DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-06-2018 17:01
SXEU31 DWAV 181800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 18.06.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An den Küsten mitunter steife Böen, sonst bei bis zum Mittwoch steigenden
Temperaturen insgesamt ruhiges, teils aber wolkiges Sommerwetter

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einem Höhenrücken, der sich im
500-hPa-Niveau von den Azoren über Frankreich und den Süden Deutschlands hinweg
bis nach Osteuropa erstreckt. Damit dominiert über dem Süden Deutschlands
Absinken, womit auch im Bodendruckfeld ein Hochkeil gestützt wird, der von den
Azoren über Süddeutschland bis in den Süden Polens reicht. Dem gegenüber ist der
Norden am Rande der von den Britischen Inseln bis zur Ostsee verlaufenden
Frontalzone positioniert, das Geopotentialminimum wandert bei insgesamt geringer
Verlagerungsgeschwindigkeit von der Ostspitze Islands allmählich nach Osten. Der
zugehörige 300-hPa-Jet greift vom Atlantik in der Nacht nach Osten aus und
erstreckt sich zum Morgen von Schottland über Südschweden bis zur Mittleren
Ostsee, wobei in seinem Zentrum maximale Windgeschwindigkeiten von über 150 kn
zu beobachten sind. In die angesprochene Frontalzone sind Tiefausläufer
eingelagert, die mit der dort vorhandenen raschen west-südwestlichen Strömung
nach Osten verfrachtet werden. Dabei greifen sie, mangels nördlicher
Schubkomponente, nur wenig nach Süden aus und beeinflussen allenfalls den Norden
und die Mitte des Vorhersagegebiets. Ein erstes, nur wenig wetterwirksames
okkludiertes Frontensystem überquert aktuell und in der Nacht die Nordhälfte von
West nach Ost, wobei mit ihm nur geringe Niederschläge und eine kaum merkliche
Intensivierung des Windes verbunden sind. Allerdings bringt es doch reichlich
Bewölkung mit, so dass der Wettercharakter insgesamt nicht mehr als freundlich
zu bezeichnen ist. Dennoch: Im Frontbereich bleibt es meist warnfrei, was auch
für ein zweites System gilt, die ausgangs der Nacht auf den Nordwesten und
Westen übergreift. Selbst die bei Westsüdwestwind wegen des großen Fetchs
anfälligen Küstenregionen, namentlich Nordfriesland und - mit Abstrichen - die
Küste Mecklenburgs, haben in der Nacht allenfalls vereinzelte Böen Bft 7 zu
erwarten. In der Südhälfte präsentiert sich das Wetter unter Hochdruckeinfluss
wolkenarm und windschwach, was in der Nacht allenfalls ein paar Dunst- oder
Nebelfelder erwarten lässt, die vermutlich noch nicht einmal warnwürdig sein
werden.

Dienstag ... zeigt sich im Geopotentialfeld keine durchgreifende Änderung der
Situation. Weiterhin erstreckt sich eine Zone tiefen Geopotentials von Island
bis nach Skandinavien, und an seiner Südflanke ist eine ausgeprägte Frontalzone
auszumachen. Der Rücken kräftigt sich noch etwas, seine Stoßrichtung bleibt aber
über den Süden Deutschlands hinweg in Ost-Nordöstliche Richtung nach Südpolen
gerichtet. Zwar sorgt eine kräftige Welle, die im Tagesverlauf vom Atlantik bis
an die Nordwestspitze Irlands zieht, am Boden für leichten Druckfall von
Frankreich bis in die Mitte Deutschlands, dennoch bleibt insgesamt hoher
Luftdruck wetterbestimmend, und im Nordseeumfeld ist im Tagesverlauf vor der
Welle sogar leichter Druckanstieg zu beobachten. Innerhalb dieser
Rahmenbedingungen zieht über dem Norden das in Teilen rasch okkludierende
schwache Frontensystem ostwärts, der als Kaltfront geführte Teil kommt im
Tagesverlauf etwa bis zur Mittelgebirgsschwelle nach Süden voran, was an der
schon o.e. mangelnden südwärtigen Schubkomponente liegt. Der westliche Teil der
Front wird im Tagesverlauf als Warmfront der schon angesprochenen Welle bei den
Britischen Inseln rückläufig. An die Front sind einzelne, nur wenig ergiebige
Regenfälle gekoppelt, allerdings zeigen sich verbreitet dichtere Wolken, und die
Chancen auf Sonne sind präfrontal südlich des Mains sowie postfrontal in
Schleswig-Holstein am größten. Neben der Bewölkung und dem geringen Regen macht
sich die Front auch in den Temperaturfeldern bemerkbar, denn während die
850er-Werte im Süden noch über 10 Grad liegen, erreichen sie im Norden teils nur
noch 7 Grad. Damit sollten die Höchstwerte im Süden um 27 Grad liegen, im Norden
sind es teils nur um 20 Grad. Windanfällig bleiben, da nahe an der Frontalzone
gelegen, der Norden und Nordosten, und zu dem dort etwas schärferen Gradienten
gesellen sich hier und da konvektive Umlagerungen, so dass nicht nur an den
Küsten, sondern auch im angrenzenden Binnenland einzelne Böen Bft. 7 nicht
ausgeschlossen werden können, während der Wind an der Nordsee infolge des
Druckanstiegs und der damit einhergehenden Gradientauffächerung tendenziell
schwächer wird.

In der Nacht zum Mittwoch greift der Hochkeil noch etwas weiter nach SOten aus,
wobei seine Wellenlänge sich verkürzt. Für den Süden bleibt er das dominierende
Geopotentialgebilde, dort wird die Nacht verbreitet klar, und erneut ist mit
geringen Lufttrübungen zu rechnen. In der Mitte und Teilen des Nordens halten
sich noch Reste frontaler Bewölkung, es bleibt aber weitgehend trocken.
Vorderseitig der Briten-Welle, die bis zum Morgen auf die nördliche Ostsee
zieht, steigt der Druck im Ostseeumfeld etwas, während er im Nordseeumfeld
fällt. Damit schwächt sich der Wind im Nordosten ab während er im Nordwesten
auffrischt, aber hier wie da werden die Böen voraussichtlich nicht warnwürdig
werden.

Mittwoch ... zeigen sich anfangs in den Feldern der Potenzialverteilung wenig
Unterschied zum Vortag (zonaler Rücken im Süden, warmer Rand der Frontalzone im
Norden). Die Briten-Welle zieht bis nach Südschweden, ihre Warmfront streift den
äußersten Norden des Vorhersageraums, die Kaltfront verlagert sich über die
Nordsee hinweg nach Süden und erreicht am Abend die deutsche Bucht. Im
Geopotentialfeld kräftigt sich auf dem Atlantik ein Trog, der bis zum Abend mit
seiner Achse Irland erreicht haben soll. In seinem Vorfeld sinkt das
Geopotential, so dass auch der Hochkeil über Süddeutschland sich abschwächt und
auf seiner Nordflanke eine mehr und mehr zyklonale Krümmung aufweist.
Vorderseitig des Troges dreht die Höhenströmung auf Südwest, und auch am Boden
wird zunehmend Warmluft advehiert. Somit steigen auch die 850er Temperaturen auf
bis zu 15 Grad im Süden und 10 Grad an der Nordsee, was Höchsttemperaturen von
25 bis über 30 Grad und damit gebietsweise einen Tropentag erwarten lässt.
Während sich in dieser Gesamtkonstellation unmittelbar an den Alpen und im
Schwarzwald eine geringe Neigung für vereinzelte Wärmegewitter
herauskristallisiert (laut ICON-EU CAPE bis 500 J/kg, PPWs bis 30), spannt im
Norden an der Welle sowie im Vorfeld der Kaltfront der Gradient etwas seine
Muskeln, so dass an und zwischen den Meeren Böen Bft 7, vereinzelt auch Bft 8 zu
erwarten sind.

In der Nacht zum Donnerstag greift der markante und scharf ausgeprägte Trog von
den Britischen Inseln auf die Nordsee über. Auf der Vorderseite dringt die
Kaltfront der nunmehr zum Finnischen Meerbusen und nach Nordwestrussland
ziehenden Welle in den Norden Deutschlands ein und erreicht zum Morgen etwa eine
Linie Niederrhein - Lübecker Bucht. Verbunden mit kräftigerer Hebung kommt im
Nordwesten teils auch kräftiger Regen auf und der von Südwest auf Nordwest
drehende Wind frischt vor allen an der See in exponierten Lagen vereinzelt auf
bis Bft 7. Im Binnenland frischt der Wind an der Front ebenfalls auf, allerdings
ohne warnwürdige Schwellen zu erreichen.

Donnerstag ... und in der Nacht zu Freitag ist eine markante Umstellung der
Großwetterlage zu beobachten. Das bisher zonale Muster mit dem nach Mitteleuropa
reichenden Azorenhochkeil und der über Skandinavien hinweg nach Osten laufenden
Frontalzone wird abgelöst von einer mehr oder minder zyklonal konturierten
Nordwestlage. Grund dafür ist das südwärtige Ausgreifen und die ostwärtige
Verlagerung des Nordseetroges. Somit stellt sich über dem Vorhersagegebiet bis
zum Freitagmorgen eine recht kräftige nordwestliche Höhenströmung ein. Im
Bodenfeld greift die Kaltfront weiter südostwärts aus, wobei sie über der
südlichen Ostsee vorübergehend
verwellt. Mit Annäherung und Durchgang des Troges nimmt sie aber im Tagesverlauf
rasch an Fahrt auf und erreicht etwa Freitag, 00 UTC die Alpen. Obwohl mit ihr
niedertroposphärisch ein markanter Luftmassenwechsel ins Haus steht, erweist
sich die Kaltfront als nicht allzu wetteraktiv, lediglich im Bereich der an ihr
vorübergehend ablaufenden Welle kann es über dem Norden und Nordosten des Landes
auch mal länger regnen. Im
Vorfeld der Front kann es allerdings im Einflussbereich potenziell instabiler
Luftmassen vor allem in der Lausitz sowie im Süden und Osten Bayerns einzelne
kräftige Gewitter geben, eine große Unwetterlage steht aber mangels Labilität
sicherlich nicht ins Haus. Der Kaltfront folgt ein Schwall polarer Meeresluft,
die auf fast direktem Wege vom Nordpolarmeer ins Vorhersagegebiet gelangt, so
dass die Temperatur in 850 hPa in der Nacht zum Freitag in Norddeutschland auf
ungewöhnliche niedrige Werte
um 0 Grad absinken kann. In 500 hPa sinkt die Temperatur auf unter -25 Grad. Vor
allem entlang der Küsten von Nord- und Ostsee kann sich damit über dem recht
warmen Meerwasser (um 18 Grad) ein recht markanter Lake-Effekt einstellen, wobei
laut verschiedener Modelle in der Nacht zum Freitag gebietsweise mehr als 10 mm
in 12 Stunden fallen können, und dies auch noch relativ weit ins norddeutsche
Binnenland hinein. Mit Eintreffen der Kaltfront am Alpennordrand stellt sich
dort eine Stausituation ein, die ebenfalls zu recht ergiebigen (und in
exponierten Staulagen eventuell auch warnrelevanten) Niederschlägen führt.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die zu erwartenden Abläufe sehr ähnlich, nennenswerte
Unterschiede sind nicht auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas