DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

18-06-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 18.06.2018 um 10.30 UTC



Ab Donnerstag deutlich kühler und vorübergehend leicht unbeständig, im
Nordseeumfeld am Freitag stürmische Böen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 25.06.2018


Der Beginn des Mittelfristzeitraumes ist geprägt durch eine markante Umstellung
der Großwetterlage. Das bisher zonale Muster mit einem nach Mitteleuropa
reichenden Azorenhochkeil und der über Skandinavien hinweg nach Osten laufende
und bis ins nördliche Mitteleuropa reichenden Frontalzone (GWL BM bzw. Wa) wird
abgelöst von einer mehr oder minder zyklonal konturierten Nordwestlage.
Eingeleitet wird die Umstellung am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag durch
eine markante Austrogung über Skandinavien bzw. dem östlichen Mitteleuropa,
hervorgerufen durch einen sich von Schottland über die Nordsee und dann weiter
nach Südschweden verlagernden Randtrog. Somit stellt sich über dem
Vorhersagegebiet bis Freitag, 00 UTC eine recht kräftige nordwestliche
Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld greift die Kaltfront eines rasch von Südnorwegen bis Freitag, 00
UTC nach Südfinnland ziehenden Tiefdruckgebietes bereits in der Nacht zum
Donnerstag auf den Nordwesten Deutschlands über. Zunächst kommt sie relativ
langsam südostwärts voran, wobei sie über der südlichen Ostsee vorübergehend
verwellt. Mit Annäherung und Durchgang des Troges nimmt sie aber am Donnerstag
rasch an Fahrt auf und erreicht etwa Freitag, 00 UTC die Alpen.
Obwohl mit ihr niedertroposphärisch ein markanter Luftmassenwechsel ins Haus
steht, erweist sich die Kaltfront als nicht allzu wetteraktiv, lediglich im
Bereich der an ihr vorübergehend ablaufenden Welle kann es über dem Norden und
Nordosten des Landes auch mal länger regnen, wobei IFS die
Hauptniederschlagsaktivität eher über der südöstlichen Ostsee simuliert. Im
Vorfeld der Front kann es allerdings im Einflussbereich potenziell instabiler
Luftmassen vor allem in der Lausitz sowie im Süden und Osten Bayerns einzelne
kräftige Gewitter geben, eine große Unwetterlage steht aber mangels Labilität
sicherlich nicht ins Haus.
Der Kaltfront folgt ein Schwall polarer Meeresluft, die auf fast direktem Wege
vom Nordpolarmeer ins Vorhersagegebiet gelangt, so dass die Temperatur in 850
hPa in der Nacht zum Freitag in Norddeutschland auf ungewöhnliche niedrige Werte
um 0 Grad absinken kann. In 500 hPa sinkt die Temperatur auf unter -25 Grad. Vor
allem entlang der Küsten von Nord- und Ostsee kann sich damit über dem recht
warmen Meerwasser (um 18 Grad) ein recht markanter Lake-Effekt einstellen. IFS
simuliert (ähnlich wie ICON) in der Nacht zum Freitag gebietsweise mehr als 10
mm in 12 Stunden, die wohl in Form zahlreicher Schauer und Gewitter fallen, die
auch noch relativ weit ins norddeutsche Binnenland reichen können.
Mit Eintreffen der Kaltfront am Alpennordrand stellt sich dort eine
Stausituation ein, die ebenfalls zu recht ergiebigen (und in exponierten
Staulagen eventuell auch warnrelevanten) Niederschlägen führt.
Im Laufe des Freitags zieht - eingebettet in die nordwestliche Höhenströmung -
ein kurzwelliger Randtrog über Nord- und Ostdeutschland hinweg südostwärts und
führt dort zu weiteren, wohl halbwegs flächendeckenden, allerdings nicht allzu
ergiebigen schauerartigen, stellenweise vielleicht auch gewittrigen
Niederschlägen. Im Bereich eines mit dem Randtrog korrespondierenden Bodentroges
verschärft sich der Druckgradient über dem Nordwesten des Landes deutlich und es
kann vor allem im Nordseeumfeld stürmische Böen aus Nordwest geben.
Im Südwesten und Süden Deutschlands macht sich dagegen ein Keil des Hochs mit
Schwerpunkt über Irland bemerkbar. An den Alpen lassen die Regenfälle somit
rasch nach und ansonsten bleibt es dort weitgehend trocken. Nach wie vor strömt
niedertroposphärisch polare Meeresluft ins Vorhersagegebiet, die Temperaturen in
850 hPa liegen meist nur zwischen 0 und 5 Grad, mit den niedrigsten Werten in
Norddeutschland.
Im Laufe des Samstags verlagert sich die Achse des nun von Nordskandinavien bis
fast nach Südosteuropa reichenden Langwellentroges allmählich weiter ostwärts
und die nordwestliche Höhenströmung über Deutschland fächert etwas auf, wobei
nochmals ein flacher kurzwelliger Randtrog über das Vorhersagegebiet südostwärts
geführt wird, allerdings ohne allzu große Wetteraktivität. Insgesamt dominiert
trogrückseitiges Absinken und es werden maximal nur leichte Niederschläge
simuliert, hauptsächlich im Nordwesten und im Nordstau der nördlichen und
östlichen Mittelgebirge. Allerdings breitet sich nach Abzug des Randtroges im
Bereich der Absinkinversion im Norden des Landes (außer wohl ganz im Nordosten,
wo der Skandenlee wirksam werden kann) und im Luv der Mittelgebirge vielerorts
dichte SC-Bewölkung aus. Im Westen und Süden bleibt dagegen der Keil des sich
nunmehr etwas Richtung Kontinentaleuropa ausbreitenden Hochs über den Britischen
Inseln wirksam. Vor allem im Südwesten scheint häufig die Sonne und die
Temperaturen steigen etwas an.
Am Sonntag tropft der Trog über dem Baltikum aus und zeigt bis Montag kaum
Verlagerungstendenz. Die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht somit
mehr auf Nord bis Nordwest und ist vorderseitig eines markanten Höhenrückens,
der am Montag, 12 UTC von der Iberischen Halbinsel bis zu den Britischen Inseln
reicht, zunehmend antizyklonal konturiert.
Im Bodenfeld bleibt ein Keil des Hochdruckgebietes über Westeuropa nach Süd- und
Westdeutschland gerichtet, so dass dort weiterhin störungsfreies und vor allem
südwestlich der Keilachse auch sonniges Wetter dominiert. Im Norden und Osten
bleibt es dagegen zwischen dem Hochkeil und einem Tief über dem Baltikum
niedertroposphärisch bei der Nordwestströmung, mit der bodennah relativ feuchte
Luftmassen landeinwärts geführt werden. Am Montag wird wohl auch noch zusätzlich
um den Keil geführte WLA wirksam. Somit ziehen über den Norden und Osten des
Landes immer wieder Wolkenfelder hinweg, vor allem im Nordwesten und am Nordrand
der Mittelgebirge bleibt es gebietsweise auch längere Zeit bedeckt. Bis auf
geringen Nieselregen sind aber kaum Niederschläge zu erwarten.
Insgesamt setzt sich wieder mildere Luft durch, zunächst durch Absinken, später
auch advektiv. Bis Montag steigen die Temperaturen in 850 hPa auf etwa 6 bis 10
Grad. Somit steigen die Höchstwerte wieder auf über 20 Grad - mit Ausnahme der
Regionen, wo es länger bedeckt bleibt. Im Südwesten werden ab Sonntag wieder
sommerliche 25 Grad erreicht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Während dem aktuellen Lauf des IFS im Vergleich zum gestrigen 12 UTC-Lauf eine
gute Konsistenz nachgewiesen werden kann, ergeben sich deutlichere Unterschiede
zum gestrigen 00 UTC-Lauf. Die Austrogung über Skandinavien und dem östlichen
Mitteleuropa, die am Donnerstag eine markante Umstellung auf eine kühle
Nordwestlage einleitet, sowie der am Freitag folgende kurzwellige Randtrog
werden in den beiden letzten Läufen deutlich markanter simuliert als im
gestrigen 00 UTC-Lauf. Das hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die
Niederschlagsprognosen in erster Linie im Norden und Osten Deutschlands und am
Alpenrand. In beiden Regionen wurden sowohl für die Nacht zum Freitag (Alpenstau
und Lake-Effekt) als auch für den Freitag selber (Kurzwellentrog) vom gestrigen
00 UTC-Lauf so gut wie keine Niederschläge simuliert, im Gegensatz zum 12 UTC-
und vor allem zum heutigen 00 UTC-Lauf.
Die zunehmend antizyklonal konturierte Nordwest- bis Nordlage am Wochenende mit
keinen bis maximal geringen Niederschlägen wurde vom gestrigen Mittagslauf
ähnlich simuliert, wobei der aktuelle Lauf insgesamt etwas antizyklonaler
aufgestellt ist.
Der gestrige 00 UTC-Lauf hatte dagegen vor allem ab Sonntag eine zunehmend
zyklonal geprägte Nordwestlage auf der Karte, mit der ein Frontensystem,
verbunden mit recht verbreiteten, allerdings nicht allzu intensiven
Niederschlägen nach Mitteleuropa geführt wurde.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die markante Austrogung am Donnerstag haben alle vorliegenden Modelle ähnlich
auf der Karte. Vor allem IFS und ICON simulieren in der Nacht zum und am
Donnerstagvormittag eine flache Welle entlang der Bodenkaltfront mit
verbreiteten Niederschlägen teils mäßiger Intensität (10 bis nahe 20 mm in 12
Stunden) vom nördlichen Niedersachsen bis zur vorpommerschen Ostseeküste. GFS
simuliert die stärksten Niederschläge dagegen weiter nördlich, über
Nordfriesland, zeigt aber im präfrontalen Bereich über Südostbayern und in der
Lausitz verbreiteter konvektive Aktivität als die meisten anderen Modelle.
Postfrontal werden in der Nacht zum Freitag der Lake-Effekt und der Alpenstau
vom ICON-EU und vom IFS ähnlich simuliert, wobei ICON-EU am Alpenrand etwas
höhere Mengen (über 30 mm in 12 Stunden) auf der Karte hat als IFS (bis etwa 20
mm). GFS simuliert bei ähnlicher räumlicher Verteilung allgemein geringere
Mengen.
Auch die Passage des kurzwelligen Randtrogs über Nord- und Ostdeutschland am
Freitag zeigen alle Modelle ähnlich, am wenigsten intensiv noch GEM.
Für das Wochenende ergeben sich weiterhin nur wenige Unterschiede. Alle
vorliegenden Modelle tendieren Richtung NW oder N antizyklonal, wobei IFS
aufgrund des am deutlichsten simulierten Abtropfprozesses über dem Baltikum vor
allem niedertroposphärisch etwas zyklonaler aufgestellt ist als ICON und GFS.
Vor allem nach ICON kommt der Keil des Bodenhochs über Westeuropa etwas weiter
nach Nordosten voran als nach Lesart des IFS, was wohl Auswirkungen auf die
Bewölkungsprognosen in erster Linie in den mittleren Landesteilen haben dürfte.
Zwar wird nach einigen Modellen am Sonntag und zu Wochenbeginn verstärkt WLA von
Nordwesten wirksam, allerdings hat Modell mehr - im Gegensatz zum gestrigen 00
UTC IFS-Lauf - einen Frontdurchgang mit verbreiteten Niederschlägen auf der
Karte.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die 49 Ensembleläufe, Haupt- und Kontrolllauf verteilen sich im Zeitraum 72 bis
96 Stunden (also Donnerstag, 00 bis Freitag, 00 UTC) auf 6 Cluster, die sich
bzgl. der Wetterentwicklung über Mitteleuropa allesamt ähneln. Lediglich Cluster
6 (mit allerdings nur 4 Membern) zeigt den Durchgang des Troges gegenüber den
anderen Clustern und auch im Vergleich zum Hauptlauf etwas verzögert.
Für den nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden, also Samstag, 00 UTC bis
Montag, 00 UTC) ergeben sich 3 Cluster, wobei die Ensemblemitglieder recht
gleichmäßig über alle Cluster verteilt sind (jeweils 19, 17 und 15 Member). Der
Hauptlauf befindet sich in Cluster 1, der, ähnlich wie Cluster 3, am Sonntag und
Montag den Aufbau eines markanten Höhenrückens über Südwest- und Westeuropa auf
der Karte hat und somit bis Montag, 00 UTC eine zunehmend antizyklonal
konturierte nördliche Höhenströmung. Auch im Bodenfeld spiegelt sich das in Form
eines recht kräftigen, bis nach Süddeutschland reichenden Hochdruckgebietes
wieder.
Cluster 2, inklusive Kontrolllauf, tendiert dagegen eher Richtung Nordwest
zyklonal, ähnelt also eher dem gestrigen 00 UTC-Hauptlauf, ist aber nicht ganz
so zyklonal wie dieser aufgestellt.
In der erweiterten Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) tauchen dann wiederum 6
Cluster auf. Für Mitteleuropa dominiert dabei weiterhin ein eher antizyklonal
geprägtes Muster, wobei Cluster 1 Richtung nördliche Westlage tendiert, Cluster
2, 5 und 6 einen markanten Trog über Ost-/Südosteuropa auf der Karte haben, dem
ein kräftiger Rücken über West- bzw. Nordwesteuropa gegenüber steht (woraus sich
eine meist antizyklonal konturierte nördliche bis nordöstliche Höhenströmung
über dem Vorhersagegebiet ergibt) und Cluster 3 bzw. 4 "Hoch Mitteleuropa" auf
der Karte haben.
Trotz aller "Clusterei" bleibt festzuhalten, dass bis weit in die erweiterte
Mittelfrist hinein die antizyklonalen Muster überwiegen. Flächendeckende
ergiebige Niederschläge, wie sie vor allem Nord- und Ostdeutschland benötigen
würden, sind somit vorerst nicht in Sicht.
Die Rauchfahne für einen beliebigen, etwa in der Mitte Deutschlands gelegenen
Gitterpunkt bringt gegenüber der Clusteranalyse keine großartig neuen
Erkenntnisse. Der markante Temperaturrückgang in 850 hPa wird auch in der
Rauchfahne deutlich und verläuft in einem sehr engen Spread, mal abgesehen von
den 4 Membern aus Cluster 6, die diesen etwa 6 bis 12 Stunden später simulieren.

Bis Sonntag pendeln sich die 850 hPa-Temperaturen der einzelnen Member zwischen
0 und 4 Grad ein, um danach in einem allmählich breiter werdenden Spread wieder
anzusteigen. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich dann eher im oberen Bereich
der Rauchfahne. Die GFS-Ensembles zeigen ein ähnliches Muster.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Im Vorfeld der Kaltfront gerät der Südosten des Vorhersagegebietes vorübergehend
in den Einflussbereich potenziell instabiler Luftmassen, wobei es um die
Labilität der Luftmasse nicht allzu hoch bestellt ist. Für einige Gewitter mit
markanten Begleiterscheinungen in Form von Starkregen, kleinkörnigem Hagel und
stürmischen Böen könnte es am ehesten in der Lausitz, im Süden und im Osten
Bayerns reichen.
Die Kaltfront selbst erweist sich dagegen als relativ wetterinaktiv, allerdings
kann es mit Passage im Laufe des Donnerstags vorübergehend Böen Bft 7 bis 8 aus
West bis Nordwest geben.
EFI gibt vor allem am Freitag Signale für hohe Windgeschwindigkeiten im Bereich
des Bodentroges über Nordwestdeutschland. Auch die Probabilistik (ICON-EU EPS,
ECMWF EPS) zeigt hohe Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft 8 aus Nordwest im
Nordseeumfeld und auf den Berggipfeln, exponiert kann es auch Sturmböen (Bft 9)
geben.
Geringe Wahrscheinlichkeiten für ein Überschreiten der Warnschwellen für
Dauerregen am Alpenrand simulieren in erster Linie COSMO-LEPS und ICON-EU EPS.
Die deterministischen Modellläufe simulieren - abgesehen von ICON-EU - durchwegs
Mengen unterhalb der Warnschwellen.
EFI gibt zudem noch Hinweise auf außergewöhnlich niedrige Minimum-Temperaturen
vor allem in den Nächten auf Samstag und Sonntag im westlichen und zentralen
Mittelgebirgsraum. Sollte es im Norden und in der Mitte in den beiden Nächten
für längere Zeit aufklaren (was wohl nur mit eher geringer Wahrscheinlichkeit
der Fall sein wird), sind durchaus Minima nahe der Rekorde möglich.

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. **