DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-07-2018 08:01
SXEU31 DWAV 160800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 16.07.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: indifferent

Heute im Süden und der Mitte einzelne kräftige Gewitter, lokale Unwettergefahr
durch Starkregen. Tendenz am Dienstag und Mittwoch abnehmend und immer weiter
nach Süden zurückziehend.
Am Dienstag im Nordosten mit geringer Wahrscheinlichkeit Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... startet die neue Woche fast so, wie die alte geendet ist - mit flauen
Druck- und Potenzialgegensätzen sowie warmer Luft, die im Norden eher trocken,
im Süden dagegen feucht ist. Schaut man auf die großräumige Potenzialverteilung,
so finden sich über dem nahen Ostatlantik ein Trog mit Drehzentrum unweit
Islands und ein weiterer mit zonaler Achsstellung über dem nahen Osteuropa. Dem
gegenüber steht eine Höhenantizyklone über Skandinavien, die dort ein
vergleichsweise schwaches Bodenhoch (1015-1020 hPa) stützt. Für uns bleiben bei
dieser Konstellation nur wenige Isohypsen ergo schwache Höhenwinde übrig.
Trotzdem lohnt sich ein Blick in die Vertikale, fällt dort doch ein kleines
Höhentief ins Auge, das von Ost- nach Westfriesland zieht (gestern wollte es
noch nicht zu den Holländern), das aber keinerlei Wetterwirksamkeit an den Tag
legt. Ausgehend von diesem Höhentief erstreckt sich ein schwacher Randtrog in
ost-südöstlicher Richtung bis nach Tschechien, was für die heutige
Wetterentwicklung durchaus eine gewisse Bedeutung hat.
Ansonsten ist die Ausgangslage so, dass bei weitgehend amorpher Druckverteilung
in der Nordhälfte nach wie vor relativ trockene Warmluft liegt (Taupunkte
gebietsweise unter 10°C, nur im Nordosten feuchter), während in Süddeutschland
und dem südlichen Teil der Mitte die Luftmasse feucht und potenziell instabil
ist. So ist die Geschichte für den ganzen Norden und die östlichen Landesteile
recht schnell erzählt. Zunächst scheint verbreitet die Sonne, bevor sich in der
labilen Grundschicht (die aber nur bis etwa 900-800 hPa reicht) einige
Quellungen bilden (am wenigsten nach Westen hin). Zwar wird in Vorpommern etwas
ML-CAPE generiert (punktuell um 500 J/kg) und auch das PPW steigt dort auf über
25 mm, allerdings sorgt der Keil des o.e. nordeuropäischen Höhenhochs für einen
kaum überwindbaren Deckel.
Dieser Deckel fehlt im Süden und in Teilen der Mitte, so dass es dort heute
wieder zu der einen oder anderen konvektiven Umlagerung kommen wird. Zunächst
mal aber müssen wir uns noch mit den Resten der nächtlichen gewittrigen
Regenfälle herumschlagen, die sich jetzt aber vorübergehend abschwächen, bevor
es noch im Laufe des Vormittags (niedrige Auslösetemperaturen von 22 bis 24°C)
schon wieder anfängt zu brodeln. Immerhin sorgt die vielfach starke, nun aber
mehr und mehr auflockernde Bewölkung für eine gewisse Dämpfung der Einstrahlung,
was sich - in der Fläche betrachtet - deutlich in der CAPE-Bilanz widerspiegelt.
So wird im Gegensatz zum gestrigen Sonntag nur punktuell die 1000J/kg-Marke
überschritten, meist ist es weniger. Hinzu kommt, dass von Westen her sukzessive
etwas trockenere Luft einsickert. Wie auch immer, auf Basis von COSMO-DE(-EPS),
aber auch von SuperHD wird die stärkste konvektive Aktivität in einem Korridor
erwartet, der etwa vom Rothaargebirge über den zentralen Mittelgebirgsraum
(Hessen/Thüringen) bis nach Franken verläuft und der mit in etwa mit der Achse
des o.e. Troges zusammenfällt
. Allerdings können sich auch weiter südlich einzelne Gewitter entwickeln.
Aufgrund der geringen Verlagerungsgeschwindigkeit steht einmal mehr Starkregen
als begleitender Parameter ganz oben auf dem Zettel (PPW 25 bis 30 mm), lokale
Unwetter inclusive. In Einzelfällen sind aber auch Hagel (um 2 cm) bzw.
Hagelansammlungen dabei, während Sturm nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Bei 850-hPa-Temperaturen von 11 bis 15°C wird es verbreitet 25 bis 30°C warm
respektive heiß, im Westen dürften es punktuell auch noch 1-2 Grad mehr sein.
Lediglich unmittelbar an der See und an den Alpen sowie im höheren
Mittelgebirgsraum wird es nicht ganz so warm.

In der Nacht zum Dienstag verschwindet das Höhentief von der Bildfläche und der
schwache, nach Südosten gerichtete Trog wird allmählich zugeschüttet, weil von
Südwesten her das Potenzial leicht steigt. Dieser Sachverhalt hilft entscheidend
mit, dass die Konvektion mit Unterstützung des Tagesgangs recht bald nachlassen
dürfte. Einzig Richtung Alpen könnte noch etwas länger gewittriger Regen fallen,
die Starkregengefahr ist aber gering.
Interessant könnte es im Grenzbereich zu Polen werden, wo sich von Osten her der
o.e. Trog westwärts ausweitet und für etwas Hebung sorgt. Die Vorhersagetemps
für diese Region zeigen etwas abgehobene Labilität (MU-CAPE um 300 J/kg), was
unter dem Strich für Schauer und auch mal ein Gewitter reichen könnte.
Allerdings sind sich die Modelle dahingehend einig, dass die vom Trog ausgehende
Hauptaktivität auf polnischer Seite stattfindet.

Dienstag... wölbt sich der flache Keil von Südwesten her noch etwas auf und geht
schlussendlich eine Liaison mit dem Keil des skandinavischen Höhenhochs ein.
Somit liegen weite Teile des Vorhersageraums - bei allerdings weiterhin
schwachen Potenzialgegensätzen - unter einer antizyklonal konturierten
Höhenströmung. Im Nordwesten allerdings nimmt mit Annäherung des
Ostatlantiktroges (zumindest der Südteil nähert sich) die südwestliche
Höhenströmung eine zyklonale Krümmung an, ohne dass das aber nennenswerte
Auswirkungen hätte (auch wenn z.B. C-D2, aber auch externe Modelle einzelne
Schauer und Gewitter im westlichen Niedersachsen simulieren, was freilich
möglich ist).
Deutlich spannender ist die Frage, was der andere Trog bzw. die von Osten
einsetzende WLA im äußersten Osten und Nordosten bewirken. ICON signalisiert
(übrigens zum wiederholten Male) die Gefahr nicht-gewittrigen, aber schauerartig
verstärkten (mehrstündigen) Starkregens in einem Streifen von Vorpommern bis zur
Uckermark. Gewitter sind aufgrund der vergleichsweise stabilen
Schichtungsverhältnisse eher unwahrscheinlich, es sei denn, die Regenfälle
verschieben sich so weit nach Westen, dass von Polen her einzelne
Warmlufteinschubgewitter auf den Plan treten. Wie gesagt, unwahrscheinlich,
zumal die externen Modelle ebenso wie die meisten probabilistischen
Anschlussverfahren wesentlich zurückhaltender mit den Niederschlagsmengen
agieren, so dass selbst das vermeintliche Starkregenereignis auf sehr, sehr
wackeligen Füßen steht. Aufgrund welcher Erkenntnisse C-D2 den gesamten
Nordosten mit einem Gewitterteppich in der Wetterinterpretation zupflastert,
gehört zu den unergründlichen Mysterien numerischer Computermodelle.
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass sich die potenziell instabile Warmluft mehr
und mehr in den Süden BWs und Bayerns zurückzieht, wo dann auch die Gefahr der
stärksten konvektiven Umlagerungen gegeben ist. Da sich die
Luftmasseneigenschaften nicht wesentlich ändern, besteht dort auch weiterhin
eine latente Unwettergefahr durch räumlich eng begrenzten Starkregen. Weiter
nördlich bis hoch in den zentralen Mittelgebirgsraum sind zwar auch noch
einzelne Schauer und Gewitter möglich, tendenziell trocknet die Warmluft dort
aber allmählich ab.
Die Temperatur ändert sich nur wenig gegenüber heute, allerdings wird die Fläche
mit Temperaturen von 30°C oder etwas darüber größer als heute (Ausdehnung nach
Norden und Osten).

In der Nacht zu Mittwoch schwebt über dem Nordosten weiterhin das
Damoklesschwert von Starkregen. Sonst klingen die Schauer und Gewitter aber mehr
und mehr ab, was am Alpenrand am längsten dauert.

Mittwoch... kräftigt sich der Höhenkeil noch etwas, so dass das gesamte
Höhensetup antizyklonal geprägt ist. Da fällt es kaum ins Gewicht, das von
Nordwesten her eine schwache Kaltfront durchgeht, deren Wetterwirksamkeit nahe
null ist. Immerhin wird etwas weniger warme (Rückgang T850 in der Nordhälfte auf
Werte um 10°C), vor allem aber stabilere Luft advehiert, in der sich verbreitet
die Sonne zeigt. Potenzielle Konvektion zieht sich mehr und mehr an den
Alpenrand bzw. das südliche Vorland zurück, wobei die Gewitterneigung sinkt.
Auch die Regenfälle im äußersten Osten und Nordosten - egal, welcher Intensität
- lassen zusehends nach bzw. ziehen sich nach Polen zurück. Die Tageshöchstwerte
liegen im Norden zwischen 23 und 27°C (auf den Nordseeinseln etwas darunter),
sonst bei 24 bis 29°C in den südwestdeutschen Flusstälern um 30°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der Generalkurs steht, die Feinheiten noch nicht. Insbesondere die
Niederschlags- und Gewitterentwicklung im Osten und Nordosten ab Dienstag wirft
weiterhin Fragezeichen auf.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann