DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

09-06-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.06.2018 um 10.30 UTC



Dienstag und Mittwoch im Süden teils länger anhaltender und ergiebiger Regen.
Sonst geringes Schauerrisiko. Zum Wochenende wieder schwül-warm mit zunehmender
Gewittergefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 16.06.2018


Während der Mittelfrist etabliert sich von Grönland bis in den Nordostatlantik
reichend ein umfangreicher Langwellentrog, der von zahlreichen kurzwelligen
Anteilen umrundet wird. Diese beeinflussen zunehmend das Wetter in West- und
Mitteleuropa.

Zum Beginn der Mittelfrist, am Dienstag, liegt ein Höhentrog über England und
Frankreich, der im Tagesverlauf kaum ostwärts vorankommt. Dabei schwächt sich
der Trog ab und spaltet sich in ein quasi-stationäres Höhentief über
Südfrankreich und eine progressive Kurzwelle über der Nordsee und Benelux auf.
Gleichzeitig liegt eine wellende Front über der Mitte Deutschlands, die eine
feucht-warme und labil geschichtete Luftmasse im Süden von milder und deutlich
trockenerer Luft im Norden trennt. Von daher liegt der Fokus für rege
Gewittertätigkeit mit Starkregenpotential über der Mitte und besonders über dem
Süden. Bei MLCAPE-Werten von wenige Hundert J/kg und PPWs um 30 mm werden im
Tagesverlauf bei überwiegend starker Bewölkung wiederholt gewittrige Regenfälle
erwartet. Ein besonderer Fokus für anhaltende, konvektiv durchsetzte und
ergiebige Regenfälle liegt über dem Südwesten (Baden-Württemberg), wo eine
Kurzwelle in Verbindung mit divergenter Höhenströmung die Bildung konvektiver
Cluster unterstützen sollte. Trockene Abschnitte sind nur von kurzer Dauer. Im
Norden ziehen zeitweise dichtere Wolkenfelder vorüber, dazwischen zeigt sich
aber auch für längere Zeit die Sonne und abgesehen von einem lokalen
Schauerrisiko bleibt es trocken. Mit Annäherung der bereits erwähnten Kurzwelle
über der Nordsee dreht die Strömung im äußersten Nordwesten und über der
Deutschen Bucht zunehmend auf West bis Nordwest und bei einem böig
auffrischenden Wind muss in diesen Bereichen mit einzelnen Schauern und einer
dichten Stratusbewölkung gerechnet werden. Entsprechend der Sonnenanteile liegen
die Höchstwerte im Nordwesten bei 17 bis 20 Grad, sonst bei 20 bis 24 Grad, im
Südosten um 26 Grad. Der Wind weht mäßig, über der Nordsee böig aus Nordwest.
In der Nacht zum Mittwoch dauern die teils kräftigen gewittrigen Regenfälle
besonders südlich der Donau weiter an und können am Alpenrand ergiebig
ausfallen. Über den Norden und Nordosten ziehen zeitweise Schauer, vereinzelt
auch ein kurzes Gewitter (in Verbindung mit der Kurzwellenpassage). Über der
Mitte lockert die Bewölkung zeitweise auf, während sich im Nordwesten zäh dichte
Stratusbewölkung hält. Die Tiefstwerte liegen bei 14 bis 7 Grad.


Am Mittwoch zieht die Kurzwelle über Norddeutschland in Richtung Nordwestpolen.
Rückseitig der Welle weitet sich von Frankreich ein Keil nach Deutschland aus
und sorgt somit von Nordwesten und Westen für eine einsetzende Wetterberuhigung.
Entlang der an den Alpen schleifenden Front dauern die konvektiv durchsetzten
Regenfälle am Alpenrand bis in die Abendstunden weiter an und dort fallen die
Niederschlagsmengen erneut ergiebig aus. Ansonsten klingt der Niederschlag
südlich der Donau von Nordwesten allmählich ab. Abgesehen von Schauern und
vereinzelten Gewittern im Nordosten bleibt es sonst überall trocken. Die dichte
Stratusbewölkung im Nordwesten und Westen lockert im Tagesverlauf zusehends auf,
während im Osten und Nordosten abseits der Schauer häufig die Sonne scheint. Die
Höchstwerte liegen zwischen 19 und 24 Grad, wobei der Nordwestwind leicht bis
mäßig weht und über der Nordsee zeitweise böig auffrischt.
In der Nacht zum Donnerstag wölbt sich der Keil weiter nach Deutschland auf,
sodass nördlich der Donau der Nachthimmel meist klar oder locker bewölkt ist und
es trocken bleibt. Über den Nordwesten können wiederholt dichtere hohe
Wolkenfelder ziehen, die in Verbindung mit Warmluftadvektion stehen (die
wiederum den sich nach Deutschland aufwölbenden Keil stützt). Südlich der Donau
lockert die Bewölkung nur zögernd von Nordwesten auf und am Alpenrand regnet es
noch bis weit in die Nacht mit nachlassender Intensität. Die Tiefstwerte liegen
zwischen 14 und 8 Grad und der West- bis Nordwestwind weht schwach bis mäßig.


Am Donnerstag ist zwar deutschlandweit hoher Luftdruck wetterbestimmend,
allerdings beginnt sich die Kurzwelle über Nordwestpolen in einen kleinräumigen
Kaltlufttropfen umzuwandeln, der aus heutiger Sicht nach Süden in Richtung
Riesengebirge dümpelt. Daher besteht im äußersten Osten sowie am Alpenrand
(Restfeuchte der wellenden Front) ein geringes Schauer- und Gewitterrisiko.
Dasselbe gilt auch für den äußersten Nordwesten, wo eine alternde atlantische
Front in den Keil läuft und beginnt sich aufzulösen. Sonst scheint häufig die
Sonne und es bleibt trocken. Die Höchstwerte liegen zwischen 19 und 26 Grad und
der Wind weht schwach aus Nordwest bis Nord.
In der Nacht zum Freitag flacht der Höhenkeil über Deutschland vorübergehend ab
und ermöglicht der sich abschwächenden Front noch etwas weiter nach Südosten
voranzukommen. Dabei erfasst sie bis zum Abend das Saarland und Mecklenburg.
Westlich dieser Linie treten einzelne Schauer auf, wobei die Front innerhalb der
Modelle noch unterschiedlich intakt gesehen wird. Sonst ist es teils klar, teils
aufgelockert bewölkt und trocken. Die Tiefstwerte liegen zwischen 13 und 8 Grad
bei einem schwachen Wind aus überwiegend westlicher Richtung.


Am Freitag nähert sich vom Nordostatlantik her kommend eine markante Kurzwelle
Irland und Schottland. Stromab dieser Entwicklung wird die Warmluftadvektion
nach Mitteleuropa gestützt und dank der höhenmilden Luftmasse baut sich der Keil
erneut über Deutschland auf. Die über dem Westen und Norden liegende Front kommt
kaum mehr nach Osten voran und löst sich immer mehr auf. Im Umfeld dieser Front
entwickeln sich einzelne Schauer und Gewitter. Sonst bleibt es bei lockerer
Bewölkung abgesehen von einem geringen Schauer- und Gewitterrisiko im Bergland
trocken. Die Höchstwerte liegen im Nordwesten bei 19 bis 24 Grad und sonst bei
schwül-warmen 24 bis 28 Grad. Der Wind weht schwach bis mäßig aus Nordwest.
In der Nacht zum Samstag ändert sich zunächst wenig, auch wenn sich die
Keilachse zunehmend nach Osten in Richtung Tschechien verlagert. Die Nacht
verläuft dennoch abgesehen von einem geringen Schauerrisiko im Bergland meist
trocken und locker bewölkt. Der schwache Wind weht aus unterschiedlichen
Richtungen und das bei Tiefstwerten von 12 bis 8 Grad.


Am Samstag überwiegt in der Höhe eine zyklonal geprägte Südwestströmung, die
durch die in Richtung Nordsee ziehende markante Kurzwelle forciert wird. Mit
Zustrom feuchter und warmer Luftmassen aus Südwest nimmt die Gefahr teils
heftiger Schauer und Gewitter im Tagesverlauf zu. Die Höchstwerte liegen dabei
zwischen 22 und 29 Grad, wobei es im Umfeld der Küsten am kühlsten bleibt. Der
Wind weht abseits von Gewitterböen schwach bis mäßig aus Nordwest.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bereits am Dienstag, dem Beginn der Mittelfrist, wird die Umstrukturierung eines
Höhentroges über Westeuropa unterschiedlich erfasst. Dabei zeigt der neuste
IFS-Lauf insgesamt ein verzögertes Auffüllen und Aufspalten in ein
eigenständiges Höhentief über Südfrankreich und einen progressiv ostwärts
wandernden Kurzwellenanteil über Benelux. Die Folge ist die, dass sich im
neusten IFS Lauf der Kurzwellentrog nur langsam nach Osten aufmacht und in der
Nacht zum Mittwoch über Nordostdeutschland und Nordwestpolen gar beginnt sich in
einen kleinräumigen Kaltlufttropfen umzuwandeln. Diese Entwicklung würde die
Schaueraktivität im Nordosten bis in den Mittwoch andauern lassen, während die
Vorläufe ein deutlich zügigeres Abtrocknen zeigten.

Die Keilaufwölbung von Westen wird in der Folge recht einheitlich gesehen, bevor
die Diskrepanzen zum Freitag mit der Annäherung eines weiteren Troges über
Nordwesteuropa wieder größer werden. Der neuste IFS-Lauf zeigt eine etwas
schärfer konturierte Welle, die zügiger nach Osten ziehen soll, was die Schauer-
und Gewittergefahr am Freitag im Vergleich zu den Vorläufen erhöhen würde. Zum
Samstag wird im neusten Lauf gar ein kräftiger Trog über Deutschland gezeigt mit
der Gefahr von heftigen Schauern und Gewittern.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Man merkt, dass sich das Wetter zunehmend dynamischer als an den Vortagen
gestaltet, denn die Diskrepanzen innerhalb der Modelle nehmen mit den
zunehmenden Wellenanteilen (u.a. Kurzwellen) deutlich zu. Wie bei IFS beginnt
bereits die Mittelfrist mit Unsicherheiten bezüglich der Umstrukturierung des
Höhentroges über West- und Mitteleuropa, wobei IFS ansatzweise von ICON gestützt
wird. Beide Modelle zeigen eine verzögerte Ostverlagerung des Kurzwellentroges,
wobei IFS mit einer abgetropften Lösung das Extremum darstellt. Die
anschließende Keilaufwölbung sieht GFS am kräftigsten, während ICON und IFS mit
etwas schwächeren Lösungen aufwarten.
In der Folge wird die Annäherung des nächsten atl. Troges zum Freitag und
Samstag mit Differenzen bezüglich der Geschwindigkeit und Amplitude gerechnet,
sodass die Unsicherheiten deutlich zunehmen. Zudem wartet GFS mit kräftigeren
Kurzwellen auf, die die Gewittergefahr bereits am Freitag erhöhen würden. Alle
Modelle zeigen aber eine insgesamt zyklonal geprägte Südwestströmung, sodass mit
dem Einschub feucht-warmer Luftmassen die Gefahr von kräftigen Schauer und
Gewittern zum Wochenende wieder zunehmen sollte.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Cluster von IFS zeigen zum Beginn der Mittelfrist nur eine Lösung mit dem
klimatologischen Regime "atlantischer Rücken". Dabei wölbt sich ein schwacher
Keil des Azorenhochs in Richtung Schottland auf, wobei Deutschland in einer
leicht zyklonal geprägten Nordwestströmung liegt.
In der Folge macht sich die rege Tiefdrucktätigkeit über Grönland/Island durch
eine positive NAO bemerkbar (2 Cluster, wobei der erste am stärksten besetzt ist
zusammen mit dem Kontrolllauf und dem det. Lauf). Insgesamt stimmen beide
Cluster über Mitteleuropa recht gut überein und zeigen eine zum Wochenende
zunehmend zyklonal konturierte Südwestströmung.

Die Meteogramme in Deutschland heben im Temperaturverlauf eine vorübergehende
"Abkühlung" zur Wochenmitte hervor, bevor die Temperatur zum Wochenende mit
Einsetzen der Südwestströmung wieder ansteigt. Parallel dazu nehmen die
Niederschlagssignale zur Wochenmitte überall deutlich ab und nehmen erst zum
Freitag und Samstag mit Aufflammen der Gewittertätigkeit wieder zu.
Hervorgehoben werden muss der Süden (repräsentativ das Münchner Meteogramm), wo
am Dienstag und Mittwoch deutliche Niederschlagssignale auf eine mögliche
Dauerregenlage hinweisen, die sich zum Alpenrand hin verschärft. Dabei verharrt
die Temperatur im Dauerregen bei unter 20 Grad.
Die Rauchfahnen in 850 hPa weisen insgesamt eine gute Bündelung auf mit einem
Minimum zum Mittwoch und Donnerstag (ebenfalls erkennbar im 500 hPa
Geopotential). Ähnliche Signale sind in den GFS-ENS zu sehen, wobei dort auch
zur Wochenmitte immer wieder schwache Niederschlagssignale auf Schauer/Gewitter
hindeuten (was aber u.a auf den Bias in der Grenzschichtfeuchte zurückgeführt
werden kann).
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Innerhalb des EFI sticht besonders der Niederschlag ins Auge, der am Dienstag
und Mittwoch erhöhte Werte am Alpenrand aufweist (auch mit einem positiven SOT).
Dies könnte auf eine potentielle Dauerregenlage hinweisen. Gestützt wird diese
Aussage von den Ensemblevorhersagen wie COSMO-LEPS, IFS-EPS und ICON-EU EPS, die
einheitlich erhöhte Wahrscheinlichkeiten für signifikante 48-std.
Niederschlagsmengen andeuten. Dabei liegen die Wahrscheinlichkeiten am Alpenrand
bis Donnerstag 00Z 48-std. bei 30% für mehr als 90 l/qm (COSMO-LEPS) und jeweils
bei 20-30% für mehr als 60 l/qm (IFS-EPS und ICON-EU EPS). Besonders bei den
ICON und COSMO-LEPS Ensembles greifen die erhöhten Wahrscheinlichkeiten deutlich
weiter nach Norden aus (bis in den Norden von Baden-Württemberg), was aber aus
heutiger Sicht an der noch unsicheren Zugbahn möglicher Konvektionscluster
liegt. Bei dieser synoptischen Ausgangslage besteht für den Bereich südlich der
Donau und besonders für den Alpenrand in diesem Zeitraum das Potential für eine
markante bis ergiebige Dauerregenlage.

IFS-EPS zeigt zum Wochenende über der Nordsee geringe Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen, allerdings hängt diese Entwicklung von der Intensität des
Troges ab. Bei Wahrscheinlichkeiten von rund 2% sollte auch noch nicht zu viel
Gewicht auf diese Lösung gelegt werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy