DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-08-2018 08:01
SXEU31 DWAV 080800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 08.08.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SWz

Am Freitag Ende der Hitze. Heute im Süden und Osten Gewitter mit örtlichen
Unwettern. Am Donnerstag Schwergewitterlage wahrscheinlich, neben heftigem
Starkregen und Hagel auch schwere Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegen wir zwischen einem Höhenrücken über dem östlichen
Mitteleuropa und einem Trog vor dem europäischen Festland in einer südwestlichen
Höhenströmung. Das gesamte Strömungsmuster verlagert sich nur sehr zögernd nach
Osten. In der recht glatten Strömung werden durch kurze Wellen leichte
Hebungsantriebe generiert. Der Trog über dem östlichen Nordatlantik weitet sich
nach Süden aus und erreicht mit seiner Spitze den Nordwesten der Iberischen
Halbinsel.

Am Boden macht die Kaltfront, die zu einem Tief mit Kern leicht westlich von Cap
Svinöy gehört, über Benelux Boden in Richtung Westen Deutschlands gut. Sie
könnte abends den äußersten Nordwesten erreichen.

Vorderseitig findet sich noch eine Bodenrinne mit eingelagerter Konvergenz, die
sich von der Mitte in den Nordosten und Osten Deutschlands verlagert. Die
wärmste und instabilste Luftmasse findet sich im westlichen Bereich der Rinne
sowie über den südlichen Landesteilen. Dabei sind dort bei PPWs von bis zu 40
mm, CAPES-ML von über 1000 J/kg kräftige Gewitter zu erwarten, die durch
Starkregen die Unwetterschwellen erreichen können. Aber auch größerer Hagel und
durch die recht trockene Grundschicht (inverses V) erhöht sich die Gefahr von
Downbursts und somit sind auch Sturmböen, vereinzelt schwere Sturmböen sind
nicht ausgeschlossen.

Im Süden werden die Gewitter durch die Orografie begünstigt und dort besteht bei
feuchterer Grundschicht weniger die Gefahr von Sturmböen.

Rückseitig der Bodenrinne setzt niedertroposphärisch, ca. unterhalb von 700 hPa
schwache Kaltluftadvektion ein und die Schichtung stabilisiert vor allem im
Nordwesten und äußersten Westen. Dabei kann dort aber auch der auf westliche bis
nordwestliche Richtungen drehende Wind auffrischen mit Böen der Stärke 7,
vereinzelt Bft 8.
Zwischen den stabilen Regionen im NW und der gewitteraktivsten Zone im Osten und
Süden sind einzelne Gewitter, der etwas schwächeren Art zu erwarten;
wahrscheinlich ohne Unwetterpotential.

Die Temperatur sinkt im 850 hPa Niveau in Richtung Nordsee und im äußersten
Westen zum Abend auf 11 bis 12 Grad. Die Höchsttemperatur liegt dort
entsprechend meist etwas unter der 30 Grad-Marke. Östlich und südöstlich davon
werden 30 bis 35 Grad erreicht, im Nordosten sind vereinzelt 38 Grad zu
erwarten.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht die Trogspitze die Biskaya. Dadurch steilt
sich die Höhenströmung weiter auf und dreht auf SW bis S; im Süden wird sie
vorübergehend antizyklonaler, sonst sorgen kurze Wellen weiter für leichte
Hebungsimpulse. Vor allem über Frankreich wird starke Hebung in Gang gebracht,
was dort zur Bildung eines Tiefs mit Kern über dem Norden des Landes führt.
Die o.e. Kaltfront überquert den Nordwesten Deutschlands, wird allerdings durch
die Tiefentwicklung über Frankreich in ihrem Südwestteil rückläufig und liegt
morgens etwa von Mecklenburg bis zum Saarland.

Die Gewittertätigkeit nimmt zunächst tagesgangbedingt ab und die Nacht verläuft
überwiegend ruhig. Im Nordosten dauert es möglicherweise ein bisschen, bis die
Gewitter vorbei sind und im Südwesten können zum Morgen an der Warmfront wieder
einzelne Gewitter auftreten. Vor allem im Norden lockern die Wolken auf und die
Temperaturen gehen im NW auf unter 15 Grad zurück. Sonst liegen die Minima meist
zwischen 20 und 15 Grad, lokal im Nordosten und in Großstädten auch um 20 Grad.


Donnerstag... schwenkt der Langwellentrog nach Westfrankreich rein. Auf seiner
Vorderseite gibt es über Frankreich massive PVA, weiter nördlich über Benelux
und Norddeutschland kräftige WLA. In der Folge kräftigt sich das Tief und zieht
nach Norden bis Nordosten, mittags liegt es über den Niederlanden und abends,
laut ICON über der deutschen Bucht. Allerdings besteht zwischen den Modellen
keine Übereinstimmung über die Lage und Zuggeschwindigkeit des Tiefs. Zwar
liegen der neue Lauf von ICON und GFS recht nah beieinander, nach IFS findet die
Entwicklung aber langsamer und intensiver statt und das Tief befindet sich
weiter im Südwesten.

Auf seiner Vorderseite im Warmsektor breitet sich die schwülwarme und instabile
Luft wieder nach Norddeutschland aus. Zudem lassen sich in der Warmluft auch
konvergente Strukturen im Bodenwindfeld vor allem über Süddeutschland finden.
Die zugehörige Kaltfront greift abends von Westen her auf Deutschland über.

In der südwestlichen bis südlichen Strömung deuten sich günstige
Rahmenbedingungen für eine Schwergewitterlage an, die die Ausgabe einer
Vorabinformation nötig macht. Das ML-CAPE liegt bei 1500, stellenweise sogar bei
2000 J/kg. Weiterhin ist Scherung im Spiel mit bis zu 20m/s in der Schicht 0 bis
6 km und 15 m/s im Bereich 0 bis 1 km. Das niederschlagbare Wasser wird auf
Werte bis zu über 40 mm taxiert.
Neben dem Starkregen gibt es Hagel und vor allem der Wind rückt bei den
Begleiterscheinungen in den Vordergrund. Da sich besonders an der Konvergenz
organisierte Strukturen bilden dürften in Form einer Gewitterlinie, sind
Sturmböen oder schwere Sturmböen nicht unwahrscheinlich, auch orkanartige Böen
oder gar Orkanböen können nicht ausgeschlossen werden. C D2 signalisiert bis Bft
11, C D2 EPS hat auch geringe Wahrscheinlichkeiten für Bft 12 im Programm.
Auch an der Kaltfront kann es nochmal Schauer, vielleicht vereinzelt auch
Gewitter geben, diese können mit den vorgelagerten Gewittern nicht mithalten, da
die "Luft meist schon raus" ist.
Über dem Westen baut sich auf der Rückseite des Tiefs ein kräftiger
Druckgradient auf, der zu Böen der Stärke 7, vereinzelt 8 führen dürfte. Im
Bergland sind auch Sturmböen möglich.

Die Temperaturen erreichen im Nordwesten und Westen nur noch Werte zwischen 26
und 29 Grad. Im großen Rest wird nochmals ein heißer Tag mit Temperaturen von 30
bis 34 Grad erreicht.

In der Nacht zu Freitag schwenkt die Front rasch über die Mitte und den Osten
hinweg ostwärts. Lediglich im Süden wird die Front von den Alpen zurückgehalten.

Das Bodentief verlagert sich über den Skagerrak nach Südschweden. Auf der
Südwestflanke herrscht ein recht kräftiger Druckgradient unter dem vor allem im
Nordwesten und gebietsweise im Norden starke, vereinzelt stürmische Böen
auftreten, an der See und im Bergland auch Sturmböen.
Weiterhin gibt es dort bis zum Morgen Schauer und Gewitter und auch auf der
Ostseite des Tiefs über der Ostsee sowie im Nordosten zunächst weitere Gewitter.
Die Scherung ist dort sehr gut ausgeprägt und von daher sind organisierte
Strukturen zu erwarten. Bei PPW Werten von bis zu 50 mm (laut ICON) muss
weiterhin mit Unwettern durch heftigen Starkregen, aber auch mit Sturmböen,
teilweise auch schweren Sturmböen gerechnet werden.
Im Südosten fällt gebietsweise an der abziehenden Kaltfront schauerartiger
Regen.


Freitag... erreicht der Trog am Abend mit seiner Achse den Westen Deutschlands.
Die Kaltfront hat Deutschland überquert. Nur am Alpen wird sie noch zurück
gehalten. Somit strömt mit einer westlichen Strömung von Westen her nur noch
mäßig warme Luft in unser Vorhersagegebiet, die über der Mitte und dem Süden
rasch unter den Einfluss einer Hochdruckzone gelangt, die vom Azorenhoch zonal
über Süddeutschland verläuft.

Die T850 sinkt dabei auf Werte zwischen 9 Grad im Süden und 6 Grad im Westen ab.
Im Südosten gibt es noch Regenfälle im Bereich der abziehenden Front und der
herannahende Höhentrog macht sich in der zweiten Tageshälfte im Nordwesten mit
Regenschauern und kurzen Gewittern und vor allem mit dem Auffrischen des Windes
bemerkbar. Vor allem an der Nordseeküste und später auch landeinwärts im NW und
Norden gibt es steife Windböen (Bft 7), auf den Inseln auch stürmische Böen und
Sturmböen (Bft 8/9) aus West.

Zwischen den Bereich mit Niederschlag, erstreckt sich ein breiter Streifen mit
Absinken vom Südwesten in den Nordosten, wo es meist aufgelockert bewölkt,
vorübergehend auch heiter und meist trocken ist. Die Temperaturen erreichen nur
noch im Osten lokal über 25 Grad, sonst werden 20 bis 24 Grad erreicht.
In der Nacht zum Samstag schwenkt der Trog über uns nach Osten. Vor allem im
Norden werden dabei auch Schauer ausgelöst, sonst tut sich nicht so viel und bei
aufgelockerter, gebietsweise geringer Bewölkung ist Durchatmen angesagt, da die
Temperatur auf 15 bis 9 Grad zurückgeht.
Der anfangs noch mäßige bis frische Wind im Norden lässt im Laufe der Nacht mehr
und mehr nach.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren besonders am Donnerstag noch uneinheitlich. Weder
Intensität der Zyklogenese, noch die anschließende Zugbahn des Tiefs passen
zueinander. In diesem Zusammenhang wird auch die Konvektion mit großen
Abweichungen berechnet. Im C D2 erreicht beispielsweise die Konvergenz abends
den Osten, im Super HD liegt sie 200 km weiter westlich.
Die Ausgabe der Vorabinformation wird deshalb auf die Abendstunden nach der
Spätkonferenz verschoben. Auch damit die Vorabinfo nicht mit den heutigen
Gewittern in Verbindung gebracht wird und nur Verwirrung stiftet.
Der neue Lauf des IFS simuliert ein kräftiges Sturmfeld an der Südwestflanke des
Tiefs am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag mit 10er bis 11er Böen. Diese
Entwicklung, gerade in dieser Intensität, ist neu und wird deshalb zunächst mal
als Einzellösung eingestuft.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner