DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

09-08-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 09.08.2018 um 10.30 UTC



Wechselhaft und relativ warm, zu Beginn der Woche vorübergehend noch mal heiß.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 16.08.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag dominiert
in weiten Teilen Deutschlands antizyklonaler Einfluss. Dabei stützt ein von
Westen anmarschierender, relativ kurzwelliger Höhenrücken ein großräumiges
Bodenhoch, das weite Teile Mitteleuropas überdeckt. Zwar schwächt es sich im
Tagesverlauf durch diabatisch induzierten Druckfall etwas ab, es reicht aber,
weiten Teilen des Landes eine adäquate Sonnenscheindauer und trockenes Wetter zu
garantieren (obwohl wir eigentlich was anderes bräuchten). Allerdings macht sich
in den nördlichen Landesteilen WLA bemerkbar, die mit der Passage einer
Warmfront von Südwesten her in Zusammenhang steht (die Front gehört zu einem
Tiefkomplex über UK/Irland respektive dem nahen Ostatlantik). Die Folge sind
durchziehende, mal mehr, mal weniger dichte Wolkenfelder, aus denen aber kaum
Regen oder Nieselregen fällt. Temperaturmäßig stellt sich ein veritabler
Gradient ein mit 850-hPa-Werten zwischen 6°C auf Rügen und bis zu 18°C im
Bodenseeraum sowie im Allgäu (18 UTC). Entsprechend wird es im besonders im
Süden einmal mehr sehr warm bis heiß, wobei die Gewitterwahrscheinlich gering
bleibt (am ehesten an den Alpen einzelne Zellen.

Zu Beginn der neuen Woche verlagert sich der Rücken etwas nach Osten bzw.
Südosten, bleibt aber in weiten Teilen des Landes wetterwirksam, auch wenn sich
das korrespondierende Bodenhoch immer weiter vom Vorhersageraum entfernt. Grund
für die schleppende Verlagerung des Höhenrückens ist das pomadige Nachrücken
eines markanten Kurzwellentrogs, der am Montag schon abgetropft ist, was
natürlich auf Kosten seiner kinetischen Energiebilanz bzw. seiner Progression
geht. So schleppt sich das Drehzentrum im Laufe des Montags gerade mal von der
Biscaya bis knapp über das westfranzösische Binnenland (Nouvelle-Aquitaine),
während der abgesetzte Nordteil des Troges die Nordsee erreicht. Die
vorgeschaltete Kaltfront - in den Temperatur- und Feuchtefeldern nicht wirklich
gut zu finden - greift erst in der Nacht zum Dienstag auf Deutschland über.
Zuvor wird mit der südlichen Grundströmung nochmalig ein Schwall Heißluft (oh
man, schon wieder) nach Norden verfrachtet, wobei in 850 hPa die 15°C-Isotherme
die Küste erreicht, während im Süden die "Zwanziger" auf der Wetterkarte
erscheint. Hält sich die Gewitterneigung tagsüber noch zurück (südliches
Bergland, später vielleicht äußerster Westen), nimmt sie in der Nacht zum
Dienstag im Norden und Westen zu.

Im weiteren Verlauf bis Donnerstag verlagert sich das abgetropfte Höhentief via
Zentral- und Südfrankreich bis nach Korsika (Donnerstag, 00 UTC), während der
nördliche Troganteil den Vorhersageraum ziemlich langsam ostwärts überquert. Mit
dabei ist ein relativ breit angelegter Bodentrog, in dem die weiterhin nicht
klar strukturierte Kaltfront eingelagert ist, die sich nur langsam und
schleifend mit Gewittern, teils aber auch nicht-gewittrigen Regenfällen
südostwärts verlagert. Dahinter gelangt nur in den Nordwesten am Mittwoch mal
etwas kühlere Luft (T850 etwas unter 10°C), sonst bleibt es mit 10 bis 14°C
ziemlich warm in der unteren Troposphäre.

Ab Donnerstag deuten sich nach nur kurzem Zwischenhocheinfluss der nächste Trog
mit vorgeschalteter Kaltfront an, die zwar wechselhaftes, aber nicht wirklich
kühl temperiertes Wetter generieren würden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz von IFS (ECMF) kann heute nur mit dem Attribut "mäßig" (immerhin
nicht saumäßig) tituliert werden. Zwar wird die Wetterlage ab kommenden Sonntag
nicht völlig neu erfunden - die vom aktuellen 00-UTC-Lauf simulierte großräumige
Druck- und Potenzialverteilung ähnelt schon den Lösungen vorangegangener
Modellrechnungen -, es ergeben sich aber Timingunterschiede, dir durchaus
Einfluss auf den detaillierten Wetterablauf haben.
So erfolgt z.B. die gestern noch für Montag apostrophierte Kaltfrontpassage
nicht nur später (nämlich erst zum Dienstag hin), sie soll auch langsamer
respektive schleifend vonstattengehen (d.h. erst am Mittwoch vollständig
abgeschlossen sein). Der Hauptgrund dafür scheint im Timing und in der
Konfiguration des nachfolgenden Höhentrogs zu liegen, der jetzt erstens etwas
langsamer gerechnet wird und dessen abgetropftes Drehzentrum deutlich weiter im
Süden zu finden ist.
Die Folgen wären u.a. ein höheres Temperaturniveau am Montag und Dienstag (evtl.
auch noch am Mittwoch) sowie eine veränderte Regen- und Gewitteraktivität
(später beginnend, dann aber auch mit Unterschieden in der Verteilung).
FAZIT: Schon ab Montag wird die Detailvorhersage - rein aus Konsistenzgründen
eines einzigen Prognosemodelle - ziemlich unsicher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der Vergleich mit anderen Globalmodellen bringt da - man ist fast geneigt zu
sagen erwartungsgemäß - keine durchgreifende Besserung. Auch hier gilt die
Aussage, dass die wesentlichen synoptischen Systeme überall wiederzufinden sind,
in ihrer Geometrie und ihren Abläufen aber jeweils etwas anders behandelt
werden.
Exemplarisch sei der sich von Westen nähernde (teils abgetropfte) Trog nebst
Kaltfront herausgegriffen. ICON, GFS und auch UKMO simulieren deren Passage
nicht so schleppend wie IFS, während das kanadische GEM sogar noch langsamer
ist.
FAZIT: Der Modellvergleich macht die Vorhersage nicht einfacher.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Blieben also nur noch die Ensembleprognosen, um etwas Licht ins Dunkel der
numerischen Prognosen zu bringen. Dabei richtet sich der Blick zunächst mal auf
die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte, die bis einschließlich
Montag einen soliden und relativ klaren Trend zeigen. Auffallend ist dabei der
deutliche Temperaturanstieg in 850 hPa nach einem verhaltenen, keinesfalls aber
kühlen Start am Freitag/Samstag. Ab Dienstag, eigentlich schon im Laufe des
Montags nimmt die Streuung dann zu, wobei nicht unbedingt der Temperatur- und
Potenzialrückgang als solcher angezweifelt wird. Der höhere Spread begründet
sich im Wesentlichen auf unterschiedliches Timing und Intensität der Abkühlung
(einzelne Ensembles simulieren schon am Montagmittag beginnend zurückgehende
Temperaturen, andere erst am Dienstag; Referenz Rauchfahne Offenbach).
Interessant dabei, dass der Hauptlauf vergleichsweise spät mit der Abkühlung
einsetzt und der Kurvenverlauf flacher erfolgt als bei den meisten Ensembles.
Von daher spricht einiges für einen zackigeren und auch etwas markanteren
Kaltfrontdurchgang, was auch von GFS-EPS so gesehen wird.
Ab Mitte der Woche wird der Kurvenverlauf vogelwild ohne klaren Trend, aber mit
täglich wiederkehrenden Niederschlagssignalen.
Es verwundert also nicht, dass IFS-EPS für den Zeitraum T+120...168h (Dienstag bis
Donnerstag) sechs verschiedene Cluster im Angebot hat (15, 10, 10, 6, 6, 4
Fälle; HL und KL in Cluster 6), die den o.e. Trog jeweils etwas anders
behandeln. Eine Quintessenz lässt sich daraus aber nicht ableiten wenn man
vielleicht davon absieht, dass Haupt- und Kontrolllauf nicht gerade
überrepräsentiert sind im Ensemble.
Dass für die Zeit von Freitag bis Sonntag (T+192...240h) nur noch zwei Cluster
offeriert werden, überrascht im ersten Moment. Bei genauerem Hinsehen fällt aber
auf, dass sich die beiden Muster deutlich unterscheiden. CL 1 (28 Fälle)
favorisiert eine leicht unterkühlte Troglage, wohingegen CL 2 (23 Fälle) auf
eine wärmere, phasenweise antizyklonal gefärbte Südwestlage setzt.
FAZIT: Zwar lässt auch die Betrachtung der EPS-Verfahren noch Fragen offen,
aufgrund von Mehrheitsbetrachtungen deutet sich aber eine flottere und etwas
schärfer ausgeprägte Kaltfrontpassage an als vom IFS-Hauptlauf simuliert.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Zu Beginn des Vorhersagezeitraums beschränkt sich die Möglichkeit signifikanter
Wettererscheinungen auf einzelne, aber durchaus kräftige Hitzegewitter über dem
süddeutschen Bergland, insbesondere in und an den Alpen.
Ab Montag nimmt dann - bei aller gegebenen Unschärfe (siehe oben) - die
Gewitterwahrscheinlichkeit von Westen her zu, wobei sich möglicherweise sogar
eine Unwetterlage ergibt. Allerdings sind wir weit davon entfernt, etwaige
Details heute schon belastbar in den Ring werfen zu können. Wie auch immer der
Ablauf genau sein wird, es steht zu befürchten, dass flächendeckende und
andauernde Regenereignisse nicht dabei sein werden, so dass die sicherlich
auftretenden, konvektiv geprägten (Stark)Regenfälle mehr Schaden als Nutzen
bringen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS, dabei schnellere KF-Passage als von IFS simuliert.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann