DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

13-07-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.07.2018 um 10.30 UTC



Flache Druckverteilung + schwache Höhenwinde = "Sumpf". Dabei sommerlich warm
mit Gewittern und/oder Starkregen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 20.07.2018


Zu Beginn der neuen Woche, der zufälligerweise mit dem Beginn des
mittelfristigen Prognosezeitraums zusammenfällt, befindet sich Deutschland im
Bereich flauer Luftdruck- und Potenzialgegensätze - ein Zustand, der sich im
Weiteren auch nur wenig ändern wird. Auf der Suche nach "greifbaren"
synoptischen Strukturen wird man u.a. über dem nahen Ostatlantik fündig, wo sich
ein von der Grönlandsee bis zum Seegebiet westlich Iberiens reichender Höhentrog
befindet. Ein weiteres Exemplar dieser Gattung - allerdings mit zonaler
Achsstellung ausgestattet - erstreckt sich vom nahen Ost- bis nach Mitteleuropa.
Komplettiert wird das Ganze durch eine abgeschlossene Höhenantizyklone über
Skandinavien, die dort ein schwaches Bodenhoch stützt. Höhenhoch und
kontinentaler Trog sorgen für eine immense Spreizung des Subtropen- und
Polarjets, die über das Mittelmeer respektive das Nordpolarmeer verlaufen. Last
but not least stehen bei uns über den gesamten Vorhersagezeitraum hinweg relativ
schwache Höhenwinde bei überwiegend zyklonal konturiertem Isohypsenverlauf zu
Buche, wobei sich der Südteil des atlantischen Trogs allmählich dem
Vorhersageraum nähert.
Noch schwächer als die Höhenwinde fällt die Luftbewegung im bodennahen Niveau
aus, was den geringen Druckgegensätzen geschuldet ist. Anfangs kann man froh
sein, wenn über Deutschland überhaupt mal eine Hauptisobare (also eine mit durch
5 teilbarem Druckwert) auftaucht. Meist liegen wir in einem Bereich zwischen
1010 und 1015 hPa, erst zum Freitag hin deutet sich KLA-bedingter leichter
Druckanstieg in Form eines Azorenhochkeils auf über 1015 hPa an.
Apropos KLA, die wetterbestimmende Luftmasse ist sommerlich geprägt, ohne die
ganz große Hitze auszustrahlen (T850 meist zwischen 10 und 14°C). Zum Freitag
hin sorgt die angesprochene KLA für einen leichten Rückgang auf 850-hPa-Werte
zwischen 8 und 12°C, was aber auch keine Erfrierungen zur Folge haben sollte.
Essenzieller ist da schon eher die Frage, wie es um die Stabilität der Warmluft
bestellt ist. Am Montag ändert sich gegenüber dem Wochenende nicht viel, will
heißen, im Süden liegt potenzielle Instabilität vor, die besonders über dem
Bergland in Gewitter umgesetzt werden kann. Im weiteren Verlauf der Woche
breitet sich die Instabilität über die Mitte bis in den Nordwesten aus, aber
auch im Nordosten nimmt die Labilität zu. Dort liegen durchaus Signale für
gewittrige Starkregenfälle vor (ausgelöst von einem vor allem in unteren
Troposphärenschichten ausgeprägten Randtrog), während in den übrigen Regionen
tagesgangbedingte Konvektion überwiegt, was auch in den Niederschlagsprognosen
zum Ausdruck kommt. Tendenziell lässt sich für Freitag aber eine Abschwächung
der konvektiven Umlagerungen bzw. potenzieller Regenfälle erkennen.

In der erweiterten Mittelfrist ab Samstag überquert der vom Atlantik kommende
Trog den Vorhersageraum ostwärts, was mit einer Kaltfrontpassage und einer
vorübergehenden Abkühlung einhergeht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der heutige 00-UTC-Lauf von IFS (ECMF) weicht nicht substanziell von seinen
jüngsten Vorgängerversionen ab. Entsprechend kann dem Modell eine gute
Konsistenz bescheinigt werden, was sich aber im Wesentlichen auf die Basisfelder
bezieht. Danach bekommen wir es - wie oben bereits ausführlich geschildert - mit
einer gradientschwachen, sommerlich geprägten Wetterlage zu tun, die naturgemäß
einige Tücken beinhaltet. Vor allem die genaue Gewitter- und Regenprognose weist
aufgrund fehlender klarer synoptischer Strukturen einige Unsicherheiten auf,
während die Temperaturentwicklung relativ sicher erscheint (sommerlich, aber
nicht überbordend heiß). Am Vorhersagekonzept von gestern jedenfalls muss nur
wenig herumgeschraubt werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen, an dieser Stelle für gewöhnlich begutachteten Globalmodelle (ICON,
GFS, GEM, UKMO) haben auch keine wirklich anderen Ideen hinsichtlich der
Großwetterlage für die nächste Woche. Dass es dabei im Detail trotzdem
Unterschiede gibt, ist normal. Natürlich ist man dabei ganz schnell bei der
Niederschlagsprognose (incl. Gewitter), die im Sommer fast nie kongruent ist. So
sieht z.B. GFS die von Polen auf den Nordosten übergreifenden Regenfälle sowohl
zeitlich als auch räumlich progressiver (also etwas eher und weiter nach Westen
ausgreifend). ICON wiederum agiert diesbezüglich zurückhaltender (NO wird nur
angekratzt) und auch die konvektiven Prozesse in den übrigen Regionen werden
vergleichsweise defensiv angegangen, insbesondere zum Ende hin.
Unklar ist auch noch, was genau mit dem o.e. Atlantiktrog letztlich passiert.
GFS und auch UKMO (das allerdings nur bis Donnerstag vorliegt) favorisieren ein
Abtropfen westlich von uns, was die Passage und Abkühlung in der erweiterten
Mittelfrist verhindern würde.

FAZIT: Ähnlich wie bei der Konsistenzbetrachtung stehen die Grundpfeiler der
Prognose auf einem soliden Sockel. Vor allem in Bezug auf Regen und Gewitter
gilt es aber noch einige Fragezeichen zu tilgen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen einen relativ
gutmütigen Verlauf ohne große Streuung. Erst zum Ende hin, also größtenteils
schon im erweiterten Mittelfristzeitraum, nimmt der Spread zu, wobei der
Hauptlauf ganz weit nach unten ausschert (was gegen die prognostizierte
Trogpassage spricht). Beim Niederschlag fällt auf, dass im Süden (Referenz Ulm)
von Anfang an (also schon ab Samstag) RR-Peaks vorhanden sind, während die Mitte
(Offenbach, Erfurt) erst ab Montag so richtig anspringt. Noch einen Tag später
reagiert dann der Norden und Osten (Hamburg, Berlin). Am Donnerstag und Freitag
ist in den meisten Plums eine leichte Abschwächung der Niederschläge erkennbar.

Die GFS-EPS-Rauchfahnen unterscheiden sich nicht substanziell von ihren
europäischen Partnern (kann man ja auf politischer Ebene nicht gerade
behaupten), allerdings stürzt der Hauptlauf zum Ende im Gegensatz zu IFS-EPS
nicht ab.

Die Clusterung von IFS-EPS bringt keine wesentlich neuen Erkenntnisse. Wie man
anhand der guten Bündelung schon erahnen konnte, liegt für den Zeitraum
T+120...168h (Mittwoch bis Freitag) nur ein Cluster vor. Davor (T+72...96h;
Montag/Dienstag) sind es zwar drei Cluster, die sich in unserem Raum aber nicht
unterscheiden. Am interessantesten ist somit die Tatsache, dass für die
erweiterte Mittelfrist (Samstag bis Montag, T+192...240h) zwei Cluster angeboten
werden (32 Fälle + KL, 19 Fälle + HL), von den nur CL 2 den Höhentrog bei uns
durchgehen lässt. Bei CL 1 bleiben wir auf der Vorderseite des möglichweise
abtropfenden Troges.

FAZIT: Trotz aller genannten Unsicherheiten hinsichtlich Regen und Gewitter
stützen die EPS-Prognosen die vorgeschlagenen Szenarien der deterministischen
Modelle.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Wie bereits mehrfach erwähnt liegt das Hauptaugenmerk in Bezug auf signifikante
Wettererscheinungen auf dem Sektor "GEWITTER/STARKREGEN" oder auch "GEWITTRIGER
STARKREGEN". Zwar sind die Hinweise der deterministischen Modelle sowie deren
probabilistische Anschlussverfahren nicht gerade erdrückend, aber da muss
insbesondere im Sommer nichts heißen. Das gesamte Setup mit flacher
Druckverteilung und schwacher Höhenströmung lässt auf langsam ziehende Gewitter
schließen, bei denen Starkregen ganz oben auf der Agenda der
Begleiterscheinungen steht. Anfangs ist das im Süden der Fall, ab Dienstag auch
in anderen Regionen. Dass dabei auch eine zumindest lokale Unwettergefahr
besteht, ist angesichts des relativ niedrig angesetzten 25mm/h-Kriteriums keiner
besonderen Erwähnung wert.
Unsicher ist noch der Ablauf im Nordosten, der uns nach Stand der Dinge nicht
die klassischen Tagesganggewitter bescheren wird. Dort rückt dann eher das Thema
"mehrstündiger und teils gewittriger Starkregen" in den Fokus. Allerdings ist ja
noch nicht mal klar, ob der Regen überhaupt deutschen Boden erreicht (siehe
Modellvergleich).
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann