DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-06-2016 17:26
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.06.2016 um 10.30 UTC



In der zweiten Wochenhälfte kühler und leichter Zwischenhocheinfluss, im Laufe
des nächsten Wochenendes wahrscheinlich schon wieder wechselhafter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 12.06.2016


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Mittwoch befindet
sich Deutschland auf der Vorderseite eines Höhenrückens über dem nahen
Ostatlantik unter einer schwachen nordwestlichen Höhenströmung. Ein darin
eingelagerter Kurzwellentrog schwenkt im Tagesverlauf südostwärts über den
Vorhersageraum hinweg, wodurch die bei nach wie vor schwachen
Luftdruckgegensätzen zwar gealterte, aber immer noch potenziell instabil
geschichtete Luftmasse gehoben wird und zu einem weiteren Gewittertag führt.
Rückseitig des Troges sickert - angetrieben durch eine Druckkonstellation Hoch
Nordmeer/Tief Nordskandinavien - von der Nordsee her stabilere und trockenere
Luft in den Nordwesten, auch wenn die eigentliche Kaltfront erst am Donnerstag
durchgeht. Diese führt dann rückseitig einen Schwall kühlerer Luft nach
Deutschland, in der die 10°C-Isotherme in 850 hPa vorübergehend nach Süden aus
dem Land "gedrückt" wird und im äußersten Nordosten kurzzeitig die 5°C-Isotherme
auftaucht.

Am Freitag nähert sich dann von Westen her besagter Höhenrücken, der uns am
Samstag unter Abflachung ostwärts überquert. Korrespondierend dazu baut sich im
Bodendruckfeld eine schwache, meridional ausgerichtete Hochdruckbrücke auf, die
aber bereits im Laufe des kommenden Wochenendes wieder getilgt wird. Grund dafür
ist einsetzender deutlicher Druckfall, der durch die Annäherung eines KW-Troges
in der Höhe generiert wird. Trog und Druckfall stellen aber nur die Ouvertüre
zur "zyklonalen Oper", die im erweiterten Mittelfristzeitraum zu Beginn der
übernächsten Woche gespielt wird. Dann nämlich trogt es über Mitteleuropa
respektive Deutschland aus und das Druckniveau sinkt auf unter 1000 hPa ab.


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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der heutige 00-UTC-Lauf des ECMF zeigt keine nennenswert abweichende Entwicklung
gegenüber der gestrigen Lösung. Vor allem bis einschließlich kommenden
Donnerstag weisen die Basisfelder eine hohe Kongruenz auf. Danach schwenkt der
o.e. Höhenrücken etwas später in den Vorhersageraum, was mit Ausnahme des
Südwestens einen antizyklonal geprägten Samstag zur Folge hätte. Das ändert aber
nichts an der Tatsache, dass im weiteren Verlauf des Wochenendes sowie zu Beginn
der neuen Woche die Bedingungen wieder deutlich zyklonaler werden - so zumindest
die Lesart des ECMF von heute 00 UTC. Ob dabei dann auch ein Vb-Tief oder
zumindest eine Vb-artige Entwicklung mit ins Spiel kommt, wie vom gestrigen
00-UTC-Lauf signalisiert, ist noch nicht sicher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Von den etablierten Globalmodellen kommen das des englischen Wetterdienstes UKMO
sowie das kanadische GEM der ECMF-Lösung relativ nahe. Dagegen weichen das
deutsche ICON und auch das amerikanische GFS vor allem zum Ende des
Vorhersagezeitraums hin mehr oder weniger deutlich ab.
ICON:
In diesem Szenario bleibt der Höhenrücken westlich von uns liegen, stattdessen
wird der Langwellentrog über Nord- bzw. Nordosteuropa leicht retrograd, wobei er
auch unseren Raum tangiert. Die Folge wäre ab Donnerstag wechselhaftes und
zumindest im Norden und Nordosten eher kühles (T850 etwas unter 5°C) Wetter,
allerdings ohne allzu große Niederschlagsmengen.
GFS: Auch in diesem Modell wird dem nordeuropäischen Trog mehr Wirkung
zugestanden als bei ECMF. Entsprechend greift der Rücken am Wochenende noch
etwas später auf den Westen über, wird dann zum Sonntag hin aber völlig
geglättet. Es bleibt aber ein veritables Bodenhoch übrig, das sich am Montag
über der Ostsee manifestiert. Die Folge ist für zwei Tage (Sonntag/Montag) eine
Grenzwetterlage mit einem trockenen und stabilen Nordosten auf der einen Seite
und einem konvektiv anfälligen Süden und Westen auf der anderen Seite.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis incl. Donnerstag einen
sehr eng gebündelten Kurvenverlauf, bei dem die 850-hPa-Temperatur und das
Potenzial in 500 hPa am Donnerstag etwas abfallen (am wenigsten in
Süddeutschland). Dazu werden - mal mehr, mal weniger - tagtäglich
Niederschlagspeaks angeboten, wobei die Niederschlagsneigung allgemein im
Nordosten am geringsten ist (Beispiel Berlin). Am Freitag deuten die Ensembles
Zwischenhocheinfluss an (leichter Potenzial- und Temperaturanstieg, kaum
RR-Peaks), bevor es danach bei freilich zunehmender Streuung wieder deutlich
zyklonaler wird. Haupt- und Kontrolllauf bewegen sich dabei aber meist am
unteren Rand der Kurvenscharen.
Während für den Zeitraum T+72...96h erwartungsgemäß nur ein Cluster angeboten
wird, erhöht sich die Zahl für T+120...168h (Freitag bis Sonntag) auf vier (24,
18, 5, 4 Fälle). Die ersten drei Cluster zeigen eine Zonalisierung der
Höhenströmung, während Außenseitercluster 4 in Richtung ICON/GFS tendiert. In
der erweiterten Mittelfrist von Montag bis Mittwoch (T+192...240h) offeriert
ECMF-EPS drei Cluster (26, 16, 9 Fälle), die uns aber alle einen jeweils etwas
anders konturierten Trog und mithin zyklonale Bedingungen über Mitteleuropa
präsentieren.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


So wie es aussieht, wird uns das Thema GEWITTER auch die kommende Woche noch
beschäftigen - sowohl kurz- als auch mittelfristig. Vor allem in der ersten
Wochenhälfte sind dabei auch noch lokale UNWETTER wahrscheinlich, wobei die
detaillierte Positionierung aufgrund der schwammigen Rahmenbedingungen weiterhin
sehr schwierig und meist nur in situ zu leisten sein wird.
Mit dem Einströmen etwas kühlerer und auch stabilerer Luftmassen von NW her
verlagert sich die Gewitterneigung nach Süden bzw. nimmt tendenziell ab -
zumindest vorübergehend. Inwieweit sie im Laufe des nächsten Wochenendes dann
wieder auflebt, ist derzeit noch unsicher.

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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMF-EPS mit MOS-ECMF. ________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann