DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

15-07-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 15.07.2018 um 10.30 UTC



Zunächst sommerlich warm mit nur lokalen Schauern und Gewittern, ab Freitag bei
sehr warmen, teils heißen Temperaturen schwül mit kräftigen Gewittern, und
erhöhtem Unwetterpotential.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 22.07.2018


Zu Beginn des Mittelfristeitraums am kommenden Mittwoch wird Europa von einem
Langwellentrog von den Britischen Inseln bis zur Iberischen Halbinsel reichend
sowie einem Rücken, der sich vom westlichen Mittelmeerraum bis nach Polen
erstreckt, geprägt. Die Achse liegt dabei über den Norden Deutschlands, sodass
der Nordwesten schon auf dessen Rückseite kommt. Mit einer schwachen
nordwestlichen Strömung sickert dabei etwas kühlere Nordseeluft ein, die vor
allem im Küstenumfeld zu Schauern führen kann. Weiter östlich ist zudem noch ein
großräumiges Höhentief mit Kern über Rumänien aktiv, welches warme und feuchte
Luft aus der Schwarzmeerregion teils noch bis in den Nordosten Deutschlands
transportiert. Entsprechend sind am Mittwoch von der Lausitz bis zur Ostsee noch
Aufgleitprozesse zu verzeichnen, die schauerartige, teils gewitterige
Niederschläge bringen. Zudem sind im schwachgradientigen Bodendruckfeld in der
sehr warmen Luft in Süddeutschland örtlich vertikale Umlagerungen zu erwarten.
Entsprechende Schauer und Gewitter können aufgrund einer nicht nennenswerten
Verlagerung mit Starkregen einhergehen.
Am Donnerstag baut der Langwellentrog über Westeuropa seine Amplitude weiter
nach Süden aus und reicht bis an die Küsten Nordwestafrikas. Gleichzeitig kann
sich der Höhenrücken mit dem Höhenhoch über Nordosteuropa zusammenschließen.
Entsprechend stellt sich die Höhenströmung bei allerdings nur geringen
Geopotentialunterschieden weiter meridional auf. Im Bereich des Rückens sowie
korrelierendem schwachen Hochdruckeinfluss am Boden sind Deutschlandweit keine
nennenswerten Niederschläge zu erwarten. Geringe Hebungssignale gibt es infolge
durchziehender kurzwelliger Anteile nur im Nordwesten sowie in der weiter
alternden warmen Luft Richtung Alpen.
Ab Freitag beginnt sich der Langwellentrog nach den neusten EZMW Berechnungen
von der Höhenströmung abzukoppeln, um sich nachfolgend bis Sonntag mit Kern
langsam südwärts nach Südfrankreich zu verlagern. Eine Ostverschiebung ist dabei
derzeit nicht zu erkennen. Korrelierend zur Höhe kann sich bei weiter schwachen
Luftdruckgegensätzen in den bodennahen Schichten ein Tief über den
Benelux-Staaten entwickeln. Deutschland liegt dabei auf der Vorderseite des
Höhentiefs im Bereich von schwachem Tiefdruckeinfluss am Boden. Die
Luftdruckstrukturen reichen jedoch aus, dass sich in 850 hPa von Süden her die
15 Grad Isotherme bis zur Nordsee ausbreiten kann und sich an den Alpen die 20
Grad Isotherme blicken lässt. Vor allem in der Südwesthälfte setzen auf der
Trogvorderseite mit durchschwenken kurzwelliger Anteile dynamische
Hebungsprozesse ein, die teils hochreichende schwere Konvektion auslösen. Lokal
besteht Unwettergefahr durch heftigen Starkregen. Das Temperaturniveau tendiert
in diesem Zusammenhang von sommerlich warm zunehmend zu schwül-heiß.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Insgesamt sind die Entwicklungen des heutigen 00 UTC Laufes des EZMW im
Vergleich zu den vorangegangenen Läufen als recht konsistent anzusehen. Der
neuste Lauf zeigt jedoch die Trog/Rücken Kombination im Verlauf der Woche
deutlich intensiver. Der Trog über Westeuropa kann seine Amplitude weiter nach
Süden erweitern und schließlich von der Höhenströmung abkoppeln, während
gleichzeitig der Rücken über Mittel- bzw. Osteuropa weiter nach Norden reicht.
Einhergehend stellt sich die Strömung stärker meridional auf. Im Bereich des
Rückens sind am Mittwoch und Donnerstag bis auf den Nordosten am Mittwoch
kaum/keine Niederschlagssignale zu verzeichnen. Im weiteren Verlauf kommt
Deutschland auf die Vorderseite des Troges, sodass von Westen und Süden her,
teils bis in die Mitte ausgreifend, verstärkt Schauern und Gewittern mit
Unwetterpotential bezüglich Starkregen zu erwarten sind.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bei den großskaligen Geopotentialstrukturen sind zwischen den Globalmodellen
führender Wetterdienste (ICON, IFS, GFS, GEM, JMA) bis Samstag kaum signifikante
Unterschiede zu erkennen. Der Langwellentrog über Westeuropa verfügt über die
genannten Modelle hinweg im aufgeführten Zeitraum eine ähnliche Phase und
Amplitude. Der Hauptunterschied ist, dass das EZMW schon ab Freitag einen
Abschnürungsprozess zeigt, diesen bis Samstag vollzieht und das Höhentief nach
Süden wandern lässt, während die anderen Modelle die Phase und Amplitude der
Langwellenstruktur zunächst beibehalten. Beim ICON nimmt der Trog ab Freitag
etwas Fahrt auf und verlagert sich leicht ostwärts, um ab Sonntag über
Mitteleuropa ebenfalls den Abschnürungprozess einzuleiten. Zum ICON ähnliche
Strukturen und Abläufe lassen sich auch bei GEM beobachten. Beim GFS kann sich
der Langwellentrog ab Freitag ebenfalls von der Höhenströmung abkoppeln, wobei
der Prozess deutlich weiter nach Norden verschoben ist. Zudem bleibt der
Schwerpunkt des Höhentiefs im Vergleich zum EZMW und ICON deutlich weiter im
Westen über Nordwestfrankreich und dem Ostatlantik. Erst ab Sonntag verlagert
sich auch bei GFS der Schwerpunkt des Höhentiefs allmählich ostwärts.
Aufgrund der Unterschiede im Abtropfungsprozess des Langwellentroges sowie der
nachfolgenden Verlagerung, ist ab Freitag mit signifikanten Unterschieden bei
der Niederschlagsverteilung und teilweise auch Intensität zu rechnen. Während
das ICON die kräftigen, teils unwetterartigen Gewitter über das Wochenende bis
in den Osten und Südosten vorankommen lässt, verbleiben sie beim EZMW meist im
Süden und Westen des Landes. Das GFS sieht die Schauer und Gewitter über das
Wochenende hinweg ebenfalls im Osten, allerdings simuliert das GFS den
Schwerpunkt der Gewitteraktivität in Ostdeutschland, während es beim ICON
bevorzugt im Süden kracht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des EZMW zeigt im Zeitraum +72h bis +96h nur ein Cluster, das
über den Zeitraum hinweg nahezu gleichbleibende Verhältnisse beschreibt. Im
Zeitraum +120 bis +168 geben zwei Cluster die Variation der Geopotential- und
Luftdruckmuster wieder. Wie im vorangegangenen Zeitraum sind beide Cluster dem
Schema Blockig zugeordnet. Allerdings sind nun in den Strukturen signifikante
Unterschiede zu erkennen. Während das Cluster 1, welches über 28 Member verfügt
und in dem sich der Haupt- und Kontrolllauf befinden, einen Abtropfungsprozess
zeigt, bei dem sich das Höhentief nach Süden verlagert, sieht Cluster 2 mit 23
Membern keine Abschnürung vor und lässt den Langwellentrog langsam ostwärts über
Mitteleuropa hinweg schwenken. Beide Varianten sind im ENS weiter nahezu
gleichberechtigt. Cluster 2 repräsentiert somit den Trogdurchgang mit
nachfolgender vorübergehende Abkühlung, Cluster 1 den Abtropfvorgang mit
schwül-heißem Unwetterpotential. Im Zeitraum +192h bis +240h sind weiter zwei
Blocking-Cluster analysiert. Dabei steuert in Cluster 1 das Höhentief nun
ostwärts, sodass auf der Westflanke Raum für einen folgenden Rücken entsteht.
Cluster 2 lässt das Höhentief dagegen quasi stationär über Mittel- und Südeuropa
liegen. Auf der Nordseite kann sich dabei ein ausgeprägter Höhenrücken von den
Britischen Inseln bis nach Russland aufbauen. Während bei Cluster 1 in
Deutschland nach einer kurzen Abkühlung wieder mit überwiegend trockenen und
sonnigen Verhältnissen zu rechnen wäre, steht Cluster 2 für eine sehr warme und
unbeständige Witterungsperiode, in der wiederholt schwere Gewitter mit
unwetterartigem Starkregen wahrscheinlich sind.

Die Rauchfahnen ausgesuchter Orte über Deutschland zeigen bis Mittwoch eine hohe
und bis Freitag insgesamt noch eine ordentliche Güte der Vorhersage der
850-hPa-Temperatur. Ab Freitag nehmen die Unsicherheiten deutlich zu. Zudem
lassen sich geringe Abweichungen von Norden nach Süden feststellen. Während im
Süden die Temperaturvorhersage bis Freitag noch eine sehr hohe Güte aufweist,
sind im Norden schon ab Mittwoch Modellunterschiede zu verzeichnen. Vor allem am
Wochenende wird bei den Temperaturen je nach Lokalität zwischen 6-8 und 20-23
Grad ein Spread von etwa 15 Grad gezeigt. Die Rauchfahne des Geopotentials gibt
bis einschließlich Freitag eine hohe Konsistenz des ENS an, bevor auch dort die
Unsicherheiten signifikant steigen. Sowohl bei den 850-hPa-Temperaturen als auch
beim Geopotential liegt der Haupt- und Kontrolllauf im oberen Drittel des
Ensembles. Entgegen deren Aussage sind ab Freitag anstatt schwül-heiße eher
schwül-warme, zunehmend unbeständige Witterungsbedinungen wahrscheinlich.

FAZIT:
Unter Berücksichtigung verschiedener Modellinterpretationen sowie deren
Ensemblesysteme deutet sich aus synoptischer Sicht eine potentielle
Schwergewitterlage zum kommenden Wochenende an. Bei Zuhilfenahme
probabilistischer Verfahren ist jedoch bis in die erweiterte Mittelfrist hinein
kein eindeutiges Szenario erkennbar.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Von Seiten der Probabilistik sind im mittelfristigen Zeitraum kaum Signale für
warnwürdige Niederschlagsmengen zu erkennen. Am Mittwoch zeigt ICON-EPS im
Nordosten des Landes anfangs noch geringe Wahrscheinlichkeiten bis 10% für
12-stündigen Dauerregen über 25 l/qm. Ab Freitag stehen dann im EZ ein paar
wenige Gebiete mit Werten bis 5% für entsprechende Regenmengen.

Auch vom EFI und dem SOT gibt es keine Signale für überdurchschnittliche Wind-
oder Regenereignisse. Lediglich das Temperaturniveau scheint aus vieljähriger
Modellsicht leicht positiv abzuweichen.

Die mit dem Tagesgang entstehenden Gewitter bis Donnerstag, die vor allem über
den Bergen im Süden auftreten sollten, sind zu lokaler Natur, um nennenswerte
Wahrscheinlichkeiten für die Überschreitung von Stark-/Dauerregenschwellen zu
überschreiten. Folglich sind Hinweise der deterministischen Modelle sowie deren
probabilistische Anschlussverfahren weiterhin nicht oder nur ganz punktuell
vorhanden. Ähnlich sieht es mit den aufziehenden kräftigen Gewittern ab Freitag
aus, wobei die geringen Wahrscheinlichkeiten des EZ zum aktuellen Zeitpunkt
durchaus einen Hinweis für mehrstündige starkregenfälle beinhalten können.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, bei Temperaturen auch MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel