DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-08-2018 08:30
SXEU31 DWAV 030800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.08.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Am ehesten Wa (West antizyklonal oder nördliche Westlage; die hausinterne
Klassifikation schlägt Brücke Mitteleuropa (BM) vor, allerdings fehlt es dafür
am östlichen Brückenkopf Hoch)

Heute wenig (Bergland S und SO), morgen mehr (SO-Hälfte), am Sonntag wieder
weniger (Bergland S) Gewitter. Am Wochenende von Norden vorübergehend weniger
heiß.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... hat das großräumige Strömungsmuster einen deutlich zonaleren Touch
bekommen als das jüngst noch der Fall war. Dasa Potenzialmaximum über
Nord-Nordosteuropa ist quasi verschwunden bzw. hat sich unter Abschwächung nach
Norden zurückgezogen. Seine Rolle hat nun ein Höhenhoch knapp westlich der
Iberischen Halbinsel eingenommen, dem ein sich langsam ostwärts bewegendes
Höhentief bei Island gegenüber steht. Zwischen diesen beiden Protagonisten gibt
es eine westliche, leicht mäandrierende Höhenströmung, die langsam aber sicher
zu einer mäßig ausgeprägten Frontalzone heranwächst und vom mittleren
Nordatlantik bis nach Skandinavien verläuft. Mit Blick auf das bevorstehende
Wochenende dürften vor allem die nördlichen Landesteile zumindest partiell von
der Frontalzone profitieren, während weiter südlich eher ein vom Höhenhoch sich
weit nach Osten erstreckender Höhenrücken von Bedeutung ist. Er stützt eine über
tausende von Kilometern verlaufende Bodenhochdruckzone, die praktisch am Südrand
der beschriebenen Frontalzone vom Ostatlantik bis in den Westen Russlands
respektive zum Schwarzen Meer verläuft. Tiefdruckgebiete wiederum findet man
mehrfach auf der kalten Seite der Frontalzone, wobei aber keines dieser
Exemplare besonders ausgeprägt ist, was im Hochsommer aber auch nicht unbedingt
verlangt ist.
So viel also zur allgemeinen Ausgangslage, was können wir für unser
Vorhersagegebiet daraus erwarten. Nun, im Grunde nicht viel und vor allem
weiterhin Hitzestress, zumindest in den meisten Gegenden. So befindet sich bei
schwachen Luftdruckgegensätzen inmitten besagter Hochdruckzone weiterhin sehr
warme bis heiße Luft in Deutschland (T850 zwischen 14°C im äußersten Norden und
rund 20°C im Süden), in die einmal mehr kräftig die Sonne scheint - mit im
Wesentlichen zwei Konsequenzen. Zum einen schraubt sich die Temperatur z.T.
deutlich über die 30°C-Marke, was mittlerweile aber schon zur Gewohnheit
geworden ist. Insbesondere im Westen und Südwesten fällt gebietsweise sogar die
35°C-Schwelle, vereinzelt sind durchaus 37°C vorstellbar, auch wenn so mancher
es sich gar nicht vorstellen möchte. Einzig an der See (wo sich meist eine
auflandige Windkomponente einstellt), im Norden SH´s sowie in höheren Lagen wird
es nicht ganz so heiß.
Zweite Konsequenz sind einzelne Gewitter, die sich im Tagesverlauf im Süden und
Südosten bzw. der östlichen Mitte aus dem Bergland (andere Antriebsmechanismen
stehen mit Ausnahme der diabatischen Komponente nicht zur Verfügung) heraus
entwickeln. Während die Luftmasse im Norden und Westen stabil und
vergleichsweise trocken ist, weist sie nach Südosten hin ein gewisses Maß an
Feuchte (spez. Feuchte bis zu 14g/kg, dazu PPW über 30 mm) und potenzieller
Instabilität auf. Zudem wird durch die Einstrahlung gebietsweises ML-CAPE von
500 bis 1000 J/kg, lokal auch etwas mehr generiert. Am Ende wird das für ein
paar pulsierende Einzelzellen reichen, die aufgrund ihrer Quasistationarität
vornehmlich Starkregen (Unwetter nicht ausgeschlossen), teils aber auch
kleinkörnigen Hagel auf Mutter Erde bringt.

In der Nacht zum Samstag nähert sich von Westen her ein flacher und recht breit
angelegter Höhentrog, dessen Achse am Morgen etwa über der Grenze zu Benelux
liegt. Der zonale Rücken wird dadurch etwas nach Süden abgedrängt, während die
Bodenhochdruckzone trotz leichten Druckfalls relativ unbeeindruckt von den
Vorgängen in der mittleren Troposphäre bleibt. Und auch beim Wetter tut sich
nicht besonders viel, scheint doch der Trog zu schwach auf der Brust, um gegen
den Tagesgang substanziell anzustinken. So dürften die anfänglich über dem
Bergland vielleicht noch auftretenden Schauer oder Gewitter alsbald das
zeitliche segnen.
Ein bisschen tut sich dann aber doch noch, und zwar im Norden, wo sich die
Kaltfront eines kleinen und nahezu stationären Wellentiefs über Südnorwegen von
der Nordsee her nähert. In ihrem Vorfeld driften einige Wolkenfelder nach Nord-
und Nordwestdeutschland rein, die an Harmlosigkeit aber kaum zu überbieten sind.
Warum COSMO-D2 daraus eine Linie mit Schauern und Gewittern zelebriert,
erschließt sich dem Verfasser angesichts stabiler Luftmasse nicht. Mit
Tiefstwerten zwischen 16 und 23°C wird die kommende Nacht erneut wenig
schlaffreundlich, zumindest in den meisten Regionen.

Samstag... schwenkt der Höhentrog, der übrigens in 300 hPa deutlich ausgeprägter
ist als in 500 hPa, ostwärts über Deutschland hinweg. Vorderseitig wird durchaus
ein definiertes PVA-Feld diagnostiziert, allerdings vornehmlich nach Norden hin,
wo die Luftmasse aber nicht so richtig mitspielt. Immerhin kommt die potenziell
instabile Warm- bzw. Heißluft im Osten etwas nach Norden voran, wobei sich die
Luftmassenqualität gegenüber heute kaum ändert. Immerhin wird im Süden und in
der östlichen Mitte tendenziell etwas mehr ML-CAPE generiert, wo die Werte auch
mal auf über 1500 J/kg ansteigen.
Kurzum, am morgigen Samstag nimmt die Gewitteraktivität nach vorheriger
Einstrahlung gegenüber heute wieder zu, wobei - grob gesprochen - die
Südosthälfte als anfälliges Areal tituliert werden kann, ohne dass dort freilich
alle was auf die Nuss bekommen. Im Gegenteil, die meisten werden wahrscheinlich
nichts abbekommen, was u.a. auch daran liegt, dass sich trotz des Höhentrogs
keine organisierte Konvektion in Form einer Linie oder ein größerer Cluster
bilden wird. Stattdessen läuft es auf pulsierende, orografisch oder diabatisch,
vielleicht auch mal durch kleinräumige Konvergenzen ausgelöste Einzelzellen
hinaus, die mit Starkregen, Hagel und Sturmböen 8-9 Bft einhergehen können.
Räumlich eng begrenzt besteht Unwettergefahr insbesondere durch Starkregen, aber
auch mal etwas größeren Hagel, der trotz fehlender Organisation der
Gewitterzellen gerade im Anfangsstadium mal auftreten kann.
Im Norden macht die o.e. Kaltfront Landgang und attackiert im Laufe des Tages
mit mehr oder weniger dichten Wolkenfeldern die Norddeutsche Tiefebene. Im
Grunde erfolgt ihre Passage relativ stabil, trotzdem simulieren einige Modelle
vor allem im Nordosten einzelne Schauer oder sogar mal ein Gewitter. Hebung ist
durch die Interaktion von Trog und Front durchaus vorhanden, die Frage wird
sein, wie weit die Luftmasse vor Ankunft der Front labilisiert werden kann. So
gesehen sind aus heutiger Sicht die prognostizierten Schauer plausibel, bei
Gewittern hingegen bleiben Zweifel.
Unzweifelhaft ist, dass mit Ausnahme Norddeutschlands, wo mit etwas auflebendem
Nordwestwind peu a peu weniger heiße, aber nicht wirklich kalte Luft einströmt,
erneut ein heißer Tag in die Wetterchroniken aufgenommen wird, wobei der
Südwesten mit bis zu 37°C den Vogel in der Spitze abschießt.

In der Nacht zum Sonntag schwächt sich die Wetteraktivität wieder ab, was im
Süden und Osten Bayerns am längsten dauern soll. Gleichzeitig kommt die
Kaltfront bis zur nördlichen Mitte voran, wobei sich ihre Wetterwirksamkeit auf
Bewölkung, weniger auf Niederschlag beschränkt - leider. Rückseitig gelangt ein
Schwall moderat temperierter Meeresluft - Achtung! - subpolaren (ja, ja, das
Wort gibt es noch) Ursprungs nach Deutschland, die freilich aber durch die fast
schon mediterran anmutenden Wassertemperaturen der vorgelagerten Nordsee
erheblich erwärmt ist. Immerhin, in 850 hPa sinkt die Temperatur auf 9 bis 6°C,
und auch in 2 m Höhe reicht es im Binnenland, wo es mal für einige Zeit
aufklart, für Tiefstwerte unter 15°C.

Sonntag... nimmt die schwache bis mäßige westliche Höhenströmung allmählich
wieder antizyklonalere Formen an, auch wenn besagter Rücken noch leicht südlich
von uns verweilt. Die Kaltfront kommt noch etwas nach Südosten voran, wobei sie
zusehends von Druckanstieg überlaufen wird und von ihrer ohnehin nicht
monumental ausgeprägten Wetterwirksamkeit einbüßt. Eins muss man ihr aber
lassen, der Luftmassenaustausch funktioniert recht ordentlich und erfasst neben
Norddeutschland nun auch Teile der Mitte, und selbst im Süden sorgt der sich
landesweit einstellende Nordwest- bis Nordwind dafür, dass die zum Teil brutalen
Temperaturspitzen der Vortage zumindest etwas gekappt werden.
So stellt sich nicht nur in 850 hPa ein veritables Süd-Nord-Gefälle ein (12 UTC
zwischen 18°C an der Grenze zu A und CH, teils 7°C im Norden), auch in 2 m ist
der Unterschied beachtlich. Dabei kommt das südliche Drittel etwa auf 29 bis
34°C, das mittlere Drittel auf 26 bis 31°C und das nördliche auf angenehme 21
bis 26°C. Dazu wird besonders der Norden am Vormittag noch von dichteren Wolken
überdeckt, die in der zweiten Tageshälfte aber zusehends Federn lassen müssen
und der Sonne wieder größere Anteile überlassen
Gewittertechnisch läuft nicht allzu viel, was an der deutlich stabileren und
trockeneren neuen Luftmasse liegt. Lediglich im äußersten Süden und Südosten, wo
der Luftmassenwechsel am wenigsten greift, bleibt es instabiler und feuchter,
was es dem Bergland (Alpen, Bayerischer Wald, Südschwarzwald) ermöglicht, ein
paar vereinzelte Gewitterraketen zu zünden, Starkregen und Hagel (beides mit
geringer Unwettergefahr) inclusive.
Ach ja, fast vergessen, an der Ostsee frischt der Nordwestwind zeitweise so
stark auf, dass er in Böen Stärke 6-7 Bft erreicht und somit eine kleine
Windwarnung erforderlich macht. Ob die letztlich von SH bis nach Vorpommern oder
nur partiell geschaltet werden muss, kann heute noch nicht abschließend
beantwortet werden. Grund für die Windauffrischung ist eine temporäre
Gradientverschärfung zwischen dem sich bei uns postfrontal von Westen
kräftigenden Hochkeil und wiederholt über Südskandinavien südostwärts
ablaufender kurzer Wellen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die wesentlichen Punkte der Drei-Tages-Vorhersage werden von den verschiedenen
Modellen sehr ähnlich gesehen. Dass insbesondere die Konvektionsprognose jeweils
etwas anders ausfällt, ist nicht neu.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann