DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-07-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.07.2018 um 10.30 UTC



Zunächst noch starke Wärmebelastung, zur Wochenmitte teils kräftige Gewitter mit
Unwettergefahr. Nachfolgend allgemeine Wetterberuhigung. Keine Durchgreifende
Entspannung der Trockenheit in Sicht.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 03.08.2018


Am Montag stehen sich zwei großräumige Potentialgebilde gegenüber. Zum einen ein
Langwellentrog mit eigenem Höhentiefzentrum über dem nahen Ostatlantik, zum
anderen ein kräftiger Höhenrücken ausgehend vom westlichen Mittelmeer bis nach
Nordosteuropa, wo sich auch ein eigenständiges Höhenhoch finden lässt. Die große
Wellenlänge deutet schon an, dass es sich um ein nur langsam verlagerndes
Zirkulationsmuster handelt.

Deutschland befindet sich auf der Trogvorderseite unter Zustrom sehr warmer
Luftmassen mit 850 hPa Temperaturwerten vielfach über 15 Grad. Als Folge nimmt
die Hitze nochmal zu, mit Maxima zwischen 30 und 36 Grad.

Am Boden lässt sich nur eine flache Druckverteilung finden. Ausgehend vom Tief
zwischen Island und Schottland kann sich über Deutschland eine schwache Rinne
inkl. Bodenkonvergenz bilden. Entsprechend besteht zum Nachmittag durchaus das
Potential für Gewitter

Am Dienstag ändert sich an der großräumigen Druck- und Potentialverteilung
nichts Wesentliches. Dementsprechend bleibt der Zustrom heißer Luftmassen mit
Spitzenwerten zwischen 30 und 36 Grad erhalten. Einzig im äußersten Westen und
Nordwesten bleibt es etwas kühler.

Im Vergleich zum Vortag kann sich der in Nord-Süd-Ausrichtung liegende Bodentrog
mit Hilfe eines vorderseitigen Kurzwellentroges etwas verstärken. Damit
intensivieren sich auch die Konvergenzeffekte entlang dieser. Rückseitig der
Konvergenz zeigen sich dichtere Wolken mit etwas Niederschlag aus der Nacht
heraus. Über der Mitte bilden sich entlang der Konvergenz Gewitter mit der
Gefahr von Unwetter, vor allem aufgrund von Starkregen (langsame
Zuggeschwindigkeit + hohe ppw-Werte).

Am Mittwoch verbleibt Deutschland auf der Trogvorderseite. Vor allem die
Nordwesthälfte liegt dabei im Einflussbereich des Troges, der sich im Vergleich
zum Vortag ein wenig angenähert hat. Dort sind etwas kühlere Luftmassen aktiv
und die Höchstwerte bewegen sich zwischen 25 und 30 Grad, sonst 30 bis 34 Grad.
Die Bodenrinne ist zwar nach Osteuropa abgewandert. Troggestützt sind aber vor
allem über der Südosthälfte erneut teils schwere Gewitter zu erwarten. Hilfreich
in diesem Zusammenhang ist auch, dass sich der Vorhersageraum auf der linken
Ausgangsseite eines Höhenjets und auf der diffluenten Trogvorderseite befindet.
Beides Signale für stärkere Hebungsprozesse.

Am Donnerstag und Freitag sind zunächst kühlere Luftmassen aktiv. Der Trog
wandert am Donnerstag unter Abschwächung ostwärts. Nachfolgend rückt ein flacher
Höhenrücken nach, der auch am Boden für Druckanstieg sorgt. Während am
Donnerstag im Südosten nochmal Gewitter zu erwarten sind, bleibt es mit dem
Druckanstieg am Freitag vielfach trocken. Die Höchstwerte bewegen sich auf etwas
moderaterem Niveau zwischen 26 und 31 Grad. Vor allem in den Nächten macht sich
die Abkühlung bemerkbar, die sich dann wieder weit entfernt von den
Tropennächten (>20 Grad) bewegen. Dann kann also wieder ordentlich durchgelüftet
werden.

In der erweiterten Mittelfrist stellt sich eine Westwetterlage ein, welche zu
einer Zweiteilung über Deutschland führen würde. Während im Norden das
Wettergeschehen aufgrund von Tiefausläufern zeitweise wechselhaft und kühler
daherkommen würde, wäre die Südhälfte weiterhin eher antizyklonal geprägt bei
deutlich höheren Maxima.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Großwetterlage wird von den verschiedenen Modellläufen des ECMWF ähnlich
vorhergesagt. Das gilt auch für die bevorstehende Gewitter- und Unwetterlage von
Dienstag bis Donnertag. Vor allem der gestrige 12 UTC und der heutige 00 UTC
Lauf sind sich da sehr ähnlich. Der gestrige 00 UTC Lauf hatte den Höhentrog
noch etwas flacher gerechnet, mit der Folge das die 850 hPa Temperatur ein wenig
niedriger vorhergesagt war. Für den Mittwoch stellt der gestrige 12 UTC Lauf den
markantesten Trog dar, der im Vergleich zum heutigen 00 UTC Lauf auch noch etwas
zurückhing.

Im Grunde sind dies aber nur Kleinigkeiten, die angesichts des
Vorhersagehorizonts im Rahmen liegen.

Bis zum Ende der Woche zeigen alle drei Läufe den Durchgang des Höhentroges,
wobei dessen Amplitude unterschiedlich stark vorhergesagt wird und auch der
zeitlich Ablauf noch variiert. Während die Unterschiede im Vergleich zum
gestrigen 00 UTC Lauf noch recht groß waren, liegt der gestrige 12 UTC Lauf
recht nah bei der jüngsten Prognose.

Zum darauffolgenden Wochenende nehmen die Unterschiede dann deutlich zu,
wenngleich alle Läufe eine Umstellung zu einer eher zonalen und zunehmend
zyklonal geprägten Wetterlage zeigen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die großräumige Druck- und Potentialverteilung wird zu Beginn der Mittelfrist
ähnlich prognostiziert. Dabei sind sich ECMWF und ICON ziemlich ähnlich, während
GFS eine flachere Trogvorderseite rechnet, sodass auch die WLA weniger stark
vorhergesagt wird. Davon abgesehen prognostizieren aber alle Globalmodelle die
potentielle Gewitter- und Unwetterlage. Natürlich bestehen dabei aber noch
Unterschiede im Detail, was die Stärke und den zeitlichen Ablauf betrifft.

Zum Donnerstag und in der weiteren Folge unterscheidet sich ICON deutlich vom
ECMWF und GFS. So rechnet ICON das Abtropfen des Troges in den Mittelmeerraum.
Durch diesen Prozess verbleiben die feuchtwarmen Luftmassen noch längere Zeit
über der Südosthälfte des Landes, sodass auch am Donnerstag die Schauer und
Gewitter mit Unwetterpotential großräumig bestehen blieben. Von diesem
Abtropfvorgang ist bei GFS und ECMWF nichts zu sehen. Beim Blick auf die
restlichen Globalmodelle zeigt sich zumindest, dass ICON nicht komplett allein
steht. So werden Abtropfvorgänge, in allerdings andere Ausführung, auch von JMA
und GEM gezeigt.

Mit dem Abtropfprozess würde sich bei ICON in weiterer Folge der
Hochdruckeinfluss über Deutschland und Westeuropa deutlich kräftigen, sodass in
der erweiterten Mittelfrist noch größere Unsicherheiten zu verzeichnen sind.
Immerhin deutet GFS aber ebenso wie ECMWF eine zunehmende Zonalisierung an.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des aktuellen ECMWF Modells zu Beginn der Mittelfrist zeigen
zunächst einen recht einheitlichen Verlauf, wobei Haupt- und Kontrolllauf nahe
beieinander und im Bereich des Ensemble-Medians verlaufen.

Schon ab Mittwoch zeigt sich aber eine deutliche Zunahme der Streubreite, sowohl
das Geopotential, als auch die Temperatur in 850 hPa betreffend. Zwar geht das
Mittel der 850 hPa in der zweiten Wochenhälfte auch zurück, allerdings gibt es
auch Lösungen, die diesen Rückgang weniger stark und zeitlich versetzt zeigen.
Spätestens zum dann folgenden Wochenende ist noch ziemlich viel Spielraum.
Beim Geopotential bewegen sich Haupt- und Kontrolllauf eher am unteren Rand des
Mittels aus alle Modellläufen.
Abgesehen von stärkeren Signalen rund um die Wochenmitte bleiben die Signale bei
der Niederschlagsprognose eher schwach.

Das Clustering des ECWMF zeigt im Zeitraum +120 h bis + 168 h (Mittwoch bis
Freitag) nur eine Member. Damit lässt sich der Durchgang der Störung, genauer
gesagt des Troges, als recht gesichert einordnen. Dies passt auch zu den weiter
oben beschriebenen Konsistenzbetrachtungen, die nur Unterschiede im Detail
andeuteten.
Im Zeitraum +192 h bis +240 h (Samstag bis Montag) werden drei verschiedene
Lösungen angeboten. Die Unterschiede für Deutschland bestehen insbesondere
darin, wie sehr sich nach der Störung Geopotential und Bodendruck wieder stärken
können. Während Cluster 1 mit dem Kontrolllauf ziemlich zyklonal geprägt ist,
zeigt sich auch im Cluster 2 die Zonalisierung, allerdings mit stärker
antizyklonalem Touch. Cluster 3 zeigt schließlich den Aufbau eines breiten und
stabilen Höhenrückens.

Das EPS des GFS zeigt zunächst ebenso eine nur geringe Streubreite. Diese nimmt
dann in der zweiten Hälfte der kommenden Woche zu. Es fällt aber auch auf, dass
die Niederschlagssignale bis in die erweiterte Mittelfrist hinein gering
bleiben.

FAZIT: Die mittelfristige Entwicklung der Großwetterlage ist bis Mitte kommender
Woche, mit allen Unterschieden im Detail, als recht sicher einzuordnen. Fraglich
ist, wie nachhaltig eine mögliche trogrückseitige Abkühlung ausfällt und ob sich
nachfolgend eine Zonalisierung einstellt. Von einer richtigen Westwetterlage,
über eine antizyklonale Westströmung bis hin zu einem persistenten und kräftigen
Höhenrücken sind noch einige Optionen denkbar.
Festhalten lässt sich auch, dass ein durchgreifendes Ende der Trockenheit
unabhängig von der Lösung mittelfristig nicht zu erkennen ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bei den signifikanten Wettererscheinungen stehen Hitze und Gewitter auf dem
Tableau.

Nach einer kurzen Pause muss zu Beginn der Mittelfrist am Montag und Dienstag
gebietsweise erneut mit einer starken Wärmebelastung gerechnet werden. Im
Anschluss daran entspannt sich die Situation bei der Temperatur.

Gewitter mit Starkregen sind am Montag noch die Ausnahme und betreffen den
äußersten Westen und Nordwesten. Zum Dienstag und Mittwoch steigt das
Gewitterrisiko deutlich an, wobei das Potential für Unwetter vor allem aufgrund
von Starkregen besteht.

Am Donnerstag betreffen einzelne Gewitter und Unwetter noch den Osten und
Südosten des Landes, das Potential lässt aber deutlich nach.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, ECMWF-EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer