DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-06-2018 07:30
SXEU31 DWAV 110800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 11.06.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNz
Heute in der Südhälfte zunächst einzelne, später häufiger Gewitter. Südlich
einer Linie Trier - Rhön - Vogtland mit Unwettergefahr durch größeren Hagel,
heftigen Starkregen, auch Böen bis Orkanstärke nicht ausgeschlossen. In der
Nacht zum Dienstag in diesen Gebieten gewittriger Starkregen, teils noch
unwetterartig.
Am Dienstag in Donaunähe und südlich davon erneut Gewitter, Unwettergefahr (vor
allem durch heftigen Starkregen) aber nicht mehr so hoch wie heute. In der Nacht
zum Mittwoch zögernd abklingend und Niederschlag in Dauerregen übergehend.
Am Mittwoch allenfalls noch an den Alpen Starkregen, sehr wahrscheinlich ohne
Gewitter und auch nicht mehr unwetterartig.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... wird der Norden Deutschlands durch einen sich nach Südskandinavien
verlagernden Trog leicht zyklonal beeinflusst. Diesem Trog ist eine stabile und
aktive Kaltfront vorgelagert, die mittlerweile weite Teile Nordwest- und
Norddeutschlands überquert hat, aber bedingt durch die Entwicklung eines Tiefs
über Mittelfrankreich rückläufig zu werden beginnt und daher sich nur noch wenig
nach Südosten vorarbeitet. Postfrontal ist eine trockene und stabil geschichtete
Luft eingeflossen, so dass dort, vielleicht abgesehen von ein paar Windböen an
der See, ansonsten keine warnrelevanten Wettererscheinungen zu erwarten sind.
Mehr Aufmerksamkeit ist daher den Gebieten auf der warmen Seite dieser Front zu
widmen, was im weitesten Sinne die Südhälfte von Deutschland ist. Dort ist
zunächst noch ein Höhenkeil wetterwirksam, der sich von der Apenninen-Halbinseln
nach Mitteleuropa erstreckt. Absinken in dessen Bereich ließ es verbreitet
aufklaren. Dieser Keil verabschiedet sich jedoch nach Osten, gefolgt von einem
Höhentief, das von der Biskaya allmählich auf Westfrankreich übergreift. Dieses
Höhentief bringt mehr Dynamik ins Spiel, als es bisher der Fall war. Dies
geschieht in Form eines Kurzwellentroges, der nach Nordosten abläuft und bis zum
Abend auf den Südwesten Deutschlands übergreift. Die über Süddeutschland
liegende Luftmasse bekommt von diesem Kurzwellentrog Nachschub an Subtropikluft
von Südwesten, d.h. der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt auf mehr als
40 mm und CAPE auf über 2000 J/kg. Da dieser Trog in unteren
Troposphärenschichten deutlicher erkennbar ist als in höheren Niveaus, nimmt die
Scherung in den unteren Schichten deutlich zu, d.h. auch organisiertere
Strukturen hoch reichender Konvektion sind vorstellbar. Dabei besteht die Gefahr
der Bildung einer Gewitterlinie, die mit größerem Hagel, heftigen Starkregen bis
weit in den Unwetterbereich hinein und Böen bis Orkanstärke einhergeht. Die
Voraussetzungen für unwetterträchtige Konvektion sind somit gegeben, mit Fug und
Recht kann man von einem Finale der Unwetterserie ausgehen. Daher wurde eine
entsprechende Unwetter-Vorabinfo ausgegeben. Von den hoch auflösenden Modellen
wird ein derartiges Szenario für das mittlere und südliche Bayern und
Baden-Württemberg simuliert.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen in der schwülwarmen Luft noch einmal 25
bis 30 Grad, bei längerer Sonneneinstrahlung vielleicht auch etwas mehr.
Postfrontal sind in Abhängigkeit von der Entfernung zur Küste 18 bis 24 Grad zu
erwarten.
In der Nacht zum Dienstag setzt eine Verclusterung der Strukturen ein, sehr
wahrscheinlich wird sich die Gewitterlinie in einen MCS umwandeln, der bis weit
in die Nacht zum Dienstag hinein noch für Starkniederschläge bis weit in den
Unwetterbereich hinein sorgt und sich bis in den östlichen Mittelgebirgsraum
ausweitet. Vom Modellportfolio werden durchaus bis über 100 mm Niederschlag
innerhalb von 6 Stunden geboten. Wo die heftigsten Niederschläge fallen, ist
noch unsicher. Dabei sind noch längere Zeit Gewitter eingelagert. Erst später
dürfte sich eine allmähliche Wetterberuhigung einstellen.
Sollte es in der Südhälfte dann aufklaren, kann sich dort, wo es zuvor viel
geregnet hatte, Nebel bilden.

Dienstag... greift das Höhentief auf Südfrankreich über, der o.g. Kurzwellentrog
zieht nach Polen ab, wird in die Frontalzone einbezogen und drängt die
energiereichste Luftmasse nach Osten ab. Zudem setzt, bedingt durch einen sich
in die Nordsee vorschiebenden Hochkeil, Druckanstieg ein. Wenngleich sich die
Kaltfront nur wenig nach Süden vorarbeitet, so sorgt doch die auf nördliche bis
nordwestliche Richtungen drehende bodennahe Strömung für ein Entrainment
trockenerer und stabilerer Luft. Dies äußert sich in einem Rückgang des Gehalts
an niederschlagbarem Wasser auf 30 bis 35 mm und CAPE auf zumeist unter 500
J/kg. Dennoch können in der nach wie vor einigermaßen labil geschichteten
Luftmasse erneut Gewitter ausgelöst werden, wobei die Unwettergefahr nicht mehr
so hoch ist wie heute. Unwettergefahr besteht dann in erster Linie durch
heftigen Starkregen, der wohl in der Nacht zum Mittwoch eher in Dauerregen
übergehen dürfte. Da aber die Subtropikluft (oder was davon übrig ist) gegen die
Alpen gedrückt wird und hierdurch Hebung generiert wird, sollte die Situation
nicht unterschätzt werden. Bis weit in die Nacht zum Mittwoch hinein werden von
mehreren Modellen Signale gezeigt, die deutlich im unwetterrelevanten Bereich
liegen. Hier ist die Region vom Schwarzwald aus ostwärts einschließlich der
gesamten Donauregion sowie bis zu den Alpen hin im Auge zu behalten.
In den anderen Gebieten entspannt sich die Situation weiter. Zwar greift auf die
südliche Nordsee ein Trog über, vorderseitige Hebung kann aber in der trockenen
und stabil geschichteten Luftmasse nicht viel ausrichten, so dass es wohl bei
ein paar Schauern bleibt. Allenfalls an der Nordsee kann der Wind etwas
auffrischen und somit warnrelevant werden.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 17 bis 23, in Teilen von Niederbayern und
in der Lausitz noch einmal bis 25 und an der Nordsee nur Werte um 15 Grad.
In der Nacht zum Mittwoch greift der Trog von der Nordsee kommend auf
Deutschland über. Das über Frankreich liegende Höhentief verlagert sich nach
Oberitalien, so dass sich zusammen mit dem Trog eine Einheit ergibt, die über
Deutschland eine Troglaqe zur Folge hat. Von Nordwesten sich verstärkende
Kaltluftadvektion lässt den Druck weiter steigen, mit der nordwestlichen bis
nördlichen bodennahen Strömung wird die bisherige Luftmassengrenze an die Alpen
gedrückt, so dass dort die Niederschläge noch am längsten andauern. Ob und wie
lange dort noch Warnschwellen erreicht werden, ist noch nicht sicher.
Ansonsten sollte sich vollends die trockenere und kühlere Luft durchsetzen. Bei
längerem Aufklaren sind leicht einstellige Temperaturminima vorstellbar.


Mittwoch... verschiebt sich das gesamte Zirkulationsmuster nach Osten. Bis zum
Abend erreicht der Trog mit seiner Achse die Oder-Neiße-Region. Von Westen
greift ein flacher Höhenkeil auf die Nordsee über. Durch diesen wird der über
Mitteleuropa liegende Bodenkeil gestützt. Derweil hat sich über dem Atlantik
eine Zonalisierung durchgesetzt.
In den Gebieten zwischen Bodensee, Alpen und Bayerischen Wald, was im weitesten
Sinne die Gebiete in Donaunähe und südlich davon beinhaltet, machen sich die
Reste der Subtropikluft in Form von Dauerregen bemerkbar. In Staulagen können
noch die Warnschwellen überschritten werden. Ob sich unwetterartige Mengen
ergeben, ist noch nicht sicher.
Im weitaus größten Teil Deutschlands sorgt Absinken im Bereich des Hochkeils für
Auflockerungen und Aufheiterungen, wobei allerdings von der Nordsee auch
mehrschichtige Sc-Felder hereindriften können. An der Nordsee kann es erneut für
warnrelevante Windböen reichen, ansonsten sind sicherlich keine Wetterwarnungen
erforderlich. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 17 bis 23, unmittelbar an
der Nordsee und im höheren Bergland Werte um 15 Grad.
In der Nacht zum Donnerstag schiebt sich der Bodenkeil weiter nach Deutschland
vor, wobei dieser weiterhin von einem Höhenkeil gestützt wird. Der stromab noch
vorhandene Trog kommt nur noch wenig nach Osten voran. Im Bereich des Keils
setzt sich dann die trockenere Luftmasse auch an den Alpen durch, so dass die
Niederschläge auch am östlichen Alpenrand aufhören oder zumindest nachlassen
dürften. Bei klarem Himmel sind verbreitet einstellige Temperaturminima zu
erwarten. Ausgangs der Nacht bringt sich ganz im Nordwesten die Frontalzone in
Erinnerung. An der Nordsee frischt der Wind auf, so dass an der Küste Wind- und
exponiert vielleicht auch stürmische Böen auftreten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Für heute lässt sich nur grob das mögliche Szenario beschreiben,
hinsichtlich der Feinheiten ergeben sich von Modell zu Modell und auch zwischen
den einzelnen Modellläufen Unterschiede. Übereinstimmend lassen sich aber bis in
die Nacht zum Mittwoch hinein am Alpenrand Niederschlagssignale bis in den
Unwetterbereich hinein finden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann