DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

11-06-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 11.06.2018 um 10.30 UTC



Leicht wechselhafter Wetterblauf. Dabei anfangs nur sehr geringe, am Wochenende
wieder erhöhte Gewitterneigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 18.06.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Donnerstag befinden
wir uns auf der Rückseite eines über dem westlichen Mittelmeer abgetropften
Höhentrogs. Von Westen her schieben sich ein flacher Potenzial- und
Bodenhochkeil (vom Azorenhoch) bis nach Deutschland vor, die für eine
allmähliche Erwärmung der zuvor eingeflossenen kühleren Meeresluft sorgen.
Allerdings halten sich an den Alpen noch Reste etwas feuchterer Luft (=>
einzelne Schauer) und auch von der Nordsee her wird das antizyklonale Regime
bereits wieder attackiert. Absender ist ein von Schottland zur Norwegischen See
ziehendes Sturmtief, dessen teilokkludierte Kaltfront auf Nordwestdeutschland
übergreift, um sich von dort bis Freitag peu a peu landeinwärts südostwärts
vorzuarbeiten. Wie weit sie letztlich dabei kommen wird, ist noch nicht
abschließend geklärt. Fakt ist, dass sie etwas Regen bringt (für Gewitter ist
die gehobene Luftmasse wahrscheinlich zu stabil), mit jedem Kilometer
landeinwärts aber in zunehmend antizyklonales Terrain gelangt (Potenzial- und
Bodenhochkeil verändern ihre Position kaum), was die Wetterwirksamkeit der Front
erheblich dämpft. Auch steht kein nennenswerter Luftmassenwechsel ins Haus,
einzig in den äußersten Nordwesten gelangt vorübergehend etwas frischere
Meeresluft (5°C-Isotherme in 850 hPa am Freitag, 12 UTC im Bereich der
Nordseeküste).

Am Wochenende gelangen wir auf die Vorderseite eines sich über UK/Irland
etablierenden Höhentrogs, der am Sonntag unter merklicher Verkürzung seiner
Wellenlänge zwar noch den Westen des europäischen Kontinents erreicht, dort
aber durch einen über dem östlichen Mitteleuropa respektive dem nahen Osteuropa
positionierten Höhenrücken spürbar ausgebremst wird. Wie so oft bei
vergleichbaren Lagen wird dabei nicht der Airbag ausgelöst, sondern es kommt im
Laufe des Sonntags zu einem Cut-Off, der nach Lesart des IFS genau über
Westdeutschland initiiert wird.
Dem Trog vorgeschaltet ist die Kaltfront eines neuen, ebenfalls von Schottland
zur Norwegischen See ziehenden Tiefs, die Deutschland im Laufe des Wochenendes
mit leicht schleifender Tendenz (durch den Cut-Off-Prozesse wird irgendwann der
Antrieb schwächer) von West nach Ost passiert. Vorderseitig wird vorübergehend
eine Portion potenziell instabiler Subtropikluft angezapft (T850 10 bis 15°C),
in der die Gewitterbereitschaft inclusive örtlicher Unwetter deutlich ansteigt,
ohne dass man zum jetzigen Zeitpunkt schon in Details einsteigen könnte.
Auf alle Fälle wird die Subtropikluft mit Kaltfrontpassage ausgeräumt und durch
einen Schwall erwärmter Meereskaltluft (T850 5-10°C) ersetzt. Der damit
einhergehende Druckanstieg sorgt für den neuerlichen Vorstoß eines
Azorenhochkeils, der zu Wochenbeginn sogar eine Liaison mit einem Hoch über
Westrussland eingeht. Gleiches gilt für den korrespondierenden, ebenfalls von
Westen vorstoßenden Höhenkeil, der sich mit dem o.e. Höhenrücken über dem nahen
Osteuropa verbindet. Somit startet die neue Woche bei weitgehend antizyklonalen
Rahmenbedingungen, einzig der Südosten Bayerns sowie allgemein das süddeutsche
Bergland haben noch mit den Resten der labileren Warmluft in Form von Schauern
und einzelnen Gewittern zu kämpfen.

Im erweiterten Mittelfristzeitraum von Dienstag bis Donnerstag ändert sich
zunächst nur wenig an dieser Konstellation, bevor ab Mittwoch insbesondere die
Nordwesthälfte von der Frontalzone erfasst wird, in der kurzwellige Troganteile
ost-nordostwärts durchschwenken und dabei für einen wechselhaften
Wettercharakter sorgen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der heutige 00-UTC-Lauf des IFS (ECMF) fügt sich gut in das von seinen jüngsten
Vorgängern eingeschlagene Konzept ein. Das schließt natürlich nicht aus, dass es
an der einen oder anderen Stelle kleinere zeit- oder räumliche Unstimmigkeiten
gibt. Als Beispiel sei die teilokkludierte Kaltfront genannt, die von Donnerstag
zu Freitag von der Nordsee kommend Teile des Vorhersageraums traktiert. Nach dem
aktuellen Lauf soll die Front nicht nur etwas schneller sein, sondern auch etwas
weiter landeinwärts eindringen als gestern noch simuliert. Auch über die genaue
Vita des am Sonntag von Westen übergreifenden Höhentrogs nebst Abtropfung ist
das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Trotzdem, das gesamte Setup passt zu den Vorläufen, so dass das
Vorhersagekonzept nicht substanziell abgeändert werden muss.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen etablierten Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) zeigen erfreulich
große Ähnlichkeiten zum IFS-Szenario. So bringen z.B. alle angesprochenen
Modelle die Annäherung des Höhentrogs am kommenden Wochenende ebenso wie den
anschließenden Cut-Off, auch wenn dieser nicht immer an gleicher Stelle erfolgt.
Die größte Abweichung zeigt eigentlich GFS, das die Abschnürung bereits über
Frankreich simuliert. Außerdem lässt es den nachfolgenden Azorenhochkeil nicht
so weit nach Osten vorstoßen, was insbesondere im Süden und Osten noch über
einen längeren Zeitraum (also bis in die erweiterte Mittelfrist) Gewitter und
gewittrige Regenfälle zur Folge hätte.
Trotzdem, unter dem Strich hat man schon deutlich größere Inhomogenitäten
innerhalb des Modellpools gesehen, so dass man aus deterministischer Perspektive
von einer sehr soliden Prognosebasis sprechen kann.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte verlaufen zunächst
relativ eng gebündelt, bevor sie im Laufe des Wochenendes beginnen, zunehmend zu
streuen. Der größte Teil der Ensemblemitglieder setzt dabei aber auf die o.e.
Kaltfrontpassage, nur ganz wenige Lösungen belassen die Temperatur konstant
hoch. Die zunehmende Unschärfe bei der Potenzialentwicklung in 500 hPa deutet
darauf hin, dass die Messe hinsichtlich Trogannäherung und Cut-Off zumindest im
Detail noch nicht endgültig gelesen ist. Ab Montag nimmt die Streuung dann noch
mal deutlich zu, wobei die meisten Ensembles aber ein warmes Szenario bei
relativ hohem Geopotenzial und vergleichsweise wenigen RR-Signalen favorisieren.

Interessant auch der Blick auf das GFS-EPS, das bis Samstag dem IFS-EPS recht
ähnlich ist. Ab Sonntag nimmt der Spread schlagartig zu, wobei die vom Hauptlauf
favorisierte Variante mit wiederholten Niederschlägen/Gewittern insbesondere im
Süden und Osten nur bedingte Unterstützung findet.
Die IFS-EPS-Clusterung zeigt für den Zeitraum von Samstag bis Montag
(T+120...168h) fünf nahezu gleichbesetzte Cluster (11, 11, 11, 10+HL/KL, 8 Fälle).
CL1 zeigt den Cut-Off-Prozess eigentlich deutlicher als CL4, in dem sich ja der
Haupt-und Kontrolllauf wiederfinden. CL2 lässt den Trog relativ glatt
durchgehen, bei CL3 wird er vorzeitig zugeschüttet und in CL5 findet der Cut-Off
weiter westlich statt (ähnlich GFS). Letztlich läuft es auf die schon weiter
oben getroffene Aussage hinaus, dass es in Bezug auf die Trogannäherung und den
(möglichen) Cut-Off noch ein paar Fragezeichen zu tilgen gibt.
Fragezeichen gibt es auch für die erweiterte Mittelfrist von Dienstag bis
Donnerstag (T+192...240h), für die vier Cluster auf der Angebotsliste stehen (14,
13, 12, 12+HL/KL). CL1 tendiert in Richtung Wa (West antizyklonal oder auch
nördliche Westlage), während CL2 ein fettes Höhentief nahe Italien anbietet (=>
Schauer- und Gewitterneigung in Süddeutschland). CL3 offeriert eine halbherzige
Westlage mit oszillierendem Azorenhochkeil, während CL4 einen neuen Trog von
Westen her ins Spiel bringt. Da die Cluster nahezu gleichverteilt besetzt sind,
kann man sich aussuchen, welche GWL einem am besten zusagt.
FAZIT: Bis zum Wochenende passt das Konzept trotz Unschärfen recht gut und auch
die Kaltfrontpassage am Wochenende selbst ist sehr wahrscheinlich. Danach wird
es dann zunehmend unsicher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Nach gefühlt wochenlang ununterbrochener Gewitterei deutet sich für Donnerstag
und Freitag eine zweitägige Pause an. Zwar ist am Donnerstag am Alpenrand noch
eine latente Gewitterneigung gegeben, und auch im Vorfeld der o.e. Kaltfront ist
ein Gewitter nicht gänzlich ausgeschlossen. Gemessen an den Gewittern der
Vortage wird bei diesen konvektiven Umlagerungen - so sie denn überhaupt
auftreten - eher in der dritten oder vierten Liga gespielt.
Am Wochenende dürfte sich das aber schon wieder ändern, wenn sich Trog und
Kaltfront nähern bzw. teilweise durchgehen. Dann sind auch wieder Unwetter zu
erwarten (Starkregen, Hagel, Sturm).
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modellmix.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann