DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-09-2018 17:01
SXEU31 DWAV 081800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 08.09.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Nordwesten wechselhaft und zeitweise windig aber nicht wirklich kalt. Sonst
unter Hochdruckeinfluss überwiegend sonnig, trocken und sehr warm, ab Montag
lokal nahe 30°C.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland am Ostausgang der Frontalzone, die vom
mittleren Nordatlantik kommend bis nach Mitteleuropa reicht. Dabei hat sich über
dem Vorhersageraum inzwischen eine glatte westliche Höhenströmung eingestellt,
die kaum für dynamische Hebungsantriebe taugt. Einzig im Nordwesten greift
vorderseitig eines flachen KW-Troges WLA von der Nordsee her über, so dass es
über dem Blanken Hans selbst, an der niedersächsischen Nordseeküste sowie in SH
etwa nordöstlich des Kanals zeitweise schauerartig verstärkt regnet. Besonders
über dem Meer könnte auch mal ein Gewitter eingelagert sein.
Der Südwestwind dreht mit Annäherung eines Bodentroges etwas zurück, wodurch er
an der ostfriesischen Küste (ablandige Komponente) etwas abnimmt, während er am
Gestade von SH und den vorgelagerten Inseln warnwürdig bleibt (7 Bft).
Im größten Teil des Landes gestaltet sich die Nacht unter dem Einfluss von Hoch
PERRYMAN (nicht zu verwechseln mit "Don´t play the FERRYMAN" vom altehrwürdigen
Chris de Burgh) ruhig, frisch und im Süden stellenweise neblig.

Sonntag ... zeigt die Frontalzone leichte Mäandrierungstendenzen, ohne aber
gänzlich aus dem Ruder zu laufen. Impulsgeber ist ein flacher, aber recht breit
angelegter KW-Trog, der von Westen her auf UK/Irland zuzieht. Stromab steigt das
Potenzial geringfügig an, was bei uns ein leichtes, aber wirklich nur leichtes
Aufwölben der westlichen Höhenströmung zur Folge hat. Dadurch wird aber das
umfangreiche Bodenhoch PERRYMAN gestützt, das am Sonntag nach wie vor weite
Teile des Landes im Griff hat, auch wenn es seinen Schwerpunkt geringfügig nach
Osten verlagert.
So scheint in der gesamten Südhälfte ebenso wie im Osten häufig die Sonne von
einem meist nur locker bewölkten Himmel. Dadurch kann sich die gealterte,
ursprünglich aus subpolaren Breiten eingeflossene Meeresluft diabatisch erwärmen
auf Maxima zwischen 24 bis 28°C mit den höchsten Werten im Süden; im Bergland
bleibt es freilich etwas frischer.
Die Schwachstelle im antizyklonalen Konstrukt liegt nach wie vor im Nordwesten,
der zusehends in den Dunstkreis eines namenlosen Tiefs gelangt, das am Mittag
knapp westlich der Färöers (gestern übrigens mit einem klaren 3:1 vs. Malta
erfolgreich) aufschlägt. Sein Frontensystem spannt einen Warmsektor auf, der
weite Teile der Nordsee überdeckt und in dem es über See, an der Küste sowie im
nördlichen SH zu weiterem Regen oder Nieselregen kommt. EURO4 zaubert dabei
sogar punktuell mehr als 5mm/12h aus dem Hut, während sich andere Modelle
sparsamer geben. Tatsache ist, dass der Südwestwind an der Nordsee zwar nicht
einschläft, sich aber soweit abschwächt, dass die untere Warnschwelle 7 Bft
nicht erreicht bzw. überschritten wird.

In der Nacht zum Montag erreicht der o.e. KW-Trog die Nordsee, wobei er mit
einem Bodentrog korrespondiert, der die Fortsetzung des nördlich an Schottland
vorbeiziehenden Tiefdruckgebietes darstellt. Die dazu gehörende Kaltfront bleibt
zunächst noch außen vor und wird erst tagsüber ein Stück landeinwärts
marschieren.
Mit dem Trog gelangt nun wieder etwas Höhenkaltluft über die Deutsche Bucht,
wodurch dort mit diabatischer Unterstützung von unten konvektive Umlagerungen in
Form von Schauern und einzelnen Gewittern in Gang kommen. Der meiste dabei
erzeugte Regen fällt sprichwörtlich ins Wasser, bei der südwestlichen
Grundströmung kann der eine oder andere Schauer, vielleicht auch mal ein
Gewitter durchaus das schleswig-holsteinische Festland treffen, einzelne Böen 7
Bft gratis dazu. Ob es abseits der Konvektion, also rein aus dem Gradienten
heraus, auch für steife Böen 7 Bft reicht, ist eher gering wahrscheinlich.
Definitiv windschwach bleibt es im größten Teil Deutschlands, wo Altmeister
PERRYMAN nichts anbrennen lässt außer einigen dichteren Wolken im Nordwesten. Im
Süden bildet sich stellenweise wieder Nebel, das war´s.

Montag ... schwenkt der KW-Trog mit moderater Höhenkaltluft (T500 um -20°C) über
den äußersten Norden hinweg ostwärts. Dabei werden weitere Schauer und einzelne
Gewitter generiert, die wahrscheinlich aber nur ein kleines Stück weit ins
Binnenland ausgreifen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass besagte
Kaltfront (das Tief selbst biegt Richtung Norwegische See ab) im Tagesverlauf
immer tiefer ins nord- und westdeutsche Binnenland eindringt. Mangels Support
aus der Höhe - der Trog entfernt sich ja gen Osten - wird sich die Passage im
Wesentlichen durch dichtere Bewölkung und einen leicht böig auflebenden, aber
nicht warnwürdigen Südwestwind (lediglich an der See ein paar 7er-Böen) und
weniger durch Regen bemerkbar machen. Postfrontal gelangt ein frischer Schwall
maritimer Subpolarluft insbesondere in den Nordwesten, wo die 850-hPa-Temperatur
bis zum Abend auf rund 5°C zurückgeht.
Während die frontale Bewölkung etwa bis in den nördlichen Mittelgebirgsraum
vorankommt, bleiben der gesamte Süden, aber auch Teile Ostdeutschlands und der
Mitte davon unbeeindruckt. Unter neutraler westlicher Höhenströmung hält sich
vergleichsweise hoher Luftdruck, der für sonnige oder nur locker bewölkte und
trockene Verhältnisse mit hochsommerlichem Flair sorgt. Bei T850-Werten von 10
bis 14°C steigt die 2m-Temperatur auf satte 25 bis 29°C, am Oberrhein lokal auf
nahe 30°C, so dass die ohnehin schon bemerkenswerte Jahresbilanz der Sommertage
noch etwas Zuwachs erhält.
Nicht ganz so warm wird es freilich im bewölkten Nordwesten, wo es bei 19 bis
24°C nicht für einen Sommertag reichen wird.

In der Nacht zum Dienstag wölbt sich von Südwesteuropa her ein flacher
Höhenrücken auf, durch den sich die Bodenhochdruckzone etwas kräftigt. Ihre
zonal ausgerichtete Achse verbleibt aber über Süddeutschland, wo es meist
aufklart und sich stellenweise Nebel bildet.
Nach Norden hin macht sich allerdings WLA bemerkbar, die den flachen Rücken
überläuft und einige Wolkenfelder induziert, aus denen hier und da auch mal ein
paar Tropfen Regen fallen können. Mit nennenswerten Mengen darf aber nicht
gerechnet werden. Der Südwest- bis Westwind bleibt an der See spürbar, ohne aber
den unteren Warnbereich zu tangieren.

Dienstag ... wölbt sich der Rücken noch etwas weiter auf, wodurch die
Frontalzone bei uns ein kleines Stück nach Norden gedrückt wird. Im nördlichen
Drittel des Landes dauert die WLA an, wobei sich von Westen her die Warmfront
eines kleinen Sturmtiefs nähert, das um 12 UTC mit etwas unter 985 hPa Kerndruck
zwischen Island und Schottland positioniert ist. Folgerichtig bleibt es im
Norden mehr oder weniger stark bewölkt, anfangs mit nur vereinzelt leichtem,
später von den Niederlanden her auch mal mit etwas mehr Regen, ohne dabei aber
auf nennenswerte Mengen zu kommen.
Der Südwestwind nimmt im Laufe des Tages zunächst über und an der Nordsee, zum
Abend hin auch im Bereich der westlichen Ostsee merklich zu und erreicht in der
Spitze Stärke 7-8 Bft, auf offener See sogar 9 Bft - so zumindest die Lesart von
ICON. Externe Modelle sind da deutlich zurückhaltender, was u.a. auch an den um
10 bis 20 Kt niedrigeren 925-hPa-Winden liegt, die bei ICON offensichtlich ein
Stück weit nach unten gemischt werden.
Über jeden Zweifel ergaben bleiben einmal mehr die südlichen Landesteile und
Teile der Mitte, wo sich schwerpunktmäßig über den Alpen eine neuerliche
eigenständige Hochparzelle etabliert, die nichts anderes im Sinn hat als den
Sommer 2018 zu verlängern. So stehen bei reichlich Sonnenschein abermals 25 bis
30°C Höchsttemperatur auf der Karte, während sich der Norden und Nordwesten mit
19 bis 24°C begnügen müssen - was auch nicht schlecht ist angesichts der
Tatsache, dass vor genau einem Jahr (also am 11.9.2017) deutschlandweit gerade
mal 10 bis 17°C gemessen wurden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Richtung passt, die Unschärfen sind gering.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann