DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

19-06-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 19.06.2018 um 10.30 UTC



Kühles und windiges Schauerwetter, im Südwesten freundlicher, kommende Woche
Rückkehr des Sommers
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 26.06.2018


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Freitag hat sich die
Großwetterlage komplett auf Nordwest zyklonal umgestellt. So hat subpolare
Meeresluft mit Temperaturen in 850 hPa zwischen 0 und 4 Grad auch die Alpen
erreicht (d.h. Tageshöchstwerte verbreitet unter 20 Grad). Die Hauptachse des
Troges liegt dabei zwar schon östlich von uns, gerade über den Norden und Osten
des Landes schwenken jedoch noch flache Randtröge hinweg (T500 hPa unter -25
Grad), die bei einem in Böen starken bis stürmischen Wind für zahlreiche Schauer
und kurze Gewitter sorgen. In den Südwesten schiebt sich unterdessen ein Keil
des Hochs mit Zentrum über Großbritannien (Kerndruck immerhin nahe 1035 hPa) und
sorgt für freundliches und trockenes Wetter.
Interessant wird es in der Nacht zum Samstag, wenn der Wind in der Mitte und im
Süden nachlässt und die Wolken gelegentlich auflockern. Sollte das längere Zeit
der Fall sein, so ist in Mittelgebirgstälern lokal Frost in Bodennähe nicht
ausgeschlossen.

Am Wochenende tropft der Höhentrog über dem Baltikum ab, womit der
Kaltluftnachschub gestoppt wird, sich das Bodentief abschwächt und somit auch
der Gradient über Deutschland allmählich auffächert. Bei zeitgleicher Erwärmung
in mittleren Troposphärenschichten, neigt die weiterhin in subpolarer Meeresluft
induzierte konvektive Bewölkung dazu eher in die Breite, denn in die Höhe zu
"schießen". Die Folge ist eine ausgedehnte Sc cugen Bewölkung über dem Norden
und Osten Deutschlands, die kaum Chancen auf Sonnenschein, aber auch nur noch
schwache Schauer zulässt. Südlich der Keilachse (etwa südlich des Mains)
überwiegt weiterhin der Sonnenschein und es bleibt trocken. Infolge diabatischer
Erwärmung wird dort auch die 20 Grad-Marke zunehmend wieder überschritten. Die
Nächte bleiben neben Fußball-Weltmeisterschaft und kurzer Dunkelphase wenigstens
temperaturtechnisch schlaffreundlich mit einstelligen Tiefstwerten.

Zu Beginn der kommenden Woche weitet sich ausgehend vom Cut-Off über dem
Baltikum ein neuer Trog bis zur Ägäis aus. In Verbindung mit dem kräftigen
Rücken über Westeuropa und einem weiteren Cut-Off östlich der Azoren zeichnet
sich eindrucksvoll der Aufbau einer stabilen Omegalage ab. Folglich kommt auch
das Bodenhoch kaum ostwärts voran und erreicht bis zum Ende des
Mittelfristzeitraums gerade so die südlich Nordsee. Mit der resultierenden
bodennahen Strömung, die allmählich über Nord auf Nordost dreht, wird es mit
Aufheiterungen in der Norddeutschen Tiefebene weiterhin eine zähe Angelegenheit
bleiben. Durch das verstärkte Absinken trocknet die Luftmasse weiter ab und
erwärmt sich, so dass bei 850 hPa Temperaturen über 10 Grad zumindest im Süden
und Westen wieder häufiger Sommertage (Tmax > 25 Grad) registriert werden.
Damit ist bereits jetzt klar, dass nach kurzer Phase der Zonalisierung erneut
eine Witterung mit einem gestörten (meridional geprägten) Zirkulationsregime
bevorsteht.

In der erweiterten Mittelfrist manifestiert sich nach aktuellen Erkenntnissen
die Omagelage weiter, so dass Schlagworte wie Trockenheit und Hitze in den Fokus
rücken.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle EZMW Lauf zeigt eine hohe Konsistenz gegenüber seinen Vorläufen.
Einziger signifikanter Unterschied ist eine etwas zyklonaler konturierte
Höhenströmung zu Beginn der kommenden Woche in Ostdeutschland, weshalb noch
einzelne Schauer simuliert werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am groben Fahrplan (NWz - kühl und wechselhaft hin zu NEa - sommerlich) bestehen
modellübergreifend so gut wie keine Zweifel. Lediglich das Timing des
Omegaaufbaus bis hin zum Ausgreifen auf den Osten Deutschlands ist noch mit
zeitlichen Unsicherheiten behaftet (ICON am Dienstag im Osten noch recht
zyklonal und kühl mit T850 hPa um 5 Grad). Spätestens zu Wochenmitte sollte sich
der Hochdruckeinfluss aber überall durchgesetzt haben.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Der Trend der Rauchfahnen kennt im gesamten Mittelfristzeitraum nur eine
Richtung - aufwärts! Bei überschaubarem Spread erreicht das Gros der Ensemble
sowie Haupt- und Kontrolllauf zum Ende des Mittelfristzeitraums auch im
Nordosten wieder 850 hPa Temperaturen über 10 Grad, in der erweiterten
Mittelfrist landesweit rund 15 Grad, weshalb heiße Tage (Tmax >30 Grad) Mitte
nächster Woche doch recht wahrscheinlich sind. Signifikante Niederschlagssignale
sucht man dagegen vergeblich.

Die Ensemble des GFS liefern bei etwas größerem Spread zur nächsten Woche
ähnliche Resultate.

Den Potentialanstieg, der von den Britischen Inseln nach Skandinavien gerichtet
ist, zeigen alle 6 Cluster des EZMW im Zeitraum +120-168h (So-Di). Ob sich im
Folgezeitraum daraus eine ausgewachsene Omegalage mit Hochschwerpunkt über der
Nordsee (Cluster 1, 2 und 5 im Zeitraum +192-240h, insgesamt 32 Member inklusive
Haupt- und Kontrolllauf), eine High-over-Low Lage (Cluster 3, 11 Member) oder
eine Brücke Mitteleuropa (Cluster 4, 7 Member) entwickelt, ist akademischer
Natur und hat kaum signifikante Auswirkungen auf das zu erwartende
Wettergeschehen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
Am Freitag führt der recht beachtliche Gradient zwischen dem Tiefkomplex über
Skandinavien und dem Hoch über Großbritannien über der Norddeutschen Tiefebene
doch recht verbreitet zu starken bis stürmischen Böen zwischen 55 und 70 km/h
(Bft 8) aus Nordwest bis West. COSMO-LEPS zeigt strichweise erhöhte
Wahrscheinlichkeiten zwischen 30 und 40% für Böen der Stärke 8 Bft, in
Nordfriesland (auflandig und stärkster Gradient) sogar um 70%. Der EFI liefert
zeitgleich ernstzunehmende Signale von 0.7 Teilen Norddeutschlands, über der
Nordsee sogar >0.8 mit gutem SOT(0)-Überlapp. Im Großen und Ganzen also ein -
speziell gedenk der Jahreszeit - markantes, aber kein weltbewegendes Ereignis.
Am Samstag lässt der Wind allmählich nach. Letzte stürmische Böen beschränken
sich dann auf exponierte Küstenabschnitte und Gipfellagen der östlichen
Mittelgebirge.

GEWITTER:
Am Freitag treten im Trogbereich im Norden und Osten des Landes neben Schauern
vereinzelt auch kurze Gewitter auf. Aufgrund der kräftigen Höhenströmung (bis 70
km/h in 1 km Höhe) und der tiefen Nullgradgrenze (in rund 1,5 km Höhe) sind vor
allem stürmische Böen und seltener auch kleinkörniger Hagel die
Hauptbegleiterscheinungen. Für Signale im EFI fehlt es einfach an der nötigen
Menge an CAPE (nur maximal wenige 100 J/kg).

TROCKENHEIT:
Schauer und vereinzelte Gewitter mit nur wenigen Litern pro Quadratmeter in der
Fläche werden die anhaltende Trockenheit in Teilen Nord- und Ostdeutschlands
kaum mindern. Da mittelfristig keine flächendeckenden, ausreichenden
Niederschläge absehbar sind, könnte sich die Trockenheit auch in den übrigen
Teilen des Landes zum Problem entwickeln.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen