DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-07-2018 17:30
SXEU31 DWAV 201800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.07.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs im Südwesten, am Samstag auch in der Mitte Gewitter oder schauerartige
und teils gewittrige Regenfälle. Hauptgefahr durch Starkregen (ein- oder
mehrstündig). Am Sonntag und Montag sich allmählich nach Süden und Südosten
zurückziehende Schauer und Gewitter

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen einem mittlerweile schon
abgetropften Höhentrog (siehe zyklonale Radarstruktur vom Nachmittag) und einem
ganz langsam ostwärts auswandernden Rücken. Die nach wie vor schwache
Höhenströmung beginnt aufzusteilen und bis zum Morgen auf Süd-Südwest zu drehen.
Aus dem Trog respektive Höhentief über Frankreich/Ärmelkanal löst sich ein
kleiner Randtrog (gut erkennbar in 700 hPa), der auf den Südwesten des
Vorhersageraums übergreift und dort durch PVA für dynamische Hebungsimpulse
sorgt. Laut Numerik reichen diese Impulse aus, den Tagesgang überzukompensieren.

So muss auch in der Nacht mit weiteren Gewittern gerechnet werden, die von
Ostfrankreich und der Schweiz her, vielleicht auch vom Vorarlberg her auf den
Süden und Südwesten übergreifen, um von dort langsam ost-nordostwärts zu ziehen.
Zum Teil können die Gewitter auch verclustert sein und in Form gewittrigen
Regens auftreten. Wie die Gewitter- und Regenverteilung letztlich aussehen wird
und wie weit das Ganze nach Osten bzw. in die Mitte vorankommt, muss abgewartet
werden; zu unterschiedlich sind die Lösungen der diversen zur Verfügung
stehenden Modelle. Als Quintessenz lässt sich aber herausarbeiten, dass bei
weiterer Anfeuchtung der Luftmasse (Anstieg des PPWs im Südwesten auf über 30
mm) der Fokus auf Starkregen liegt, örtlich auch als Unwetter.
Den größeren Rest des Landes, insbesondere den Norden und den Osten jucken die
o.e. Abläufe mal rein gar nicht. Bei überwiegend klarem Himmel geht die
Temperatur in der trockenen Luft (Taupunkte heute Nachmittag verbreitet
einstellig) lokal auf Werte um oder sogar unter 10°C zurück - viel Spaß beim
Lüften!

Samstag ... "rutscht" das Höhentief ganz gemächlich über Zentral- in Richtung
Südfrankreich, während das nördliche Trogresiduum über die Nordsee langsam
ostwärts schwenkt. Da sich das Höhentief beginnt aufzufüllen, wird der ohnehin
schon schwache Potenzialgradient bei uns noch schwächer, so dass man am
Nachmittag und Abend froh sein kann, wenn man überhaupt eine Isohypse (bei
1-zu-1gpdm-Darstellung!) über dem Vorhersageraum findet.
Wie auch immer, Tatsache ist, dass der Luftdruck etwas fällt, was schlussendlich
in eine Tiefdruckrinne mündet. Die Rinne verschiebt sich step by step nach
Norden, am Nachmittag reicht die Längsachse unter Berücksichtigung üblicher
Toleranzen etwa vom Münster- bzw. Emsland bis nach Oberfranken.
Nördlich der Rinne ist bei schwachen, an der Nordsee auch mal mäßigen nördlichen
bis östlichen Winden weiterhin trockene Warmluft am Start, die weiten Teilen
Nord- und Ostdeutschlands einen sonnenscheinreichen und heißen 21. Juli bringt.
Bei 850-hPa-Temperaturen von 11 bis 16°C geht es in 2m Höhe hoch auf 27 bis
33°C. Lediglich dort, wo sich für längere Zeit eine Seewindkomponente einstellt,
wird es nicht ganz so heiß.
Wettertechnisch jedenfalls tut sich im Süden und in der Mitte deutlich mehr. Die
potenziell instabile Warmluft kommt - quasi im Schlepptau der Rinne - ebenfalls
nordwärts voran. Dabei findet man die höchste Labilität (siehe Lapse Rates)
innerhalb der Rinne, während die höchste Feuchte mit deutlich über 30 mm im
Süden zu finden ist. Dort werden auch die höchsten ML-CAPE-Werte simuliert
(gebietsweise über 500 J/kg), die in der großen Fläche aber eher verhalten
ausfallen, was der mangelnden Einstrahlung (viel Bewölkung, teils noch aus der
Nacht heraus) und dem damit verbundenen limitierten Energieinput geschuldet ist.

Wie man leicht sieht, ist die gesamte Gemengelage durchaus diffizil, was die
(detaillierte) Vorhersage nicht einfach macht. Gut vorstellbar ist ein Verlauf,
der am Vormittag erst mal im Süden - z.T. noch als Übrigbleibsel aus der Nacht -
teils gewittrige Regenfälle und einzelne Gewitter bringt mit der Gefahr von
Starkregen. COSMO-DE-EPS sieht das Maximum im Süden BWs, wo durch aus die
Unwetterschwelle für Starkregen (ein- oder mehrstündig) gerissen werden kann. Im
weiteren Verlauf des Tages setzen sich im Süden Gewitter und schauerartige
(Stark)Regenfälle fort, hinzu kommen nun aber - vor allem ausgelöst durch die
Orografie, dort, wo noch etwas Einstrahlung ist, auch thermisch bedingt - im
zentralen und westlichen Mittelgebirgsraum (vielleicht sogar im Harz) einzelne
konvektive Umlagerungen in Form starker Gewitter (mit allerdings nur geringer
Unwettergefahr). Ob die Konvergenz innerhalb der Rinne (siehe Vorhersagekarte
T+24h) substanziell mithelfen kann, etwaige Gewitter in den Himmel zu schießen,
ist angesichts der sehr schwachen Winde am Boden und der vergleichsweise
trockenen Grundschicht mehr als fraglich.
Während in der Mitte teils schwülwarme 25 bis 30°C auf der Karte stehen, reicht
es im Süden aufgrund der Bewölkung und der Niederschläge vielerorts nicht für
einen Sommertag. Am Alpenrand wird es mancherorts sogar schwer, die 20°C-Marke
zu knacken.

In der Nacht zum Sonntag weitet sich der nördliche Resttrog von der Nordsee her
bis ins norddeutsche Binnenland aus. Gleichzeitig verlagert auch die
Tiefdruckrinne bis nach Norddeutschland, wobei sie eine zunehmend meridionale
Ausrichtung annimmt. So "günstig" die Strömungsbedingungen auch sind, wirklich
beeindrucken lässt sich die Atmosphäre davon nicht. Oder mit anderen Worten, bis
auf ein paar vereinzelte Schauer verpufft die Wirkung von Trog und Rinne, was
schlichtweg an der ungeeigneten, weil zu trockenen und nicht ausreichend labil
geschichteten Luftmasse liegt.
Auch die Konvektion in der Mitte und im Westen fällt mehr und mehr dem Tagesgang
zum Opfer, wohingegen es im Süden gebietsweise noch schauerartig verstärkt und
zumindest anfangs mit einzelnen Gewittern durchsetzt regnet. IFS (von 00 UTC)
und EURO4 (von 06 UTC) signalisieren für den östlichen Alpenrand nebst
angrenzenden Vorland die Gefahr von (extremen) Starkregen, was am ehesten (wenn
auch in abgeschwächter Form) von ICON-EPS supported wird.

Sonntag ... wird der Resttrog im Norden durch einen rückseitig hineinstoßenden
Sekundärtrog noch mal etwas regeneriert, so dass der nur zögerlich nach Osten
vorankommt. Die nur noch schwach ausgeprägte Rinne verlagert sich ebenfalls
langsam ostwärts. Rückseitig steigt der Luftdruck leicht an und der schwache
Wind dreht auf Nordwest, wodurch nun wieder stabilere Nordseeluft in den Westen
und Nordwesten advehiert wird. Nach Nordosten hin könnte es aber noch für den
einen oder anderen kurzen Schauer reichen, während Gewitter eher
unwahrscheinlich sind. Ähnliches gilt für die mittleren Landesteile, wo die
Gewitterwahrscheinlichkeit ebenfalls immer weiter abnimmt.
Anders die Situation im Süden, wo zwar auch eine allmähliche Stabilisierung der
Luftmasse einsetzt, wo andererseits aber noch reichlich gesamttroposphärische
Feuchte (PPW über 30 mm) vorhanden ist. Kurzum, trotz eines schwachen Keils in
der Höhe kommt es auch am Sonntag noch zu Gewittern und schauerartigen
Regenfällen mit Starkregengefahr, wobei der neueste ICON-Lauf von 12 UTC den
Schwerpunkt in den Chiemgau setzt. Allerdings sind sowohl Konsistenz als auch
Modellvergleich so geartet, dass eine wirklich belastbare Aussage, wo es am
meisten und wie viel regnet, nicht möglich ist - es sei denn, wir geben uns mit
der Aussage der EPS-Verfahren zufrieden, die allgemein von "südlich der Donau"
sprechen.
Die Temperatur erreicht verbreitet 25 bis 31°C, im Süden sowie an der Nordsee
eher etwas darunter.

In der Nacht zum Montag setzt von Westen her Potenzialanstieg ein. Wir gelangen
auf die Vorderseite eines Höhenrückens, dessen Achse am frühen Montagmorgen von
der Biscaya bis zum Oslofjord reicht (500 hPa, ICON). Entsprechend dieser
Konstellation dreht die Höhenströmung auf Nord-Nordwest, wobei sie etwas
zunimmt, was aber eher von akademischem Interesse ist. Steigen tut auch der
Luftdruck, wenn auch nicht viel. Immerhin lässt sich in der Bodenwetterkarte ein
schwacher Keil des weit nach Westen verschobenen Azorenhochs ausmachen, der sich
bis nach Deutschland vorwagt. Trotzdem reicht die Umstellung nicht, die
Wetterberuhigung gänzlich auf null runterzufahren. Oder anders ausgedrückt, im
Süden und Südosten fallen auch des Nachts noch einzelne Schauer, wohingegen die
Gewitterneigung mehr und mehr abnimmt.
Im Nordwesten wird der Rücken von einem kleinen Sekundärtrog umlaufen, der im
Verbund mit leichter WLA für tiefe Bewölkung sorgt, welche von der Nordsee in
den äußersten Norden und Nordwesten driftet. Zu mehr als ein paar wenigen
Spritzern Nieselregen wird es - wenn überhaupt - aber nicht reichen.

Montag ... verlagert sich der Rücken etwas weiter nach Osten. Nennenswerter
Druckanstieg ist damit aber nicht verbunden, und auch sonst zeigt der
Wetterablauf noch einige "Schönheitsfehler". So dehnt sich die Bewölkung im
Nordwesten noch etwas landeinwärts bzw. nach Osten aus, bevor es später von der
Deutschen Bucht her wieder beginnt aufzulockern. Bis auf vereinzelte Spritzer
Nieselregen bleibt es aber trocken.
Im Westen und auch in Teilen der Mitte zeigt sich öfters die Sonne, während es
nach Süden und Südosten hin, anfangs vielleicht auch noch im deutsch-polnischen
Grenzbereich zu einzelnen Schauern und Gewittern kommt.
Unter den Wolken Norddeutschlands bleibt die Entfaltung der Temperatur mit 21
bis 24°C limitiert, nicht wesentlich anders sieht es im äußersten Süden und
Südosten aus. Ansonsten geht es wieder hoch auf 25 bis 30°C, im
Rhein-Main-Gebiet vielleicht sogar noch ein Grad höher.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Detailentwicklung am Wochenende ist nicht ganz einfach einzuschätzen, was im
Text bereits an verschiedenen Stellen angeklungen ist. Von daher wird das
Warnmanagement von den klassischen Methoden des Nowcastings geprägt sein.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann