DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-06-2016 21:00
SXEU31 DWAV 091800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 09.06.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An den Küsten vorübergehend stürmische Böen. Am Wochenende im Süden Starkregen,
teils mit Gewittern, möglich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Südwestflanke eines umfangreichen
und hochreichenden Tiefdruckgebietes mit Drehzentrum in 300 bzw. 500 hPa in etwa
über Karelien unterhalb einer recht kräftigen nordwestlichen Höhenströmung. Das
Drehzentrum des Höhentiefs zeigt zunächst kaum Verlagerungstendenz, das
zugehörige, nahezu achsensenkrecht zum Höhentief liegende Bodentief schwächt
sich im Laufe der Nacht allmählich ab.
Weiter westlich kommt ein schmal angelegter, von Südwestfrankreich über die
Britischen Inseln bis nach Island reichender Höhenrücken vor allem mit seinem
Südteil allmählich ostwärts voran und befindet sich Freitagfrüh über
Zentralfrankreich.
Ein in die nordwestliche Höhenströmung eingebetteter kurzwelliger Randtrog hat
inzwischen die Alpen südwärts überquert und ist über Italien ausgetropft. Die
mit ihm in Verbindung stehenden Hebungsprozesse beeinflussen heute Abend anfangs
noch den bayerischen Alpenraum, klingen aber im Laufe der Nacht rasch ab.
Im Bodenfeld überquert die mit dem Kurzwellentrog korrespondierende Kaltfront
des Tiefs über Karelien im Laufe der Nacht die Alpen. Ihr folgt kühlere, aber
vor allem deutlich trockenere Meeresluft, so dass die Niederschläge dort im
Laufe der ersten Nachthälfte rasch nachlassen und die entsprechenden Warnungen
vor Dauerregen nicht mehr verlängert werden müssen.
Vor allem über West- und Südwestdeutschland und über den mittleren Landesteilen
verstärkt sich mit Annäherung des oben genannten Höhenrückens auch im Bodenfeld
der Hochdruckeinfluss ein wenig, wobei die dort teilweise noch vorhandene tiefe
Bewölkung stärker auflockern dürfte. Dann kann sich dort gebietsweise Bodennebel
bilden.
Die Nordosthälfte gerät dagegen zunehmend in den Einflussbereich eines sich im
Lee des Norwegischen Gebirges vertiefenden und bis Freitagfrüh nach Südschweden
ziehenden Tiefdruckgebietes. Dadurch verschärft sich dort der Druckgradient und
der Wind frischt deutlich aus Nordwest auf. Entlang der schleswig-holsteinischen
Nordseeküste sowie entlang der gesamten Ostseeküste bis ins vorpommersche
Binnenland kann es dabei starke Windböen (Bft. 7) geben, in exponierten
Küstenlagen auch stürmische Böen (Bft. 8). Zudem ziehen dort auch dichtere
Wolkenfelder auf, für Regenschauer sollte es aber nicht reichen.

Freitag ... wird der Höhentrog über Skandinavien in seinem Westteil regeneriert,
wobei sich bis zum Abend ein neues Drehzentrum über der mittleren Ostsee
ausbildet. Somit kann sich vor allem über dem Nordosten des Landes die
nordwestliche Höhenströmung vorübergehend noch etwas verstärken. Dabei kommt es
vorderseitig der abends über Südschweden bis nach Dänemark reichenden Trogachse
über Nordostdeutschland PVA-induziert zu Hebungsprozessen, die aber durch KLA
gedämpft werden. Vor allem GFS simuliert dort - und in den östlichen
Mittelgebirgen - auch einzelne kurze Schauer, die aber keine nennenswerten
Mengen bringen und ungewittrig bleiben sollten, andere Modelle lassen es aber
komplett trocken.
Der nur noch recht flache Höhenrücken über Frankreich kommt noch ein wenig nach
Südwestdeutschland voran, wird aber auch von Westen her mit Übergreifen eines
Troges auf Westfrankreich wieder abgebaut.
Im Bodenfeld verlagert sich das Tief über der mittleren Ostsee allmählich
ostwärts Richtung Baltikum, die Kaltfront überquert die Osthälfte Deutschlands,
wodurch der Gradient über dem Nordosten allmählich beginnt aufzufächern. Bis zum
Nachmittag kann es dort aber noch starke Böen, in exponierten Küstenabschnitten
auch stürmische Böen aus Nordwest geben, dann nimmt der Wind ab, zuletzt in den
Abendstunden an der vorpommerschen Küste.
Ansonsten dominiert aber schwacher Hochdruckeinfluss und störungsfreies Wetter,
wobei sich die Sonne am häufigsten im Südwesten zeigen dürfte, während in den
Nordwesten von der Nordsee her zeitweise auch dichtere Wolken landeinwärts
driften.
Die Temperaturen steigen im Norden auf 15 bis 20 Grad, sonst werden 18 bis 23
Grad erreicht, am Oberrhein stellenweise auch bis nahe 25 Grad.

In der Nacht zum Samstag gelangt der Südwesten Deutschlands mehr und mehr in den
Einflussbereich des sich nur langsam nach Osten verlagernden, aber zunehmend
abflachenden Troges über Frankreich, der vorgelagerte flache Höhenrücken wird
mehr oder weniger "abgehobelt". Der umfangreiche Höhentrog über Nordeuropa
verlagert sein Hauptdrehzentrum derweil ins Baltikum, die Trogachse erreicht
Samstagfrüh das mittlere Polen und reicht bis nach Brandenburg, erweist sich
aber weiterhin als kaum wetterwirksam, nennenswerte Niederschläge werden keine
simuliert.
Im Bodenfeld kann sich das Tief über dem Baltikum noch etwas vertiefen, die kaum
wetteraktive Kaltfront kommt aber über der "südlichen Mitte" Deutschlands kaum
mehr nach Süden voran. Ihr folgt ein Schwall kontinentaler Polarluft mit
Temperaturen zwischen +1 und +4 Grad in 850 hPa im Nordosten. Bei klarem Himmel
kann in ungünstigen Lagen dort Bodenfrost nicht ausgeschlossen werden.
Aufgrund schwacher Hebungsprozesse vorderseitig des oben angesprochenen Troges
über Frankreich setzt im Südwesten und Süden Deutschlands leichter Druckfall ein
und von Zentralfrankreich weitet sich eine flache Tiefdruckrinne bis dorthin
aus, wodurch der Südwesten allmählich wieder in den Einflussbereich potentiell
instabiler Luftmassen gerät. Im Laufe der zweiten Nachthälfte können dort somit
wieder schauerartige Regenfälle einsetzen, auch kurze Gewitter sind nicht
ausgeschlossen. Warnwürdige Mengen werden aber wohl keine erreicht.
Ansonsten verläuft die Nacht aber weitgehend ruhig und warnfrei, im Norden und
Nordosten ist der Himmel vielerorts klar oder nur gering bewölkt, wobei sich
hier und da etwas Nebel bilden kann.

Samstag ... verlagert sich der flache Höhentrog nach Süddeutschland. Das
Höhentief über dem Baltikum kommt ebenfalls etwas nach Osten voran. Ein flacher
Höhenrücken zieht bis zum Abend von den Britischen Inseln zur Nordsee.
Im Bodenfeld weitet sich die Tiefdruckrinne über dem Südwesten noch weiter nach
Süddeutschland aus und kommt mit ihrer Achse ein wenig nach Nordosten voran.
Somit kann sich auch die potentiell instabile Luftmasse etwas nach Norden und
Osten ausweiten. Schwache Hebungsprozesse im Trogbereich führen - unterstützt
durch das leicht konvergente Windfeld im Bereich der Tiefdruckrinne - zu
schauerartigen Regenfällen vor allem südlich der Achse vom Schwarzwald bis zu
den Alpen und zu einzelnen Schauern und Gewittern im nördlichen Bereich der
Rinne. Die ppw-Werte steigen auf 23 bis 28 mm, im Südwesten auch bis auf 30 mm,
so dass stellenweise Starkregen möglich ist, nach Süden zu eher im
sechsstündigen Bereich, innerhalb der Gewitter dagegen in kurzer Zeit. Wie weit
diese Luftmasse nach Norden vorankommt, ist noch unsicher, bildet man ein Mittel
zwischen den einzelnen Modelllösungen, dürfte es in etwa bis zu einer Linie
Eifel - Fichtelgebirge sein. Markiert wird diese Luftmassengrenze durch die
Kaltfront des Tiefs über dem Baltikum bzw. knapp östlich davon.
Nördlich der Kaltfront, also nach Nord- und Ostdeutschland, gelangt am Rande
eines sich allmählich verstärkenden Bodenhochs über der südlichen Ostsee von
Nordosten her nach wie vor kontinentale Polarluft, die sich aber nicht zuletzt
aufgrund der sehr niedrigen Taupunkte rasch erwärmen kann. Dort scheint
überwiegend die Sonne.
Die Höchstwerte bewegen sich meist zwischen 17 und 22 Grad, bei länger
anhaltenden Regenfällen im äußersten Süden und bei auflandigem Wind an der
Ostseeküste bleibt es kühler.

In der Nacht zum Sonntag kommt die flache Tiefdruckrinne vor allem mit ihrem
Westteil etwas weiter nach Nordosten voran, das Ostseehoch verlagert sich nach
Polen, so dass die Bodenströmung mehr auf Südost dreht.
Im Bereich der Rinne kommt es vor allem im äußersten Süden zu weiteren
schauerartigen Regenfällen, wobei der konvektive Anteil tagesgangbedingt
abnimmt, die einzelnen Gewitter im nördlichen Bereich der Rinne also im Laufe
der Nacht abklingen. Die höchsten Regenmengen werden mit 5 bis 10 mm, punktuell
auch bis an die 20 mm in 12 Stunden etwa an den Alpen und im Alpenvorland
simuliert, wobei lokal eng begrenzt nicht ausgeschlossen ist, dass die
Warnkriterien für Starkregen überschritten werden.
Im Norden und Osten bleibt es dagegen überwiegend gering bewölkt oder wolkenlos
und somit können die Temperaturen in der trockenen Luftmasse trotz der
Jahreszeit wieder kräftig zurückgehen. Ob es in ungünstigen Lagen, z.B. in
einigen Erzgebirgstälern, noch einmal für Bodenfrost reicht, ist aber fraglich.

Sonntag ... verlagert sich der flache Höhentrog über Süddeutschland weiter
ostwärts, gefolgt von einem ebenso flachen Höhenrücken. Bereits am Mittag und
Nachmittag geraten der Westen und Südwesten aber bereits wieder auf die
Vorderseite eines weiteren Troges, der von Westen her auf Benelux übergreift,
wobei es dort vor allem aufgrund von PVA zu stärkeren Hebungsprozessen kommt.
Im Bodenfeld schwenkt die Tiefdruckrinne über der Südhälfte rasch ostwärts,
während sie sich über Westdeutschland etwas vertieft und somit eingebremst wird.
Insgesamt verläuft die Rinne nach Lesart der deutschen Modellkette, aber ähnlich
auch nach GFS und ECMWF, vom Emsland bis nach Sachsen. Insgesamt verstärkt sich
die Zufuhr potentiell instabiler und bodennah feuchter Luft dorthin, die
ppw-Werte steigen allgemein auf 25 bis 30 mm, wobei im Westen und Süden eine
ML-Cape von etwa 100 bis 400 J/kg simuliert wird. Unterstützt durch die
trogvorderseitigen Hebungsprozesse und durch das konvergente Windfeld im Bereich
der Rinne führt dies zu schauerartigen, teils auch mit Gewittern durchsetzten
Regenfällen, wobei es vor allem in den westlichen und südwestlichen
Mittelgebirgen modellseitig auch Hinweise auf Starkregen gibt. Vor allem am
Nordostrand der Rinne kann es - etwas Einstrahlung vorausgesetzt - zur
Ausbildung einzelne kräftigerer Gewitter mit Starkregen, kleinkörnigem Hagel und
stürmischen Böen kommen. Die Unwetterkriterien dürften aber aus aktueller Sicht
kaum erreicht werden.
Die Luftmassengrenze zur deutlich trockeneren Luft weiter östlich dürfte in etwa
bis in die Region zwischen Weser/Werra und Elbe vorankommen, nach wie vor
bestehen diesbezüglich leichte Modellunsicherheiten. Nordöstlich davon bleibt es
überwiegend sonnig oder locker bewölkt und trocken.
Die Temperaturen steigen - je nach Sonne - auf 17 bis 23 Grad. In Regionen mit
länger anhaltenden Regenfällen bleibt es kühler.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren im Kurzfristbereich eine der deutschen
Modellkette sehr ähnliche Wetterentwicklung. Unsicherheiten bzgl. des
Vorankommens der Tiefdruckrinne nach Nordosten am Wochenende wurden bereits im
Text beschrieben.
COSMO-LEPS zeigt geringe Wahrscheinlichkeiten für Regenmengen über 25 mm in 12
Stunden lediglich an den Alpen. Dennoch sind vor allem im Westen und Süden am
Wochenende lokale Starkregenereignisse denkbar, die aber kaum oder höchstens
ganz vereinzelt Unwetterkriterien genügen dürfte. Eine großräumigere
Unwettersituation steht also nicht ins Haus.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff