DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-06-2018 17:01
SXEU31 DWAV 131800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 13.06.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Nordseeumfeld im Laufe des Donnerstags stürmische Böen. Sonst bis Freitag
meist ruhiges, eher antizyklonal geprägtes Wetter.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... greift ein flacher Höhenrücken unter Verkürzung seiner Wellenlänge
von Nordwesten her auf Deutschland über, morgens befindet sich dessen Achse in
etwa über Norddeutschland. Weiter westlich setzt sich die Zonalisierung der
Höhenströmung über dem Nordatlantik fort. Darin eingebettet, greift ein
markanter Trog vom nahen Ostatlantik her in den Frühstunden auf Irland über.
Trogvorderseitige dynamische Hebungsprozesse führen im Bodenfeld zu einer
markanten Zyklogenese über dem nahen Ostatlantik. Das daraus resultierende
Bodentief (Kerndruck um 06 UTC nahe 975 hPa) zieht bis Donnerstagfrüh ins
Seegebiet nördlich von Schottland, sein bis dahin weitgehend okkludiertes
Frontensystem erreicht morgens die westliche Nordsee.
Somit setzt im Laufe der Nacht im Nordwesten des Landes Druckfall ein und der
nach Westdeutschland bzw. in die Mitte des Landes gerichtete Bodenhochkeil wird
allmählich nach Süden abgedrängt. Die Regenfälle im Bereich der Bayerischen
Alpen, die noch aus Hebungsprozessen nordseitig der zunehmend in den Bereich
knapp südlich der Alpen abgedrängten Luftmassengrenze resultieren und vor allem
nach Osten zu in Staulagen anfangs noch recht kräftig ausfallen, lassen somit im
Laufe der ersten Nachthälfte weiter nach und hören schließlich ganz auf.
Somit steht im Einflussbereich des Bodenhochkeils eine warntechnisch ruhige
Nacht ins Haus. Die Absinkinversion in 800 bis 900 hPa schwächt sich im Laufe
der Nacht im Einflussbereich des Höhenrückens etwas ab, so dass die dichte
SC-Bewölkung gebietsweise größere Lücken bekommt, vor allem im Westen, in der
Mitte und im Nordosten klart der Himmel auch länger auf, während es im Süden
vielerorts bedeckt bleibt. Stellenweise kann sich dann Nebel bilden und die
Temperaturen sinken bei länger klarem Himmel in den einstelligen Bereich, in
einigen Mittelgebirgstälern auch auf Werte knapp unter 5 Grad.
Der Wind im Nordseeumfeld lässt zunächst nach, mit der Gradientverschärfung
frischt er aber ausgangs der Nacht wieder aus Südwest auf, warnrelevante Böen
werden zunächst aber noch nicht erreicht, Ausnahme eventuell Helgoland und die
Nordfriesischen Inseln.

Donnerstag ... wird der Höhenrücken weiter nach Süden abgedrängt und die
Nordhälfte Deutschlands gerät zusehends in den Einflussbereich der Frontalzone.
Die Achse des Nordostatlantiktroges mit Drehzentrum knapp südöstlich Islands
schwenkt über die Nordsee hinweg rasch ostwärts Richtung Nordwestdeutschland,
Dänemark und Norwegen. Im Bodenfeld erreicht die Okklusion des sich Richtung
Norwegischer See und noch etwas vertiefenden Tiefdruckgebietes am Abend
Nordwestdeutschland. Im Vorfeld werden die Wolken im Norden und Westen sowie in
den mittleren Landesteilen rasch dichter und von Westen setzt leichter Regen
ein, der abends in etwa eine Linie Eifel - Ostholstein erreicht. Die Mengen
bleiben aber mit 0 bis 3 mm in 12 Stunden gering. Mit Annäherung der Front
verschärft sich der Druckgradient allerdings weiter und der Südwestwind nimmt
zu. Im Nordseeumfeld gibt es ab vormittags recht verbreitet steife bis
stürmische Böen (Bft 7 bis 8), auf Helgoland und auf den Nordfriesischen Inseln
in exponierten Lagen eventuell auch einzelne Sturmböen (Bft 9). Spätnachmittags
und abends nimmt dann auch an der Ostsee der Wind vorübergehend zu mit steifen
bis stürmischen Böen. Im norddeutschen Tiefland und in Schleswig-Holstein muss
direkt im Vorfeld der Front und mit Passage kurzzeitig ebenfalls mit
warnrelevanten Böen (Bft 7) gerechnet werden.
Im großen Rest des Landes dominiert der Einfluss des Bodenhochkeils, der
allmählich nach Süddeutschland abgedrängt wird und sich etwas abschwächt. Die
vor allem über Süddeutschland noch vorhandene recht dichte SC-Bewölkung lockert
mit leichtem Ansteigen der Absinkinversion (auf etwa 800 bis 750 hPa) allmählich
auf bzw. geht in Quellbewölkung über, die vor allem im Südosten weiterhin recht
dicht bleibt, aus denen aber auch an den Alpen kaum Schauer fallen.
Am meisten Sonne gibt es somit wohl in einem breiten Streifen von
Baden-Württemberg nordostwärts bis in die Osthälfte, während sich die Wolken im
Norden und Nordwesten bereits am Vormittag rasch verdichten.
Niedertroposphärisch gelangt im Vorfeld der Front wieder etwas wärmere
Biskayaluft ins Land, die Temperatur in 850 hPa steigt auf 7 bis 10 Grad. Somit
sind Höchstwerte zwischen 19 und 24 Grad zu erwarten, an den Alpen, im
angrenzenden Alpenvorland sowie im Nordseeumfeld bleibt es etwas kühler.

In der Nacht zum Freitag kommt das Frontensystem etwa bis zu einer Linie
Nordbaden-Nordbrandenburg voran. Allerdings sind kaum mehr dynamische
Hebungsantriebe auszumachen und auch im Bodenfeld kann sich der Hochkeil über
Süddeutschland wieder ein wenig verstärken. Somit lassen die eh nur leichten
Niederschläge bei der Südostverlagerung der Front allmählich nach, mehr als 2 mm
in 12 Stunden werden quasi nirgendwo mehr simuliert.
Postfrontal und mit Abzug des Bodentiefs fächert der Gradient wieder deutlich
auf, auch im Küstengebiet lässt der Wind im Laufe der Nacht somit allmählich
nach und ist spätestens ausgangs der Nacht wohl nicht mehr warnrelevant.
Im Südosten des Landes bleibt es meist aufgelockert, örtlich auch gering
bewölkt, dann kann sich stellenweise Nebel bilden. Ansonsten verläuft die Nacht
aber wettertechnisch ruhig und warnfrei.

Freitag ... verbleiben der Nordwesten und Norden Deutschlands im Einflussbereich
einer leicht zyklonal konturierten südwestlichen Höhenströmung. Die Mitte und
der Süden des Landes befinden sich dagegen nach wie vor unterhalb des
Höhenrückens, dessen Achse sich in etwa über der "südlichen Mitte" befindet und
der aufgrund der Blockadewirkung eines Höhentiefs über dem Ionischen Meer
zunächst kaum weiter nach Süden abgedrängt werden kann.
Auch im Bodenfeld dominiert schwacher Hochdruckeinfluss, der Hochkeil kann sich
noch etwas weiter nach Norden und Osten ausweiten. Die Reste des sich mehr und
mehr auflösenden Tiefausläufers kommen nicht mehr nach Südosten voran und machen
sich hauptsächlich durch teils dichtere Quellbewölkung bemerkbar, die sich
diagonal von Südwest nach Nordost über das Vorhersagegebiet erstreckt. Schauer
sollte es daraus aber mangels vertikaler Erstreckung (bis zu einer
Absinkinversion in 700 hPa) kaum oder nur vereinzelt geben (ICON lässt es quasi
trocken, GFS und ECMWF simulieren maximal wenige mm in 12 Stunden), meist bleibt
es trocken.
Südöstlich und nordwestlich der Front scheint dagegen häufig die Sonne,
lediglich an den Alpen bilden sich ebenfalls verstärkt Quellwolken.
Insgesamt setzt sich die WLA niedertroposphärisch weiter fort und die Luftmasse
kann sich noch etwas erwärmen, was in Höchstwerten - je nach Sonnenschein -
zwischen 21 und 26 Grad mündet, lediglich an der Nordseeküste bleibt es etwas
kühler.

In der Nacht zum Samstag schwenkt vom nahen Ostatlantik ein weiterer Höhentrog
Richtung Irland, was zur Folge hat, dass die südwestliche Höhenströmung über dem
Nordwesten des Vorhersagegebietes etwas aufsteilt und der vorgelagerte
Höhenrücken ein wenig weiter nach Südosten abgedrängt werden kann.
Der Bodenhochkeil schwächt sich etwas ab und im Nordwesten setzt leichter
Druckfall ein. Trogvorderseitige WLA macht sich dort allmählich durch den Aufzug
hoher Bewölkung bemerkbar. In der Mitte und im Süden bleibt es dagegen
unterschiedlich, teils auch gering bewölkt, wobei sich gebietsweise aber auch
wieder unterhalb der Absinkinversion dichtere SC-Bewölkung ausbreiten kann. Bei
längerem Aufklaren bildet sich örtlich Nebel. Insgesamt fällt die Nacht etwas
milder als die beiden Vornächte aus.

Samstag ... erreicht der Höhentrog Nordwestengland und beginnt dort im weiteren
Verlauf auszutropfen. Somit gerät der gesamte Vorhersagebereich auf dessen
Vorderseite unterhalb einer südwestlichen Höhenströmung, mit der
niedertroposphärisch wieder eine wärmere, aber auch potenziell instabile
Luftmasse aus dem südwesteuropäischen Raum ins Vorhersagegebiet advehiert werden
kann. Dynamische Hebungsantriebe sind dabei am ehesten im Nordwesten
Deutschlands auszumachen.
Insgesamt weist die herangeführte Luftmasse aber keine allzu hohen
Labilitätswerte auf, ICON-EU simuliert nur wenige 100 J/kg ML-Cape, GFS dagegen
immerhin bis an die 1000 J/kg, was aber wohl auch dem zu hoch simulierten
Taupunkt geschuldet ist. Diese Überinterpretation der Taupunkte schlägt sich
auch in den Niederschlagssimulationen beider Modelle nieder. Während ICON-EU
(ähnlich wie IFS) fast keine Niederschläge auf der Karte hat, simuliert GFS im
Bereich einer flachen Tiefdruckrinne über dem Westen Deutschlands verbreitet
Auslöse. Allerdings spielt dabei auch der Deckel in Form einer Absinkinversion
in etwa 700 hPa eine Rolle, die ICON deutlich stärker als das GFS im Programm
hat.
Summa summarum lässt sich konstatieren, dass Auslöse am ehesten wohl im Westen
und generell im Bergland möglich ist. Die Begleiterscheinungen der Gewitter
sollten sich angesichts nicht allzu hoher Cape und PPW-Werten um 25 mm aber wohl
in Grenzen halten, die Wahrscheinlichkeit für Unwetter ist aus aktueller Sicht
eher als gering einzustufen.
Die Erwärmung macht weitere Fortschritte, die Temperatur in 850 hPa steigt auf
Werte zwischen 8 Grad über der Nordsee und 13 Grad im Alpenvorland. Bei locker
bewölktem Himmel sind somit Höchstwerte zwischen 22 und 28 Grad zu erwarten, bei
auflandigem Wind bleibt es an den Küsten etwas kühler.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle Modelle haben im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche Wetterentwicklung auf
der Karte. Die sich auflösende Front in der Nacht zum und am Freitag wird noch
mit leichten Unschärfen simuliert, die aber nicht warnrelevant sind und am
ehesten die Bewölkungsverhältnisse betrifft.
Über die räumliche Verteilung und die Qualität der Gewitter am Samstag lässt
sich momentan nur spekulieren. Eine großräumige Unwettersituation steht aber
wohl eher nicht ins Haus.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff