DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-09-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.09.2018 um 10.30 UTC



Wechselhaft bei einem Auf und Ab der Temperaturen. Zum Ende der kommenden Woche
hin Sturmtiefentwicklung über der Nordsee möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 04.10.2018


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Sonntag zeigt der aktuelle
EZMW-Lauf von 00 UTC einen Höhentrog über dem Nordmeer, der sich bis in die
Nordsee und bis zu den Britischen Inseln erstreckt. Deutschland befindet sich
auf der Vorderseite davon in einer südwestlichen Strömung, mit der vor allem in
den Süden milde Luft mit T850 hPa-Temperaturen um 10 Grad einströmt. Im Norden
werden immerhin um 5 Grad erreicht. Mit dem Trog korrespondiert ein Tief über
dem Nordmeer, dessen Ausläufer von Norden bzw. Nordwesten her im Tagesverlauf
auf Deutschland übergreifen. Allerdings hält sich die Wetteraktivität daran in
Grenzen, laufen die Ausläufer doch gegen ein kräftiges Hoch über Osteuropa an,
das zudem von einem dem Höhentrog vorgelagerten flachen Höhenrücken gestützt
wird.

Am Montag amplifiziert der Höhentrog unter Verkürzung seiner Wellenlänge. Seine
Achse liegt mittags über dem Westen Deutschlands. Die Ausläufer des
Nordmeertiefs werden dadurch nach Südosten gedrückt und an den Alpen gestaut.
Viel Niederschlag ist jedoch nicht zu erwarten, zumal immer noch der
Hochdruckeinfluss überwiegt, der von einer Hochdruckbrücke, die von den Azoren
bis nach Russland reicht, ausgeht. Postfrontal gelangt aus Norden ein Schwall
polarer Meeresluft nach Deutschland, sodass die T850 hPa landesweit auf 0 bis -3
Grad sinken.

Am Dienstag schwenkt der Höhentrog unter weiterer Amplifizierung und der
Ausbildung eines eigenständigen Höhentiefs über Italien nach Osten durch.
Nachfolgend wölbt sich über Deutschland ein Höhenrücken auf, der für
Zwischenhocheinfluss sorgt, jedoch von kräftiger WLA überlaufen wird. Durch
einen weiteren Randtrog über dem Nordmeer bzw. der Nordsee, der in dem
umfangreichen Langwellentrog über dem Nordostatlantik integriert ist, wird ein
Bodentief an gleicher Stelle unterstützt. Zusammen mit der WLA gelangt das
Frontensystem des Tiefs mit meist nur leichten Niederschlägen in den Nordwesten
von Deutschland. Im Warmsektor steigt die T850 hPa wieder auf 5 bis 7 Grad.

Am Mittwoch verlagert sich der Randtrog rasch nach Osten weiter, womit neuerlich
ein flacher Rücken über uns hinwegzieht. Ihm folgt ebenso rasch ein diesmal aber
umfangreicher Trog nach. Daran gekoppelt findet sich ein weiteres Bodentief bei
Island. Es sorgt dafür, dass das über dem Norden liegende Frontensystem des
Tiefs vom Vortag rückläufig wird. Erneute WLA löst dabei neuerlich Niederschläge
aus. Nach Süden hin jedoch dominiert der Hochdruckeinfluss, sodass dort
Niederschläge Mangelware bleiben. Mit dem rückläufigen Frontensystem gelangt nun
wieder milde Subtropikluft bis in den Norden von Deutschland. Dabei steigt die
T850 hPa auf etwa 10 Grad an.

Am Donnerstag kommt uns der Langwellentrog langsam näher. An seiner Südseite
zeigt sich eine recht glatte Westströmung, in die auch die Frontalzone
eingebettet ist und die über Norddeutschland liegt. Im Zuge dieser Strömung
erreicht das Islandtief das Baltikum. Die Kaltfront kann nun über Deutschland
wieder etwas nach Süden vordringen und verlagert sich mit leichten
Niederschlägen etwa bis in die nördliche Mitte. Im Süden dagegen schiebt sich
von Südwesten her ein Azorenhochkeil hinein, sodass dort häufig heiteres Wetter
anzutreffen sein wird. Während südlich vor der Front die T850 hPa noch bei 5 bis
10 Grad liegen, sinkt sie postfrontal auf 0 bis 5 Grad.

In der erweiterten Mittelfrist ab Freitag formiert sich aus dem umfangreichen
Langwellentrog westlich der Britischen Inseln ein Downstream Development. Es
sorgt für eine rapide Zyklogenese über den Britischen Inseln. Bis Samstagabend
sinkt der Kerndruck des in nördliche Nordsee ziehenden Tiefs innerhalb von 24
Stunden von etwa 1000 auf unter 975 hPa ("Bombogenese"). An der Südflanke des
Tiefs wird es insbesondere im Nordwesten zunehmend windig. Vor dem Frontensystem
kann sich im Südosten noch einmal sehr warme und teils feuchte Luft ausbreiten,
wobei dort in T850hPa sogar fast 15 Grad erreicht werden und einzelne Gewitter
auftreten. Im Nordwesten dagegen sinkt die T850 hPa mit einem Schwall frischer
Meeresluft postfrontal auf 0 Grad.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen EZMW-Laufs von heute 00 UTC zu seinen beiden
gestrigen Vorläufen ist nur mäßig. Zwar erkennt man die grundlegenden Muster
wieder, im Detail ergeben sich aber doch deutliche Unterschiede. So wird bereits
der am Montag über Deutschland hinwegziehende Höhentrog unterschiedlich
behandelt. Mit den neueren Läufen verkürzt sich seine Wellenlänge, zudem zieht
er rascher über uns hinweg. Nachfolgend kann ein neues Tief mit seinen
Ausläufern am Dienstag wesentlich rascher auf Deutschland übergreifen. Durch
beide Vorgänge ändern sich die Niederschlagsverteilungen an beiden Tagen. Am
Mittwoch kommt nun ein weiteres Bodentief bei Island ins Spiel, das die Vorläufe
nicht zeigten. Stattdessen brachte der gestrige 00 UTC-Lauf sogar ein Höhentief
über Südwesteuropa. Diese Umstellungen bewirken Änderungen in den Niederschlags-
und diesmal auch den Temperaturverteilungen. Ähnliche Aussagen lassen sich für
Donnerstag treffen: Statt durch das Höhentief ausgelöste Niederschläge vom Süden
bis in die Mitte Deutschlands hinein werden nun durch einen Tiefausläufer
bedingte Niederschläge in Norddeutschland simuliert. In der erweiterten
Mittelfrist ab Freitag wird vom neuesten Lauf heute sogar ein Downstream
Development angeboten, das hatten weder der gestrige 00 UTC- noch der gestrige
12 UTC-Lauf auf dem Schirm. Vor allem im Nordwesten kann es damit zu deutlich
wechselhafterem und vor allem windigerem, unter Umständen auch ziemlich
stürmischem Wetter kommen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Etwas überraschend - nach den Konsistenzbetrachtungen des vorherigen Abschnitts
- liegen GFS und ICON ziemlich gut auf einer Linie mit dem EZMW. Beim GFS
ergeben sich erst ab Donnerstag größere Unterschiede, wobei der
Hochdruckeinfluss stärker nach Norden hin ausgreift als beim EZMW. Die vom EZMW
gebrachte nachfolgende rapide Zyklogenese über den Britischen Inseln lässt sich
tatsächlich auch im GFS wiedererkennen. Das GEM ist dem EZMW im Großen und
Ganzen ebenfalls sehr ähnlich.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für diverse deutsche Städte bestätigen zum
einen das Auf und Ab bei der Temperatur und beim Geopotenzial. Zum anderen wird
bis Dienstag aber auch ein sehr enger Spread gezeigt, der das Vertrauen in die
Vorhersage erhöht. Ab Dienstag öffnet sich der Spread deutlich, wobei Haupt- und
Kontrolllauf zunächst noch im engen Median verbleiben. Ab Freitag gibt es ein
größeres Durcheinander der verschiedenen Elemente, eine Vorhersage ab diesem Tag
wird daher sehr unsicher.

Die Clusteranalyse liefert für Dienstag bis Donnerstag 4 Cluster. Kleinere
Unterschiede sind insbesondere beim nachrückenden Langwellentrog ab Mittwoch
vorhanden. Entsprechend kann die Tiefdruckentwicklung im Norden stärker
ausgeprägt sein und es windiger werden. Den Azorenhochkeil, der von Südwesten
hereinkommt, bringen jedoch alle Cluster unisono.

Von Freitag bis Sonntag werden nur noch zwei Cluster analysiert. Bei C1 ist die
rapide Zyklogenese quasi nicht vorhanden, in C2 nur eingeschränkt. Von daher
bestehen größere Zweifel an dem Auftreten.

FAZIT: Das Auf und Ab der Temperaturen mit vor allem im Norden auch
wechselhaftem Wetter ist bis zum Dienstag weitgehend sicher. Ab Mittwoch nehmen
die Unwägbarkeiten zu, zunächst dürfte es aber bei dem zu den Vortagen ähnlichen
Wetter bleiben. Ab Freitag simuliert der Hauptlauf des EZMW eine rapide
Zyklogenese über dem Nordostatlantik, an der noch erhebliche Zweifel bestehen.
Immerhin bestätigen zwei andere globale Modelle dieses Szenario, weshalb die
kommenden Läufe sicherlich Spannung diesbezüglich bergen. Für eine belastbare
Vorhersage für diese Tage reichen die heutigen Modell- und Ensembleergebnisse
aber noch nicht aus.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI zufolge gibt es am Dienstag und Mittwoch erhöhte Wahrscheinlichkeiten für
überdurchschnittlich starken Wind an den Küsten. Nach COSMO LEPS und EZMW-EPS
sind stürmische Böen Bft 8 wahrscheinlich, vereinzelte Sturmböen bft 9 gering
wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-EPS, EZMW-MOS. Ab Freitag hauptsächlich MOSMIX als Querschnitt der Modelle.

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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler