DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-07-2018 17:01
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.07.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Starke Gewitter heute und am Sonntag im Süden und in der südlichen Mitte, ab
Wochenbeginn eher auf den Westen und am Dienstag auch im Nordosten. Unwetter,
vor allem durch heftigen Starkregen nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegt Deutschland unter einer schwachen nordwestlichen Strömung, die
sich aus einem breiten, über Osteuropa liegenden Trog und einem über der Nordsee
aufwölbenden Rücken ergibt. Während in der unteren Troposphäre die Strömung,
wenn auch etwas mäandrierend, leicht antizyklonal geprägt ist, so ergibt sich in
höheren Troposphärenschichten ein anderes Bild. Aktuell überquert ein im 300
hPa-Niveau ausgeprägter Kurzwellentrog den Südosten Deutschlands. Dies erklärt,
warum die Gewitter bisher in diesen Gebieten keinen Unwettercharakter angenommen
haben. Wenn die dynamische Unterstützung nicht mehr vorhanden ist, kann dann
auch ein CAPE von ca. 1000 J/kg und ein Gehalt an niederschlagbarem Wasser bis
30 mm nicht helfen.
In der Nacht zum Sonntag folgt diesem Trog ein schwaches Höhentief, das auf dem
Norden Deutschlands übergreift. Der ohnehin geringe Hebungsantrieb wird dabei
durch den in der unteren Troposphäre ausgeprägten antizyklonalen Einfluss noch
unterdrückt, so dass von diesem Höhentief keine Wetterwirksamkeit ausgeht.
Vielmehr stellt sich eine schwachgradientige Lage ein, so dass sich stellenweise
Nebel bilden kann.

Sonntag ... überquert ein in die nordwestliche Strömung eingelagerter
kurzwelliger Rücken den Süden Deutschlands. Durch diesen wird das schwache, über
dem Norden Deutschlands liegende Hoch gestützt.
Das in höheren Troposphärenschichten ausgeprägte Tief ist nach wie vor über dem
Norden Deutschlands zu finden, zeichnet sich zusehends aber auch in der
mittleren Troposphäre ab. Generell sind aber die Geopotential- und
Luftdruckunterschiede gering, wodurch auch kaum synoptisch relevante
Hebungsantriebe zu verzeichnen sind.
Aufgrund des eher antizyklonalen Wettercharakters und der hieraus
resultierenden, in weiten Teilen Deutschlands ungehinderten Einstrahlung kann
sich die Luftmasse weiter erwärmen. Die im Süden ohnehin vorhandene Labilität
erhöht sich hierdurch noch. CAPE erreicht annähernd 1500 J/kg und der
Flüssigwassergehalt steigt auf über 30 mm. Nur die Scherung ist vorerst noch
wenig ausgeprägt. Da sich über Ostfrankreich ein von dem Höhentief über
Norddeutschland ausgehender Trog abzeichnet, sollten die Voraussetzungen für
starke Gewitter gegeben sein; Unwetter sind deutlich wahrscheinlicher als heute.
Neben heftigem Starkregen kann dabei auch Hagel nicht ganz ausgeschlossen
werden.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 24 bis 29, in den tieferen Lagen West- und
Südwestdeutschlands bis 31 Grad. In Küstennähe, im Nordosten und im Bergland
werden 19 bis 23 Grad erreicht.
In der Nacht zum Montag überquert der von dem Höhentief über Nordwestdeutschland
ausgehende Trog den Süden Deutschlands. Hierdurch sind bis weit in die erste
Nachthälfte hinein konvektive Umlagerungen bis hin zum Unwetter, vor allem durch
heftigen Starkregen, vorstellbar. Erst nach Abzug des Troges sollte dort eine
Wetterberuhigung einsetzen.
In den anderen Gebieten hält sich der Einfluss des Bodenhochs, so dass außer ein
paar Nebelfeldern keine warnrelevanten Wetterereignisse zu erwarten sind.

Montag ... bleibt das Wettergeschehen in der mittleren und oberen Troposphäre,
bedingt durch das über dem Nordwesten Deutschlands liegende Höhentief, zyklonal
geprägt. Vielmehr kann sich an der Vorderseite eines weiteren Kurzwellentroges,
der dieses Höhentief umläuft, die labil geschichtete Luft im Westen etwas nach
Norden vorarbeiten. Diese Entwicklung wird durch das Bodenhoch begünstigt, das
sich vom Norden Deutschlands ein wenig nordwärts nach Dänemark und Südschweden
verlagert. Dabei ändert sich an den o.g. Parametern der Luftmasse nur wenig.
Hierdurch sind im Süden sowie im westlichen und zentralen Mittelgebirgsraum
erneut Gewitter zu erwarten, wobei Unwetter durch heftigen Starkregen und auch
durch größere Hagelansammlungen nicht auszuschließen sind.
In den anderen Gebieten dürfte durch den antizyklonalen Einfluss, der aus einem
über Fennoskandien liegenden Hoch resultiert, konvektive Umlagerungen
unterbinden; Absinken sorgt dort für nahezu ungehinderte Einstrahlung. Die
Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber Sonntag nur unwesentlich.
Wahrscheinlich wird es aber im Südwesten und im Süden aufgrund der recht rasch
einsetzenden Konvektion nicht mehr so warm wie am Sonntag.
In der Nacht zum Dienstag greift auf die Britischen Inseln ein Trog über.
Kompensierendes Absinken bewirkt über Mitteleuropa leichten Geopotentialanstieg,
wodurch sich das über dem Nordwesten Deutschlands liegende Höhentief aufzufüllen
beginnt. Die ohnehin nur schwachen dynamischen Antriebe verlieren hierdurch
weiter an Intensität, so dass die Konvektion in der ersten Nachthälfte,
abgesehen vielleicht vom Alpenrand, zusammenbrechen dürfte. Verbreitet klart es
auf, meist sind die Luftdruckgegensätze schwach, so dass sich stellenweise
flache Nebelfelder bilden können.

Dienstag ... ändert sich an der Druck- und Geopotentialverteilung nur wenig. Ein
weiteres, nur in höheren Troposphärenschichten ausgeprägtes Tief wird über die
Mitte Deutschlands ostwärts gesteuert. In der unteren Troposphäre macht sich
hingegen das über der Ukraine liegende Höhentief zusehends bemerkbar. Ein Trog,
der dieses Höhentief umläuft, greift in der zweiten Tageshälfte, d.h. zur
tagesgangsbedingt interessantesten Zeit, auf den Nordosten Deutschlands über,
wodurch in diesen Gebieten kräftige Hebung in Gang kommt. Dies sollte von der
Ostsee bis in die Lausitz hinein zu konvektiven Umlagerungen führen, wobei
Unwetter durch heftigen Starkregen nicht auszuschließen sind. Allerdings
verbleibt die unwetterträchtigste Luftmasse, die einen Flüssigwassergehalt bis
über 45 mm aufweist, noch über Polen. Zudem ist noch nicht sicher, wie rasch
dieser Trog auf den Nordosten Deutschlands übergreift.
Da auch die Verteilung der Luftmassen keine wesentliche Änderung erfährt, können
sich im Süden und dort bevorzugt über den Mittelgebirgen erneut einzelne und zum
Teil heftige Gewitter entwickeln, wobei die Unwettergefahr gegenüber den
Vortagen aufgrund des etwas geringeren Gehalts an niederschlagbarem Wasser und
leicht reduziertem CAPE etwas geringer ist. Längere sonnige Abschnitte sind in
einem breiten Streifen von der Nordsee bis in den Erzgebirgsraum hinein am
wahrscheinlichsten. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 25 bis 30, unmittelbar
an der See, im Bergland und ganz im Südosten 19 bis 24 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle zeigen bis in die Nacht zum Dienstag hinein eine
weitgehend ähnliche Entwicklung. Allerdings wird das über dem Nordwesten
Deutschlands liegende Höhentief von jedem Modell bzw. Modelllauf etwas anders
positioniert. Dies ist jedoch für unser Wettergeschehen von untergeordneter
Bedeutung.
Wesentlich mehr von Interesse sind die Modellunterschiede bzgl. des von dem
Höhentief über der Ukraine ausgehenden Trog, der nach ICON am Dienstag bis in
den Nordosten Deutschlands schwenken soll. Dieser Prozess wird von EZMW und auch
von GFS langsamer gezeigt, was die Unterschiede bzgl. der Verteilung der
Niederschläge im Nordosten zu den anderen Modellen erklärt.
Bemerkenswert sind auch die Ergebnisse der Probabilistik. Die Verstärkung der
Konvektion am Sonntag (gegenüber der heutigen Entwicklung) wird auch von
COSMO-D2 EPS nachvollzogen.
Da Kurzwellentröge in relativ weit südlicher Zugbahn, faktisch über die Alpen
hinweg, ostwärts gesteuert werden, ist hinsichtlich von Starkregen in
Süddeutschland vor allem der Alpenrand im Auge zu behalten. Starkregenfälle bis
hin zum Unwetter, die durch diese Kurzwellentröge ausgelöst werden, sind in der
Nacht zum Dienstag und am Dienstag an den Alpen am wahrscheinlichsten.
COSMO-LEPS liefert hierzu relevante Signale.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann