DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-06-2018 08:01
SXEU31 DWAV 150800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.06.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM (Brücke Mitteleuropa)

Heute nüscht, morgen wenig (einzelne Schauer und Gewitter) und Sonntag WM (nee,
vor allem im Osten und Süden einzelne, aber sehr wahrscheinlich keine Unwetter).


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegen große Teile Deutschlands unter einem nahezu stationären
Höhenrücken, der sich von Südwesteuropa bis zum Baltikum und von dort weiter
nach Norden bis zur Barentssee erstreckt. Er wird im Süden von einem Höhentief
über dem Ionischen Meer und im Norden von der über den mittleren Nordatlantik
verlaufenden und über Skandinavien nach Norden abwinkelnden Frontalzone. Diese
touchiert heute mit einer leicht zyklonal konturierten südwestlichen
Höhenströmung den Norden und Westen des Landes, ohne dass dabei aber
nennenswerte dynamische Prozesse ableitbar sind.
So konzentriert sich unser Blick auf die bodennahen Luftschichten, wo sich bei
uns heute eine Hochdruckbrücke etabliert, die das Azorenhoch mit einem sich
intensivierenden Hoch über dem Westen Russlands verbindet (das Hoch beschert
Jogi und seinen Jungs am Sonntag in Moskau trockenes und heiteres Fußballwetter
um 25°C, von daher also keine Ausreden, bitte). In diese Brücke ist die
teilokkludierte Kaltfront eines mittlerweile über der Norwegischen See
angekommenen Sturmtiefs hineingelaufen. Sie liegt diagonal
südwest-nordost-orientiert über dem Vorhersageraum und weiß jetzt nicht so
recht, wie es weitergehen soll. Mangels Antrieb geht es weder vor noch zurück,
außerdem bekommt es Fronten ganz und gar nicht gut, wenn sie in der Nähe von
Divergenzachsen etwaiger Hochdruckzonen respektive Höhenkeile liegen. Kurzum,
die Okklusion befindet sich auf dem besten Weg zur Frontolyse, oder mit anderen
Worten, sie wird sich im Tagesverlauf zusehends auflösen.
Allerdings, das muss man der guten Front lassen, reicht es noch über einen
längeren Zeitraum für einen vergleichsweise kompakten Wolkenstreifen, der sich
ebenfalls diagonal von Südwest nach Nordost erstreckt und im Tagesverlauf nur
peu a peu perforiert wird, so dass am Abend unter dem Strich besonders in einem
vom Saarland/RP und Nordbaden über die Mitte bis nach BB verlaufenden Korridor
eine unterdurchschnittliche Sonnenscheinbilanz zu Buche steht.
Besser sieht es diesbezüglich sowohl nordwestlich als auch südöstlich dieses
Korridors aus, auch wenn der Start etwas holprig ist. So haben der Nordwesten
und der Südosten gebietsweise zunächst mit noch Nebel oder geschlossener
SC/ST-Bewölkung zu kämpfen, die sich unterhalb der bei 800 hPa befindlichen
Inversion festgesetzt hat. Diese soll - trotz des überlagerten Höhenrückens -
heute etwas ansteigen, was der Wolkenauflösung durchaus zuträglich ist (der
Nebel löst sich zu dieser Jahreszeit ohnehin auf), so dass am Ende zwar einige
Quellwolken, aber auch längere sonnige Abschnitte übrigbleiben.
Warntechnisch gilt es heute, die Füße hochzulegen und mal durchzuatmen, die
nächste Gewitterlage kommt bestimmt. Die Erwärmung macht in der alternden
maritimen Luftmasse leichte Fortschritte, bei 850-hPa-Temperaturen von 5°C
(Nordsee) bis 11°C (ganz im Süden) am Nachmittag dürfen wir in 2m Höhe Maxima
zwischen 21 und 25°C erwarten (abzüglich des höheren Berglands sowie
Küstenabschnitten mit auflandigem Wind).

In der Nacht zum Samstag tut sich bei uns herzlich wenig an der Wetterlage. Die
letzten Reste der gescheiterten Okklusion verschwinden auch noch, dafür tauchen
im Nordwesten hohe Wolkenfelder auf, die leichter WLA geschuldet sind. Nebel
dürfte kein großes Thema mehr ein. Es sei aber schon mal der Hinweis auf einen
markanten KW-Trog erlaubt, der von Westen her kommend auf die "Grüne Insel"
zurollt und in den Frühstunden Nordirland erreicht. Von ihm wird am Wochenende
auch bei uns noch zu hören sein.

Samstag... kommt ein bisschen Bewegung in die großräumige Potenzialverteilung,
ohne dass aber gleich die ganz großen Umwälzungen anstehen. Zunächst mal
verlagert sich das Höhentief im Süden vom Ionischen Meer über die Ägäis zur
Türkei. Gleichzeitig überquert der oben bereits schon angesprochene KW-Trog (der
im Inneren übrigens mit einem abgeschlossenen Höhentief ausgestattet ist) UK und
erreicht in den Abendstunden die westliche Nordsee. Die Folgen für unseren Raum
sind stetiger Potenzialverlust oder anders ausgedrückt, der Höhenrücken wird
sukzessive nach Südosten weggedrückt, so dass wir trogvorderseitig mehr und mehr
unter eine anfangs noch weitgehend indifferente, später zunehmend zyklonal
konturierte südwestliche Höhenströmung gelangen.
Trotz der geschilderten Verrückungen in der mittleren Troposphäre tut sich
weiter unten zunächst relativ wenig. So bleibt uns die Hochdruckbrücke tagsüber
weiterhin erhalten, und selbst in der Nacht zum Sonntag hegt sie nur gedämpfte
Ambitionen, ihren Platz zu räumen. Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass
bereits am Vormittag von den Niederlanden und der Nordsee her ein flacher
Bodentrog auf den Nordwesten und Norden übergreift. Es handelt sich dabei - wenn
man so will - um die Vorhut eines Tiefs, das am Mittag (12 UTC) mit seinem Kern
von etwas unter 1005 hPa knapp südlich der Hebriden liegt, während die
zugehörige schwache und teilokkludierte Kaltfront zur gleichen Zeit meridional
über UK verläuft.
Unabhängig davon wird mit der schwachen niedertroposphärischen Südwestströmung
allmählich feuchtere und potenziell instabilere Luft insbesondere in den Westen
und Norden geführt, während die Luftmasse nach Südosten hin (dort östliche
Winde) relativ trocken und stabil bleibt. Schaut man sich den
Konvektionsfavoriten im Hinblick auf die Charaktereigenschaften der Luftmasse im
Norden und Westen an, so findet man bei den Lapse-Rates und dem ML-CAPE
limitierte Werte (CAPE < 500 J/kg), was auch nachvollziehbar ist. Schließlich
findet kein wirkliches, weit nach Süden ausgreifendes Rückdrehen der Strömung
statt, mit der energiereiche Subtropikluft aus Südwesteuropa angezapft wird.
Immerhin steigt das PPW auf 24 bis 30 mm und auch die Scherung nimmt allmählich
zu.
Lange Rede, kurzer Sinn, in weiten Teilen des Landes, namentlich im Süden und
Osten sowie in der Mitte scheint morgen die häufig die Sonne, flankiert von
einigen, meist lockeren Wolken. Dabei bleibt es trocken und die Temperatur
steigt auf 24 bis 28°C. Tendenziell wolkiger, aber auch nicht durchweg
unfreundlich verläuft der Tag in Richtung Westen und Nordwesten. Am Nachmittag
und Abend können zwischen SH bzw. Westmecklenburg und NRW (im Westen besonders
über dem Bergland) einzelne Schauer, vielleicht auch mal ein Gewitter ausgelöst
werden. Die Gewitter sind maximal markant (Starkregen, kleinkörniger Hagel, Böen
8 Bft), können eventuell aber auch mit "Gelb" durchgewunken werden. Mit 22 bis
26°C wird es etwas weniger warm als im Süden und Osten.

In der Nacht zum Sonntag steuert der KW-Trog via Nordsee auf Jütland zu, während
der Bodentrog über den Nordosten zur Ostsee bzw. nach Nordpolen abzieht.
Dahinter setzt noch vor Eintreffen der Front niedertroposphärische KLA ergo eine
Stabilisierung ein, so dass eigentlich keine "günstige" Interaktion zwischen
durchaus vorhandener dynamischer Hebung (PVA) und gehobener Luftmasse entsteht.
So läuft es wahrscheinlich darauf hinaus, dass besonders im Nordosten im Bereich
des Bodentrogs einzelne Schauer und Gewitter (max. markant) auftreten. Denkbar
sind Schauer und vereinzelte kurze Gewitter aber auch im Nordseeumfeld, wo die
höhenkälteste Luft im KW-Trog anlandet. Inwieweit sich Gewitter auch noch weiter
südlich (Osten, Mitte, evtl. sogar Südwesten) entwickeln, ist mehr als fraglich.
Erstens ist die Luftmasse nicht gerade der "Knaller", zweitens lässt die Wirkung
des Höhentroges mit jedem Kilometer weiter südlich nach und drittens scheint
auch die von Westen allmählich vorstoßende Front nicht gerade ein Kraftprotz
seiner Zunft zu sein.

Sonntag... zieht der KW-Trog in Richtung Südschweden ab, es folgt von Westen her
aber noch ein weiterer, deutlich flacher ausfallender Trog nach, der im Westen
nichts ausrichten, sich im Osten vielleicht aber noch etwas in Szene setzen
kann. Fakt ist, dass das Bodendruckfeld weitgehend antizyklonal geprägt bleibt.
Zwar wird die Brücke vorübergehend gekappt, die leichte KLA, die von Westen auf
unseren Raum übergreift, sorgt letztlich aber für ein Refreshing des
Azorenhochkeils. Derweil passiert die Okklusion bzw. Kaltfront den
Vorhersageraum ostwärts, was im Norden schneller vonstattengeht als im Süden.
Dahinter gelangt ein Schwall erwärmter Meeresluft subpolaren Ursprungs (T850
4-7°C) in den Norden und Westen, die relativ stabil ist, so dass dort zwar ´ne
Menge Gewölk aber wenig Regen/Schauer produziert werden. Allerdings können sich
besonders in der ersten Tageshälfte im äußersten Norden noch einzelne Schauer
oder kurze Gewitter entwickeln (abziehender Trog mit Höhenkaltluft). Zudem
frischt dort der auf West drehende Wind postfrontal kurzzeitig mal etwas stärker
auf. Ob das am Ende für eine kleine Windwarnung reicht, muss man abwarten.
Nach Süden und Osten hin, die noch längere Zeit im präfrontalen Bereich in der
instabileren Warmluft verweilen, muss bei Annäherung der Front mit konvektiven
Umlagerungen in Form von Schauern und Gewittern gerechnet werden, die maximal im
markanten Bereich Warnbereich anzusiedeln sind (Starkregen, kleinkörniger Hagel,
stürmische Böen). Die dynamische Unterstützung dürfte eher gering ausfallen,
weil der erste KW-Trog nach Nordosten abzieht (erzeugt im Nordosten anfangs noch
Hebung, allerdings ist dort die "Luft" im wahrsten Sinne des Wortes weitgehend
raus) und der zweite Trog wahrscheinlich etwas zu spät ankommt, als dass seine
Vorderseite noch substanziell greifen könnte. Allerdings können kleine
Phasenverschiebungen schon ein etwas anderes Bild erzeugen, so dass die weiteren
Modellläufe dahingehend genau gecheckt werden sollten.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 20 bis 25°C, an der Nordsee sowie im
Bergland darunter, im Osten gebietsweise noch mal 1, 2 oder auch 3 Grad darüber.


In der Nacht zum Montag tut sich im größten Teil des Landes wettermäßig wenig
bis nichts, so dass man recht gut das Spiel vs. Mexico verarbeiten kann. Im
äußersten Süden und Südosten kommt es anfangs noch zu Schauern und einzelnen
Gewittern, bevor sich am Alpenrand eine bis Montag andauernde Dauerregenlage
einstellt - möglicherweise, denn die probabilistischen Verfahren agieren
diesbezüglich sehr zurückhaltend, während einige Modelle zumindest punktuelle
Signale (z.B. im Allgäu) liefern.




Modellvergleich und -einschätzung
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Die Lage wird von der Numerik recht einheitlich bewertet. Die Auswirkungen, in
diesem Fall speziell die für das Wochenende apostrophierten Schauer und
Gewitter, werden freilich mit den üblichen Unschärfen gesehen. In der Bewertung
hinsichtlich Intensität der konvektiven Prozesse (keine Unwetterlage) herrscht
aber Einigkeit.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann