DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-07-2018 08:01
SXEU31 DWAV 090800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 09.07.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Nz

Ab der kommenden Nacht von Norden her Schauer und einzelne Gewitter, örtlich
Starkregen. Ab der Nacht zum Mittwoch im Nordosten Deutschlands von Polen und
Tschechien her teils gewittrige Starkregenfälle bis in den Unwetterbereich.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt eine hochreichende Antizyklone über Westeuropa. Um sie herum
wird die Frontalzone in einem Bogen erst zum Nordmeer, dann wieder nach Süden
über Skandinavien ins Mittelmeer geführt. Ein eingelagerter Trog ist inzwischen
über Norwegen abgetropft und wandert als Höhentief von den Norwegischen Gebirgen
bis heute Abend nach Jütland. Ein kleinräumiges Bodentief im Bereich des
Skagerrak gelangt unter das Höhentief, verstärkt sich dabei etwas und setzt sich
nach Süden in Bewegung, es verlagert sich zum Kattegat.
Die zugehörige, zunächst stabile Kaltfront überquert bis zum Abend
Norddeutschland bis zu einer Linie von der Oderbruch zum Niederrhein.
Niederschläge werden daran nicht simuliert. Allerdings nimmt mit Annäherung des
Tiefs und Passage der Kaltfront der Wind im Norden zu. Dabei kann es bis ins
küstennahe Binnenland steife, in exponierten Lagen an der Küste auch stürmische
Böen (Bft 8) aus Nordwest geben.
Über den Norden und Nordwesten breitet sich dabei von der Nordsee her stärkere
Bewölkung aus bei Temperaturen zwischen 17 Grad an der Küste und bis 23 Grad im
Binnenland. Südlich davon herrscht weiterhin Hochdruckeinfluss bei viel Sonne
und Temperaturen von 25 bis 29 Grad.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Höhentief nach Norddeutschland, das
Bodentief folgt etwas verzögert und etwas weiter westlich. An seiner Westflanke
herrscht zunächst ein kräftiger Gradient über der Nordsee, der aber zum Morgen
nach Westen abwandert. Die anfangs starken, exponiert stürmischen Böen im
Nordseeumfeld lassen damit nach. Dabei fließt höhenkalte Luft (T500 unter -20,
T850 +5 bis +7 Grad) in den Norden. Im Norden/Nordwesten wird es mit Annäherung
des Höhentiefs immer labiler mit Schauern und Gewittern vor allem von
Schleswig-Holstein bis zum Emsland. Bei relativ hohem Wassergehalt ist
Starkregen möglich. Hohe (auch LLS) Scherung, niedriges Kondensationsniveau im
Nordwesten lassen organisierte Strukturen, aber auch (schwache) Tornados möglich
erscheinen. Die Front kommt weiter südwärts voran, etwa bis auf eine Linie von
der Südpfalz zum Erzgebirge. Wettermäßig ist an ihr, außer ein paar dichteren
Wolken, zunächst nicht viel los. Im Laufe der Nacht erfasst die immer weiter
voraus ausgreifende positive Vorticityadvektion vor dem Höhentief auch den
frontalen Bereich und aktiviert diesen, so dass ausgangs der Nacht auch an ihr
schauerartige Niederschläge auftreten. Sonst bleibt aber die Nacht warnfrei.


Dienstag... verlagert sich das Höhentief mit seinem Kern weiter in die mittleren
Landesteile und liegt nach ICON abends irgendwo über Thüringen. Das Bodentief
soll sich Richtung NRW bewegen, wobei da die Unterschiede zwischen den Modellen
etwas größer sind. Im Kernbereich des Höhentiefs wird hochreichende Kaltluft
(T500 < -20°C) in die Mitte Deutschlands geführt. Schauer und kurze Gewitter
sind die Folge, vor allem dort, wo die Luft auch feucht ist (PPW um 25 mm), am
Rand des Höhentiefs, werden die größten CAPE Werte (bis 500 J/kg) simuliert;
nach dem aktuellen Lauf vor allem im Nordwesten und Westen und im Südosten, an
der Kaltfront über Bayern. Die CAPE Werte sind zwar nicht sonderlich hoch und
teilweise gedeckelt. Die weiter vorhandene Hebung sollte es aber richten und mit
den Gewittern treten vereinzelt Starkregen und stürmische Böen auf. Die zunächst
teils gut definierten Regionen mit hohen SRH Werten und Scherung gehen zwar
verloren, sind aber ansatzweise auch weiter über dem Westen zu finden, so dass
auf organisierte Strukturen, bzw. ggf. sogar rotierende Zellen geachtet werden
muss. Die Modelle simulieren die stärksten Niederschlagssignale vor allem im
Nordwesten und Westen, weiterhin am Erzgebirge und in der Oberpfalz. Die
Unsicherheiten sind durch Modellunsicherheiten aber weiter recht groß.
Auch die für die Nacht schon erwähnten Regionen mit hohen Scherungswerten lassen
sich in externen Modellen nicht in der Form verifizieren und sind auch von daher
mit Fragezeichen versehen.
Die Gewitter sollten aber zum großen Teil mit gelben Warnungen beherrschbar
sein, auch wenn im Nowcasting jeweils in situ entschieden werden muss.
Abseits der genannten Regionen, gerade im Kernbereich des Tiefs dürften sich
ebenfalls einzelne Schauer und Gewitter bilden, aber eher unorganisierte
Einzelzellen. Am wenigsten passiert konvektiv wohl im Südwesten und gebietsweise
im Norden.

Mit einer nordwestlichen Strömung fließt weiterhin kühle Meeresluft polaren
Ursprungs ein (T850 5 bis 8°C). Die Temperaturen steigen bei wechselnder bis
starker Bewölkung meist auf 17 bis 22 Grad. Größere Sonnenanteile gibt es im
äußersten Nordwesten, Richtung Nordsee und in Schleswig-Holstein sowie im
Südwesten, wo dann auch Werte an die 25 Grad nicht ausgeschlossen sind.
In der Nacht zum Mittwoch zieht das Höhentief langsam südwärts in Richtung
Franken. Unter seiner Zugbahn und westlich und südlich davon lassen die Schauer
und einzelnen Gewitter zwar nach, kommen aber nicht ganz zum Erliegen. Im Norden
und Osten lässt Warmluftadvekion zusätzlich zur immer noch vorhandenen PVA von
Südosten und Osten her teils schauerartig verstärkte und gewittrige Regenfälle
aufkommen, die auch mehrstündigen Starkregen bringen können. Die
deterministischen Modelle zeigen mit regionalen Unterschieden 20 bis 40 mm in
6/12 Stunden. Die Probabilistik springt zunächst kaum darauf an, aber selbst
unwetterartige Regenmengen scheinen angesichts der Konstellation nicht
ausgeschlossen.


Mittwoch... verbleiben wir zum großen Teil unter dem Einfluss des Höhentiefs,
das sich nur langsam weiter nach Osten verlagert und abends im Grenzgebiet von
Sachsen und Tschechien ankommen soll. Die Zugbahn dürfte sich aber noch ändern
und ist keinesfalls in Stein gemeißelt.
Auf alle Fälle scheint der Osten, Norden sowie die Mitte weiterhin in
Einflussbereich des Höhentiefs zu bleiben. PVA und WLA sorgt auf der Nordwest-
und Nordflanke des Höhentiefs für Hebungsantrieb. In der hochreichend feuchten
(Niederschlagsbares Wasser um 35 mm) und instabilen Luftmasse, die von Osten her
einströmt, werden dadurch Starkregenfälle ausgelöst, sich noch nach Westen
(Richtung Niedersachsen), laut IFS auch etwas nach Südwesten (ins nördliche
Hessen) ausbreiten.
Dabei simulieren die Modelle vor allem im Osten von Mecklenburg-Vorpommern und
teilweise auch in Brandenburg kräftige Niederschläge, EZMW, ICON sogar bis in
den Unwetterbereich (d.h. über 40 mm/12h). Die Niederschläge sind im
Tagesverlauf vermehrt konvektiv durchsetzt mit Schauern und lokal kräftigen
Gewittern.

Im Südwesten und Westen dürfte sich niederschlagstechnisch kaum etwas tun und
bei einigen Aufheiterungen sind lokal Temperaturen von 25 Grad möglich.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Höhentief nur sehr langsam weiter
nach Osten. An seiner Nordflanke dauert die kräftige Hebung der feuchtlabilen
Luftmasse weiter an, so dass weitere, teils gewittrige Starkregenfälle anstehen.
Regional sind auch unwetterartige Regenmengen zu erwarten. Gerade ICON simuliert
mit örtlich mehr als 40 mm in 6 Stunden über dem Nordwesten Brandenburgs in
diese Richtung.
In den anderen Gebieten entwickeln sich nur noch einzelne Schauer und Gewitter,
eher unorganisiert und kaum mit markanten Begleiterscheinungen. Lokal kann sich
Nebel bilden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der grobe Fahrplan steht, auch wenn die Zugbahn des Höhen- und Bodentiefs noch
unterschiedlich simuliert werden. Vor allem aber die (Stark-) Regenfälle in der
Peripherie stehen noch auf wackeligen Füßen, weshalb auch die Signale der
probabilistischen Verfahren nur schwach und verwaschen sind. Die synoptische
Lage mit der herumgeholten Warmluft und der kräftigen Hebung spricht aber sehr
für warnwürdige Starkniederschläge bis in den Unwetterbereich ab Mittwoch.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner