DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-08-2018 08:01
SXEU31 DWAV 210800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.08.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM

Viel Sonne und im Süden teils heiß, ab Donnerstag wechselhafter und von
Nordwesten kühler.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... liegt Deutschland auf der Vorderseite eines flachen, langgestreckten
Rückens in 500 hPa, dessen Achse von Süd nach Nord über die Britischen Inseln
verläuft. Im weiteren Tagesverlauf sowie in der Nacht zu Mittwoch kommt der
Rücken recht rasch nach Osten voran. Während sich seine Achse am Abend von der
Nordsee über Südnorwegen bis zum Nordmeer erstreckt, überquert sie in der Nacht
weite Teile Deutschlands und erreicht in etwa eine Linie Niederbayern - Lausitz
- westliche Ostsee. Damit gelangt der Westen unseres Landes allmählich auf die
Vorderseite eines Langwellentroges, der in der Nacht schon auf Irland und
Großbritannien übergreift. Im Bodendruckfeld ist die Situation von einer
Hochdruckbrücke geprägt, die sich von den Azoren über den Norden Frankreichs bis
nach Deutschland und über die Nordsee ausdehnt und für eine schwachgradientige
und damit windschwache Konstellation sorgt. Dabei zeichnet sich an ihrer
Nordflanke ein Bodentrog ab, dessen Zentrum über der westlichen zentralen
Nordsee liegt. Dieses wird zwar durch das Absinken in Verbindung mit dem
beschriebenen Höhenrücken ausgefüllt, allerdings macht sich sein Frontensystem
bei uns durchaus bemerkbar. Insbesondere die Warmfront ist im Satellitenbild als
Wolkenband deutlich zu erkennen, welches vom Nordwesten und Westen in östlicher
Richtung bis zur Neiße und weiter nach Polen verläuft. Je nach Modell sollen aus
diesem Gewölk - auf sehr niedrigem Niveau - auch mal ein paar Tropfen fallen,
insbesondere EZMW und GFS tun sich diesbezüglich mit Mengen von 1 bis 2 mm
hervor, wobei es einem schwer fällt, dabei überhaupt von Menge zu sprechen. Die
deutschen Modelle sehen dagegen kaum Regen und könnten damit, zieht man das
Absinken in Betracht, recht gut liegen. Allgemein liegt der zeitliche
Schwerpunkt der möglichen Niederschläge am Vormittag, was auch insofern sinnvoll
erscheint, als das Absinken am Nachmittag für zunehmende Wolkenlücken sorgen
sollte. Intensiver sind die Regenfälle allenfalls auf der Nordsee, wo die
Warmfront in Tiefkernnähe nach Norden gedrückt wird, aber selbst für die
deutsche Nordseeküste sehen die Modelle daraus resultierend nur ein paar wenige
Tropfen.

So wird es insgesamt, in manchen Gebieten erst nach Wolkenauflösung, ein
verbreitet freundlicher Tag mit viel Sonne, etwas zäher halten sich die Wolken
im Nordseeumfeld. Dabei liegen die 850er Temperaturen an der Ostsee nur wenig
über 5 Grad, an den Alpen dagegen bei etwas über 15 Grad. Damit liegen die
Höchstwerte an der Ostsee nur knapp über 20 Grad, südlich des Mains steigen die
Temperaturwerte dagegen verbreitet um oder über 30 Grad und mithin besteht dort
zumindest gebietsweise wieder eine hohe Wärmebelastung. Dabei gilt für den
Alpenrand zusätzlich, dass die dort liegende Luftmasse labil geschichtet und
recht feucht ist. Dabei liegen dort die CAPE-Werte in der Spitze und je nach
Modell etwas unter (z.B. ICON-EU) oder über (z.B. GFS) 1000 J/kg, so dass aus
den Alpen heraus einzelne Gewitter denkbar sind, die bei geringer
Zuggeschwindigkeit und PPW-Werten über 25 l/am bezüglich des Starkregens
durchaus auch in den Unwetterbereich (über 25 mm in kurzer Zeit) kommen können.


In der Nacht ändert sich an der großräumigen synoptischen Situation nichts
grundlegendes, die Reste der Warmfront ziehen nach Nordosten ab, so dass es auch
im Norden meist gering bewölkt oder klar ist. Die 850er Temperaturen steigen
dabei noch ein wenig an. Nebel ist allenfalls vom Niederrhein bis zur Nordsee
möglich, wo mit Taupunkten von um 15 Grad etwas feuchtere Luft vorhanden ist.
Die Tiefstwerte liegen zum Morgen knapp unter 10 Grad an Oder und Neiße, im
Süden und Westen um 15 Grad.

Mittwoch... läuft der Höhenrücken weiter nach Osten, bis zum Donnerstagmorgen
erreicht seine Achse die Grenze der Baltischen Staaten sowie Finnlands zu
Russland. Damit gelangt Deutschland komplett auf die Vorderseite des
atlantischen Langwellentroges, wobei dieser kaum Strecke nach Osten gut macht.
Seine Achse verlagert sich vielmehr sehr zögerlich und greift erst in der Nacht
zu Donnerstag auf Irland über. Das mit dem Langwellentrog korrespondierende Tief
läuft vor der Westküste Norwegens nordwärts. Seine Kaltfront kann zwar in ihrem
nördlichen Teil bis in die Nacht über Norwegen und Schweden bis nach Finnland
vorankommen, über dem Süden Skandinaviens und der Nordsee verlagert sie sich
dagegen sehr zögerlich, was auch dem zögerlichen Trog geschuldet ist. Somit
verbleibt Deutschland unter der Hochdruckbrücke, auch wenn diese von Norden her
im Tagesverlauf auseinander gerissen bzw. abgebaut wird, so dass an ihrer Stelle
zum Abend und in der Nacht eine schwache Tiefdruckrinne von Nord nach Süd über
Deutschland verläuft. Dies ändert aber nichts an dem schwachen Gradienten und
damit der windschwachen Konstellation, allerdings bleibt Deutschland damit auch
im Zustrom subtropischer Warmluft. Bis zum Abend steigen die 850er Temperaturen
auch an der Nordsee über 12 Grad, im Süden erreichen sie sie gebietsweise über
18 Grad. Damit verschärft sich die Hitzesituation nochmals, steigen die
Temperaturen doch auch an den Küsten auf Maxima um 26 Grad, im Süden werden
verbreitet um 33, in der Spitze lokal vielleicht sogar 35 Grad erreicht. Dabei
ist der Wettercharakter vom Südwesten bis in den Nordosten freundlich, speziell
im Nordosten scheint die Sonne fast ganztägig. Im Nordwesten macht sich dagegen
zunehmend die Bewölkung der sich zögerlich annähernden Kaltfront bemerkbar, im
Süden bilden sich dagegen im Tagesverlauf zunehmend Quellwolken.

Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass mit der südwestlichen Strömung die
labil-feuchte Luft nach Norden und Nordosten advehiert wird. Da die hohen
bodennahen Temperaturen auch zunehmend CAPE generieren, stellt sich eine
Situation ein, in der von Südostbayern bis zum Oberrhein mit Gewittern gerechnet
werden muss. In diesem Bereich simuliert ICON-EU Lapse-Rates von unter -0,7
K/100m, die PPWs steigen insbesondere an den Alpen und im Vorland auf Werte über
30 mm (lokal bis 35 mm) an, und die CAPE-ML-Werte liegen in der Region um 1200
J/kg. Dies deckt sich erneut recht gut mit den Ergebnissen anderer Modelle (GFS:
CAPE bis 1400 J/kg, PPW über 30 mm; EZWM: CAPE bis 1500 J/kg). Mit den erhöhten
CAPE-Werten tritt als Begleiterscheinung möglicher Gewitter auch der Hagel
wieder etwas in den Vordergrund, wenngleich die Scherungswerte, wie auch am
Vortag, im Low- wie auch im Deep-Layer-Bereich niedrig sind und damit große
Organisation nicht zu erwarten ist. Somit richtet sich das Hauptaugenmerk weiter
auch den Starkregen, der noch etwas wahrscheinlicher als am Vortag die
Unwetterschwellen von 25 l/qm in kurzer Zeit wird reißen können.

In der Nacht zu Donnerstag kommt die Front über der Nordsee etwas nach Süden
voran, ausgangs der Nacht kann es von Sylt über Helgoland bis nach Borkum in
Zusammenhang mit der Front erste Tropfen geben, womit ausgedrückt werden soll,
dass es praktisch überall noch trocken bleibt - oder trocken wird, wir im Süden,
wo mögliche Gewitter des Tages rasch zusammenfallen. Abgesehen von einzelnen
Nebelfeldern im Nordwesten bleiben Warnungen dann aus, die Tiefstwerte liegen um
15 Grad.


Donnerstag... gewinnt der atlantische Trog an Dynamik und kommt etwas schneller
nach Osten voran. Bis zum Freitagmorgen verlagert sich seine Achse über die
Nordsee und den östlichen Ärmelkanal, die zugehörige Höhenkaltluft erreicht die
niederländische und belgische Küste (ICON), wobei in dieser Region auch im
Thetafeld eine Drängungszone zu erkennen ist (die Drängungszone hat auch EZMW,
wenn auch weiter östlich, im Programm, laut EZMW greift die Höhenkaltluft aber
nicht so weit nach Süden aus). Entsprechend ist dort eine zunehmende
Labilisierung und in der Folge Hebung zu beobachten, die die Modelle mit einem
kräftig konturierten (gewittrigen) Regenband markieren - der zweiten Kaltfront
des zugehörigen Tiefdrucksystems über dem Nordmeer und Skandinavien. In der
vorderseitig dieser Front liegenden fecht-heißen und labilen Luft bildet sich im
Tagesverlauf eine weitere Drängungszone heraus. Sie steht in Verbindung mit
einem flachen Tief, das sich im Tagesverlauf im Nordosten Deutschlands in einem
Bodentrog bildet und allmählich nach Nordosten wandert. Sie trennt vor allem
sehr heiße und feuchte Luft im Südosten und Süden von etwas gemäßigterer Luft im
Norden und Nordwesten, wobei es in ersterer schon ausgangs des Vormittags und am
frühen Nachmittag zu ersten Schauern und Gewittern kommt. Ausgangs der Nacht
verläuft diese - die erste - Front dann laut ICON etwa von der Ostsee in den
Südwesten, laut EZMW liegt sie schon etwas weiter östlich als in der
ICON-Variante, wobei die an ihr modellierten Niederschläge von Modell zu Modell
differieren. Am defensivsten ist diesbezüglich EZMW, das an der Front nur an der
Ostsee Niederschläge generiert und im Landesinneren weitgehend trocken bleibt.
Die Modelle ICON und GFS sind diesbezüglich offensiver und bilden auch in den
Niederschlagsfeldern die Front klar ab, allerdings liegen die 6-stündigen
Regenmaxima (00 bis 06 UTC am Freitag) bei GFS um 3, bei ICON dagegen bei 8 mm.
So oder so: warnwürdig wird das nur in Verbindung mit möglichen eingelagerten,
kräftigen Schauern und Gewittern. Die sind am Tage im Süden und Südosten ohnehin
zu erwarten, sogar bis in den Unwetterbereich, zumindest wird dies z.B. von
ICON-EU mit CAPE-Werte bis zu 2000 J/kg, PPWs bis 38 mm und Lapse-Rates erneut
unter -0,7 K/100m nachdrücklich suggeriert. Diese sehr hohen CAPE-Werte werden
von GFS diesmal nicht angeboten, hier liegen die Maxima nur um 1200 J/kg und
auch die PPW-Werte liegen mit 35 mm etwas unter der ICON-EU-Variante.

Da die Hebung jetzt aus der Höhe dynamisch getriggert ist, fallen die Gewitter
im Süden und Südosten in der Nacht nicht zwangsweise zusammen. Im Gegenteil:
ICON-EU suggeriert in der zweiten Nachthälfte mit Herannahen der Front sogar
nochmals eine Intensivierung der Gewittertätigkeit. Als glaubwürdige Alternative
könnte hier die EZMW-Lösung fungieren, die in der Nacht zu Freitag auf ein
Zusammenwachsen und verwischen der Niederschlagskonturen im Südosten und damit
eher auf Starkregen (warnwürdig??) setzt. Ansonsten fließt in der Nacht in den
Nordwesten in 850 hPa kühlere Luft unter 10 Grad ein, was zu Tiefstwerten um 13
Grad sorgt, während im Süden und Osten (850er Werte über 10 Grad) die
Tiefstwerte meist bei über 15 Grad erwartet werden.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Bis in die Nacht zu Donnerstag simulieren die verschiedenen Modelle die Abläufe
sehr ähnlich, die geringen Unterschiede haben insbesondere keinen Einfluss auf
die Warnstrategie.

Am Donnertag werden die Modellunterschiede größer, insbesondere in Bezug auf die
Niederschlagsverteilung, die Struktur der Front(en) und deren Verlagerung. Die
Unterschiede wurden im Text angesprochen

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas