DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-07-2018 17:01
SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 22.07.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Montag im Südosten nochmals einzelne Gewitter mit Starkregen. Danach
zunehmend starke Wärmebelastung und lediglich ganz vereinzelte Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... reicht in 500 hPa ein flacher Höhentrog mit Drehzentrum über
Südschweden bis nach Ostdeutschland, während sich die Südhälfte noch im
Einflussbereich einer von Osteuropa über den Ostalpenraum bis nach
Südostfrankreich reichenden und mit mehreren kleineren Höhentiefs ausgestatteten
Potenzialrinne befindet. Beide Potenzialgebilde generieren kaum mehr dynamischen
Hebungsantrieb, am ehesten noch die Rinne über Süddeutschland. Während sich der
Höhentrog bis Montagfrüh allmählich ostwärts verlagert, kommt die Rinne rascher
nach Südosten voran, verschärft sich zu einem recht markanten Trog und erreicht
morgens Mittelitalien, die Adria bzw. die Balkanstaaten.
Somit kann im Verlaufe der Nacht von Westen her ein Höhenrücken über der Nordsee
allmählich ostwärts vorrücken, bleibt mit seiner Achse aber zunächst noch
nordwestlich des Vorhersagegebietes. Dabei dreht die schwache Höhenströmung auf
Nord und verstärkt sich etwas.
Im Bodenfeld verläuft aktuell eine nur sehr flach ausgeprägte Tiefdruckrinne
meridional ausgerichtet über die Osthälfte und die Mitte Deutschlands hinweg
südsüdwestwärts. In deren Einflussbereich befand sich am Nachmittag - ebenso wie
in der gesamten Südhälfte - eine potenziell instabile Luftmasse mit PPW-Werten
über 30 mm und mehreren 100 J/kg ML-Cape, so dass sich dort - vor allem entlang
der Konvergenz - Schauer und Gewitter entwickelt haben, gebietsweise mit
Starkregen, punktuell sogar unwetterartig. Auch im Südosten Bayerns, im
Einflussbereich der Potenzialrinne, gibt es schauerartige Regenfälle, allerdings
mangels Cape (die Einstrahlung fehlte dort) weniger konvektiv durchsetzt.
Im Laufe der Nacht kommt die flache Bodenrinne allmählich ostsüdostwärts voran
und tagesgangbedingt schwächen sich die Schauer und Gewitter dort zögernd ab.
Lediglich im Süden, im Einflussbereich der Potenzialrinne, wo auch nachts noch
ein wenig Hebung aktiv bleibt, genauer gesagt, vor allem entlang und südlich der
Donau, muss auch die Nacht über mit weiteren schauerartigen Regenfällen
gerechnet werden, vereinzelt können dabei auch noch Gewitter auftreten. C-D2-EPS
zeigt dort aber nur noch sehr geringe Wahrscheinlichkeiten für Starkregen.
Im übrigen Land lockern die Wolken auf, wobei sich vor allem dort, wo es
geregnet hat, Nebel bilden kann. In den äußersten Nordwesten gelangt von der
Nordsee her später etwas dichtere SC-Bewölkung, die wohl niedertroposphärischer
WLA auf der Vorderseite des Höhenrückens geschuldet ist.

Montag ... kommt der Höhenrücken etwas weiter ostwärts voran und befindet sich
abends mit seiner Achse über Nordwest-/Norddeutschland.
Auch im Bodenfeld weitet sich ein Keil des Azorenhochs auf weite Teile des
Vorhersagegebietes aus, die Tiefdruckrinne wird endgültig nach Polen abgedrängt.
Aufgrund der schwachen niedertroposphärischen Strömungsverhältnisse kann die
potenziell instabile Luftmasse aber noch nicht komplett aus dem Vorhersagebiet
verdrängt werden. Vor allem Teile Bayerns (außer Unterfranken), der Südosten
Baden-Württembergs und eventuell auch noch das östliche Bergland bzw. Ostsachsen
bleiben zunächst noch in deren Einflussbereich. Bei ähnlichen Labilitätswerten
wie am Vortag (bis oder knapp über 500 J/kg ML-Cape und PPW um 30 mm) können
sich erneut - wohl ausgehend vom Bergland bzw. Alpenrand - Schauer und Gewitter
bilden. Aufgrund der langsamen Verlagerungsgeschwindigkeit bleibt vor allem der
Starkregen im Fokus der Warntätigkeit, wobei die Wahrscheinlichkeiten für
Unwetter wohl noch geringer als am heutigen Sonntag ausfallen.
Wie weit die Konvektion nach Norden reicht, ist noch unklar. Eventuell sind
anfangs auch noch das Osterzgebirge, das Zittauer Gebirge und die Oberlausitz
betroffen (ICON-EU simuliert mittags bzw. am frühen Nachmittag noch Cape, aber
so gut wie keine Niederschläge, ECMWF (von 00 UTC) bzw. GFS (von 06 UTC)
hingegen schon).
Im übrigen Land steht dagegen ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Von der
Nordsee her können sich stabiler geschichtete Luftmassen durchsetzen, allerdings
bleibt es mit Werten zwischen 12 und 15 Grad in 850 hPa sehr warm. Der
Nordseestratus dringt vielleicht noch etwas weiter landeinwärts vor, soll aber
nach Lesart der Modelle mehr und mehr zerbröseln. Stärkere Quellbewölkung kann
es - außer im Südosten - wohl auch noch im äußersten Osten und im Südwesten
sowie im zentralen Mittelgebirgsraum geben, für einen Schauer dürfte es aber
aufgrund eines Deckels in etwa 700 hPa kaum mehr reichen.
Ansonsten scheint aber vielerorts die Sonne bei Höchstwerten zwischen 25 und 31
Grad, südlich der Donau und bei auflandigem Wind auch an den Küsten bleibt es
etwas kühler.

In der Nacht zum Dienstag dringt der Höhenrücken nach Mitteleuropa vor und
verstärkt sich. Auch im Bodenfeld steigt der Luftdruck noch etwas, der
Schwerpunkt des flachen Hochdruckgebietes befindet sich morgens etwa über dem
Osten Deutschlands.
Somit kann die feuchtere Luftmasse endgültig auch aus dem Südosten des Landes
verdrängt werden und die schauerartigen Regenfälle, anfangs auch noch Gewitter
lassen nach. Verbreitet ist es dann aufgelockert bis gering bewölkt, wobei sich
vor allem im Südosten und entlang der Donau Nebel bilden kann. Lediglich der
Küstenbereich, insbesondere Schleswig-Holstein, wird zeitweise von dichteren
Wolkenfeldern überquert, die aus schwacher WLA resultieren.

Dienstag ... kann sich über Norddeutschland ein eigenständiges Höhenhoch
abkapseln, wohl auch gestützt durch WLA vorderseitig eines umfangreichen
Höhentroges über dem Nordatlantik mit Drehzentrum über Island. Im Bodenfeld
verlagert sich der Schwerpunkt des Hochs allmählich ins nördliche Mitteleuropa,
von Südwesten her setzt schwacher Druckfall ein.
Die Luftmasse trocknet vor allem im Süden und in der Mitte durch das Absinken
weiter ab, zudem ist sie relativ stark gedeckelt. Somit können sich zwar vor
allem über dem Bergland erneut Quellwolken bilden, für Schauer oder gar Gewitter
sollte es aber kaum reichen, am ehesten vielleicht noch im ostbayerischen
Mittelgebirgsraum und im Schwarzwald. Ansonsten scheint neben wenigen flachen
Quellwolken meist die Sonne, lediglich ganz im Norden ist es anfangs aufgrund
der WLA noch gebietsweise bewölkt. Ein Randtrog, der nach Lesart einiger
Vorläufe noch den äußersten Osten streifen sollte, wurde im 06 UTC- Lauf bzw. im
aktuellen Lauf wieder "rausgerechnet". Nach dem Szenario wäre dort höher
reichende Konvektion mit einzelnen Schauern und Gewittern nicht ausgeschlossen.
Die Luftmasse kann sich allmählich weiter erwärmen, bis zum Abend steigt die
Temperatur in 850 hPa auf 13 bis 17 Grad. Somit werden bei meist schwachen
östlichen Winden Höchstwerte zwischen 28 und 34 Grad erwartet, etwas kühler
bleibt es an den Küsten - insbesondere der Ostsee - und Richtung Alpen.

In der Nacht zum Mittwoch wird das Höhenhoch sowohl vom Nordatlantiktrog als
auch von einem kleinen Randtrog, der sich von der südöstlichen Ostsee nach Polen
verlagert, in die Zange genommen, bleibt aber weiterhin wetterbestimmend. Somit
verläuft die Nacht vielerorts gering bewölkt oder klar, eventuell können in die
Osthälfte etwas dichtere Wolkenfelder vordringen, die aber keinen Niederschlag
bringen. Vor allem im Süden und in der Mitte fällt die Nacht noch einigermaßen
kühl aus, während es in den Ballungszentren Westdeutschlands und auch im
Küstenbereich (bei etwa 20 Grad Wasseroberflächentemperatur) sehr mild bleibt.

Mittwoch ... bleibt vom ehemaligen Höhenhoch über Mitteleuropa nur noch eine
Potenzialbrücke übrig, die über Westdeutschland hinweg nordwärts verläuft und
flankiert wird vom umfangreichen Höhentrog über dem Nordatlantik mit einem die
Britischen Inseln ostwärts überquerenden flachen Randtrog sowie einem Höhentief
mit mehreren Drehzentren über Ost- bzw. Südosteuropa. Ausgehend von diesem
Höhentief kann ein Randtrog bzw. ein Kaltlufttropfen über dem Westen Polens auch
zeitweise die Osthälfte Deutschlands mit etwas höhenkälterer Luft beeinflussen.
Ob es gebietsweise für höher reichende Konvektion in Form einzelner Gewitter
reicht, wie sie zum Beispiel der 06 UTC-Lauf des GFS auf dem Plan hatte, ist
aber noch fraglich. Der aktuelle ICON-EU-Lauf und der IFS-Lauf von 00 UTC geben
jedenfalls kaum Signale dafür, am ehesten noch im östlichen Mittelgebirgsraum.
Im Bodenfeld kann sich aufgrund der kräftigen Einstrahlung eine allerdings nur
sehr flache Tiefdruckrinne über der Mitte Deutschlands ausbilden. Die Luftmasse
im Einflussbereich der Rinne weist zwar relativ hohe PPW-Werte zwischen 25 und
30 mm bzw. auch knapp darüber auf, aufgrund der warmen Troposphäre allerdings
keine allzu hohe ML-Cape (punktuell über 500 J/kg, aber unter 1000 J/kg).
Dynamischer Antrieb ist keiner vorhanden, eher im Gegenteil und somit ist höher
reichende Konvektion, am ehesten noch orographisch getriggert denkbar. Der
aktuelle Lauf des ICON-EU lässt allerdings an der Westflanke der Potenzialbrücke
über Benelux einen sehr flachen Kurzwellentrog hinweglaufen, der über dem
äußersten Westen/Nordwesten Deutschlands auch etwas Hebung generieren könnte.
Dieses Szenario würde - neben einzelnen Überentwicklungen im Bergland - auch
dort vereinzelte Gewitter zulassen, die mangels Zuggeschwindigkeit in punkto
Starkregen gleich auch wieder die Unwetterkriterien reißen könnten. Noch ist
diese Entwicklung - ähnlich, wie das Gewitterpotenzial ganz im Osten - aber mit
mehreren Fragezeichen versehen und sollte nicht allzu ernst genommen werden.
Wesentlich prägnanter ist die Temperaturentwicklung und die damit verbundene
starke Wärmebelastung. Es steht nämlich eine mehrtägige Hitzewelle ins Haus. Die
flache Potenzialbrücke erweist sich nämlich auch an den Folgetagen als sehr
stabil, so dass sich die Luftmasse weiter erwärmen kann. Die Temperaturen
steigen bis Mittwochabend in 850 hPa auf etwa 14 bis 19 Grad, dazu scheint,
abgesehen von einzelnen Quellwolken, meist die Sonne. Somit sind Höchstwerte
zwischen 29 und 35 Grad zu erwarten, lediglich an den Küsten sorgt auflebender
Seewind abschnittsweise für Entspannung und auch an den Alpen wird es wohl nicht
ganz so heiß.


Modellvergleich und -einschätzung
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Kleine Differenzen gibt es am ehesten noch bzgl. kleinräumiger und sehr flacher
Randtröge bzw. Kaltlufttropfen ganz im Westen und Osten des Landes am Mittwoch,
die dort für etwas mehr Quellbewölkung und ganz vereinzelte Gewitter sorgen
könnten. Ansonsten zeigen aber alle vorliegenden Modelle eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Der bevorstehenden Hitzewelle steht somit fast nichts mehr im
Wege.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff