab, womit es
den Status eines Kaltlufttropfens einnimmt. Vielmehr stützt der Rücken eine
Hochdruckbrücke, die ein Hoch mit Zentrum über dem Nordostatlantik mit einem
Hoch mit Zentrum knapp nördlich der Hohen Tatra verbindet. Weite Teile
Deutschlands profitieren somit vom Hochdruckeinfluss, sodass vielerorts eine
gering bewölkt oder klare Nacht bevorsteht. Etwas mehr Wolken sind lediglich
ganz im Norden unterwegs. Dort nähern sich allmählich die Ausläufer eines
Nordmeertiefs an. Erste Tropfen sind zum Morgen hin vor allem in Nordfriesland
denkbar. In der Nähe zum Nordmeertief ist der Gradient etwas stärker, wodurch in
Nordfriesland weiterhin einzelne starke Böen um 55 km/h (Bft 7) aus Südwest
auftreten. Außerdem sei noch erwähnt, dass bei längerem Aufklaren zum einen
leichter Frost bis -2 Grad oder zumindest Bodenfrost bis -3 Grad vorkommen kann,
sich zum anderen aber - trotz relativ trockener Luftmasse - stellenweise auch
Nebel mit Sichtweiten teils unter 150 m bilden kann. Die stärksten Signale für
Nebel werden von den Modellen in der Mitte angezeigt.

Sonntag ... verlagert sich der Rücken rasch nach Osten weiter, gleichzeitig
nähert sich vom Atlantik ein Höhentrog. Dieser erreicht am Abend bereits die
westliche Nordsee. Die vorgelagerte Okklusion bzw. Kaltfront des vom Nordmeer
nach Lappland ziehenden Tiefs wird damit nach Süden gedrückt und gelangt in den
Norden Deutschlands. Infolgedessen nimmt die Bewölkung im Norden weiter zu, bis
abends kommt die stärkere Bewölkung bis auf eine Linie Niederrhein - Lüneburger
Heide - Vorpommern voran. Der mit der Front verbundene nachfolgende Regen
beschränkt sich bis zum Abend aber weitgehend noch auf die Nordseeküste bzw.
Nordfriesland. Der Regen bleibt zudem schwach, weil die Hebungsimpulse der Front
von KLA unterdrückt werden. Weiter nach Süden herrscht dagegen unter weiterhin
dominierendem Hochdruckeinfluss noch einmal "Eitel Sonnenschein". Im südlichen
Baden-Württemberg gibt es jedoch eine Einschränkung: Dort tauchen ebenfalls
dichtere Wolken und erster Regen auf, die durch Hebungsprozesse des
Kaltlufttropfens, der sich von den Pyrenäen zum westlichen Alpenrand verlagert,
ausgelöst werden. Sogar schwache Signale für Gewitter sind existent, da die
MU-CAPE bis zu 200 oder 300 J/kg betragen. Darüber hinaus wird mit auf Südwest
drehender Strömung vor dem Trog noch einmal milde Luft nach Deutschland
gebracht, während sich hinter der Okklusion/Kaltfront im Norden deutlich kühlere
Luft auf den Weg gen Süden macht. In T850 werden daher im äußersten Norden nur
noch 1 bis 5, weiter nach Süden hin aber 5 bis 10 Grad erreicht. Die Höchstwerte
liegen folglich bei 15 Grad an der Grenze zu Dänemark und bei bis zu 24 Grad am
Oberrhein. Des Weiteren flaut im Norden der Wind sogar noch einmal ab, da sich
mit dem nach Lappland ziehenden Tief der Gradient wieder abschwächt.

In der Nacht zum Montag amplifiziert der Höhentrog über der westlichen Nordsee
unter Verkürzung seiner Wellenlänge bis nach Südfrankreich und erreicht eine
Linie West-Skandinavien - Deutsche Bucht - Benelux und Auvergne-Rhone-Alpes. Die
über dem Norden Deutschlands befindliche Okklusion gelangt damit bis in die
Mitte und den Nordosten des Landes. In ihrem Bereich fällt leichter Regen (1 bis
5 mm). Ebenso kommen an der Nordsee einzelne Schauer auf, die im Zusammenhang
mit dem sich nähernden Trog stehen. Örtliche Gewitter sind dabei aufgrund
schwacher labiler Verhältnisse nicht ganz ausgeschlossen. Südlich der Okklusion
gibt es einen Bereich mit noch aufgelockerter Bewölkung, dem aber auch von Süden
zugesetzt wird. Dort sorgt der nach Oberitalien ziehenden Kaltlufttropfen für
weitere Bewölkungszunahme und gebietsweise für einsetzenden Regen, der den
meisten Modellen nach länger andauern soll und Warnschwellen für Dauerregen
überschreiten kann. So werden von den Ensembles bis Montagmittag 12-stündig
Wahrscheinlichkeiten bis 40% für mehr als 25 Liter pro Quadratmeter bzw. bis in
die Nacht zum Dienstag hinein 24-stündig Wahrscheinlichkeiten von bis zu 50% für
mehr als 30 mm vom Bodensee bis zum Berchtesgadener Land prognostiziert. Am
stärksten sind die Signale beim ICON-EU ausgeprägt, aber auch EZWM-EPS und
ICON-EPS deuten die Möglichkeit für warnwürdigen Dauerregen an. Nicht warnwürdig
ist hingegen der Wind, da der Gradient nicht entscheidend zunimmt. Unter den
Wolken kühlt es auf 10 bis 5, bei Aufklaren auf 5 bis 0 Grad ab. Bodenfrost ist
auch wieder in einigen Landesteilen zu erwarten. Für Aufklaren gibt es vor allem
im Osten Hinweise. Die Nebelneigung hingegen bleibt weiterhin eher gering.

Montag ... füllt sich der Kaltlufttropfen über Oberitalien immer mehr auf,
sodass sich die Niederschläge an den Alpen bei auf 1500 m absinkender
Schneefallgrenze allmählich wieder abschwächen. Dafür amplifiziert der Höhentrog
über Südfrankreich weiter und bildet dort ein neues Höhentief aus. Das nördliche
Residuum des Trogs schwenkt im Tagesverlauf über Deutschland hinweg. Die über
der Mitte liegende Okklusion des von Lappland in die Barentssee ziehenden Tiefs
erreicht den Süden Deutschlands, wo sie sich allmählich auflöst. Ansonsten sorgt
der Höhentrog für einzelne Schauer, Gewitter sind aufgrund nur schwacher
Labilität bzw. geringen MU-CAPE-Werten bis maximal 100 j/kg nur gering
wahrscheinlich. Im Osten dürfte es sogar häufiger trocken bleiben, weil mit der
auf Nordwest drehenden Strömung hinter der Okklusion der Skandinavienföhn für
eine Abtrocknung der Luftmasse sorgt, die bis nach Deutschland reicht. Mit der
auf Nordwest drehenden Strömung gelangt jedoch zunehmend kühlere Luft zu uns,
wobei die T850 hPa auf unter 0 Grad fällt, nur im Süden bleibt sie noch knapp
darüber. Nicht verwunderlich ist, dass die Tageshöchsttemperaturen nur noch bei
8 bis 15 Grad liegen. Darüber hinaus ist im Lee des Skandinaviengebirges eine
schwache Zyklogenese zu erkennen. Das zugehörige nur schwach ausgeprägte
Bodentief zieht von Südnorwegen in die Ostsee, verschärft dabei aber den
Gradienten im Nordwesten Deutschlands. Vor allem an der Nordsee gibt es dann
wieder starke bis stürmische Böen bis etwa 70 km/h (Bft 7 bis 8) aus Nordwest.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Höhentrog nach Polen durch, das Höhentief
über Südfrankreich wandert nach Sardinien weiter. Zwischen Island und
Skandinavien taucht ein neuer Randtrog mit eigenem Drehzentrum auf. Es stützt
ein weiteres Bodentief südlich von Island, dessen Ausläufer zum Morgen hin von
Nordwesten her auf Deutschland übergreifen. Der flache Rücken zwischen dem
abziehenden Höhentrog und dem neuen Randtrog sorgt somit nur kurz für
Zwischenhocheinfluss bzw. eine Wetterberuhigung. So treten nur an den Alpen noch
letzte Regen- bzw. Schneefälle und an der Nordsee noch Schauer auf. Dort
allerdings kommt zum Morgen hin schon der Regen des neuen Tiefs auf. In den
übrigen Regionen Deutschlands lockert die Bewölkung zeitweise auf, größere
Nebelfelder bilden sich aber nur vereinzelt, zumal der Wind sich bei weiterhin
vorhandenem Gradienten meist nicht genügend abschwächt. An der Küste und auf den
höher gelegenen Berggipfeln sind starke bis stürmische Böen Bft 7 bis 8 aus West
bis Südwest mit von der Partie. In der eingeflossenen Meeresluft polaren
Ursprungs kühlt es in der Nacht wieder deutlich ab, die Tiefsttemperaturen
liegen zwischen 7 und 0 Grad. Stellenweise ist mit leichtem Frost, gebietsweise
mit leichtem Bodenfrost zu rechnen.

Dienstag ... verschärft sich der Randtrog über der Nordsee noch etwas. Das
zugehörige Bodentief zieht bei Ausbildung zweier Kerne bis nach Südskandinavien.
Die Ausläufer des Tiefs greifen damit auf Deutschland über und erreichen abends
bereits die nördliche Mitte und den Osten Deutschlands. Die mit den Ausläufern
des Tiefs verbundenen meist nur leichten Niederschläge beschränken sich
vornehmlich auf die Gebiete nördlich der Mittelgebirgsschwelle. Mit dem Tief
frischt der Wind in der Nordhälfte kräftig auf. Bis ins Binnenland sind einzelne
starke Böen um 55 km/h dabei, an der Küste treten stürmische Böen um 65 km/h
(Bft 8), exponiert sogar Sturmböen um 75 km/h auf (Bft 9). Im Süden dagegen
scheint unter vorwiegendem Hochdruckeinfluss des noch über dem Nordostatlantik
liegenden Hochs zeitweise die Sonne. Das Temperaturniveau bleibt ähnlich wie am
Vortag, da die Warmluft im Warmsektor des Tiefs erst am Nachmittag nach
Deutschland vordringt. Die Höchsttemperaturen liegen entsprechend nur zwischen 9
und 16 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle weichen in ihren Vorhersagen nicht größer voneinander ab. Leichte
Unsicherheiten bestehen aber noch bezüglich des Kaltlufttropfens über
Südfrankreich, der am Montag zu Dauerregen in Süddeutschland führen könnte. Das
Erreichen der markanten Dauerregen-Warnschwellen erscheint mittlerweile aber als
recht wahrscheinlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler