DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-07-2018 17:01
SXEU31 DWAV 041800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 04.07.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Donnerstag in der Südhälfte bis in die Mitte reichend nochmals kräftige Gewitter
mit Unwetterpotenzial, Freitag im äußersten Süden gebietsweise Stark- oder
Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Höhenrückens, der
sich nordwärts bis zur Norwegischen See erstreckt. Flankiert wird er von einem
flachen Trog über Westeuropa und einem umfangreichen Höhentiefkomplex über
Nordosteuropa. Nachdem der Rücken über Süddeutschland tagsüber von flachen,
kurzwelligen Troganteilen überlaufen wurde, kann er sich in der Nacht
vorübergehend wieder etwas regenerieren, ehe er mit Annäherung des
Westeuropatroges etwas nach Osten abgedrängt wird. In der zweiten Nachthälfte
gelangt der Südwesten allmählich auf die Vorderseite des Troges, der morgens
Frankreich erreicht, dabei wird aufgrund von PVA auch etwas dynamische Hebung
wirksam.
Das Bodenfeld über weiten Teilen des Landes ist geprägt von einem
gradientschwachen Druckfeld, wobei sich über der breiten Mitte eine flache
Tiefdruckrinne befindet und sich ein Hochkeil bis nach Nordwestdeutschland
erstreckt. Entlang der Ostflanke des Keils, über der Deutschen Bucht, Dänemark
und dem Skagerrak bzw. Südwestnorwegen, ist der Gradient aufgrund eines Leetiefs
über Südnorwegen etwas schärfer ausgeprägt und mit dem dort vorherrschenden,
teils mäßigen West- bis Nordwestwind wird etwas kühlere und bodennah recht
feuchte Nordseeluft in den äußersten Norden des Landes geführt, die sich vor
allem in Form gebietsweise recht dichter Sc-Bewölkung bemerkbar macht.
Die Südhälfte des Landes befindet sich dagegen weiterhin im Einflussbereich
feuchtwarmer und potenziell instabiler Luftmassen, die sich im Laufe der Nacht
auch noch ein wenig nach Osten, aber kaum nach Norden ausweiten. Mit
Regenerierung des Rückens und auch tagesgangbedingt schwächt sich dort die recht
rege Gewittertätigkeit im Laufe der Nacht allmählich ab, die Wolken lockern
stärker auf und örtlich bildet sich Nebel. Mit Annäherung des Troges und den
damit einhergehenden Hebungsprozessen kann es später aber im äußersten Südwesten
erneut Gewitter geben, lokal eng begrenzt natürlich auch wieder begleitet von
Starkregen. Die Konvektion zulassenden Modelle zeigen auch entsprechende
Signale, wobei Arome die Gewitter etwas weiter nach Nordosten vorankommen lässt
als die meisten anderen Modelle.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht warntechnisch ruhig.

Donnerstag ... wird der Höhenrücken über Deutschland mit Annäherung des
Randtroges von Westen her endgültig abgebaut. Abends und nachts greift der Trog
dann mit seiner Achse auf den Westen Deutschlands und Ostfrankreich über. Vor
allem über dem Süden und der Mitte des Landes wird auf dessen Vorderseite Hebung
generiert.
Im Bodenfeld kommt die potenziell instabile Luftmasse aufgrund des blockierend
wirkenden schwachen Hochkeils über dem Norddeutschen Tiefland nicht weiter nach
Norden voran, sondern breitet sich eher in Richtung östliches Bergland aus.
Das Tief über Südnorwegen verstärkt sich etwas, was zu einer Gradientzunahme
über der östlichen Nordsee führt. Somit frischt der Nordwestwind im
Küstenbereich etwas auf, warnrelevanten Böen werden nicht erreicht.
Allerdings verstärkt sich niedertroposphärisch die Kaltluftadvektion etwas, die
Temperaturen in 850 hPa sinken im äußersten Norden/Nordwesten auf Werte um oder
knapp unter 10 Grad. Nach wie vor bleibt es unmittelbar an der Küste, aber auch
in Schleswig-Holstein und in Vorpommern dabei teils stärker bewölkt, hier und da
kann es auch etwas nieseln, während im übrigen Norddeutschland und vor allem
auch in der Osthälfte die Sonne scheint.
Weiter südlich, innerhalb der potenziell instabilen Luftmasse, lebt im
Tagesverlauf die Schauer- und Gewittertätigkeit von Südwesten her erneut auf.
Dabei werden ähnliche Labilitätswerte wie am Vortag simuliert, was allerdings
auch stark abhängig von der Einstrahlung ist. Nach wie vor bleibt die
Höhenströmung trotz Trogvorderseite schwachgradientig, so dass großräumig nur
geringe Scherung simuliert wird. Somit hängt der genaue Ablauf der
Gewittertätigkeit von vielen, nur sehr schwer abschätzbaren mesoskaligen
Phänomenen, wie z.B. dem Zusammenspiel zwischen Outflow Boundaries mit der
Orographie ab. Die Verlagerungsgeschwindigkeit der Gewitter bleibt weiterhin
gering, so dass das Thema Starkregen wiederum im Fokus steht (bis hin zu
(extremen) Unwetter), aber auch Hagel über 2 cm und bei organisierten Systemen
Sturmböen sind natürlich nicht ausgeschlossen.
Insgesamt dürften aufgrund der verstärkten Hebung verbreiteter als am Vortag
Gewitter auftreten. Schwerpunkte lassen sich aus den oben genannten Gründen kaum
herausarbeiten. Die Konvektion zulassenden Modelle simulieren die stärkste
Aktivität knapp südlich der Luftmassengrenze über den mittleren Landesteilen
(etwa von der Eifel/Hunsrück über Mittelhessen bis zum Vogtland) und ein zweiten
Maximum im Südwesten bzw. an den Alpen. Arome lässt dabei die Gewitter weiterhin
weiter nach Norden vorankommen als die meisten anderen Modelle, nämlich etwa bis
zu einer Linie Ostwestfalen - Berliner Raum - Oderbruch.
Aufgrund der Unsicherheiten und der nur sehr lokal eng begrenzten Unwetter wird
wohl erst einmal von einer Vorabinformation abgesehen.
An den Temperaturverhältnissen ändert sich nur wenig. Im Norden werden mit
auffrischendem Nordwestwind Höchstwerte von etwa 19 bis 24 Grad erreicht, sonst
wird es mit 24 bis 30 Grad, von der Lausitz bis nach Ostbayern auch darüber,
wieder sommerlich warm, im Südwesten bleibt es bei stärkerer Bewölkung
gebietsweise ebenfalls schon kühler, vor allem dort, wo es auch mal länger
schauerartig regnet.

In der Nacht zum Freitag kommt der Randtrog über Deutschland nur langsam
südostwärts voran, die Südhälfte bleibt noch auf dessen Vorderseite, wobei dort
nach wie vor dynamische Hebung wirksam ist.
Im Bodenfeld verstärkt sich das Tief über Südnorwegen noch etwas, während über
den Britischen Inseln aufgrund von KLA Druckanstieg einsetzt. Dadurch verschärft
sich der Gradient über der Nordsee und auch über Norddeutschland. Der
Nordwestwind frischt noch etwas auf und an exponierten Küstenabschnitten von
Nord- und Ostsee reicht es eventuell für eine Bft 7.
Die SC-Bewölkung kann dadurch weiter landeinwärts vordringen, bis etwa zum
Mittellandkanal.
Die feuchtlabile Luftmasse wird mit der auf Nordwest drehenden Strömung
allmählich wieder nach Süden zurückgedrängt. Somit klingen die Schauer und
Gewitter in den mittleren Landesteilen rasch wieder ab, die Wolken lockern auf
und es bildet sich örtlich Nebel. In der Südhälfte, etwa südlich des Mains, gibt
es aber noch weitere konvektive Niederschläge, anfangs lokal eng begrenzt noch
mit Unwetterpotenzial. Im Fokus steht vor allem der Starkregen, gebietsweise
auch mehrstündig, an den Alpen kommen auch noch Staueffekte dazu. COSMO-LEPS
liefert sogar relativ hohe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 40 mm in 12 Stunden
am Alpenrand, aber auch im Südschwarzwald. Der determinstische Lauf des ICON-EU
von 06 UTC simulierte vor allem im Chiemgau gebietsweise mehr als 70 mm in 12
Stunden, steht aber als Einzellösung da und der 12 UTC-Lauf hat die Mengen
bereits deutlich zurückgenommen.

Freitag ... überquert der Randtrog bis zur Folgenacht auch die Südhälfte des
Vorhersagegebietes südostwärts. Dahinter dreht zwischen einem sich verstärkenden
Höhenhoch knapp südwestlich der Britischen Inseln und dem nordosteuropäischen
Höhentief die Höhenströmung wieder auf Nordwest bis Nord. Am Nachmittag und
Abend sind dann auch im Süden keine nennenswerten Hebungsantriebe mehr
auszumachen.
Im Bodenfeld wird die noch über Süddeutschland lagernde feuchtlabile Luftmasse
nur zögernd weiter nach Süden abgedrängt. Erst zum Nachmittag und Abend hin
weitet sich ein Keil des sich verstärkenden und allmählich nach Osten
ausweitenden Hochdruckgebietes über Westeuropa dorthin aus. Somit können sich
vor allem entlang und südlich der Donau, im Schwarzwald und im ostbayerischen
Mittelgebirgsraum im Tagesverlauf erneut Gewitter entwickeln. Voraussichtlich
wird nicht mehr so viel Cape generiert werden können wie an den Vortagen, so
dass die Unwettergefahr eher abnimmt. Nachmittags und abends drängt dann die von
Nordwesten her vordringende stabilere Luftmasse die Schauer und Gewitter
allmählich Richtung Alpen ab. Auch gehen die zunächst konvektiven Niederschläge
teilweise in schauerartigen Regen über, der in Staulagen vor allem der Alpen
auch Warnschwellen vor Dauerregen erreichen kann. In erster Linie gibt erneut
COSMO-LEPS, abgeschwächt aber auch ECMWF-EPS Hinweise darauf.
Das Hochdruckgebiet über Westeuropa verlagert seinen Schwerpunkt allmählich
Richtung Britische Inseln und westliche Nordsee, gleichzeitig kann sich das
Lee-Tief über Südnorwegen aufgrund der Überströmung des Norwegischen
Küstengebirges noch etwas vertiefen. Die Gradientzunahme im Bereich der
östlichen Ostsee, der Deutschen Bucht und der südlichen Ostsee lässt den
Nordwestwind weiter auffrischen. Vor allem in Nordfriesland sowie entlang der
Ostseeküste gibt es häufiger steife Böen (Bft 7).
Insgesamt kommt die niedertroposphärisch kühlere Luftmasse mit der sich noch
etwas verstärkenden Grundströmung ein wenig weiter nach Süden voran, die 10
Grad-Isotherme in 850 hPa erreicht in etwa den Nordrand der Mittelgebirge.
Die vorübergehend weiter landeinwärts vordringende Sc-Bewölkung über
Norddeutschland, die durchaus auch noch den Nordrand der Mittelgebirge erreicht,
lockert im Tagesverlauf mit Annäherung des Hochkeiles zögernd auf. Ansonsten
scheint die Sonne wohl am häufigsten in den mittleren und östlichen
Landesteilen, während es im Süden noch bewölkt bleibt.
Die Temperaturen gehen insgesamt etwas zurück und bewegen sich zwischen 18 und
24 Grad im Norden bzw. unter den dichteren Wolken im Süden, während in der
breiten Mitte sommerliche 23 bis 28 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Samstag erreicht die stabilere Luftmasse endgültig die Alpen
und die schauerartigen Niederschläge lassen im Laufe der zweiten Nachthälfte
auch dort allmählich nach. Das Bodentief über Südnorwegen verlagert sich etwas
nach Südosten, Richtung Südschweden, wodurch der nach Nordwestdeutschland
reichende Hochkeil etwas nach Süden gedrückt wird. Dadurch kann sich der
Gradient im Nordosten ein wenig verschärfen und der Nordwestwind nimmt im
unmittelbaren Küstengebiet Nordfrieslands bzw. der Ostsee noch etwas zu. In
exponierten Küstenabschnitten kann auch eine Bft 8 auftreten.
Insgesamt wird auch von der Nordsee her wieder eine etwas wolkenreichere
Luftmasse in die Nordhälfte des Landes geführt, bis auf gebietsweise etwas
Nieselregen bleibt es aber trocken.
In den mittleren Landesteilen bleibt es dagegen gebietsweise gering bewölkt und
auch im Süden lockern die Wolken - abgesehen vom Alpenvorland - wieder auf.
Örtlich kann sich dabei Nebel bilden.

Samstag ... kann sich das Höhenhoch über den Britischen Inseln weiter
verstärken, das nordosteuropäische Höhentief verlagert sein Drehzentrum über
Nordwestrussland allmählich etwas nach Osten. Somit bleibt das Vorhersagegebiet
unterhalb einer nordnordwestlichen Höhenströmung, nennenswerte Hebungsantriebe
sind bei schwacher KLA keine auszumachen.
Das Bodenhoch über den Britischen Inseln und der westlichen Nordsee verstärkt
sich noch etwas, während das Tief über Südschweden sich bis zum Abend zur
südöstlichen Ostsee verlagert und ein wenig auffüllt. Der Gradient bleibt dabei
im Norden/Nordosten zunächst noch scharf ausgeprägt und es gibt vor allem im
Ostseeumfeld und entlang der nordfriesischen Küste weiterhin steife Böen aus
Nordwest. Erst zum Abend hin fächert der Gradient etwas auf und der Wind flaut
ab.
Ansonsten steht ein warntechnisch recht ruhiger Tag ins Haus, einzig an den
Alpen besteht noch ein geringes Gewitterrisiko, da sich dort noch Reste der
feuchtlabilen Luftmasse halten können. Ein lokal eng begrenztes Starkregen- oder
Hagelereignis kann dann natürlich nicht ausgeschlossen werden.
In den Norden und Nordosten dringt an der Westflanke des Tiefs von Nordwesten
her weiterhin bodennah recht feuchte Nordseeluft, so dass dort die vielerorts
vorhandene Sc-Bewölkung nur zögernd auflockert, am ehesten nach Westen zu, in
der Nähe zum Hochdruckgebiet. Ansonsten wechseln aber längere sonnige Abschnitte
und lockere Quell- bzw. Sc-Bewölkung (eine Inversion in etwa 800 hPa lässt die
Wolken nicht darüber hinaus wachsen) ab und es bleibt meist trocken. Die
Temperatur in 850 hPa geht allgemein noch ein wenig zurück und liegt abends
meist zwischen 8 Grad und 13 Grad. Somit sind Höchstwerte zwischen 18 und 23
Grad unter den dichteren Wolken im Norden/Nordosten und zwischen 23 und 28 Grad
in den übrigen Regionen zu erwarten, am Oberrhein kann es vielleicht auch etwas
wärmer werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Wie bereits heute kann auch morgen die Gewittertätigkeit nur im Nowcastbereich
abgehandelt werden. Regionale Schwerpunkte lassen sich aus den Modellen nur
schwer herauslesen, so dass zunächst von einer Vorabinformation abgesehen wird,
auch, wenn punktuell sicherlich wieder Unwetter auftreten, bzgl. Starkregen
eventuell auch bis in den extremen Bereich.
Die allgemeine Wetterentwicklung betreffend sind aber kaum Modellunterschiede
auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff