DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-09-2018 07:30
SXEU31 DWAV 020800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 02.09.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NEa
Ab dem Abend ganz im Osten/Südosten erste Gewitter mit Starkregen, bis Montag
über die mittleren Landesteile nordwestwärts ausweitend.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... hat sich eine klassische High-over-Low Konstellation über
Mitteleuropa eingestellt: Einem Höhenrücken, der sich über Westfrankreich,
England und die Nordsee hinweg bis nach Südskandinavien erstreckt und dort in
einer sich verstärkenden Höhenantizyklone mündet, steht ein Cut-Off-Tief über
dem Norden Italiens gegenüber, dessen Drehzentrum sich (in 300 bzw. 500 hPa) bis
Montag, 00 UTC allmählich zur Schweiz verlagert. Um dieses Höhentief herum
zirkulieren gegen den Uhrzeigersinn, d.h. über dem Vorhersagegebiet von
Ostsüdost nach Westnordwest, kleine mitteltroposphärische "Störungen" in Form
sehr flacher und kurzwelliger Randtröge, die die durch WLA induzierten, aber nur
schwachen Hebungsprozesse an der Nord- bzw. Nordostflanke des Höhentiefs
zeitweise
unterstützen und verstärken.
Im Bodenfeld bleiben der Norden und Westen Deutschlands heute noch im
Einflussbereich eines kräftigen Hochdruckgebietes über Südskandinavien, so dass
dort im Einflussbereich trockener kontinentaler Luftmassen überwiegend die Sonne
scheint, wobei im Tagesverlauf von Osten her zeitweise lockere Wolkenfelder
durchziehen. Ein Tiefdruckgebiet über dem Golf von Genua kann sich etwas
verstärken, was niedertroposphärisch (bis etwa 850 hPa) zu einer vorübergehenden
Gradientverschärfung über den mittleren Landesteilen führt, ehe sich das Hoch ab
den Nachmittagsstunden ein wenig nach Norden zurückzieht. Somit frischt der Wind
aus Ost bis Nordost auf und in den Kamm- bzw. Gipfellagen der zentralen
Mittelgebirge (grob: Harz, Thüringer Wald, Spessart, Rhön, Taunus) kann es
einzelne Böen Bft 7 bis 8 geben. Ob diese in einer entsprechenden Warnung
münden, muss noch abgewartet werden und hängt davon ab, ob sie wirklich so
verbreitet, wie vom ICON-EU postuliert, auftreten.
Ansonsten weiten sich mit der WLA von Osten her dichtere Wolkenfelder allmählich
nordwestwärts aus, im Vorfeld einer Warmfront begleitet von überwiegend leichten
skaligen Regenfällen (maximal knapp über 5 mm in1 2 Stunden), die sich auf ihrem
Weg nach Westen mit abnehmender WLA abschwächen. Am Nachmittag fällt südöstlich
einer Linie Berlin-Rhön-Südpfalz nur noch gebietsweise leichter Regen. Der
Warmfront, die abends den äußersten Osten/Südosten des Landes erreicht, folgt
auch niedertroposphärisch eine wärmere, aber vor allem auch potenziell instabil
geschichtete Luftmasse. Die spezifische Feuchte und PPW-Werte steigen deutlich
an (auf über 30 mm), dabei werden ab dem späten Nachmittag in der Lausitz, im
östlichen Mittelgebirgsraum und im äußersten Osten Bayerns auch mehrere 100 J/kg
MU-Cape simuliert.
Die Folge sind konvektiv durchsetzte, also schauerartige Niederschläge, die von
Polen und Tschechien her auf die oben genannten Regionen zum Abend hin (je nach
Modell eventuell auch schon am späten Nachmittag) übergreifen. Darin
eingelagerte Gewitter führen lokal eng begrenzt zu Starkregen, wobei Unwetter
aufgrund der nicht allzu geringen Zuggeschwindigkeit die Ausnahme sein dürften,
dennoch nicht komplett ausgeschlossen werden sollten. Welche Regionen genau bis
zum Abend schon betroffen sind, darüber herrscht noch ein wenig Uneinigkeit
innerhalb der Modellwelt. C-D2 legt den Schwerpunkt (auch gestützt durch das
EPS) eher auf den ostbayerischen Mittelgebirgsraum und lässt die Niederschläge
auch erst am späteren Abend einsetzen, AROME dagegen schon etwas früher und
SuperHD simuliert bis zum Abend - ähnlich wie EURO4 - noch keine
Schauer/Gewitter.
Die Temperaturen steigen im Norden und Westen mit der Sonne auf warme 19 bis 24
Grad, unter den dichten Wolken werden ansonsten nur Höchstwerte zwischen 16 und
21 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag "eiert" das Höhentief nach wie vor über der Schweiz
herum und führt von Osten her weiterhin kleinräumige, vor allem in 300 hPa
erkennbare PVA-Maxima in erster Linie über den Südosten und die Mitte des
Vorhersagegebietes hinweg westnordwestwärts. Das Bodenhoch zieht sich noch ein
wenig weiter nach Nordosten zurück und von Osten her weitet sich eine flache
Tiefdruckrinne bis etwa nach Nordbayern aus. Die potenziell instabile Luftmasse
kann sich im Laufe der Nacht in einem recht breiten Streifen vom Norden und
Osten Bayerns und der Lausitz über die mittleren Landesteile nordwestwärts bis
ins nördliche Niedersachsen ausweiten. Dabei korreliert sie am Boden mit einer
leichten Konfluenzzone, an der sich die stärksten Hebungsprozesse abspielen.
Innerhalb dieses Korridors breiten sich die schauerartigen Niederschläge im
Laufe der Nacht allmählich nordwestwärts aus, wobei auch einzelne Gewitter
eingelagert sein können (mehrere 100 J/kg MU-Cape stehen zur Verfügung), die bei
nach wie vor hohen PPW-Werten von über 30 mm lokal eng begrenzt von Starkregen
begleitet werden können, über deren genaue Verteilung aber Modelunsicherheiten
bestehen. C-D2-EPS gibt allerdings kaum Hinweise auf Starkregen, am ehesten noch
im Erzgebirge.
Nordöstlich und südwestlich dieses Korridors kann es noch etwas regnen, während
es im Südwesten und Süden des Landes sowie im äußersten Nordosten/Norden wohl
trocken bleibt. Vor allem im Süden kann sich - vorausgesetzt, die Wolken lockern
etwas auf - örtlich Nebel bilden.

Montag... verlagert sich das Drehzentrum des Höhentiefs leicht nach Osten, es
bleibt dem Alpenraum aber treu. Die Höhenantizyklone über Südskandinavien
verlagert ihren Schwerpunkt hingegen etwas nach Nordosten, nach Finnland (in 500
hPa), während weiter östlich bis zum Abend ein Höhentief über dem Baltikum
abtropft.
Im Bodenfeld weitet sich die Tiefdruckrinne quer über die Mitte des Landes
nordwestwärts bis zum Münsterland/Emsland aus, während das Hoch seinen
Schwerpunkt nach Nordosteuropa verlagert. Am Nordrand der Rinne gelangt in den
Nordosten des Landes wieder zunehmend warme, leicht labil geschichtete Luft, für
Schauer/Gewitter ist diese aufgrund ihres kontinentalen Ursprungs aber wohl zu
trocken (PPW-Werte sinken im Tagesverlauf auch auf deutlich unter 30 mm). Somit
scheint dort bei an der Ostsee etwas auffrischendem Nordostwind immer häufiger
die Sonne und bei 12 bis 14 Grad in 850 hPa werden Höchstwerte zwischen 24 und
28 Grad erreicht. Südwestlich daran anschließend, vom Erzgebirge und
Nordostbayern über den zentralen Mittelgebirgsraum bis in den Wesen/Nordwesten
des Landes (wie weit genau nach Westen, darüber herrschen nach wie vor noch
kleinere Modelldifferenzen) überlappen Feuchte und Labilität der Luftmasse noch
am besten, wobei die PPW-Werte nach wie vor die 30 mm, teilweise auch die 35 mm
überschreiten, bei allerdings mangels Einstrahlung nur sehr mäßiger ML-Cape von
maximal 500 J/kg (höchste Werte meist im Erzgebirge/Vogtland). In diesem
Korridor ist nach wie vor gebietsweise mit schauerartigen, teils gewittrigen
Regenfällen zu rechnen, wobei lokal eng begrenzt der Starkregen Thema bleibt.
Die höchsten Niederschläge werden über dem Vogtland und Ost- bzw. Mittelbayern
(vor allem AROME) bis in den zentralen Mittelgebirgsraum simuliert (GFS hat
wieder mal regelrechte "Gewitterteppiche" über NRW hinweg bis an die Westgrenze
auf der Karte, was aber übertrieben scheint).
Neben dem Nordosten befinden sich auch der Südwesten und Süden im
Einflussbereich stabilerer Luftmassen mit einer recht markanten Inversion in
etwa 800 bis 750 hPa. Allerdings ist dort die Luftmasse in der Grundschicht
relativ feucht, so dass sich, sollte die anfänglich vielerorts dichte
hochnebelartige Bewölkung mal auflockern, rasch wieder Quellwolken bilden, die
an der Inversion "breitlaufen". Niederschläge werden dabei allerdings kaum bis
keine simuliert, insgesamt steht aber ein bewölkter Tag ins Haus. Bei
Temperaturen in 850 hPa zwischen 14 Grad im Nordosten und 9 Grad im Südwesten
wird es allerdings auch im Süden wieder etwas wärmer und somit werden auch in
den bewölkten Regionen immerhin Höchstwerte zwischen 18 und 24 Grad erreicht.

In der Nacht zum Dienstag zieht sich das Höhentief weiterhin nur sehr langsam
ostsüdostwärts zurück und verlagert sein Drehzentrum nach Ungarn. Somit ist das
Höhenfeld vor allem über Norddeutschland wieder zunehmend antizyklonal
konturiert.
Im Bodenfeld kann die trockene Festlandsluft von Nordosten her etwas nach
Südwesten an Raum gewinnen, so dass die Tiefdruckrinne sich ein wenig
zurückzieht und auch geringfügig auffüllt. Sie erstreckt sich Dienstagfrüh in
etwa von Ostbayern bis nach NRW, wobei die Labilitätswerte der Luftmasse im
Bereich der Rinne etwas zurückgehen (PPW meist um 30 mm, MU-Cape kaum mehr
vorhanden). Dort muss nach wie vor gebietsweise mit schauerartigen
Niederschlägen gerechnet werden, wobei die Wahrscheinlichkeiten für Starkregen
weiter zurückgehen (am ehesten noch in Ost- und Mittelbayern).
Im Nordosten und Norden bleibt es dagegen meist trocken und teils auch gering
bewölkt, lediglich im Ostseeumfeld ziehen morgens von Nordosten wieder dichtere
Wolken auf, die mit dem Höhentief über dem Baltikum in Zusammenhang stehen.
Sonst überwiegen die Wolken und nur im Südwesten gibt's vielleicht mal größere
Lücken, wobei sich dann Nebel bilden kann.


Dienstag... zieht sich das Höhentief allmählich Richtung Balkan zurück, das
Höhentief über dem Baltikum bleibt dagegen quasistationär. Rückseitig kann sich
ein Höhenrücken über Nordwestfrankreich und Benelux etwas verstärken und weitet
sich nach Westdeutschland aus. Über die Nordsee hinweg verlagert sich im
Tagesverlauf ein Kurzwellentrog hinweg nordostwärts, wobei ein flacher
Troganteil abtropft, von Norden her in den Höhenrücken läuft, sich dabei zwar
abschwächt, aber vor allem im äußersten Westen/Nordwesten des Landes eventuell
noch etwas Hebung generieren kann, was im Hinblick auf die zu erwartenden
(konvektiven) Niederschläge dort eventuell von Bedeutung sein kann.
Die Bodentiefdruckrinne kommt mit ihrem Ostteil noch geringfügig nach Süden
voran, so dass sie eine etwas meridionalere Ausrichtung annimmt und sich von
Ostbayern über die Mitte des Landes bis etwa ins Westmünsterland/Emsland
erstreckt. Die Luftmasse innerhalb der Rinne ist weiterhin leicht labil
geschichtet mit PPW-Werten von etwa 30 mm bei einer ML-Cape von 200 bis 500 J/kg
am Nachmittag. In ihrem Einflussbereich bleibt es weiterhin meist stark bewölkt
und gebietsweise gibt es schauerartige Niederschläge, Gewitter nicht
ausgeschlossen. Das Starkregenpotenzial geht noch etwas zurück, Hinweise darauf
gibt es am ehesten in Ost- und Nordbayern, aber eventuell auch ganz im Westen
(wenn der oben genannte Troganteil wirksam werden kann, was von Modell zu Modell
noch unterschiedlich simuliert wird).
Im Nordosten kann sich die trockene Luft noch etwas weiter nach Westen und vor
allem nach Süden ausweiten, wobei am Südwestrand des baltischen Höhentiefs die
Temperatur in 850 hPa dort auf etwa 10 bis 12 Grad zurückgeht, die Wolkenfelder
an der Ostsee allerdings größere Auflockerungs- bzw. Auflösungstendenzen zeigen.
Somit scheint etwa von der Wesermündung bis zum Erzgebirge häufig die Sonne bei
sommerlichen 23 bis 28 Grad, an der Ostsee bei frischem Nordostwind vielleicht
etwas darunter. Im übrigen Land bleibt es wolkig, vor allem im westlichen
Mittelgebirgsraum und in Ostbayern auch stark bewölkt. Je nach Sonne werden in
diesen Regionen bei etwa 12 bis 13 Grad in 850 hPa Höchstwerte zwischen 20 und
26 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumigen Basisfelder von Luftdruck und Geopotenzial unterscheiden sich
im Kurzfristzeitraum kaum zwischen den Modellen. Wie im Text bereits
angesprochen, laufen die Modelle bzgl. der Verteilung und auch Intensität der
konvektiven Niederschläge bereits ab heute Abend etwas auseinander. Grob lässt
sich aber festhalten, dass ab der kommenden Nacht und vor allem morgen die
südöstlichen und mittleren Landesteile im Fokus stehen, was eventuellen
Starkregen (ob mit oder ohne Gewitter, meist aber wohl mit) angeht.
Großflächigere Ereignisse sind aber nicht zu erwarten und auch die
Unwettergefahr bleibt aufgrund der limitierten Labilität fast vernachlässigbar.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff