DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-09-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.09.2018 um 10.30 UTC



Donnerstag im Süden Gewitter, am Freitag teils gewittrige Kaltfrontpassage mit
auflebendem Wind.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 24.09.2018


Am Donnerstag liegt Deutschland auf der Vorderseite eines
500-hPa-Langwellentroges, dessen Achse auf dem Atlantik von Island zu den Azoren
gerichtet ist. Das Pendant in Form eines Höhenrückens wölbt sich von Rumänien
bis nach Nordwestrussland auf. Zwischen diesen beiden Geopotentialgebilden liegt
Mitteleuropa zu Tagesbeginn in einer recht glatten südwestlichen Höhenströmung.
Im Laufe des Tages nähert sich der Trog von Westen den Britischen Inseln, um in
der Nacht unter leichter Amplifizierung auf selbige überzugreifen. Damit steilt
die Höhenströmung nicht nur etwas auf, sondern sie nimmt vom Strömungsmuster
zunehmend zyklonalen Charakter an. Vorderseitig des Troges wird ein Wellentief
von Südengland über die nördliche Nordsee nach Südnorwegen geführt. Die
Wellenstruktur verhindert, dass die Front am Tage weiter nach Südosten
vorankommt und auf das Europäische Festland übergreift. Dies erfolgt erst
wellenrückseitig in der Nacht zu Freitag zusammen mit einer
Gradientverschärfung, die an der Nordsee (speziell in Nordfriesland) steife Böen
oder Sturmböen wahrscheinlich erscheinen lässt. Dabei erreichen die zugehörigen
Niederschlagsfelder nach dem aktuellen EZMWF-Hauptlauf ausgangs der Nacht
allenfalls das westliche Emsland. Da die Front aber Ana-Charakter aufweist mit
postfrontalen Niederschlägen, lässt sich der niedertroposphärische
Temperaturrückgang zum Morgen im westlichen Niedersachsen und nördlichen NRW
schon deutlich erkennen. Liegen die 850er Temperaturen am Donnerstag noch
durchweg zwischen 9 und 14 Grad, so sinken die entsprechenden Werte im
Nordwesten am Freitagmorgen auf etwa 5 Grad.

Am Freitag endet der verspätete Hochsommer mit der West-Ost-Passage des
Langwellentroges, dessen Achse in der zweiten Nachthälfte Polen erreicht und der
in 500 hPa zumindest einen vorübergehenden Temperaturrückgang von -15 auf -27
Grad bewirkt, sowie mit Passage der Kaltfront, die mit teils kräftigen
Regenfällen (5 bis 10 mm, lokal bis 20 mm nach EZMWF-Hauptlauf) von Nordwest
nach Südost über Deutschland hinwegzieht und am Morgen das Alpenvorland
erreicht. Hier zeigen sich schon die ersten Modellunterschiede, denn ICON lässt
die Front nur etwas bis in die Mitte Deutschlands vorankommen, während sie bei
GFS oder im hier beschriebenen EZMWF-Hauptlauf die Alpen erreicht. Letzteres
bedeutet, dass auch die subpolare Meeresluft hinter der Kaltfront bis nach
Südbayern vorankommt. Dort liegen die 850er Temperaturen ausgangs der Nacht dann
nur noch bei bis zu 9 Grad, in der Nordhälfte dagegen nur noch um 2 Grad. Mit
der Trogpassage dreht die Höhenströmung von Südwest auf West und der äußerste
Westen gelangt schon wieder auf die Vorderseite eines mächtigen Rückens, der
sich von der Iberischen Halbinsel in Richtung zentraler Nordatlantik erstreckt.
Da sich mit der Frontpassage der Gradient verschärft und die Durchmischung und
damit der vertikale Impulstransport ansteigen, ist die Frontpassage ebenso wie
der Durchzug der (postfrontalen) Niederschläge mit stark böigem Wind verbunden,
der exponiert (Nordseeküste, Gipfellagen) Sturmstärke erreichen kann.

Am Samstag setzt die Front dazu an, als Warmfront rückläufig zu werden - aber
sie schafft es nicht. Dies liegt daran, dass die Front in einer weitgehend
stationären Tiefdruckrinne eingebettet ist, die von Nordwest nach Südost
verlaufend vom mittleren Nordatlantik über die Bretagne zu den Alpen
ausgerichtet ist. Die Rinne selbst kommt zwar sehr zögerlich nach Nordosten
voran, aber in der Rinne fehlt die frontsenkrechte Komponente des
Druckgradienten praktisch komplett. In der Höhe dreht die Höhenströmung
vorderseitig des neuen Rückens, dessen Achse zum Sonntagmorgen die Westküste
Irlands erreicht, auf Nordwest, was damit ebenfalls der Orientierungsrichtung
der Luftmassengrenze entspricht. Dazu liegt die Front vorderseitig des Rückens
unter Absinken. In der Nacht zu Sonntag soll sich in der Folge sogar ein
kleinräumiges Hoch über Belgien bilden, weiteres Gift für die Ausbildung einer
veritablen Warmfront. So lässt der EZMWF-Hauptlauf ausgangs der Nacht sogar das
bis dahin in der Tiefdruckrinne geschlossene Niederschlagsband über dem
Ärmelkanal abreißen, sichtbarer Beweis dafür, dass der Hochdruck im Kampf der
Druckgebilde die Oberhand behalten hat. Der Rücken weißt zudem zum Morgen über
den Pyrenäen ein abgeschlossenes Höhenhoch über 892 gpdm auf, wodurch...

...ein Kurzwellentrog und die zugehörigen Tiefdruckgebiete, zu denen auch die
nordwestlichen Reste unserer Front gehören, am Sonntag nach Norden (Nordosten)
geführt werden. Über Nordfrankreich baut sich ein großräumiges Hoch auf, das am
Sonntag und Montag allmählich über Süddeutschland und die Alpen hinweg nach
Südosten zieht, womit im Süden die Restniederschläge unter Absinken absterben.
Da der Rücken entsprechend nachfolgt, wird auch wieder Warmluft advehiert. Im
500-hPa-Niveau steigen die Temperaturwerte im Südwesten vorübergehend über -10
Grad. Im 850er Niveau liegen die Temperaturen zu Tagesbeginn am Sonntag noch
zwischen 1 und 10 Grad (Ostseeküste - Südbaden), sie steigen aber bis
Montagmorgen im Südwesten auf 14 Grad (Nordosten unverändert), am Dienstagmorgen
sogar auf 4 bis 17 Grad (Nordost - Südwest). Während der Rücken Westeuropa in
der Höhe dominiert, zeigt sich die Nordflanke des Hochs zumindest zeitweise
wenig widerstandsfähig gegen Tiefausläufer, so dass dort immer wieder Bodentröge
durchschwenken können. Am Montag soll sich nach EZMWF-Hauptlauf an der
Elbmündung sogar ein kleinräumiges Tief ausbilden können. So kommt es im Norden
immer wieder zu zeitweisen Störungen, die auch Niederschläge bringen können.

Am Dienstag und Mittwoch im Südwesten tendenziell eher Hochdruckeinfluss, im
Nordosten Tiefausläufer mit etwas Regen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen Hauptlaufs mit den Vorläufen muss ab spätestens
Freitag als eher schlecht bezeichnet werden. Während sich am Donnerstag nur
recht geringe Unterschiede zwischen dem aktuellen Lauf und den Vorläufen zeigen,
insbesondere in der Phase des bei den Britischen Inseln liegenden Trogs und des
Wellentiefs (im aktuellen Lauf hängt der Trog etwas zurück, das Wellentief ist
allerdings schneller als im gestrigen 12-UTC-Lauf und damit etwa so schnell wie
im gestrigen 00-UTC-Lauf), differieren die Läufe ab Freitag sehr deutlich.

Am Offensichtlichsten wird dies bei Betrachtung des Bodendruckfelds. Haben die
letzten beiden Vorläufe im Bereich Bretagne / Biskaya noch ein Bodenhoch
simuliert, so verläuft dort beim aktuellsten Lauf eine Tiefdruckrinne. Der
zugehörige Geopotentialrücken der Vorläufe über Westeuropa ist nun einer
weitgehend glatten Höhenströmung gewichen, und in dem angesprochenen Bereich
über der Bretagne liegen die 850-Temperaturen im gestrigen 12-UTC-Lauf um ca. 7
Grad unter denen des aktuellen Laufs.

Im weiteren Verlauf wird die Situation nicht besser, es kann also nicht von
einem Angleichen der Prognosen gesprochen werden. Die Phasenverschiebung
zwischen den Trögen beträgt am Samstag bis zu 1500 km, auf dem nahen Ostatlantik
stehen die Isobaren des aktuellen Laufs teils senkrecht auf denen der Vorläufe.
Stark abweichende Feuchtefelder in 700 hPa und Temperaturunterschiede im 850er
Niveau von teils über 10 Grad südwestlich von Irland vervollständigen ein
ausgesprochen unklares Bild.

Der Blick in die neue Woche bringt ebenfalls keine klaren Erkenntnisse.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Schon in der Übersicht wurde auf Modellunterschiede bezüglich der
Frontverlagerung am Freitag über Deutschland eingegangen, wo ICON die Front vom
Nordwesten nur bis in die Mitte verlagert, während sie bei EZMWF bis zu den
Alpen vorankommt (Samstagmorgen). Die ersten Unterschiede zeigen sich jedoch
schon am Donnerstag. Während GFS um die Mittagszeit ein Sturmtief westlich von
Irland simuliert, setzten EZMWF, ICON, und LFPW auf ein Wellentief, das
allerdings nach LFPW vor der Südwestküste Irlands, nach ICON dagegen an der
Themsemündung liegen soll - mit entsprechenden Unterschieden auch in den
dortigen Temperaturfeldern.

Am Freitag sieht man bei ICON deutlich den zurückhängenden Bodentrog über
Deutschland, wodurch auch vor der Bretagne die Front weiter nördlich liegt, was
sich auch in den dortigen 500-hPa-Temperaturfeldern bemerkbar macht (ICON bis zu
7 Grad wärmer als GFS). Zwar setzt ICON ähnlich wie EZMWF auf eine
Tiefdruckrinne, in der die Front eingelagert ist, aber diese Rinne liegt bei
ICON etwa 400 km weiter nördlich als bei EZMWF. Etwas verwunderlich ist, dass
rückseitig der Front ausgerechnet ICON, bei dem die Front so zögerlich nach
Süden vorstößt, postfrontal über der Nordsee einen kräftigen Boden-Rücken
errechnet, während EZMWF und insbesondere GFS dort deutlich Tiefdruckdominanz
vorhersagen.

Und es wird im Weitern nicht besser. Am Samstagmittag bietet ICON nördlich der
Irischen See ein Sturmtief an, genau in dem Bereich, in dem EZMWF oder GFS eine
Hochdruckbrücke simulieren. Eine entsprechend gegenläufige Phase zeigen westlich
der Britischen Inseln zu diesem Zeitpunkt die Geopotentialfelder.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Ensembles zeigen im Zeitraum 72 bis +96 Stunden (Donnerstag) 5 Cluster, alle
in der Kategorie Positive NAO, wobei alle einen Rücken über Mitteleuropa und
einen Trog über Westeuropa zeigen. Der Haupt- und Kontrolllauf liegen dabei im
Cluster 1.

Für den Zeitraum +120 bis +168 Stunden (Samstag 00 UTC bis Montag 00 UTC) werden
4 Cluster gerechnet, wobei Haupt- und Kontrolllauf im ersten Cluster liegen. Die
3 größten Cluster wechseln von der Kategorie Positive NAO in die Kategorie
Atlantischer Rücken, der kleinste Cluster wechselt in die Kategorie einer
Blockierungslage. Dort zeigt sich ein Rücken besonders über Osteuropa, einem
Gebiet, in dem die anderen Cluster eine Trogstruktur aufweisen.

Im Weiteren (+192 bis +240 h) werden 3 Cluster gerechnet, wobei der Hauptlauf in
Cluster 1 (Atlantischer Rücken, 25 Einzellösungen) und der Kontrolllauf in
Cluster 3 (Positive NAO, 13 Einzellösungen) liegen. Letztendlich bieten die
Cluster sehr unterschiedliche Geopotentialmuster an, ein weiteres Indiz für die
Unsicherheit der Prognosen.

Bis zum Donnerstag zeigen die Rauchfahnen der 850er Temperstur für Offenbach ein
konstant hohes Niveau von bis zu 15 Grad ohne große Streuung, ab Freitag nimmt
die Streuung sprunghaft zu, mit einem deutlichen Temperaturrückgang beim Haupt-
und Kontrolllauf, aber auch mit Lösungen, die durchgehend bis in die kommende
Woche hinein auf dem hohen Temperaturniveau verharren.

In den GFS-Ensembles stellen sich die Muster ähnlich dar wie in den
EZMWF-Ensembles.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI deutet bis zum Freitag gegenüber dem Klimamittel signifikant erhöhte
Temperaturen an. Darüber hinaus weist EFI am Donnerstag an der Nordsee, am
Freitag auch im Landesinneren auf starke Böen hin.

COSMO-LEPS deutet am Samstag Windböen an der Nordsee (Wahrscheinlichkeit um 50%)
am Freitag Windböen an der Küste und im Binnenland mit bis zu 100%
Wahrscheinlichkeit an. Am Samstag bleiben die Wahrscheinlichkeiten an der Küste
hoch, im Binnenland sinken sie deutlich. Für stürmische Böen zeigt COSMO-LEPS am
Freitag an der Nordsee Wahrscheinlichkeiten bis 50%.

Die Gewitterwahrscheinlichkeiten aus MOS liegen im Süden bis in den Freitag
hinein bei etwa 30 %, wobei der Focus der Begleiterscheinungen anfangs beim
Starkregen, später auch auf den Böen liegen sollte.

Hochwasser: Fehlanzeige!
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMWF, EZMWF-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas