DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

14-07-2018 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.07.2018 um 10.30 UTC



Gebietsweise Schauer und Gewitter, vielfach aber trocken. Weiterhin sommerlich
warm.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 21.07.2018


Beginn des heute zu beurteilenden Mittelfristzeitraums ist der kommende
Dienstag, an dem ein elliptischer Höhentrog zwischen Island und Schottland seine
Fühler nach Mitteleuropa ausstreckt. Die Geopotential- und
Temperaturunterschiede in 500 hPa sind bei uns allerdings so gering, dass auf
den ersten Blick keine nennenswerten dynamischen Hebungsvorgänge auszumachen
sind. Temperaturen unter -15 Grad in 500 hPa sowie 10 bis 14 Grad in 850 hPa
suggerieren hingegen brauchbare Lapse Rates in einer zumindest potentiell
instabilen Schichtung. Die entscheidende Frage ist nun, wann und vor allem wo
dieses Potential in Form von Schauern und Gewitter auch freigesetzt wird.
Betrachtet man die Konfiguration am Boden näher, so steht einem schwachen
Azorenhochkeil über Frankreich ein hochreichendes, komplexes Tief über Osteuropa
gegenüber. Mit der resultierenden (schwachen) nordwestlichen Strömung, ist im
Nordwesten tendenziell stabiler geschichtete Nordseeluft vorherrschend,
wohingegen vor allem über den Mittelgebirgen der Tagesgang mittels orographisch,
unterstützter Hebung für einzelne Schauer und teils auch kräftige Gewitter
sorgen sollte. Der Fokus liegt dabei aufgrund niederschlagbaren Wassergehalts
zwischen 25 und 30 mm und nur langsamer Verlagerungsgeschwindigkeit der Zellen
(da gradientschwaches Umfeld) auf lokalem Starkregen, der punktuell auch die
Unwetterschwelle mit 25 mm binnen einer Stunde problemlos reißen sollte.
Inwieweit ein Randtrog des osteuropäischen Tiefs auch den Osten Deutschlands
beeinflusst, ist nach wie vor sehr unsicher. Durch den erwähnten Trog über den
Britischen Inseln ist dessen Ausgreifen nach Westen durch kompensatorisches
Absinken über Skandinavien und Dänemark gewissermaßen blockiert.
Wahrscheinlichstes Szenario ist derzeit ein Streifschuss am Dienstag entlang von
Oder und Neiße mit teils gewittrigen Regenfällen, die sich aber bereits am
Mittwoch wieder nach Polen zurückziehen, wenn ein Kurzwellentrog über die
Nordsee ostwärts schwenkt (ohne im Nordwesten bei gleichzeitig übergreifender
KLA nennenswerte Niederschläge zu erzeugen).

NVA auf der Rückseite des angesprochenen Kurzwellentroges, der am Donnerstag den
Großraum Oslo erreicht, bedingt einen seichten Druckanstieg über
Norddeutschland, der sich sogar zu einem abgeschlossenen Hoch mit 1015 hPa
Isobare mausern sollte. Daher ist am Donnerstag wohl selbst über den Bergen
Süddeutschland ein Niederschlagsminimum zu erwarten.

Spannung verspricht das Ende der Mittelfrist zum kommenden Wochenende, an dem
nun auch vom deterministischen Lauf des EZ statt Trog- und Kaltfrontdurchgangs
samt Abkühlung ein Abtropfvorgang über Frankreich nach Norditalien favorisiert
wird. Auf der Vorderseite steigt dabei insbesondere über dem Süden und Westen
des Landes das Potential sowohl für hochreichende schwere Konvektion als auch
für länger andauernde, flächige Starkniederschläge an. Das Temperaturniveau
tendiert in diesem Zusammenhang von angenehm sommerlich zunehmend zu
schwül-heiß.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Großwetterlage ist hinreichend konsistent wiedergegeben. Aufgrund der
flachen Druck- bzw. Geopotentialverteilung und der potentiell instabilen
Luftmasse können aber bereits kleine Abweichungen (z.B. flache Randtröge) große
Folgen haben. So ist das relative Druckmaximum am Donnerstag schneller und
stärker gerechnet, weshalb nun am Donnerstag und nicht wie gestern angedacht am
Freitag ein Niederschlagsminimum zu erwarten ist. Zudem führt der 0z Lauf die
Idee des gestrigen 12z Laufs in noch konsequenterem Maße fort und erteilt nun
dem Abtropfvorgang am kommenden Wochenende größere Chancen als einem
Trogdurchgang.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis Freitag - und damit den Großteil der Mittelfrist - sind sich die
Globalmodelle hinsichtlich der großräumigen synoptischen Strukturen weitgehend
einig. Bei der Niederschlagsprognose gibt es naturgemäß teils massive Sprünge.
Besonders erwähnenswert dabei die Prognosen vom ICON 0z und 6z Lauf für den
kommenden Mittwoch: Sollte im 0z Lauf der Süden und Südwesten noch im
Tagesverlauf von kräftigen Gewittern betroffen sein und der Osten leer ausgehen,
so rechnet der 6z Lauf aktuell in Vorpommern mit Übergreifen des osteuropäischen
Tiefs mit Regenmengen teils über 50 l/qm binnen 24 Stunden, im Süden sind
dagegen kaum noch Signale vorhanden.

Deutliche Unterschiede stellen sich dann anschließend bei der Frage nach dem
Abtropfprozess heraus. Nachdem der GFS 18z Lauf noch ähnlich dem EZ am Sonntag
abtropfen wollte, setzt der 0z Lauf des GFS nun eher wieder auf die
"Durchschwenkvariante", allerdings nicht ohne einen satten Kaltluftvorstoß
Richtung Löwengolf samt kräftiger Genuazyklogenese. Das kanadische GEM will von
alledem nichts wissen, schüttet den Trog über Frankreich zu und lässt
stattdessen über der westlichen Ostsee ein Höhentief abtropfen. Im Ansatz
ähnlich starten die Chinesen (CMA) mit ihrer Simulation verbleiben aber mit
einem klassischen Zentraltief über den Britischen Inseln zum Ende der
Mittelfrist, aus gewittertechnischer Sicht die wohl unspektakulärste Variante.
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das Durchschwenken des Kurzwellentroges am Mittwoch lässt sich gut anhand des
Rückgangs der 850 hPa Temperaturen auf unter 10 Grad beobachten, die sich in der
Folge allerdings rasch wieder erholen. In der Rauchfahne des Geopotentials ist
davon nicht viel zu sehen, was verdeutlicht, wie flach der Trog ausgeprägt ist.
Anschließend nimmt die Spreizung in beiden Verteilungen deutschlandweit massiv
zu, so dass sich präzise Aussagen für die zweite Wochenhälfte aus heutiger Sicht
verbieten. Haupt- und Kontrolllauf sind dabei jeweils am oberen Rand der
Ensembleschar, aber keine Ausreißer.
Während das eine Cluster im Zeitraum +120-168h (Do-Sa) keine größere Erwähnung
verdient, gestaltet sich der Folgezeitraum +192-240h (So-Di) deutlich
spannender. Cluster 1 (19 Member) repräsentiert den Trogdurchgang mit
nachfolgender Abkühlung, Cluster 3 (13 Member) den Abtropfvorgang vom
deterministischen und Kontrolllauf mit schwül-heißem Unwetterpotential und
Cluster 2 (19 Member) eine Zwischenlösung aus beiden (eher GFS-Variante).

FAZIT:
Sowohl aufgrund des Modellvergleichs als auch Zuhilfenahme probabilistischer
Verfahren lässt sich kein eindeutig favorisiertes Szenario herausarbeiten.
Gleichwohl kristallisiert sich aus synoptischer Sicht eine potentielle
Schwergewitterlage zum kommenden Wochenende heraus...

_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


...auch wenn man Signale dafür in den Wahrscheinlichkeitsvorhersagen des EZ
vergeblich sucht. Die mit dem Tagesgang entstehenden Gewitter bis dahin, die vor
allem über den Bergen im Süden auftreten sollten, sind zu lokaler Natur, um
nennenswerte Wahrscheinlichkeiten für die Überschreitung von Starkregenschwellen
zu überschreiten. Folglich sind Hinweise der deterministischen Modelle sowie
deren probabilistische Anschlussverfahren weiterhin nicht oder nur ganz
punktuell vorhanden, was aber nichts heißen muss. Die Erfahrung lehrt, dass bei
derartigen gradientschwachen Wetterlagen mit der vorhandenen Luftmasse die
Unwetterschwellen bezüglich Starkregens öfter überschritten werden, als einem
lieb ist.

Nebenbei: Das ICON-EPS setzt zwar den Schwerpunkt der Niederschläge, die vom
Tief über Polen am Mittwoch an der Oder ausgehen, in der Tat am westlichsten und
intensivsten an. Die Überschreitung etwaiger Warnschwellen gestaltet sich aber
extrem unwahrscheinlich (<10%). Über Polen sieht das schon deutlich anders aus
(teils über 30% für mehr als 30 l/qm binnen 24 Stunden). Gerade im Bereich
gewittrig verstärkter Niederschläge sind dort gebietsweise Überschwemmungen zur
Wochenmitte wahrscheinlich.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen