DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

06-09-2018 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 06.09.2018 um 10.30 UTC



Übergang zu einem weitgehend antizyklonal geprägten Großwetterlagenmuster
(Mittelding zwischen West antizyklonal (Wa) und Hoch Mitteleuropa (HM)). Dabei
meist ruhiges, überwiegend spätsommerlich geprägtes Wetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 13.09.2018


Zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Sonntag zieht ein vor der Südspitze
Norwegens startendes Höhentief langsam nordwärts, wobei es sich zusehends
auffüllt. Bereits am Abend dürfte es von den Wetterkarten verschwunden und nur
noch als Randtrog erkennbar sein. Südlich davon arbeitet sich die gut
ausgeprägte und ziemlich glatt konturierte Frontalzone vom mittleren
Nordatlantik bis nach Südskandinavien voran, was Norddeutschland an ihren
Südrand bringt.
Im Bodendruckfeld befindet sich eine flache Frontalwelle, die in den Frühstunden
noch über UK liegt, von wo aus sie relativ gemächlich und unter
"Gesichtsverlust" (gemeint ist, dass sie von ihrer ohnehin nicht sonderlich gut
ausgeprägten Wellenform noch weiter einbüßt) in Richtung Nordsee bzw. Jütland
zieht. Dabei beeinflusst sie besonders Nordwestdeutschland mit dichterer
Bewölkung und auch etwas Regen (am ehesten zur Nordsee hin), auch wenn keine
wirkliche Frontpassage ansteht (T850 bei 7/8°C => mäßig warme Bedingungen).
Der Süden und weitgehend auch die mittleren Landesteile werden hingegen
antizyklonal beeinflusst, liegen sie doch inmitten einer langgestreckten
Hochdruckzone, die ausgehend vom Azorenhoch (das mit seinem Zentrum tatsächlich
auch unweit der Azoren liegt) bis in den Nordwesten Russlands reicht. Bei 850
hPa-Temperaturen von 9 bis 13°C wird es spätsommerlich warm.

Zu Beginn der neuen Woche steigt das Potenzial von Südwesten her langsam aber
stetig an. Dabei wird die Frontalzone zunächst in kleinen Schritten nach Norden
gedrückt, bevor sich ab Dienstag über Mitteleuropa respektive Deutschland sogar
ein flacher Rücken aufwölbt. Dieser sorgt für eine Kräftigung besagter
Hochdruckzone, die sogar in die Bildung eines eigenständigen und recht
umfangreichen Bodenhochs mit über 1025 hPa mündet (Großwetterlagenmuster HM
Hoch Mitteleuropa). Etwaige Wellenstörungen, die von der Frontalzone ostwärts
gesteuert werden, laufen über die nördliche Nordsee und Südskandinavien hinweg,
von wo aus sie nur noch einen sehr peripheren Einfluss auf Norddeutschland
nehmen. Stattdessen steigt die Temperatur sukzessive an auf Werte zwischen 11°C
an der Küste zu Dänemark und bis zu 16°C am Oberrhein am Dienstagabend -
wohlbemerkt in 850 hPa.

Am Mittwoch und Donnerstag wird es sogar noch wärmer, wenn nämlich das Bodenhoch
seinen Schwerpunkt gen Ukraine respektive Schwarzes Meere verlagert.
Entsprechend stellt sich bei uns eine südliche Strömungskomponente ein, die zum
vorherigen Absinken nun auch noch eine advektive Komponente zur Erwärmung
beisteuert. Bis Donnerstagmittag steigt die 850-hPa-Temperatur auf rund 14°C in
Norddeutschland und bis zu 19°C im südöstlichen Bayern.
Eine über UK auf der Lauer liegende Kaltfront wird durch die Bildung eines
flachen Tiefs über der Nordsee zunächst noch aufgehalten und letztlich wohl erst
am späten Donnerstag oder in der Nacht zum Freitag auf den Vorhersageraum
übergreifen, wobei ihr ein flacher Kurzwellentrog in der Höhe folgt.

In der erweiterten Mittelfrist ab Freitag gelangen wir vorübergehend auf die
Vorderseite eines sich über dem nahen Ostatlantik etablierenden Troges, der dann
im Laufe des Wochenendes auf unseren Raum übergreift. Kurzum, nach einer bis
dato überwiegend antizyklonal geprägten Woche (kleine Ausnahmen im äußersten
Norden) deutet sich ab Donnerstag ein wechselhafterer Witterungsabschnitt an,
ohne jetzt schon die Details zu kennen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf von IFS (ECMF) von heute 00 UTC zeigt gegenüber seinen
jüngsten Vorgängern zwar keine vollkommen abweichende Entwicklung. Trotzdem
treten gewisse, z.T. nicht unerhebliche Unterschiede auf, so dass der Konsistenz
nur das Attribut "mäßig" attestiert werden kann.
Vereinfacht lässt sich konstatieren, dass die bisherigen Modellläufe ab dem
Wochenende die Umstellung hin zum Großwetterlagenmuster Wa (West antizyklonal
oder umgangssprachlich auch nördliche Westlage) simuliert haben. Die heutige
Version hingegen sieht die nächste Woche in Mitteleuropa respektive Deutschland
tendenziell antizyklonaler, was dem GWL-Muster HM (Hoch Mitteleuropa) wesentlich
näher kommt.
Die Folgen wären vor allem in Norddeutschland zu spüren mit mehr Sonne, etwas
höheren Temperaturen und deutlich weniger Regen. Zudem würde die für nächsten
Donnerstag apostrophierte Trog- bzw. Kaltfrontpassage 12 bis 24 Stunden später
und wohl auch nur halbherzig (nicht bis nach Süddeutschland durchgreifend)
erfolgen.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim Modellvergleich sieht IFS vor allem ICON und UKMO an seiner Seite, während
die transatlantische Fraktion (bestehend aus dem amerikanischen GFS und dem
kanadischen GEM) eher beim zonaleren Muster Wa bleibt. Auf die Diskussion von
Details wird an dieser Stelle bewusst verzichtet, gehören doch Phasen- und
Timingunterschiede bzw. -wechsel zum traditionellen täglichen Geschäft, dem
naturgemäß nicht zu viel Gehirnschmalz gewidmet werden sollte. Nur so viel, die
von IFS erst für Donnerstag/Freitag anvisierte Kaltfrontpassage wird von GFS
schon am Mittwoch gesehen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen anfangs eine
geringe Streubreite, bevor der Spread im Norden schon am Dienstag (genau
genommen schon am Montag), im Süden hingegen erst am Donnerstag zunimmt. Haupt-
und Kontrolllauf bewegen sich grundsätzlich unweit des oberen Randes der
diversen Kurvenscharen. Hinsichtlich der o.e. Kaltfrontpassage fällt auf, dass
die Mehrzahl der Ensemblemitglieder schneller dran ist als der Hauptlauf,
während er Kontrolllauf noch später dran ist bzw. in der Mitte und im Süden gar
keinen richtigen Durchgang vorsieht. Egal, welche Region man sich herauspickt,
fällt auf, dass Dichte und Intensität der Niederschlagssignale arg zu wünschen
übrig lassen, sprich nennenswerte Regenfälle sind - leider - wohl nicht zu
erwarten.
Die Rauchfahnen von GFS-EPS verlaufen anfangs ebenfalls sehr homogen, bevor sie
am Dienstag/Mittwoch ziemlich stark anfangen zu streuen.
Zurück noch mal zum IFS-EPS, genauer, zu den Clustern. Hier werden für den
Zeitraum T+120...168h (Dienstag bis Donnerstag) lediglich zwei Muster angeboten
(29 und 22 Fälle). Der Haupt- und Kontrolllauf werden CL 2 zugeordnet, der das
flache Aufwölben eines Höhenrückens über Mitteleuropa zeigt. CL 1 hingegen
favorisiert wie die Vorläufe auch eine zonale Strömungskonfiguration der Marke
Wa (West antizyklonal). Ab Freitag (T+192...240h) erhöht sich die Zahl der Cluster
auf vier (15, 14, 14+KL, 8+HL Fälle), die mehrheitlich antizyklonal gefärbt
sind.

FAZIT: Der von IFS (deterministisch) zunehmend auch für Norddeutschland
simulierte Hochdruckeinfluss wird nicht von allen Modellen und EPS-Lösungen
mitgetragen. Diesem Sachverhalt wird in der offiziellen Vorhersage Rechnung
getragen (=> Norden leicht wechselhaft).
Unklar bleibt, wann genau und ob überhaupt eine Kaltfrontpassage im Laufe der
nächsten Woche erfolgt.


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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Egal wie die Wetterlage letztlich ausfallen wird, sprich, ob es insbesondere im
Norden etwas zyklonaler oder etwas antizyklonaler ablaufen wird, allzu viele
signifikante Wettererscheinungen stehen nicht auf der Karte. Zwar lebt der
südwestliche bis westliche Wind an der Küste mitunter mal etwas stärker auf, die
Wahrscheinlichkeit für Böen 8 Bft (oder gar mehr) ist auf Basis der
deterministischen und probabilistischen Vorhersagen aber sehr gering.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann