DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-07-2018 17:01
SXEU31 DWAV 031800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 03.07.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Norden und Osten Andauer der Trockenheit. In der Südhälfte, am Donnerstag
vorübergehend auch in der Mitte, teils kräftige Gewitter mit Unwetterpotenzial
vor allem aufgrund von Starkregen und Hagel.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines flachen
Höhenrückens, der sich über die Alpen hinweg nordwärts erstreckt und in eine
Höhenantizyklone mit Schwerpunkt nordöstlich von Schottland mündet. Flankiert
wird diese von einem Dipol-Höhentief knapp westlich der Biskaya und einem
weiteren, kräftigeren Höhentief mit Zentrum über Nordwestrussland. Im Laufe der
Nacht zeigen beide Gebilde kaum Verlagerungstendenz, somit bleibt das
Geopotenzialfeld über dem Vorhersagegebiet recht gradientschwach. Ein flacher,
kaum wetterwirksamer Randtrog schwenkt dabei nach Nordostdeutschland. Der Rücken
wird im Laufe der Nacht über Süddeutschland von einem ebenfalls nur sehr flach
ausgeprägten Kurzwellentrog überlaufen, wobei vor allem über dem Alpenraum
aufgrund von PVA und mit Unterstützung durch die Orographie auch etwas Hebung
generiert wird.
Im Bodenfeld erstreckt sich ein Hochkeil über die westliche und südliche Nordsee
hinweg bis nach Nordwestdeutschland. An dessen Ostflanke strömt von Nordwesten
her weiterhin "nur" mäßig warme bis warme Luft in den äußersten Norden und
Nordosten des Landes. Weiter südlich bleibt das Druckfeld gradientschwach und es
ist über Süddeutschland bei genauerem Hinsehen eine sehr flache Tiefdruckrinne
auszumachen, die im Laufe der Nacht auch ein wenig nach Norden vorankommt.
Innerhalb dieser Rinne bzw. an deren Südrand kann von Südwesten her nach wie vor
eine potenziell instabile Luftmasse nach Südwestdeutschland und zum Alpenrand
vordringen, die MU-Cape steigt gebietsweise auf über 500 J/kg. Innerhalb dieser
Luftmasse gab es tagsüber bereits schauerartige und gewittrige Niederschläge,
die sich nachmittags und abends vorübergehend abgeschwächt haben. Mit Annäherung
bzw. Durchschwenken des o.g. flachen Kurzwellentroges kann aber eventuell
bereits im Laufe der Nacht die Gewittertätigkeit - am ehesten an den Alpen,
eventuell aber auch im Südschwarzwald - wieder etwas aufleben. Einige konvektive
Modelle geben entsprechende Hinweise. Als markante Begleiterscheinung ist lokal
eng begrenzt dann Starkregen nicht ausgeschlossen.
Im übrigen Land verläuft die Nacht warntechnisch ruhig. In den äußersten
Nordwesten kann von der Nordsee her etwas dichtere SC-Bewölkung vordringen, was
wohl mit der leichten Verschärfung der Inversion in etwa 900 hPa zusammenhängt.
Die mittelhohe Bewölkung im Südwesten kommt dagegen etwas nach Nordosten voran.
Ansonsten bleibt es gering bewölkt oder klar und vor allem der Osthälfte, dem
Nordosten sowie dem zentralen Mittelgebirgsraum steht noch einmal eine frische
Nacht mit einstelligen Tiefstwerten bevor.

Mittwoch ... verlagert das Höhentief über Nordwestrussland sein Drehzentrum ein
wenig nach Nordosten, der Höhentiefkomplex über dem nahen Ostatlantik kommt - im
Tagesverlauf nur noch mit einem, abends knapp südwestlich von England gelegenen
Drehzentrum ausgestattet - etwas nach Norden voran. Dazwischen kann sich der
flache Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet etwas nordwärts aufwölben, wird
aber vormittags erneut von einem flachen Kurzwellentrog überlaufen, der sich
allerdings mehr und mehr auflöst. Nachmittags und abends ist über dem
Vorhersagegebiet so gut wie kein dynamischer Hebungsantrieb mehr vorhanden.
Im Bodenfeld kommen die weiterhin nur sehr flache Tiefdruckrinne und mit ihr die
potenziell instabile Luftmasse etwas nach Norden, bis in die mittleren
Landesteile (Rinnenachse: Ruhrgebiet - Vogtland) voran. Dabei werden vom ICON-EU
bzw. COSMO-D2 um die Mittagszeit gebietsweise mehr als 1000 J/kg, punktuell auch
bis an die 1500 J/kg ML-Cape simuliert bei PPW-Werten von 25 bis 30 mm oder
knapp darüber. In "ungedeckelter" Umgebung dürfte der oben beschriebene flache
Kurzwellentrog im Zusammenspiel mit der Orographie bereits am Vormittag und
Mittag genug Hebung für Auslöse liefern, zunächst wohl im Schwarzwald und
westlich des Rheins. Aufgrund der geringen Verlagerungsgeschwindigkeit steht
wohl in erster Linie das Thema Starkregen im Fokus, lokal eng begrenzt werden
sicherlich wieder die Kriterien für Unwetter gerissen. Auch Hagel sollte
auftreten, eventuell auch größer als 2 cm.
Schwerpunkte der Gewittertätigkeit lassen sich im Detail nur schwer
herausarbeiten. Da die Aktivität schon recht früh in Gang kommt, sind auch
mehrere Staffeln denkbar, deren Auftreten von mehreren mesoskaligen Faktoren
abhängt, die nur schwer abschätzbar sind. So spielt sicherlich das Zusammenspiel
von einer oder mehrerer Outflow Boundaries mit der Orographie eine große Rolle.
COSMO-D2-EPS zeigt die höchsten Wahrscheinlichkeiten für Starkregen im Zeitraum
06 bis 12 UTC im Bereich der Eifel und nördlich des Bodensees. AROME lässt die
Gewitter bis 18 UTC etwa bis zu einer Linie Ruhrgebiet - Nordhessen -
Oberfranken vorankommen und hat damit die progressivste Variante auf der Karte.
Im Norden und Osten dominiert dagegen weiterhin der Einfluss des flachen, bis
nach Nordwestdeutschland reichenden Hochkeils. An dessen Ostflanke kann nach wie
vor dichtere Sc-Bewölkung im Nordseeumfeld für einen vielerorts stark bewölkten
Tag sorgen, während sonst überwiegend die Sonne scheint. Die sehr warme
Luftmasse kommt etwas nach Nordosten voran, die 15 Grad-Isotherme in 850 hPa
dringt bis in die mittleren Landesteile und die Osthälfte vor. Somit werden die
höchsten Werte mit 29 bis 32 Grad von der Lausitz bis ins südliche Niedersachsen
erreicht. Auch sonst bleibt es mit 24 bis 30 Grad (je nach Sonne) sommerlich
warm. Lediglich im Nordseeumfeld werden nur Werte um oder knapp über 20 Grad
erreicht (wenn überhaupt, aufgrund der dichten Bewölkung).

In der Nacht zum Donnerstag wird das Höhenhoch über der nördlichen Nordsee durch
einen Trogvorstoß südlich von Island zusehends abgebaut. Das Höhentief weiter
südlich schwächt sich ab und verlagert sich als Randtrog etwas nach Osten,
morgens verläuft dessen Achse in etwa von der Doggerbank bis zur Bretagne. Die
Achse des Höhenrückens über dem Vorhersagegebiet kommt dadurch ein wenig nach
Osten voran und der äußerste Westen/Südwesten gelangt zunehmend auf die
Trogvorderseite. Vor allem über dem Südwesten wird auch bereits etwas dynamische
Hebung wirksam.
Im Bodenfeld setzt auch über Norddeutschland schwacher Druckfall ein, am Südrand
eines flachen Bodentroges über Südskandinavien und dem Skagerrak bleibt die
westnordwestliche Bodenströmung aber erhalten. Mit ihr kann die Sc-Bewölkung im
Laufe der Nacht etwas weiter landeinwärts und auch nach Osten vordringen, nach
Lesart des ICON-EU und IFS etwa bis zu einer Linie nördliches Emsland -
Ostvorpommern.
Die potenziell instabile Luftmasse kommt dagegen zunächst nicht weiter nach
Norden voran. Dabei klingen die Schauer und Gewitter tagesgangbedingt ab und die
Wolken lockern verbreitet auf, wobei sich vor allem dort, wo es geregnet hat,
Nebel bilden kann. Bereits im Laufe der zweiten Nachthälfte sollte aber im
Südwesten mit Trogannäherung die Schauer- und Gewitteraktivität auf. Eventuell
geschieht das auch in Form eines Clusters, der von Frankreich her auf den
Südwesten übergreift. Auf jeden Fall sollte das Thema Starkregen im Fokus
bleiben.

Donnerstag ... wird der Höhenrücken über Deutschland mit Annäherung des
Randtroges von Westen her endgültig abgebaut. Abends verläuft die Achse des
positiv geneigten Troges quer über den Westen Deutschlands und Ostfrankreich
hinweg südsüdwestwärts. Vor allem über dem Süden und der Mitte des Landes wird
auf dessen Vorderseite Hebung generiert.
Im Bodenfeld kommt die potenziell instabile Luftmasse aufgrund des blockierend
wirkenden Hochkeils über dem Norddeutschen Tiefland nicht weiter nach Norden
voran. Derweil weitet sich die Frontalzone über dem Nordatlantik nach Osten und
auch etwas nach Süden aus. Aufgrund der dadurch zunehmenden Überströmung des
Norwegischen Küstengebirges verstärkt sich das Lee-Tief über Südnorwegen etwas,
was zu einer Gradientzunahme über der östlichen Nordsee führt. Somit frischt der
Wind im Küstenbereich etwas aus Nordwest auf, wobei aber keine warnrelevanten
Böen erreicht werden. Allerdings verstärkt sich niedertroposphärisch die
Kaltluftadvektion etwas, die Temperaturen in 850 hPa sinken im äußersten Norden
auf Werte um oder knapp unter 10 Grad. Nach wie vor bleibt es unmittelbar an der
Küste, aber auch in Schleswig-Holstein und in Vorpommern dabei teils stärker
bewölkt, hier und da kann es auch etwas nieseln, während im übrigen
Norddeutschland und vor allem auch in der Osthälfte die Sonne scheint.
Weiter südlich, innerhalb der potenziell instabilen Luftmasse, lebt im
Tagesverlauf die Schauer- und Gewittertätigkeit erneut auf. Dabei werden
ähnliche Labilitätswerte wie am Vortag simuliert, was allerdings auch stark
abhängig von der Einstrahlung ist. Nach wie vor bleibt die Höhenströmung trotz
Trogvorderseite schwachgradientig, so dass großräumig nur geringe Scherung
simuliert wird. Somit hängt der genaue Ablauf der Gewittertätigkeit erneut von
vielen, nur sehr schwer abschätzbaren mesoskaligen Phänomenen ab. Die
Verlagerungsgeschwindigkeit der Gewitter bleibt weiterhin eher gering, so dass
das Thema Starkregen wiederum im Fokus steht (bis hin zu Unwetter), aber auch
Hagel und bei organisierten Systemen Sturmböen sind natürlich nicht
ausgeschlossen. Auch mehrstündiger Starkregen ist denkbar, am ehesten im
Südwesten.
Insgesamt dürften aufgrund der verstärkten Hebung verbreiteter als am Vortag
Gewitter auftreten.
An den Temperaturverhältnissen ändert sich nur wenig. Im Norden werden mit
auffrischendem Nordwestwind Höchstwerte von etwa 19 bis 24 Grad erreicht, sonst
wird es mit 24 bis 30 Grad, Richtung Lausitz auch darüber, wieder sommerlich
warm, im Südwesten bleibt es bei stärkerer Bewölkung gebietsweise ebenfalls
schon kühler, vor allem dort, wo es auch mal länger schauerartig regnet.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der zunehmend abflachende Randtrog über
Deutschland hinweg südostwärts, dahinter stellt sich eine nordwestliche
Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld verstärkt sich das Lee-Tief über Südnorwegen weiter, während über
den Britischen Inseln aufgrund von KLA Druckanstieg einsetzt. Dadurch verschärft
sich der Gradient über der Nordsee und auch über Norddeutschland. Der
Nordwestwind frischt noch etwas auf und an exponierten Küstenabschnitten von
Nord- und Ostsee reicht es eventuell bereits für eine Bft 7.
Die feuchtlabile Luftmasse wird mit der auf Nordwest drehenden Strömung
allmählich wieder etwas nach Süden zurückgedrängt. Vor allem in der ersten
Nachthälfte ist dort auch noch dynamische Hebung wirksam, so dass es im Süden
noch verbreitet zu schauerartigen, teils gewittrigen Niederschlägen kommt,
anfangs kann es auch noch einzelne kräftige Gewitter geben. Dabei bleibt vor
allem Starkregen ein Thema, teilweise auch mehrstündig, unwetterartige Mengen
lokal eng begrenzt nicht ausgeschlossen. Vor allem COSMO-LEPS zeigt in Nordbaden
und im nördlichen Franken, aber auch Richtung Alpen auch geringe
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 35 mm in 6 bzw. mehr als 40 mm in 12 Stunden,
der aktuelle ICON-EU-Lauf hat die höchsten Mengen im Berchtesgadener Land auf
der Karte.
In den mittleren Landesteilen lassen die Schauer und Gewitter dagegen nach und
die Wolken lockern wieder auf, wobei sich örtlich Nebel bilden kann.

Freitag ... verbleibt Deutschland zwischen dem umfangreichen Höhentrog mit
Drehzentrum über Karelien und einem sich verstärkenden Höhenrücken über der
Biskaya, der sich allmählich nordwärts Richtung Britische Inseln aufwölbt,
unterhalb der nordwestlichen Höhenströmung. Nennenswerte dynamische
Hebungsantriebe sind nun auch im Süden keine mehr auszumachen.
Im Bodenfeld wird die noch über Süddeutschland lagernde feuchtlabile Luftmasse
nur zögernd weiter nach Süden abgedrängt. Erst zum Nachmittag und Abend hin
weitet sich ein Keil des sich verstärkenden und allmählich nach Osten
ausweitenden Hochdruckgebietes über Westeuropa dorthin aus. Somit können sich
vor allem entlang und südlich der Donau, im Schwarzwald und im ostbayerischen
Mittelgebirgsraum im Tagesverlauf erneut Gewitter entwickeln. Voraussichtlich
wird nicht mehr so viel Cape generiert werden können wie an den Vortagen, so
dass die Unwettergefahr eher abnimmt. Nachmittags und abends drängt dann die von
Nordwesten her vordringende stabilere Luftmasse die Schauer und Gewitter
allmählich Richtung Alpen ab.
Insgesamt kommt die niedertroposphärisch kühlere Luftmasse mit der sich noch
etwas verstärkenden Grundströmung ein wenig weiter nach Süden voran, die 10
Grad-Isotherme in 850 hPa erreicht in etwa den Nordrand der Mittelgebirge. Im
Küstenbereich legt der Wind weiter zu und es gibt häufiger steife Böen aus
Nordwest, ehe er zum späten Nachmittag und Abend mit Annäherung des Hochkeiles
zumindest an der Nordsee wieder etwas abnimmt.
Die vorübergehend weiter landeinwärts vordringende Sc-Bewölkung über
Norddeutschland, die durchaus auch noch den Nordrand der Mittelgebirge erreicht,
lockert im Tagesverlauf mit Annäherung des Hochkeiles zögernd auf. Ansonsten
scheint die Sonne wohl am häufigsten in den mittleren und östlichen
Landesteilen, während es im Süden noch bewölkt bleibt.
Die Temperaturen gehen insgesamt etwas zurück und bewegen sich zwischen 18 und
24 Grad im Norden bzw. unter den dichteren Wolken im Süden, während in den
mittleren Landesteilen sommerliche 22 bis 28 Grad erreicht werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristzeitraum eine ähnliche
Wetterentwicklung. GFS lässt die potenziell instabile Luftmasse vor allem ab
Mittwochnachmittag und in der Nacht zum Donnerstag weiter nach Norden, bis ins
mittlere Niedersachsen, vordringen als ICON-EU und auch als die Konvektion
zulassenden Modelle, die bis zu diesem Zeitraum simulieren (Arome, SuperHD).
Die Signale für Unwetter sind für den morgigen Mittwoch aus aktueller
Modellsicht zu gering, als das eine Vorabinformation gerechtfertigt wäre.
Eventuell könnte das aber für den Donnerstag der Fall sein, wenn auch etwas
dynamische Hebung mit ins Spiel kommt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff