DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-08-2018 17:01
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 01.08.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts vor allem vom Südwesten über die Mitte bis in die Osthälfte kräftige
Gewitter oder Starkregen mit Unwettergefahr. Danach nur noch vereinzelte
Gewitter, aber - außer im Nordwesten und Norden - starke Wärmebelastung.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... greift - ausgehend vom umfangreichen Höhentrogkomplex über dem
Nordostatlantik mit Drehzentrum bei Island - ein Randtrog von Frankreich her auf
den Südwesten Deutschlands über, tropft dort aber ab und verlagert sich etwas
nach Süden. Rückseitig steigt das Geopotenzial wieder an und der vom kräftigen
Höhenrücken über der Iberischen Halbinsel über Frankreich und dem Süden und der
Mitte Deutschlands bis ins Baltikum reichende Höhenkeil kann sich wieder
verstärken. Nur der Nordwesten Deutschlands verbleibt am Rande des
Nordatlantiktroges unterhalb einer schwachen westsüdwestlichen Höhenströmung.
Vorderseitig des Troges wird aufgrund von PVA abends und in der ersten
Nachthälfte vorübergehend etwas stärkerer Hebungsantrieb über dem Südwesten und
der Mitte des Landes simuliert.
Im Bodenfeld verläuft von Südwest nach Nordost quer über das Vorhersagegebiet
hinweg eine als Luftmassengrenze fungierende wellende Kaltfront, die heiße und
potenziell instabile Luftmassen im Süden und Osten von nicht mehr ganz so heißer
und stabiler geschichteter Luft im Nordwesten trennt. Diese bleibt im Großen und
Ganzen zunächst quasistationär.
Knapp südöstlich der Luftmassengrenze haben bereits schauerartige, teils mit
Gewittern durchsetzte Regenfälle auf die Pfalz und das Saarland übergegriffen.
Mit der etwas zunehmenden Hebung dürften diese sich vor allem auf der "warmen"
Seite der Luftmassengrenze entgegen dem Tagesgang im Laufe des Abends und der
ersten Nachthälfte verstärken, eventuell bildet sich auch etwas abgesetzt zur
Front eine neue Gewitterlinie. Entsprechende Hinweise darauf gibt es aktuell in
Form einer sich von der Luftmassengrenze allmählich Richtung Osten entfernenden
Outflow Boundary über Baden-Württemberg, an der es neu "zünden" könnte. Bei
PPW-Werten von über 30 mm und einer MU-Cape von 500 bis 1000 J/kg sind
kleinräumig auch unwetterartige Entwicklungen denkbar, vor allem in punkto
Starkregen, eventuell auch mehrstündig. Entsprechende Hinweise darauf liefern
einerseits Cosmo-D2-EPS mit erhöhten Wahrscheinlichkeiten für mehr als 35 mm in
6 Stunden Richtung Nordschwarzwald, aber vor allem auch SuperHD (Lauf von 06
UTC) in einem Streifen von der Südpfalz bis nach Oberschwaben.
Im Laufe der Nacht weitet sich die Gewittertätigkeit entlang der
Luftmassengrenze nach Nordosten aus, wobei C-D2 einen zweiten "Hot Spot" mit
ebenfalls erhöhten Wahrscheinlichkeiten für Unwetter im Nordosten (östliches
Sachsen-Anhalt, Westbrandenburg, Vorpommern) im Zeitraum 21 bis 03 UTC auf der
Karte hat. Auch SuperHD und vor allem AROME haben dort erhöhte konvektive
Aktivität auf der Karte und bei genauerem Hinschauen scheint dafür ursächlich zu
sein, dass sich der nach Osten abziehende "Resttrog" dort vorübergehend etwas
verschärft, wodurch PVA und Hebung generiert werden.
Im Süden und Osten - also auf der "warmen" Seite der LMG, haben sich am späteren
Nachmittag entlang einer von der Schwäbischen Alb über die Oberpfalz und
Oberfranken bis in die Lausitz laufenden Konvergenz teils kräftige Gewitter
entwickelt, die sich tagesgangbedingt im Laufe der ersten Nachthälfte aber bald
abschwächen dürften. Auch im Nordwesten - im Einflussbereich der stabileren
Luftmassen - verläuft die Nacht ruhig. Insgesamt fällt die Nacht - außer im
Nordwesten - kaum oder höchstens nur wenig angenehmer als die vergangene aus.

Donnerstag ... verlagert sich der abgetropfte Troganteil über der Westschweiz
südwärts nach Südostfrankreich. Der inzwischen über dem Nordosten Deutschlands
angelangte Resttrog schwächt sich weiter ab und zieht zügig ostwärts. Dabei kann
sich der Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet - gestützt durch schwache WLA an
der Südostflanke des Nordatlantiktroges - weiter verstärken und weitet sich
sogar noch etwas nach Norden aus. Insgesamt dominiert somit großräumiges
Absinken.
Im Bodenfeld kommt die Luftmassengrenze wieder geringfügig nach Norden voran,
erweist sich aber mangels dynamischen Hebungsantriebs unterm Höhenrücken erneut
als ziemlich wetterinaktiv.
Nördlich der LMG bleibt die Nordhälfte weiterhin im Einflussbereich stabiler
Luftmassen, so dass es bei viel Sonnenschein allgemein trocken bleibt. Bei
Temperaturen in 850 hPa zwischen 13 und 17 Grad und an den Küsten teils mäßigem
Nordwestwind werden dort Höchstwerte zwischen 28 und 33 Grad erreicht, im
Nordseeumfeld bleibt es gebietsweise etwas kühler.
Der Rest des Landes bleibt dagegen im Einflussbereich der heißen und potenziell
instabilen Luftmasse. Durch Absinken kann sie sich vor allem
mitteltroposphärisch noch etwas erwärmen, so dass nicht mehr die Labilitätswerte
der Vortage erreicht werden. Der Feuchtegehalt bleibt mit PPW-Werten meist über
30 mm recht hoch und gebietsweise werden erneut 500 bis 1000 J/kg ML-Cape
simuliert. Als Trigger für Auslöse kann allerdings eigentlich fast nur die
Orographie fungieren, eventuell aber auch lokale Konvergenzen. Somit wird auch
von den konvektiven Modelle weniger Konvektion als heute simuliert und auch vor
allem im Bergland. Signale dafür gibt es am ehesten noch im zentralen und
süddeutschen Mittelgebirgsraum, wobei vor allem EURO4 diesbezüglich etwas
hervorsticht.
Unwetterpotenzial besteht bei den vereinzelt auftretenden Zellen vor allem
aufgrund von Starkregen, nicht zuletzt aufgrund der geringen
Verlagerungsgeschwindigkeit. Der recht große Spread in der Grundschicht lässt
natürlich auch wieder sehr kleinräumig Sturmböen zu. Insgesamt hält sich die
Gewittertätigkeit aber wohl eher in Grenzen, natürlich auch viel zu wenig für
eine Vorabinformation.
In den meisten Regionen südlich der Luftmassengrenze bleibt somit eher die
starke Wärmebelastung Thema, denn bei Temperaturen von 17 bis 20 Grad in 850 hPa
werden bei viel Sonnenschein wieder Höchstwerte zwischen 31 und 37 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Freitag ändert sich nichts Wesentliches, der Höhenrücken bleibt
nahezu quasistationär. Somit ist kein dynamischer Hebungsantrieb vorhanden, so
dass die vorhandenen Gewitter sich im Laufe der Nacht auflösen sollten.
Lediglich nach EURO4 kann das Ganze noch etwas länger dauern, aber in der
zweiten Nachthälfte liefert auch das Modell kaum mehr Niederschläge.
Somit verläuft die Nacht warntechnisch meist ruhig. Im Nordwesten gehen die
Temperaturen erneut in einen schlaftauglichen Bereich zurück, ansonsten bleibt
es sehr mild bis warm, vor allem in den Ballungszentren kühlt es meist nicht
unter 20 Grad ab.

Freitag ... verschärft sich zwar mit Annäherung eines Kurzwellentroges über der
Nordsee die Frontalzone knapp nördlich des Vorhersagegebietes, dennoch bleibt
der Höhenrücken weiterhin dominant, so dass Absinken überwiegt. Auch im
Bodenfeld bleibt noch die flache, von den Britischen Inseln über die Nordsee bis
zur Ostsee reichende Hochdruckzone erhalten, während in der Südhälfte
Deutschlands "barometrischer Sumpf" herrscht. Somit bleibt die Nordhälfte am
Rande des Hochs im Einflussbereich von Norden her einströmender etwas stabiler
geschichteter Luftmassen. Auch in der Mitte und im Süden geht die Labilität
durch das dominierende Absinken noch ein wenig zurück, die höchste ML-Cape
(knapp über 500 J/kg) wird noch im Bereich der Luftmassengrenze über der
"nördlichen Mitte" sowie in den süddeutschen Mittelgebirgen bzw. in den Alpen
simuliert. Auch die PPW-Werte gehen etwas zurück. Somit ist das Gewitterrisiko
wohl noch etwas geringer als am Vortag. Dennoch zeichnen sich einzelne Zellen
wiederum durch eine sehr geringe bis nicht vorhandene
Verlagerungsgeschwindigkeit aus, so dass das Gefahrenpotenzial für Starkregen
bis in den Unwetterbereich kleinräumig recht hoch ist. Es sollte aber nur bei
isoliert auftretenden Einzelentwicklungen - bevorzugt im Bergland - bleiben. Im
Gros des Landes dauert die Trockenheit weiter an, dazu scheint meist auch die
Sonne. Insgesamt kann sich die Luftmasse noch etwas erwärmen, die Temperaturen
in 850 hPa steigen auf Werte zwischen 15 Grad in Nordfriesland und 22 Grad
gebietsweise im Südwesten. So steht uns nach dem gestrigen Dienstag ein zweiter
Höhepunkt der Hitzewelle bevor mit Höchstwerten zwischen 30 und 38, vielleicht
sogar wieder 39 Grad (am ehesten wohl vom Rhein-Main-Gebiet bis nach
Unterfranken) bevor. Nur an den Küsten bleibt es etwas angenehmer.

In der Nacht zum Samstag wird der Höhenrücken über Deutschland ein wenig nach
Süden abgedrängt, die Frontalzone kann sich bis nach Norddeutschland ausweiten,
wobei der Bereich auf die Vorderseite eines recht breit angelegten Höhentroges,
der morgens die westliche Nordsee erreicht, gelangt. Auch das Bodenhoch wird von
Nordwesten her abgebaut, allerdings macht sich die trogvorderseitige schwache,
hauptsächlich aus WLA resultierende Hebung nur anhand etwas dichterer
Wolkenfelder bemerkbar, die morgens auf den äußersten Norden übergreifen.
Ansonsten verläuft die Nacht ruhig, eventuell vorhandene Konvektion bricht rasch
zusammen. An den milden bis warmen Minima ändert sich nur wenig.

Samstag ... wird der Höhenrücken endgültig nach Süddeutschland abgedrängt, die
Frontalzone kann sich weiter nach Mitteleuropa ausweiten und von Nordwesten her
werden der Norden und die Mitte des Landes von einem flachen Höhentrog
überquert. Innerhalb der insgesamt recht glatt konturierten Frontalzone ist
allerdings auch trogvorderseitig nur wenig Hebungsantrieb vorhanden und der am
ehesten über den mittleren Landesteilen.
Im Bodenfeld setzt mit Vorstoß der Frontalzone bereits am Freitag über
Skandinavien Druckfall ein, der sich am Samstag fortsetzt. Dagegen verstärkt
sich das Hochdruckgebiet knapp westlich der Britischen Inseln, so dass sich vor
allem über Norddeutschland eine schwache nordwestliche Bodenströmung einstellt.
Mit dieser gelangen auch niedertroposphärisch etwas kühlere Luftmassen dorthin,
die 850 hPa-Temperaturen sinken mit auffrischendem, aber wohl nicht
warnrelevantem Nordwestwind auf 11 bis 15 Grad. Abends gerät das Nordseeumfeld
dann in den Einflussbereich einer schwachen Kaltfront, eventuell reicht es dort
dann auch für vereinzelte kurze Schauer.
Die Mitte und der Süden des Landes bleiben noch im Einflussbereich der
potenziell instabilen und sehr warmen bis heißen Luftmasse. Wobei auch dort die
Temperaturen in 850 hPa geringfügig zurückgehen. Die Instabilitätsparameter
ändern sich aber kaum, erneut werden vor allem in den mittleren Landesteilen und
in den südlichen Mittelgebirgen gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape simuliert
bei PPW-Werten um oder über 30 mm. Mit dem Trog ist nun schwacher Hebungsantrieb
vorhanden, allerdings könne mit frühzeitiger Winddrehung auf Nordwest bereits
recht frühzeitig bodennah schwache Kaltluftadvektion einsetzen, die natürlich
konvektionshemmend wirkt. Dennoch wird generell etwas verbreiteter Auslöse
simuliert als an den Vortagen, vor allem etwa von Rheinland-Pfalz bis zur
Lausitz sowie in den südlichen Mittelgebirgen und an den Alpen.
Unwetterpotenzial ist nach wie vor in erster Linie aufgrund von Starkregen
gegeben.
Vor allem im Norden gehen die Temperaturen etwas zurück, dennoch bleibt es mit
Höchstwerten zwischen 25 und 31 Grad sommerlich warm, lediglich im Nordseeumfeld
werden teilweise keine 25 Grad erreicht. In der Mitte und im Süden bleibt es
heiß, wenngleich mit 31 bis 37 Grad wohl nicht ganz die Werte des Vortages
erreicht werden. Die Wärmebelastung bleibt dort aber sehr hoch.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristbereich ein ähnliches Szenario. Die
konvektive Aktivität erreicht in der kommenden Nacht ihren Höhepunkt und geht
dann bis Freitag sukzessive zurück. Auch die "Umstellung" der Wetterlage
Richtung Wochenende (von heiß auf weniger heiß, im Norden angenehm) haben alle
Modelle auf der Karte.
Zwar ist für die kommende Nacht punktuell durchaus Unwetterpotenzial gegeben,
dennoch reicht das nicht für eine Vorabinformation, zumal sich die Regionen auch
schlecht eingrenzen lassen. Es wäre quasi "mit Kanonen auf Spatzen geschossen".
Auch heute tagsüber ist die Konvektion eher schleppend in Gang gekommen.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff