DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-07-2018 07:30
SXEU31 DWAV 210800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.07.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM
Im Norden und Osten Andauer der Trockenheit. Heute im Süden und in der Mitte, am
Sonntag weiter in den Nordosten ausgreifend einzelne Gewitter bzw.
schauerartiger Regen mit Gefahr von Starkregen bis in den Unwetterbereich.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Samstag... gerät Deutschland zunehmend in den Einflussbereich eines sich vom
westlichen Mitteleuropa nähernden und über Nordwestfrankreich bzw. der Biskaya
abtropfenden Höhentroges. Das nördliche Trogresiduum verlagert sich allmählich
über die Nordsee hinweg ostsüdostwärts. Am Sonntag, 00 UTC verläuft dessen Achse
von Südnorwegen bis zur Deutschen Bucht, gleichzeitig tropft aus einem über die
Alpen hinweg langsam nordostwärts ziehenden Randtrog ein Höhentief über dem
Osten Österreichs ab.
Insgesamt ist das Geopotenzialfeld über dem Vorhersagegebiet sowohl in 300 als
auch in 500 hPa geprägt durch einen schwachen Potenzialgradienten, wobei etwas
dynamische Hebung - hauptsächlich wohl aufgrund von PVA - am ehesten noch
vorderseitig des sich von den Alpen nähernden Randtroges über dem Süden und
Südosten Deutschlands auszumachen ist.
Im Bodenfeld dominiert weiterhin schwacher Druckfall, der in einer flachen,
zunächst noch halbwegs zonal ausgerichteten Tiefdruckrinne mündet, die sich ganz
allmählich nach Norden verlagert und zum 18 UTC-Termin etwa vom
Westmünsterland/Emsland bis zum Vogtland verläuft.
Nördlich und nordöstlich der Rinne gelangt mit schwachen bis mäßigen Winden aus
Nord bis Ost sehr warme und weiterhin trockene Luft nach Nord- und
Ostdeutschland, so dass dort einem sonnigen Tag nichts im Wege steht, wobei die
Temperaturen gegenüber gestern bei schwacher niedertroposphärischer WLA von
Südosten her (11 bis 15 Grad in 850 hPa) etwas ansteigen und vor allem von
Ostsachsen bis in den Hamburger Raum vielerorts die 30 Grad erreichen bzw. knapp
überschreiten. An den Küsten bleibt es bei Seewind mit 22 bis 25 Grad etwas
"frischer".
Im Rinnenbereich und südlich davon dominiert dagegen eine potenziell instabile
Luftmasse, die allmählich nach Norden vorankommt auch zunehmend auch die
mittleren Landesteile erfasst. Dabei befindet sich die labilste Luftmasse (mit
den höchsten Lapse Rates) eher im Bereich der Rinne, die energiereichste dagegen
erst weiter südlich, was dem Entrainment der bodennah sehr trockenen trockenen
Festlandluft von Nordosten her in den Rinnenbereich geschuldet sich. Südlich der
Rinne steigen die PPW-Werte dagegen auf über 30 mm, allerdings wird wohl meist
nur eine ML-Cape von etwa 500 bis nahe 1000 J/kg generiert, was wohl der
mangelnden Einstrahlung und dem dadurch limitierten Energieinput geschuldet ist
(viel Gewölk und Schauer- bzw. Gewitterreste aus der Nacht heraus).
Wie man leicht sieht, ist die gesamte Gemengelage durchaus diffizil, was die
(detaillierte) Vorhersage nicht einfach macht. Zudem zeigen einige Konvektion
zulassende Modelle (z.B. SuperHD) eine bessere Überlappung von Feuchte und
Labilität im Rinnenbereich als das Cosmo-D2.
Aktuell dominieren in weiten Teilen Süddeutschlands bereits dichte Bewölkung und
schauerartige Niederschläge meist leichter Intensität. Lediglich ganz im
Südwesten lockern die Wolken bereits auf. Über Rheinland-Pfalz und dem
südöstlichen NRW verlagern sich schauerartige Regenfälle allmählich unter
Abschwächung nordwärts. Neue Auslöse ist zunächst am ehesten denkbar rückseitig
dieser Niederschlagsgebiete und - etwas Einstrahlung vorausgesetzt -
orographisch getriggert, also z.B. im Schwarzwald, in Schwaben und in den
westlichen Mittelgebirgen, was die meisten Modelle auch so auf dem Plan haben.
C-D2-EPS zeigt entsprechend vor allem von der Eifel bis zum Pfälzer Wald im
Zeitraum 12 bis 18 UTC die höchsten Wahrscheinlichkeiten für Starkregen (für
Unwetter auch bis über 30 %). Erstaunlicherweise zieht der aktuelle
deterministische Lauf da nicht mit und zeigt die Schwerpunkte eher in Südhessen,
im nördlichen BaWü und im nördlichen Oberbayern. Beiden gemeinsam ist das Fehlen
(fast) jeglicher Konvektion im unmittelbaren Rinnenbereich. SuperHD hat dagegen
dort - zunächst orographisch getriggert - recht hohe konvektive Aktivität auf
der Karte und simuliert vom Harz und Thüringer Wald ausgehende Konvektion, die
sich dann entlang des konvergenten Windfeldes im Rinnenbereich bis ins
nordwestliche Niedersachsen ausweiten soll. Arome legt die Schwerpunkte dagegen
etwas weiter südlich (Sauer-/Siegerland, Fichtelgebirge).
Wie auch immer - der Fokus der Warntätigkeit liegt mangels Zuggeschwindigkeit
der Gewitter einmal mehr auf dem Starkregen, der punktuell rasch wieder
Unwetterkriterien reißen dürfte. Vor allem im Süden ist gebietsweise auch
mehrstündiger, eventuell mehrstündiger Starkregen denkbar. Hagel spielt
bevorzugt im Anfangsstadium der Zellen sicherlich auch eine Rolle, aufgrund der
limitierten Cape sollte die Korngröße die 2 cm aber kaum überschreiten. Von der
Ausgabe einer Vorabinformation wird aufgrund der Unsicherheiten erst einmal
abgesehen, zumal die Unwetterkriterien wohl auch nur sehr kleinräumig gerissen
werden.
Abschließend bleibt noch festzuhalten, dass die Höchsttemperaturen im Süden und
Westen und auch in den mittleren Landesteilen mangels Einstrahlung nicht mehr
die Werte des Vortages erreichen. In Teilen Süddeutschlands reicht es wohl nicht
mal für einen Sommertag.

In der Nacht zum Sonntag kommt der Trog über dem nördlichen Mitteleuropa etwas
nach Südosten, nach Nordwestdeutschland und Dänemark voran. Süddeutschland
befindet sich nach wie vor im Bereich einer schwachgradientigen Potenzialrinne
mit kleinräumigen Höhentiefs (um 06 UTC in 500 hPa) über der Schwäbischen Alb
und dem Wiener Becken. Dabei bleiben dort schwache Hebungsprozesse aktiv.
Im Bodenfeld nimmt die Rinne mit Annäherung des Troges eine zunehmend
meridionale Ausrichtung an und erstreckt sich um 06 UTC von Schleswig-Holstein
über das östliche Niedersachsen bis ins Vogtland. Dabei klingen die Schauer und
Gewitter vor allem über der Mitte des Landes tagesgangbedingt im Laufe der Nacht
allmählich ab. Im Südosten dauern die konvektiven Niederschläge dagegen aufgrund
des Hebungsantriebes noch länger an, vor allem im Südosten und Süden Bayerns
haben einige Modelle Signale für mehrstündigen Starkregen (ECMWF zwischen
München und Landshut auch bis in den Unwetterbereich) auf der Karte.

Sonntag... wird der Resttrog im Norden durch einen rückseitig hineinstoßenden
Sekundärtrog noch mal etwas regeneriert, so dass der nur zögerlich nach Osten
vorankommt. Die Potenzialrinne über Süddeutschland verlagert sich ein wenig nach
Süden, etwa in den Alpenraum.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne allmählich nach Osten voran und befindet
sich abends in etwa über Polen und Tschechien. Rückseitig steigt der Luftdruck
leicht an und der schwache Wind dreht auf Nordwest, wodurch stabilere
Nordseeluft in den Nordwesten und Westen, also in weite Teile Niedersachsens,
Schleswig-Holsteins und Nordrhein-Westfalens (außer Südosten) advehiert wird.
Dort bleibt es überwiegend trocken und auch recht sonnig bei Höchstwerten
zwischen 25 und 29 Grad, im Nordseeumfeld bei Seewind knapp über 20 Grad. Auch
in den äußersten Osten (Ostvorpommern bis zur Lausitz), der sich im
Rinnenbereich befindet, gelangt von Osten her noch recht trockene Luft, so dass
es dort kaum für Gewitter reichen sollte, am ehesten noch orographisch
getriggert (Osterzgebirge, Zittauer Gebirge).
Ansonsten ist aber bei ähnlichen Labilitäts-, Energie- und Feuchtewerten wie am
Vortag - wohl ausgehend von den Mittelgebirgen - im Tagesverlauf mit einem
erneuten Aufleben der Konvektion zu rechnen. Schwerpunkte lassen sich nur schwer
herausarbeiten und sind stark abhängig von den Bewölkungsverhältnissen bzw. -
vor allem im Süden - der Schauer- und Gewitteraktivität aus der Nacht heraus.
Allerdings dürfte die Konvektion über der Mitte und dem Norden des Landes
unmittelbar rückseitig der Rinne mangels "Luftmasse" nur isoliert auftreten,
wobei die Unwettergefahr aufgrund von Starkregen eher gering bleibt, wenngleich
aufgrund der nach wie vor sehr geringen Zuggeschwindigkeit nicht ausgeschlossen
werden kann. Lediglich EURO 4 simuliert dort - etwa Anders im Süden, wo an der
Nordflanke der Potenzialrinne nach wie vor auch schwacher Hebungsantrieb
vorhanden ist. Erneut gibt es im Süden bzw. Südosten Bayerns sowie im südlichen
Baden-Württemberg auch Signale für mehrstündigen, teils mit Gewittern
durchsetzten Starkregen, wobei die Wahrscheinlichkeit für Unwetter dort erhöht
bleibt.
Am Temperaturniveau ändert sich gegenüber dem Vortag nur wenig.

In der Nacht zum Montag verlagert sich der Resttrog über Norddeutschland
weiterhin nur sehr langsam ostwärts, ins westliche Polen, der Trog über dem
Alpenraum kann sich verstärken, zieht aber nach Südosten ab. Von Westen her
gelangt das Vorhersagegebiet auf die Vorderseite eines Höhenrückens, der sich
morgens über den Ärmelkanal hinweg nordostwärts bis nach Dänemark erstreckt.
Dabei stellt sich eine schwache nördliche Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld dauert der schwache Luftdruckanstieg weiterhin an und ein
Azorenhochkeil dringt nach Westdeutschland vor. Somit kann die stabilere
Luftmasse von Nordwesten her allmählich weiter nach Südosten an Raum gewinnen,
vermag die instabile Luftmasse aber noch nicht komplett zu verdrängen. Während
die Schauer- und Gewittertätigkeit nach Nordosten zu und auch in der Mitte wohl
allmählich zum Erliegen kommt, gibt es in der Südhälfte weiterhin gebietsweise
schauerartige Niederschläge, die vor allem anfangs auch noch von Gewittern
durchsetzt sein können. Die MU_Cape und PPW-Werte gehen allerdings allmählich
zurück, so dass das Potenzial für markanten Starkregen oder gar Unwetter weiter
abnimmt.
Im Nordwesten wird der Höhenrücken in 700 hPa von einem schwachen Sekundärtrog
überlaufen, wobei dort etwas WLA wirksam wird. Niedertroposphärisch wird dadurch
etwas Hebung ausgelöst, die sich in Form dichter SC-Bewölkung bemerkbar macht,
die von der Nordsee her nach Nordwestdeutschland vordringt. Bis auf ein paar
Spritzer Nieselregen werden dort keine nennenswerten Niederschläge erwartet.
In der Mitte lockern die Wolken dagegen stärker auf und es kann sich
gebietsweise Nebel bilden.

Montag... kommt der Höhenrücken ein wenig nach Osten voran, abends verläuft
dessen Achse über Benelux und Nordwestdeutschland hinweg bis nach Südschweden.
Der Trog über dem westlichen Polen zeigt hingegen kaum Verlagerungstendenz und
weitet sich ein wenig nach Süden aus. Insgesamt kann sich die schwache nördliche
Höhenströmung dadurch etwas verstärken.
Im Bodenfeld setzt sich der Druckanstieg hingegen nur sehr langsam fort und die
schwache nordwestliche Strömung vermag die instabile Luftmasse (noch) nicht
komplett aus dem Vorhersagegebiet verdrängen. Etwa entlang und südlich einer
Linie Südpfalz - Ostsachsen (eventuell auch noch südliches Brandenburg) werden
erneut punktuell mehr als 500 J/kg ML-Cape simuliert bei PPW-Werten um 30 mm.
Etwas Einstrahlung vorausgesetzt (wo und wie lange, ist natürlich noch mit
großen Unsicherheiten verbunden) können diese Cape-Werte auch generiert werden
und vor allem orographisch getriggert setzt im Tagesverlauf wieder Auslöse ein.
Schwerpunktsregionen lassen sich naturgemäß noch schwieriger abschätzen als an
den Vortagen und auch bzgl. der räumlichen Ausweitung der Luftmasse nach Norden
gibt es noch kleinere Differenzen (bis nach Südbrandenburg oder doch nur bis
nach Ostsachsen?). Die höchsten Labilitäts- und Feuchtewerte weist die Luftmasse
nach wie vor über weiten Teilen Bayerns und dem Südosten Baden-Württembergs auf,
dort ist auch das Potenzial für Unwetter (aufgrund von Starkregen) noch am
höchsten. Insgesamt sickert aber schon etwas trockenere Luft ein und die
Wahrscheinlichkeit für Unwetter nimmt gegenüber den Vortagen ab.
Ansonsten verläuft der Tag wettertechnisch ruhig. Mit der nordwestlichen
Bodenströmung kann die dichte SC-Bewölkung im Nordwesten noch etwas weiter
landeinwärts vordringen, lockert allerdings im Tagesverlauf allmählich wieder
auf. Recht sonnig wird es dagegen im Südwesten und in den mittleren
Landesteilen. Die Temperaturen steigen insgesamt wieder etwas an, auf 25 bis 32
Grad, mit den höchsten Werten am Oberrhein. Kühler bleibt es im bewölkten
Südbayern sowie bei Seewind an den Küsten, insbesondere der Nordsee.


Modellvergleich und -einschätzung
Die Detailentwicklung heute und am Sonntag ist nicht ganz einfach einzuschätzen,
was im Text bereits an verschiedenen Stellen angeklungen ist. Von daher wird das
Warnmanagement von den klassischen Methoden des Nowcastings geprägt sein. Von
Vorabinformationen wird aufgrund der großen Unsicherheiten und der
Kleinräumigkeit eventueller Starkregen-Unwetter sowohl heute als auch wohl am
morgigen Sonntag abgesehen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff