DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-06-2016 09:00
SXEU31 DWAV 050800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.06.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNa, im Süden und in der Mitte heute schwere Gewitter möglich. Morgen und
Dienstag Hauptunwettergefahr in der Westhälfte.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... lag um 00 UTC in 300 hPa ein Tief über der Schweiz und eine
Antizyklone bei den Shetlandinseln. Zwischen letzterem Gebilde und einem
intensiven Höhentief über Nordrussland existierte eine kräftige nordwestliche
Höhenströmung über Skandinavien; am warmen Rand dieser Frontalzone lag die
Nordhälfte Deutschlands im Bereich einer schwachen diffluenten nördlichen
Höhenströmung, während in der Südhälfte eine östliche bis südöstliche Strömung
an der Nordflanke des Schweizer Höhentiefs herrschte. Im Tagesverlauf zieht sich
das Höhentief nach Norditalien zurück und die Antizyklone verlagert sich zur
südöstlichen Nordsee. Von dieser aus erstreckt sich dann zum Tagesende ein
Rücken von NW nach SE quer über unser Gebiet.

Heute früh haben sich bereits von der Tschechischen Republik her stärkere
Gewitterzellen ins östliche Bayern verlagert, so dass schon am frühen Morgen
eine Unwetterwarnung ausgegeben werden musste. COSMO-DE von 00 UTC hatte für 04
bis 05 UTC bis zu 35 mm in der Oberpfalz berechnet. Diese über die Nordhälfte
Bayerns westwärts wandernden Gewitter sollen sich nach diesem Lauf ab 06 UTC
wieder verstärken und Mengen bis 40 mm/h zeitigen. Intensivere Entwicklungen
werden neben dem Nordteil Bayerns auch in Baden-Württemberg, im RZ-Bereich
Offenbach sowie im Südostteil von NRW gerechnet. Ein ähnliches Bild zeigt C-DE
EPS 28 km mit den Wahrscheinlichkeiten für stündlichen Niederschlag über 25 mm.
Durch die im Norden leicht antizyklonalen Verhältnisse in der Höhe trocknet die
obere Troposphäre dort etwas aus, so dass im Verlauf der zweiten Tageshälfte
trotz teils hoher Labilität zunehmend CIN zum Abend hin bis ins südliche
Niedersachsen und im ganzen Sachsen-Anhalt wirksam werden kann. Das schließt
aber trotzdem nicht aus, dass sich auch nach Norden zu einzelne Gewitterzellen
trotz leichter Inhibition sehr kräftig entwickeln können.
WRF 4 km zeigt in der Reflektivität ebenfalls im Süden und teils auch in der
Mitte die Entwicklung stärkerer Zellen, nachmittags vereinzelt auch im Nordosten
Deutschlands.

PEPS von 00 UTC gibt von 12 bis 18 UTC geringe (<10%) Wahrscheinlichkeiten für
6stündiges Starkregen-Unwetter (>35 mm) in der Mitte, im Westen und teils auch
im Süden. C-DE EPS 28 km simuliert die höchsten Wahrscheinlichkeiten dagegen
primär im Südwesten (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland).

Bei CAPE ML-Werten teils über 2000 J/kg (Maximum um 15 UTC sogar über 2500 J/kg
lokal in NRW) ist verbreitet in den mittleren und westlichen Gebieten mit Hagel
über 2 cm zu rechnen, im Süden dürfte eher der Starkregen das primäre
Unwetterkriterium sein. Die stärkeren Böen sind ebenfalls eher in der Mitte und
im Westen zu erwarten, bis Bft 9, schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen. Bei 10
bis 20 kt in 700 hPa ist die Zellverlagerung allenfalls moderat; bei vielfach 25
bis 30 mm ppw können dann sehr leicht stündliche Summen über der
Unwetterschwelle erreicht werden.

Die vom C-DE 00 UTC bis heute 24 UTC akkumulierten Niederschläge erreichen Werte
von 93 bzw. 95 mm im westlichen Rheinland-Pfalz und am Nordwestrand der
Schwäbischen Alb. C-EU prognostiziert stärkere Niederschläge über 10 mm nur in
der Südhälfte, maximal 70 mm bei Regensburg. Auch ICON6_NEST zeigt nur in der
Südhälfte intensivere Regenfälle (bis 29 mm in Südbayern). GFS geht am Alpenrand
bis 30 mm, bringt auch die geringsten Werte im Norden. ECMF16 zeigt ein
ähnliches Bild wie die deutschen Modelle bei geringeren Maximalsummen (20 mm im
Südschwarzwald). Auch EURO4 von 00 UTC sieht die Hauptaktivitäten etwa südlich
einer Linie Aachen-Berlin, außerhalb scheint sich im Bereich der RSZ Hamburg
eine meridional orientierte Konvergenz auszubilden, in der es auch zu
kräftigeren konvektiven Umlagerungen kommen kann (die 265 mm von 00 bis 24 UTC
müssen wir allerdings nicht unbedingt glauben).


Montag... verlagert sich die Antizyklone in 300 hPa weiter nach Südosten nach
Deutschland hinein, schwächt sich aber in der zweiten Tageshälfte soweit ab,
dass sie dann nur noch als nach Norden gerichteter kurzwelliger Rücken in
Erscheinung tritt. Dieser erstreckt sich um 24 UTC von Baden-Württemberg über
die Mitte bis nach Schleswig-Holstein.

Zum Mittag (12 UTC) sind die höchsten CAPE-Werte im Westen, Nordwesten und in
der Mitte anzutreffen (quasi unter der Höhenantizyklone), ähnlich sieht es auch
nachmittags und abends aus. Somit besteht, grob gesagt, in der Westhälfte
Deutschlands am Montag die primäre Gefahr für schwere Gewitter. Es besteht dort
weiterhin die Möglichkeit von Hagel um 2 cm und Böen Bft 9 bis 10 in der
Umgebung von Hagelgewittern. Im Westen und Nordwesten sind zudem die Höhenwinde
sehr schwach bei ppw`s von 25 bis 30 mm.

Das Einsickern deutlich trockener Luft in den Osten wird deutlich am Vergleich
der spezifischen Feuchte und den ppw-Werten von jeweils 12 UTC: Heute liegen die
ppw`s dort noch um 25 mm, am Montag nur noch bei 17 bis 20 mm.

Von 00 bis 24 UTC sollen nach C-EU maximal 7 mm am Alpenrand fallen, nach dem
genesteten ICON 10 mm im Südschwarzwald, nach GFS bis 21 mm am Alpenrand und
nach ECMF16 ebenfalls nur bis 7 mm dortselbst. EURO4 bringt die
Hauptniederschläge im äußersten Südwesten, im Westen und Nordwesten sowie auch
in der Mitte (was recht gut mit den höchsten CAPE ML des C-EUs entspricht).

Wenngleich auch - wie am Sonntag und auch am Dienstag - aus dem Höhendruckfeld
kaum "dynamische" Antriebe für Hebungsvorgänge ableitbar sind, so zeigt sich
doch in der ICON-Bodendruckvorhersage für 12 UTC auf der Linie
Karlsruhe-Ostwestfalen-Elbmündung eine schwach ausgeprägte "Tiefdruckrinne" mit
leicht konvergenter Strömung, die eine gewissen Hebungsimpuls auslösen könnte.
Östlich dieser Rinne haben wir es zudem (zumindest in der Nordhälfte) mit einer
zyklonalen horizontalen Windscherung zu tun, die ebenfalls Hebung fördert.

Die Abschätzung des Unwetterpotentials für den Montag ist schwierig; ob
überhaupt eine Unwetter-Vorabinfo herausgegeben werden sollte, wird sich erst
morgen früh entscheiden.


Dienstag... wandert in der ersten Tageshälfte der Rücken abgeschwächt aus
Deutschland südostwärts heraus, gefolgt von einem schwachen KW-Trog, der primär
in der Nordosthälfte Deutschlands erkennbar ist. Es stellt sich damit über
unserem Land eine nordwestliche Höhenströmung ein.

Das Bodendruckfeld gestaltet sich nach ICON vor allem in der Westhälfte wieder
zyklonal (Tiefdruckrinne im Nordwesten, flaches Tief im Südwesten); die
Labilität ist um 12 UTC besonders im Nordwesten, aber auch im Südwesten deutlich
höher als am Montag 12 UTC. Um 15 und 18 UTC haben recht umfangreiche Gebiete
von Münster bis ins Wendland CAPE ML-Werte über 2000 J/kg, just in dem Bereich,
wo am Boden die Konvergenz liegt. In den äußersten Nordwesten (um die Nordsee)
ist die Krümmung der Bodenisobaren indes antizyklonal und dort ist deutlich
trockenere und stabiler geschichtete Luft wirksam.
Ergo muss von hohem Unwetterpotential in großen Teilen von Niedersachsen und NRW
ausgegangen werden, auch die nordöstlich und südlich davon gelegenen Gebiete
sind noch betroffen. Auch in großen Teilen Baden-Württembergs und im
südwestlichen Bayern sind Unwetter wahrscheinlich.

Die prognostizierten Niederschläge sind abermals moderat: C-EU von 00 bis 24 UTC
im Südwesten (bis 18 mm) und Nordwesten Regen, ICON6_NEST Südwesten/Westen (bis
28 mm), GFS und ECMF16 ähnlich (bis 20 bzw. 15 mm).

Modellvergleich und -einschätzung
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Im kurzfristigen Zeitraum stimmen alle Modelle (ICON, GFS, ECMF) gut im
mitteleuropäischen Bereich überein. Unterschiede in der Niederschlagsverteilung
stehen im Text.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Burkhard Kirsch.